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Echte Schokolade

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18.05.2017
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Echte Schokolade

Sie sah aus dem Fenster. Es war so ungewohnt und etwas komplett anderes, so etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. Gehört hatte sie schon davon, aus Büchern, die ihre Mutter ihr vorlas, oder aus Geschichten, die ihr Vater ihr erzählt, wenn er nach langer Zeit auf Montage endlich wieder für einige Tage zu Hause war. Ihr Vater, ob es ihm wohl gut ginge? Ob er das, was gerade geschah, verkraften konnte? Die Gedanken an ihn ließen wieder die Trauer zu, die sie eigentlich zu unterdrücken versuchte, etwas das sie nicht fühlen wollte, während ihre kleine Schwester in der Nähe war. Denn immer, wenn sie die Trauer übermannte und einige Tränen ihre Wange herunterliefen, bemerkte das die kleine Schwester und fing fürchterlich an zu weinen und zu schluchzen. Ihre Mutter durfte sie dann die ganze Zeit über trösten, obwohl sie selber mit Angst, Wut und Ungewissheit zu kämpfen hatte.
Aber an all das wollte sie gerade nicht denken, also richtete sie ihren Blick aufs Neue aus dem Fenster, die Neugier packte sie und das zuvor Gesehene sprang ihr wieder förmlich ins Gesicht.
Die Berge. So etwas Schönes, Imposantes, Mächtiges und Ehrfurchtgebietendes hatte sie nicht erwartet. Diese Beständigkeit aus Stein, die die Erde hervorbrachte, zeigt die Schönheit und Stärke des Planeten. Sie konzentrierte sich auf die Gipfel des Gebirges und stellte sich vor, wie die Tiere wohl aussehen mögen, die dort leben. Dass es Ziegen und Steinböcke gab, wusste sie, aber sie stellte sich vor, dass diese ein so weiches und langes Fell hatten, dass man sich einfach so in sie hineinkuscheln konnte. Und so übermannte sie endlich ein Schlaf, den sie seit mehreren Tagen unterdrückt hatte…
„NEIN, BITTE, PAPA, MAMA, OMA….“ „Schhhh! Es ist alles gut Kleines, komm wach auf, du hattest einen Alptraum. Es wird alles wieder gut.“ Ihre Mutter wiegte sie im Arm und im Hintergrund hörte sie das Geheule ihrer Schwester. Immer wieder der gleiche Traum, Schreie, Explosionen, Getrampel, Flüche, aber nie Gesichter, Gebäude oder sonst irgendetwas, nur Schwärze. Sie beruhigte sich allmählich durch das Geratter und Klimpern des Zuges, in dem sie alle gemeinsam saßen. Sie waren auf dem Weg in etwas Ungewisses. Niemand wusste, wie das alles zu Ende gehen würde. Wenn man sie gefragt hätte, wäre sie niemals von zu Hause weggegangen. Das schöne große Haus, der weite große Garten, aus dem sie Obst und Gemüse pflückte, wann immer sie wollte, und dann die Tiere, ihre Ziege und die Schweine, die immer so lieb zur Begrüßung grunzten. Nein, das hätte sie für kein Geld der Welt eingetauscht. Aber es war nicht Geld, das sie von zu Hause wegtrieb.
Sie schaute wieder aus dem Fenster und musste enttäuscht feststellen, dass die Berge hinter ihr lagen. Kurz bevor sie aufgebrochen waren, hatte ihr Papa zu ihr gesagt: „Wenn ihr an den Bergen vorbei seid, Liebes, dann seid ihr schon fast da. Es wird dir gefallen, du brauchst keine Angst zu haben.“ Das hatte sie aber, denn sie kannte in der Fremde niemanden genau, weder die Sprache noch die Menschen. Und das Schlimmste war, dass ihr Papa nicht da war. Er musste da bleiben, sie alle ziehen lassen. Und warum? Er hatte ihr nur etwas gesagt, woran er eigentlich gar nicht selber glaubte, etwas, das viele sagten, vielleicht auch nur nachplapperten: „Ich muss unsere Heimat verteidigen!“ Das hatte sie weder vor einigen Tagen verstanden, als er es zu ihr sagte, noch verstand sie es jetzt. Heimat war für sie nichts anderes als ihr Haus und ihre Familie, aber diese war nicht vollständig. „Aber wieso verteidigst du die Heimat und wir müssen in eine neue? Dann ist diese doch sowieso nichts mehr wert!“ „Du kannst das noch nicht verstehen, dafür bist du noch zu klein, Maus!“ Dann drehte er sich in seiner Uniform um und ging. Mama stand neben ihr und weinte. Sie wusste, dass dies der Augenblick war, der bedeuten konnte, dass sie sich nie wieder sehen und sie wusste, dass ihre Eltern das genauso wussten.
Der Zug hielt und der Schaffner schrie laut, in einer Sprache, die sie nicht verstand. Ihre Mutter packte sie und ihre Schwester bei den Armen und sprach leise: „Nun kommt Kinder, wir müssen hier raus. Wir sind da.“ So wuselten sie sich zwischen den anderen Passagieren hindurch. Jeder wollte natürlich als erster aus dem Zug raus, in dem sie alle schon seit Tagen fest saßen. Draußen angekommen, knallte die pralle Sonne auf ihr Gesicht und blendete sie. Dadurch konnte sie nicht erkennen, wo sich befanden. Eine Stadt, ein Dorf? „Nun los Kinder der Onkel wartet schon auf uns. Ihr wisst doch, dass er schon so lange in diesem Land ist, dass er es einfach nicht ausstehen kann, wenn irgendjemand zu spät kommt.“ So zerrte sie an ihren Kindern, bis sie an ein Auto kamen, dass sie schon einmal gesehen hatte. Der Onkel lehnte am Wagen, mit einer Zigarette im Mund und drehte sich dabei noch die nächste. Er bemerkte sie zuerst gar nicht. Sie blieben vor ihm stehen, da richtete sein Blick sich zum ersten Mal auf: „Da seid ihr ja endlich. Ich warte schon eine Ewigkeit auf euch. Ihr wisst doch, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn jemand zu spät kommt. Naja, ist eben nun einmal so… Hallo Kinder, ich hab euch echte Schokolade mitgebracht. Hier esst ruhig, das gibt es doch bei euch zu Hause nicht oft. Nun jetzt werdet ihr ganz oft so etwas Schönes essen können, hier in eurer neuen Heimat.“ Meine kleine Schwester nahm die Schokolade aus der Hand des Onkels und vertilgte diese sofort. Sie jedoch starrte auf die Hand, die ihr die Schokolade reichte an und wünschte sich die Berge zurück.

