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Dunkelheit

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02.04.2014
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Dunkelheit

Der eisige Wind zerzauste ihr langes kastanienbraunes Haar. Zitternd zog die junge Frau mit der linken Hand den Kragen ihres Mantels enger, während sie den Griff ihres Aktenkoffers in ihrer Rechten noch fester umklammerte und ihren Schritt beschleunigte. Kurz vor Mitternacht lag die Straße Menschenleer vor ihr, nicht einmal Autos oder Busse waren zu sehen oder zu hören. Die einzigen Geräusche die sie hörte waren ihre eigenen: Das Klappern ihrer Absätze auf dem Asphalt, welches durch die nur sporadisch beleuchtet Straße hallte, und ihr schnelles Ein- und Ausatmen, während sie beinahe im Laufschritt die letzten Meter bis zu ihrem Appartement zurücklegte. Plötzlich hörte die junge Frau ein Geräusch hinter sich. Es war der Klang schneller Schritte, die sich auf sie zubewegten. Kalter Schweiß rann ihr den Rücken hinunter und die Panik, die in ihr emporstieg, lähmte sie, so dass ihre Schritte ungewollt langsamer wurden. Hinter ihr kamen die Schritte immer näher, gleich würde sie eingeholt werden. Abrupt blieb die junge Frau stehen und wartete darauf, dass ihr Verfolger sie einholte und das tat, was er ihr in den letzten Wochen mehrfach prophezeit hatte: Sie umbringen.
Die Schritte kamen immer näher. Sie stand reglos da und wartete mit geschlossenen Augen auf das, was jeden Moment kommen würde: Ein Messer an ihrer Kehle, so wie er es ihr versprochen hatte. Nur noch wenige Meter und er würde sie eingeholt haben. Mit einem Gefühl der Erleichterung, ja beinahe mit der Sehnsucht eines Sterbenden, wartete sie auf den Tod. Die Schritte hatten sie nun erreicht.
„Ziemlich frisch für diese Jahreszeit, nicht wahr?“, fragte eine freundliche männliche Stimme direkt neben ihr. „In den letzten Tagen ist der Wind zunehmend eisig geworden. Zu eisig für Oktober, wenn Sie mich fragen“, fügte der Mann hinzu.
Langsam öffnete die junge Frau ihre Augen und blickte in ein freundlich wirkendes Gesicht eines Mannes mittleren Alters. „Stimmt“, antwortete sie zögernd, nicht recht wissend, was dieser Smalltalk sollte. „Jetzt setz endlich deine Drohungen um!“, dachte die junge Frau bei sich, „Ich will, dass es endlich ein Ende hat.“ „Bei dieser Kälte freut man sich auf sein Zuhause und auf eine warme Tasse Tee“, setzte der Mann die Unterhaltung fort. „Wie wahr“, gab die junge Frau zaudernd von sich. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“ fragte der fremde Mann, „Weil Sie allein, mitten in der Nacht auf der Straße stehen. Oder habe ich Sie erschreckt?“, fügte der Mann schmunzelnd hinzu. Sein Schmunzeln und sein freundliches Wesen führten dazu, dass ihre Anspannung nachließ. „Mir geht´s gut. Danke der Nachfrage. Ich war nur etwas außer Atem, weil ich schnell gegangen bin. Bin nicht gut in Form“, antwortete sie lächelnd, erleichtert weil der freundliche Mann offensichtlich nicht ihr Stalker war. Er konnte es einfach nicht sein. Er machte nicht den Eindruck, als wäre er ein Psychopath. Er wirkte nett.
„Freut mich zu hören, dass das nicht an meiner Person liegt.“, sagte der Mann, „Ich hatte schon befürchtet, Sie in Angst versetzt zu haben.“ „Nein, nein. Das hat absolut nicht mit Ihnen zu tun“, antwortete die junge Frau.
„Dennoch sollte eine junge Frau wie Sie nicht allein unterwegs sein. Es ist nicht ungefährlich“, sagte der Mann mit einer besorgten Stimme.
„Da haben Sie gewiss nicht ganz Unrecht“, winkte sie ab, „aber ich bin schon fast zu Hause.“
„Soll ich Sie begleiten?“ fragte der Mann, „Nur um sicher zu stellen, dass Sie auch gut zu Hause ankommen.“
„Vielen Dank für Ihr Angebot, aber das ist wirklich nicht nötig. Mein Appartement liegt gleich um die Ecke“, gab sie mit einem Lächeln zurück.
„Gut, wie sie meinen. Einen schönen Abend Ihnen noch“, sagte der Mann und machte sich wieder auf den Weg.
Sie rührte sich nicht von der Stelle sondern schaute seiner immer kleiner werdenden Gestalt hinterher, die sich mit schnellen Schritten von ihr entfernte und um die Ecke bog.
„Verflucht!“, sagte sie mit ärgerlicher Stimme zu sich selbst, „Du warst bereit, dich kampflos zu ergeben. Du hast nicht einmal einen Moment darüber nachgedacht, dich zur wehren. Stattdessen standest du da, und hast darauf gewartet, dass dieser Mistkerl gewinnt! Was sagt das bloß über dich aus?“ „Dass ich verzweifelt bin“, antwortete sie sich selbst im selben Atemzug.
Langsam setzte sie sich wieder in Bewegung. Nach wenigen Minuten hatte sie die Stufen zu ihrem Wohnhaus erreicht. Sie holte ihren Schlüssel aus der Aktentasche heraus und schloss die Haustür auf. Im Foyer des Wohngebäudes blieb sie vor ihrem Briefkasten stehen und holte die Post heraus. Dann ging sie weiter zum Treppenhaus, vorbei an dem modernen Aufzug, stieg die Stufen bis in die achte Etage hinauf, öffnete ihre Appartementtür, verriegelte sie hinter sich und blieb für einen Moment an ihr angelehnt stehen.
Dunkelheit umhüllte sie. In dieser Dunkelheit fühlte sie sich ängstlich und beschützt zugleich. Angestrengt horchte sie, ob im Appartement irgendwas zu hören war. Nichts. Stille. Langsam löst sie sich von der Tür und begab sich ins Wohnzimmer, ohne dabei jedoch das Licht anzumachen. Sie bewegte sich in der Dunkelheit, so wie die Tage zuvor auch. Plötzlich nahm sie hinter sich eine Bewegung war. Noch eher sie sich umdrehen konnte, spürte sie einen festen Griff auf ihrem Arm und ein Messer an ihrer Kehle. Im Dunkeln flüsterte ihr eine Stimme ins Ohr: „Ich sagte doch, dass es für eine Frau nicht ungefährlich sein kann.“ Es war die Stimme des freundlichen Mannes von der Straße. "Endlich hat es ein Ende" dachte sie und die Dunkelheit nahm von ihrem Körper besitz.