 
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Hej Kristina,

diese kleine Geschichte aus der Sicht eines Kindes ist anrührend und liest sich stellenweise etwas entrückt für mich. Aber wenn ich bedenke, dass mir gänzlich eine Zeitvorstellung fehlt, ist es ja auch gut möglich, das sie in einer spielt, in der man eben durchaus so artikulierte. ;)
Dafür transportierst du aber die Gefühle der Kleinen gut. Und da kommt mir der Gedanke, dass es eventuell noch näher ginge, wenn du eine Ich-Erzählerin hättest. So entsteht bei mir der Eindruck, jemand guckt ihr ins Herz. :shy:
Mitunter wirkt der Text hin und wieder leicht angerissen, womit ich sagen möchte, du könntest ihn mehr ausfüllen.

Sie waren auf dem Weg in etwas Ungewisses.

Das ist so eine Stelle. Hier falle ich aus dem Rhythmus, weil ich zu denken beginne.

Mir gefällt sehr gut, wie du ohne Begriffe auskommst, die die Situation bezeichnen, wie Krieg und Flucht.

Allerdings gelingt es mir auch nicht (aber das könnte an der Kürze liegen) mitzuempfinden. Ich rregistiere die Situation, aber erlebe sie nicht mit. Das ist ein bisschen schade.

Soweit mein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

Nachtrag: habe eben erst den tag Historik registriert. Harmoniert dann eher mit der Sprache. ;)

 

Hallo Kristina,

ich bin etwas zwiespältig, ob es nicht doch für mich besser zu verstehen wäre, wenn ich ein wenig mehr über die Hintergründe wüsste, warum die Familie sich trennen musste und ob eine gefährliche Flucht hinter der Protagonistin liegt.

Es sind verschiedene Aspekte, die mich im Lesefluss ausbremsen.

Diese Beständigkeit aus Stein, die die Erde hervorbrachte. zeigt die Schönheit und Stärke des Planeten.

In welchem Alter ist ein Kind, das solch hochgestochene Gedanken denkt, wenn es zum erstenmal Berge sieht? Ein Kind, das in seinen Alpträumen nach Papa, Mama und Oma schreit?

Das schöne große Haus, der weite große Garten ...

Materielle Not ist es jedenfalls nicht, was sie aus der Heimat vertreibt.

Am meisten irritiert mich der Onkel.

"Da seid ihr ja endlich. Ich warte schon eine Ewigkeit auf euch. Ihr wisst doch, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn jemand zu spät kommt ..."

Welcher Onkel reagiert so auf die Ankunft von Verwandten, die, vielleicht politisch verfolgt, aus der Heimat kommen?

... ich hab euch echte Schokolade mit gebracht. Hier esst ruhig, das gibt es doch bei euch zuhause nicht oft. Nun(,) jetzt werdet ihr ganz oft so etwas Schönes essen können, hier in eurer neuen Heimat."

Das nehm ich dir nicht ab. Mir kommt die Geschichte ziemlich konstruiert vor. Vielleicht mit einer guten Absicht, aber nein, mich ärgert diese Passage.

Auch bei der sprachlichen Gestaltung bin ich irritiert.

Die Dialoge sollten so gestaltet sein, dass für jeden Sprecher eine neue Zeile angefangen wird. Das ist besser lesbar.

Die Dialoge sind ziemlich angestaubt. Ich weiß nicht, ob man dies mit dem Tag "Historik" begründen kann. In so langen Sätzen sprechen Menschen nicht miteinander, wenn sie nicht dem Bildungsbürgertum des 19./20. Jh. angehören. Oder soll es eine Auswanderungsgeschichte nach Amerika sein?

Tut mir Leid. Vielleicht kannst du dies Rätsel noch lösen.

Freundliche Grüße
wieselmaus

 

Hi Kanji,

Danke für deine Kritik. Meine Intention war es gerade eben nicht die Ich-Perspektive zu wählen, vorallem um Spielraum in der Sprache zu haben. Mit Kinderworten ist es oft schwierig komplexe Themen wieder zu geben (so empfinde ICH beim schreiben). Die Textpassage mit dem Ungiwissen, fällt mir jetzt auf, ist wirklich holpfrig. Vielleicht sollte ich mir da etwas anderes einfallen lassen.
Die Kurzgeschichte ist in einer Schreibwerkstatt zum Thema "Heimat" entstanden und wir mussten uns an die Angabe von maximal 2 Seiten halten. Ich wollte hier anfühlen wie sie ist und ob ich sie noch ausbauen soll.

Liebe Grüße

Kristina

 

Hallo wieselmaus,

Ich bedanke mich für deine Kritik. Ich kann es verstehen, dass der Onkel kontrovers ist, aber ich finde das es doch klar sein kann, dass man Hilfe auch als Bürde sehen kann. Nicht jeder würde einfach eine Familie aufnehmen (ungeachtet der Blutsverwandtschaft). Ich wollte ihn auch unsypathisch haben und zu zeigen, dass es eben nicht leicht ist neu an zu fangen.
Was die Dialoge angeht, da hast du Recht. Diese sollte ich überarbeiten.
Der Zeitrahmen der Kurzgeschichte sollte deswegen offen bleiben um jedem Leser die Chance zu geben sich eine eigene Zeit zu denken.
Aber ich bin dir sehr dankbar fürs Lesen und für die Kritik, dafür bin ich immer offen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kristina,

ein ganz herzliches Willkommen hier bei uns, ich fand deine Vorstellung in deinem Profil sehr sympathisch, deshalb dachte ich mir, ich schreib dir mal was.