 

Hallo anibla

Herzlich willkommen im Forum.

Mit Deinem ersten Beitrag hast Du eine nette kleine Geschichte eingebracht. Das Ende ist zwar an der Stelle voraussehbar, als sie sich den restlichen Weg nicht begleiten liess. Überraschend war es mir nur, dass der freundliche Mann der Unhold war und nicht ein anderer. Dennoch für eine Erste fand ich es sympathisch zu lesen, die Handlung natürlich nicht erfreulich, aber das gehört zu einem Krimi.

Beim Lesen sind mir noch ein paar Missgeschicke bei Satzzeichen und der Gross-/Kleinschreibung aufgefallen, die ich Dir nachfolgend anführe, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Kurz vor Mitternacht lag die Straße Menschenleer vor ihr,

menschenleer

Die einzigen Geräusche[KOMMA] die sie hörte waren ihre eigenen: Das Klappern ihrer Absätze auf dem Asphalt, welches durch die nur sporadisch beleuchtet Straße hallte,

beleuchtete

die Panik, die in ihr emporstieg, lähmte sie, so dass ihre Schritte ungewollt langsamer wurden.

sodass

Bin nicht gut in Form“, antwortete sie lächelnd, erleichtert[KOMMA] weil der freundliche Mann offensichtlich nicht ihr Stalker war.

„Freut mich zu hören, dass das nicht an meiner Person liegt.“, sagte der Mann, „Ich hatte schon befürchtet, Sie in Angst versetzt zu haben.“

Der direkten Rede folgt kein Punkt, wenn der Satz weiterführt, sondern nur das Komma nach dem Schlusszeichen. Im zweiten Teil der direkten Rede muss das ich kleingeschrieben sein, oder ein Punkt nach Mann folgen, der die direkte Rede als eigenständigen Satz anführt.