Du stehst ja noch am Anfang des Schreibens, wie du selbst sagst, daher mag ich zunächst mal das hervorheben, was mir gut gefallen hat. Keine Sorge, die Kritik kommt schon noch. :)
Ich mochte den Tonfall deiner Geschichte insgesamt gerne, das Hineinfühlen in eine kindliche Perspektive, das Thema der Flucht.
Allerdings habe ich nach dem Lesen deiner Geschichte nicht das Gefühl, ich könnte wiedergeben, was das Ziel oder der Fokus der Geschichte ist. Das scheint mir noch zu unausgewichtet. Ist es das Schicksal dieser Familie ganz allgemein, die du anhand des Kindes zeigen willst? Oder das Gefühl des Verlustes? Oder die Ignoranz der Fremde in Gestalt des Onkels?
Könntest du selbst sagen, zum Beispiel in ein oder zwei Sätzen, was du uns genau zeigen willst? Ich will dich jetzt gar nicht dazu auffordern, das tun zu müssen, sondern dir lediglich bebildern, dass mir die Umsetzung deines Thema noch zu unklar und unausgearbeitet scheint.
Und ein Ansatzpunkt wäre, du machst dir das selbst klar und fütterst dann dein Vorhaben durch Details, durch Szenen und Bilder. Und durch Motive der Beteiligten. Denn man versteht zwar, dass es hier um eine Flucht geht, aber wann genau, das kann man an deinem Text nicht erkennen. Ich schätze zwar 2. Weltkrieg, aber ich würde das wie gesagt unbedingt verdeutlichen und klarer machen.

Schreiberisch sind mir auch ein paar Sachen aufgefallen, da geh ich dann einfach mal durch den Anfang, nimm dir daraus, was dir einleuchtet.


Vorweg auch von mir der Tipp, sich mal die Gestaltung von wörtlicher Rede in Büchern anzuschauen, einfach mal mit einem neuen Blick, da wird jedem Sprecherwechsel eine neue Zeile gegönnt, das ist übersichtlicher. Ich mach das oft so, dass ich mir, wenn ich irgendwo nicht wieterkomme, mal anschauen, wie die Profis das denn machen, da hat man einen anderen Blick, als wenn man einfach nur liest und man kommt nicht nur auf das entsprechende Knowhow, sondern manchmal sogar auf Ideen.


Sie sah aus dem Fenster. Es war so ungewohnt und etwas komplett anderes, so etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. Gehört hatte sie schon davon, aus Büchern, die ihre Mutter ihr vorlas, oder aus Geschichten, die ihr Vater ihr erzählt, wenn er nach langer Zeit auf Montage endlich wieder für einige Tage zu Hause war.
Ich musste lachen, ich hab kürzlich in einem Blog gelesen, dass das aus dem Fenstergucken eines Protagonisten ein ziemlich unrühmlicher Beginn einer Geschichte ist - ähnlich blöd und nichtssagend wie der Beginn mit dem Wetter oder eine Geschichte mit dem Auswachen des Protagonisten zu beginnen. Meine erste Geschichte hier fängt übrigens mit Fenster und Wetter gleichzeitig an. :D
Es gibt natürlich Gründe, weshalb solche Anfänge langweilig und nichtssagend sind, dann nämlich, wenn sie nur dazu dienen, sich einzuschreiben oder völlig belanglose alltägliche Routine zu beschreiben, warum sollte man das lesen wollen. Insofern machst du das Beste aus deinem Beginn, versuchst es zumindest, denn unser kleines Mädchen sieht was Neues. Gefragt habe ich mich allerdings, warum du erst so spät damit rausrückst, was es ist, das sie sieht, statt auf die Vollen zu gehen und den Blick durch das Fenster auf die Berge zu zeigen. Du verdoppelst die Handlung so, erst mal sagst du, sie sieht was Neues und viel später erst kommt die Beschreibung des Neuen. Sowas ist nicht gut. Auch nicht gut ist, zu verschweigen, dass sie in einem Zug sitzt. Ich zum Beispiel hab mich ewig gefragt, was sie denn da nun eigentlich Neues sieht und das hat mich so abgelenkt, ich hätt gar nicht in die Geschichte reinkommen können. Also mein Tipp, geh doch gleich rein in den Ort, an dem sie sich befindet. Zeig den Zug, das Abteil, das Fenster, zeig die Berge, muss gar nicht viel, aber gestatte dem Leser doch in deine Geschichte einzutreten und sich zeitlich und örtlich zu orientieren.

Ihr Vater, ob es ihm wohl gut ginge? Ob er das, was gerade geschah, verkraften konnte? Die Gedanken an ihn ließen wieder die Trauer zu, die sie eigentlich zu unterdrücken versuchte, etwas das sie nicht fühlen wollte, während ihre kleine Schwester in der Nähe war.
ließen zu - unklar ausgedrückt. Denn das wäre eine aktive Handlung ihrerseits, sie lässt die Trauer zu, dabei willst du doch gerade sagen, die Trauer kommt hoch, obwohl sie das gar nicht will.
Ich würde also den Ausdruck durch einen besseren ersetzen oder sogar durch eine Handlung, lass sie sich doch in ihren Handrücken kneifen, damit die Tränen nicht laufen oder sich die Tränen wegwischen und gleichzeitig nach ihrer Schwester schauen. Irgendwas, aber zeig einfach, wie ein kleines Mädchen sich in solch einer Situation benehmen und bewegen würde, wir Leser begreifen das schon. Dieses Prinzip des Zeigens nennt man auch show don't tell. Es ist ein Prinzip, das man kennen und drauf haben sollte, ob man es dann immer verwendet, ist eigene Entscheidung, aber die meisten Anfänger zeigen eben nicht, was sie erzählen wollen, sondern berichten die Handlung und das führt dann oft dazu, dass man als Leser nur schwer in eine Geschichte reinkommt.
Lies einfach mal in unserer Challenge vom letzten Jahr zum Beispiel die Geschichte von Peeperkorn: Der Bär. Oder die Geschichte von Jimmysalaryman: Dahin, wo es weh tut. Die können das beide wirklich sehr gut.


Aber an all das wollte sie gerade nicht denken, also richtete sie ihren Blick aufs Neue aus dem Fenster, die Neugier packte sie und das zuvor Gesehene sprang ihr wieder förmlich ins Gesicht.
Das hieße dann, die Berge sprangen ihr ins Gesicht. Das finde ich einen verunglückten Ausdruck.

Die Berge. So etwas Schönes, Imposantes, Mächtiges und Ehrfurchtgebietendes hatte sie nicht erwartet. Diese Beständigkeit aus Stein, die die Erde hervorbrachte, zeigt die Schönheit und Stärke des Planeten. Sie konzentrierte sich auf die Gipfel des Gebirges und stellte sich vor, wie die Tiere wohl aussehen mögen, die dort leben. Dass es Ziegen und Steinböcke gab, wusste sie, aber sie stellte sich vor, dass diese ein so weiches und langes Fell hatten, dass man sich einfach so in sie hineinkuscheln konnte.
Die Idee mit den Tieren finde ich sehr nett, vor allem, weil das anknüpft an der Erfahrung des Mädchens auf dem Hof oder Gut zuhause. Aber der markierte Satz. Nee, das klingt so außerhalb eines jeden Erfahrungshintergrundes. Das würde ich unbedingt umschreiben.