„Da haben Sie gewiss nicht ganz Unrecht“,

unrecht

„Soll ich Sie begleiten?“ fragte der Mann, „Nur um sicher zu stellen, dass Sie auch gut zu Hause ankommen.“

Hier wieder die gleiche Situation, entweder der zweite Teil der direkten Rede klein beginnen, oder ein Punkt nach Mann setzen. Das sicherzustellen bildet sodann ein Wort, zusammengeschrieben.

Sie rührte sich nicht von der Stelle[KOMMA] sondern schaute seiner immer kleiner werdenden Gestalt hinterher,

Stattdessen standest du da, und hast darauf gewartet, dass dieser Mistkerl gewinnt!

standst

"Endlich hat es ein Ende"[KOMMA] dachte sie und die Dunkelheit nahm von ihrem Körper besitz.

Besitz

Noch viel Freude hier beim Lesen, Kommentieren und Schreiben. ;)

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hi anibla,

herzlich Willkommen.

Ich lese und schreibe mit.

Der eisige Wind zerzauste ihr langes kastanienbraunes Haar. Zitternd zog die junge Frau mit der linken Hand den Kragen ihres Mantels enger, während sie den Griff ihres Aktenkoffers in ihrer Rechten noch fester umklammerte und ihren Schritt beschleunigte. Kurz vor Mitternacht lag die Straße Menschenleer vor ihr, nicht einmal Autos oder Busse waren zu sehen oder zu hören. Die einzigen Geräusche die sie hörte waren ihre eigenen: Das Klappern ihrer Absätze auf dem Asphalt, welches durch die nur sporadisch beleuchtet Straße hallte, und ihr schnelles Ein- und Ausatmen, während sie beinahe im Laufschritt die letzten Meter bis zu ihrem Appartement zurücklegte. Plötzlich hörte die junge Frau ein Geräusch hinter sich. Es war der Klang schneller Schritte, die sich auf sie zubewegten. Kalter Schweiß rann ihr den Rücken hinunter und die Panik, die in ihr emporstieg, lähmte sie, so dass ihre Schritte ungewollt langsamer wurden. Hinter ihr kamen die Schritte immer näher, gleich würde sie eingeholt werden. Abrupt blieb die junge Frau stehen und wartete darauf, dass ihr Verfolger sie einholte und das tat, was er ihr in den letzten Wochen mehrfach prophezeit hatte: Sie umbringen.

Man sagt ja, man solle nie mit der Beschreibung des Wetters beginnen. :D Also, nicht einfach so, außer es ist wichtig für die Handlung oder du bist eben Naturalist. Ich zum Beispiel habe auch ein Problem mit Personenbeschreibungen. Kastanienbraunes Haar. Warum ist das an dieser Stelle wichtig? Du könntest beginnen mit: Kurz vor Mitternacht lag die Straße menschenleer vor ihr. Klingt für mich schon bombe. Das ist ein einfacher, guter Einstieg, der Lust auf MEHR macht, da will ich weiterlesen. Da bewahrst du ein kleines Geheimnis, und der Leser fragt sich, wie geht es weiter? Sehr wichtig! Widersprüchlich ist das mit den Geräuschen - da hört sie einmal nur sich selbst, doch dann die wieder die Schritte von ihrem Mörder. Das passt nicht. Ist auch eine Wortdopplung, die unnötig ist: Zweimal Geräusche in einem Absatz. Nicht soooo gut. Ich würde da versuchen zu reduzieren. "Sie hörte nichts, bis auf seine Schritte." So was. Ist nur ein Vorschlag. Dann die Panik. Versuch die Gefühlswelt deiner Protagonisten nicht zu beschreiben. Sag nicht: Sie hat Panik. Versuch diese Panik zu zeigen. Kalter Schweiß ist halt ein guter Anfang. Denk dich mal in eine solche Person hinein - was würdest du tun? Das zieht den Leser weiter mit rein, und er kann es wesentlich besser nachempfinden.