„NEIN, BITTE, PAPA, MAMA, OMA….“
„Schhhh! Es ist alles gut KOMMA Kleines, komm wach auf, du hattest einen Alptraum. Es wird alles wieder gut.“ Ihre Mutter wiegte sie im Arm und im Hintergrund hörte sie das Geheule ihrer Schwester. Immer wieder der gleiche Traum, Schreie, Explosionen, Getrampel, Flüche, aber nie Gesichter, Gebäude oder sonst irgendetwas, nur Schwärze. Sie beruhigte sich allmählich durch das Geratter und Klimpern des Zuges, in dem sie alle gemeinsam saßen. Sie waren auf dem Weg in etwas Ungewisses. Niemand wusste, wie das alles zu Ende gehen würde.
- Klimpern passt nicht zu einem Zug.
- Ein Trauma also, das man nicht genau zuordnen kann. Ich würde es dennoch stärker verknüpfen mit dem Rest der Geschichte. Ich wäre nicht so allgemein, was diese Reise/Flucht betrifft. Was ist es, wovor sie flüchten, dass zum Beispiel Krieg ist und Bomben fallen, dürfte auch ein junges Mädchen mitgekriegt haben. Oder hat es andere Gründe? Dass sie zum Beispiel Juden sind, der Vater dagegen nicht?
- Etwas Ungewisses ist so ziemlich der allgemeinst Ausdruck für die Angst vor der Fremde und der neuen Situation. Füll das doch mit ihrem eigenen Fühlen und ihren Gedanken.


So - ich muss mal Schluss machen, keine Zeit mehr. Das aber doch noch, habe jetzt deine Antworten gelesen.

Ich kann es verstehen, dass der Onkel kontrovers ist, aber ich finde das es doch klar sein kann, dass man Hilfe auch als Bürde sehen kann. Nicht jeder würde einfach eine Familie aufnehmen (ungeachtet der Blutsverwandtschaft). Ich wollte ihn auch unsypathisch haben und zu zeigen, dass es eben nicht leicht ist neu an zu fangen.
schreibst du. Deine Idee, den Onkel unangenehm zu machen finde ich ja toll, diese Intention ist ja angekommen, warum dann aber nicht glaubwürdiger? Ich bin nach wieselmaus die zweite, die dem Onkel das Verhalten nicht abnimmt. Seine wörtliche Rede ist es, was so irritierend wirkt. Das klingt einfach deswegen unglaubwürdig, weil der Onkel doch weiß, dass die Zugreisenden nichts für die Verspätung können. Ich würde mir eher etwas ausdenken, was eine Diskrepanz zwischen seiner Schokoladeschenkerei und der sonstigen Körpersprache zeigt. Oder vielleicht macht er einen Spruch, wie schwer das wird, wenn sie alle jetzt zu ihm kommen.

Der Zeitrahmen der Kurzgeschichte sollte deswegen offen bleiben um jedem Leser die Chance zu geben sich eine eigene Zeit zu denken.
Wenn das zu allgemein bleibt, wird es aber nichtssagend - und genau das ist dir hier passiert. Du bist zu wenig auf die Gefühle und Ängste des Mädchens eingegangen, aber gerade das ist es doch, was mit dem Thema Heimat oder ihrem Verlust verknüpft werden müsste.
Generell halt ich es für keine gute Idee, Geschichten so schreiben zu wollen, dass sie immer und überall passen. Wenn man das will, sollte man eine Parabel schreiben, nicht aber die Erlebnisse eines konkreten kleinen Mädchens mit seinen konkreten Gefühlen, wenn man das nämlich macht, will ein Leser mitfiebern, mitfühlen, er will das Mädchen in seinem Kleidchen vor sich sehen und den Atem an dem Fenster sehen, wenn es versucht, mit dem Finger die Berge nachzuzeichnen.


Die Kurzgeschichte ist in einer Schreibwerkstatt zum Thema "Heimat" entstanden und wir mussten uns an die Angabe von maximal 2 Seiten halten. Ich wollte hier anfühlen wie sie ist und ob ich sie noch ausbauen soll.
Ja, du solltest sie ausbauen. Unbedingt, weil sie momentan einfach viel zu allgemein ist. Ob sie nach einer Überarbeitung so viel länger wird, ich weiß gar nicht. Vielleicht drei oder vier Seiten? Du kannst dir das ja so vorstellen, dass du viel Allgemeines auch aus der Geschichte herausnimmst und durch Szenisches ersetzt.

Viele Grüße
Novak

 

Entschuldigung@ Novak, dass ich nicht früher antworten konnte.
Ich bin wirklich dankbar für die gute Kritik, ich werde mich so schnell wie möglich dran setzten und definitiv das Meiste umsetzen. Ich bin trotzdem immer noch überzeugt davon keine zeitliche Eingränzung zu machen. Ich finde es super spannend, dass ich drei Kritiken erhalten habe und jeder was anderes darin gelesen hat und genau das macht es super interessant.
Wie in meinem Profil erwähnt, bin ein absoluter Neuling und ich bin dankbar für jede Hilfe. Außerdem wollte ich mich noch bei allen bedanken, für eure Zeit.
Liebe Grüße Kristina

 

Hallo Kristina,

eine traurige Geschichte, die du erzählst. Zwar bin ich selbst nie geflüchtet oder habe Krieg erlebt, aber als Migrationskind bleibt die Frage nach der Heimat immer aktuell und die thematisiert du hier sehr emotionsreich. Beim zweiten Lesen stolpert man -wie meine Vorgänger schon anmerkten- über einige unrealistische Formulierungen, aber deine Erzählweise gefällt mir und wenn man die Information in deinem Profil berücksichtigt (dass du erst seit Neuestem schreibst), ist es sogar beeindruckend, wieviel du sprachlich leisten kannst.

Meiner Meinung nach hast du aber die Motive Heimat, Familie, Krieg etc. nicht mit angemessener Tiefgründigkeit behandelt. Wenn du möchtest, dass ich für deine Figuren mehr mitempfinden kann und auch, dass sie nicht nur als 'Figuren' daherkommen, solltest du vielleicht mehr Hintergrundinformationen über sie einbauen. Oder tiefer auf den Inhalt der Träume eingehen. Ich hoffe, du kannst meine Kritik an der Stelle nachvollziehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Nova

 

Hallo Kristina,

das Schlusstableau mit der echten Schokolade, finde ich gut, ein Bild, das mehrere Deutungen zulässt. Was du davor beschreibst, bleibt sehr auf der Gefühlsebene stecken, ohne in mir genügend hervorzurufen. Die Berge bilden so eine Klammer, aber es bleibt nur die Andeutung. Was verbindet sie persönlich mit den Bergen, außer einem von außen betrachteten Gefühl? Ich glaube, man muss sich bei jedem Bild, das man benutzt, die Frage nach dem Wozu stellen. Da bräuchte es mehr: Erinnerungsfetzen, Geruch, Geschmack, Stimmen. Mehr show, weniger tell. Und wenn schon tell, dann Konkreter. So plätschert die Geschichte dahin und endet an der Stelle, wo sie auch beginnen könnte. Lässt sich mehr aus dem Text machen, vielleicht hast du ja Lust daran zu arbeiten, würde sich lohnen und dich weiterbringen. Willkommen hier!

Textstellen:

Ihr Vater, ob es ihm wohl gut ginge? Ob er das, was gerade geschah, verkraften konnte?
das ist Ankündigung, aber was geschieht wirklich?

So etwas Schönes, Imposantes, Mächtiges und Ehrfurchtgebietendes hatte sie nicht erwartet. Diese Beständigkeit aus Stein, die die Erde hervorbrachte, zeigt die Schönheit und Stärke des Planeten.
beschreib doch lieber, was die Berge schön macht, die Aneinanderreihung von Begriffen, die allgemein gehalten sind, geben mir kein Bild, außer eben, dass die Berge "amazing" sind.

Ich warte schon eine Ewigkeit auf euch. Ihr wisst doch, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn jemand zu spät kommt.
da spricht die Autorin und versichert sich, dass eine Info weiter oben im text, auch wirklich bemerkt wird.

die ihr die Schokolade reichte an und wünschte sich die Berge zurück.
das ist gut :Pfeif:

viele Grüße
Isegrims

 

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