Also, aus diesem Plot, der gut ist, könntest du mehr rausholen. Das ist so eine Szene, die ganz am Ende kommt, die man ja aus Filmen kennt. Der Überraschungseffekt ist dann die einzige Idee in dem Text, und dafür muss dann aber alles andere sitzen. Also, die Dialoge, muss ich leider sagen, die sind nicht so gut. Die klingen geschrieben. Lies dir das mal laut vor. So würdest du nie reden. Und dann passt auch die Entwicklung nicht: Zuerst hat sie Panik, dann fast Todessehnsucht. Das kann ja sein, aber diese Entwicklung, die ja paradox ist (das ist gut für eine Geschichte, in meinen Augen) die müsstest du dem Leser schon zeigen. Sie ist dann selber erstaunt: Verdammt, warum ist das so, warum verhalte ich mich so? Das erfährt der Leser nicht.

Für den Schluss würde ich mir mehr Stimmung wünschen, mehr Atmo. Du könntest sie kurz darüber nachdenken lassen, wie es dazu kam, wie diese Situation entstanden ist. Und dann ablenken, einen Moment einbauen, in dem der Leser denkt, alles ist okay, oder vielleicht hat sie sich das alles nur eingebildet. Dann kommt das Ende wuchtiger, besser.

Ich würde dir zur Verknappung, zur Reduktion raten, und dann mal drüber nachdenken, wie für dich Spannung funktioniert. Was ist dein Lieblingsfilm und warum findest du denn spannend, oder was genau? So lernt man, finde ich, viel. Und viel lesen, hier sind einige sehr gute Geschichten in dem Forum, von den man sehr viel lernen kann.

Viel Spass noch!

Gruss Jimmy

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hallo Anakreon,

vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
Da dies mein aller erster Versuch war, mich "literarisch" zu betätigen, war ich doch ganz froh, dass es von dir nicht vollkommen schlecht gemacht wurde.:)
Deine Anmerkungen werden mir für meine weiteren Arbeiten von großem Nutzen sein.

Hallo Jimmy,

vielen lieben Dank auch für deinen Kommentar.
Du hast mir ein paar wirklich gute Tipps gegeben, die ich in meinen weiteren Arbeiten hoffentlich auch beherzigen werde:thumbsup:

 

Hallo anibla,

Eine interessante Geschichte und gut zu lesen.

Mir fehlt aber die Erklärung, warum sie verfolgt wird. Oder wie lange oder was schon vorgefallen ist. Denn sonst würde sie nicht schon aufgeben, sich ergeben.
Die Atmosphäre hast du gut getroffen, ich habe die einsame dunkle Straße vor mir gesehen. Seltsam war, dass die Frau trotz der freundlichen Stimme und des freundlich wirkenden Gesichts ( 2 x freundlich !) immer noch dachte, jetzt bring mich schon um. Normalerweise hätte sie sofort erleichtert sein müssen, denn das „freundlich“ war ja ihr Eindruck. Der Dialog, der harmlos sein soll bzw. den Mann harmlos erscheinen lassen soll, scheint mir ein wenig lang, so dass ich da schon den Eindruck hatte, der Mann hat noch etwas vor. Nicht, weil er anbietet, sie zu begleiten, das ist schon realistisch. Wäre vielleicht auch eine gute Idee in der Richtung, sie kommt vom Regen in die Traufe, also zu einem Mann, der sie anmacht, aber nicht gewalttätig ist, sondern sich nur für unwiderstehlich hält. Dann wäre das Ende noch ein bisschen grauenvoller.
Wenn du den Mann als freundlich kennzeichnest oder seine Stimme, und das am Ende noch erwähnst z.B. freundliche Stimme ( wobei ein anderes unverwechselbares Kennzeichen besser wäre), bräuchte es die beiden letzten Sätze nicht mehr, die nur erklären.

Im Dunkeln flüsterte ihr eine Stimme ins Ohr: „Ich sagte doch, dass es für eine Frau nicht ungefährlich sein kann.“ ----- Es war die Stimme des freundlichen Mannes von der Straße. "Endlich hat es ein Ende" dachte sie und die Dunkelheit nahm von ihrem Körper besitz.

Das ist nur mein Vorschlag für das Ende.
Ich sehe aber gerade, dass dieser Schluss ihre Erleichterung nicht mehr zum Ausdruck bringt. Muss man dann abwägen, was mehr Gewicht haben soll in der Geschichte.

LG
Joanna

 

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