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Ein spätes Abendessen

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04.11.2015
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Ein spätes Abendessen

Der Fischer glitt mit leichten Ruderschlägen durch das Moor. Es war
später Nachmittag und die Sonne stand tief. Durch die Schilfblättern
blitzte ihr warmes Licht. Außer dem sanften Platschen der Ruderschläge
waren nur ein paar Vögel zu hören. Sein Name war Eduard, und seit
seinen Kindestagen fischte er in diesen Gewässern. Früher war er
mit seinem Vater und seinem Onkel ausgefahren, aber das war lange her.
Heutzutage fuhr er alleine, ab und an hielt er einen kurzen Plausch
mit den anderen Fischern, die wie er in ihren einfachen Kanus durch
die Sümpfe ruderten. Stundenlang war er in der Stille unterwegs, Tag für Tag,
um ein paar Fische nach Hause zu bringen. Einen oder zwei aß er selbst,
die anderen verkaufte er. Abends kam ein Städter in das Dorf,
auf der Ladefläche seines Pickups Plastikboxen mit gehacktem Eis.
Dieser kaufte ihnen die Fische ab und brachte sie gekühlt in die Stadt,
wo sie am nächsten Tage auf dem Markt landen würden und ihr Ende
in dem Magen eines Städters finden würden. Das dieser Mann viel mehr
verdiente als er war ihm durchaus bewusst, aber es störte ihn nicht.
Er hatte zu essen und fuhr jeden Morgen mit seinem Boot durch die Sümpfe,
atmete frische Landluft und aß frischen Fisch, und das genoss er. Mehr wollte er nicht.

Die Farbe der untergehenden Sonne hatte sich in ein warmes Rot gewandelt,
wie schmelzendes Eisen. Das Schilf war über einen Meter hoch,
man sah nur ein paar der hohen Bäume in der Ferne, den Rest der Umgebung
verdeckten die hohen Gräser. Aber es gab sowieso nicht viel zusehen,
überall war Schilf und Sumpf und Gräser, nur ab und an ein Baum oder
ein paar Mangroven. Plötzlich nahm Eduard fremde Stimmen wahr. Hier im Moor?
Außer ihm gab es nur ein paar andere Fische in dieser Gegend,
er konnte sie an zwei Händen abzählen und kannte ihre Stimmen bestens.
Das waren sie nicht. Mehrere Männer, die sich mit tiefen Bässen unterhielten.
Er hielt mit dem Rudern inne und das Boot verlangsamte sich, glitt aber dennoch weiter,
und bog ein paar der Gräser zur Seite. „Und wenn die Regierung uns dazwischen funkt?
Diese korrupten Arschlöcher kriegen doch den Hals nicht voll..“ Jetzt konnte er hören,
was sie sagten. Sie mussten nah sein, vielleicht auf zehn Meter. Motorengeräusche
hörte er keine, Inseln gab es hier aber auch nicht. Vielleicht waren sie mit einem Kanu
wie er unterwegs? Er lauschte weiter. „Keine Angst, wir werden sie von Beginn an beteiligen,
aber ihnen auch klar machen, dass das Projekt unangetastet bleibt.
Und wenn einer der Rangniedrigeren einen Alleingang machen will,
lassen wir ihn aus dem Weg räumen, wir haben hier unsere Leute. Keine Angst.“
Kurze Stille. Der andere dachte wohl nach. Die Männer sprachen französisch,
der eine mit fremdländischem Akzent. „Okay. Und es weiß niemand von
unserem Treffen hier, richtig?“ Eduards Augen weiteten sich, eine plötzliche Wärme,
dessen Existenz er fast vergessen hatte, schoss durch seinen Körper.
Schweiß trat aus seinen Poren. Nichts wie weg hier. Die wollen keine ungebetenen Gäste.
Sanft führte er das Ruder zurück in das Wasser, den Atem anhaltend.
„Niemand. Absolut niemand.“, hörte er den anderen sagen. Der erste Ruderschlag.
Das Holz streichelte das Wasser. „Ave Maria im Himmel..“, Eduard betete in Gedanken,
die Augen zu Schlitzen verengt, hoch konzentriert. Er schaffte es, das Boot zu wenden,
ohne große Geräusche zu machen. Mit dieser Technik könnte er von hier verschwinden.

Die Stimmen waren noch da, so wie vorher, aber er hörte nicht mehr auf das,
was sie sagten. Sollten sie doch machen was sie wollen, Gold suchen oder
Öl fördern, oder was auch immer diese Männer vor hatten, er würde weiterhin
in Ruhe fischen. Drei Ruderschläge weiter. Die Sonne war jetzt verschwunden,
der Himmel war violett-orange. Ein paar Wolken waren in der Ferne zu sehen.
Heute Nacht würde es regnen. Flap, Flap! Plötzlich schoss ein Vogel neben ihm
in die Luft, in diesem Moment sprang Eduards Herz aus der Brust, zumindest
fühlte es sich so an. In seinem Schreck riss er das Ruder aus dem Wasser und
quiekte, mehr wie ein Tier als wie ein Mann. „Und das? Das war doch kein Vogel?“,
hörte er die Stimme des Akzentlosen. Eduard schloss die Augen, drückte seine Lider
fest aufeinander. In dem Schwarz lag die Ruhe, ein Schwarz wie eine stille Nacht
ohne Sterne, wie die Umarmung seiner Mutter als er klein war. Sein Atem machte
einen unglaublichen Lärm, fast noch lauter als sein Herz, das dumpf in seiner Brust
wummerte (es war noch an seinem Ort). Sich der Gefahr besinnend schob er langsam
das Ruder in das braune Wasser, vorsichtig ausatmend. „Da! Da ist doch ein Boot!
Von wegen Sicherheit.“, schalte es durch das Schilf. Jetzt packte Eduard die
komplette Panik. Wild stach er in das Wasser, es spritzte links und rechts, während
er sich sich durch das Schilf kämpfte. Ein Motor wurde angelassen.
Das Moor hatte jegliche Schönheit verloren. Das fehlende Licht machte
sich bemerkbar. Bald würde er seine Stirnlampe anschalten müssen. Tschack,
Tschack, wie eine Nähmaschine stach das Ruder in das Wasser. Die hatten zwar
einen Motor, aber er ruderte seit Jahrzehnten hier umher. Ein bisschen weiter
südlich war der Schlick dicht, da kommt eine Schraube nur schwer durch,
erinnerte er sich. Er änderte den Kurs leicht nach rechts. Vor dem Himmel
zeichneten sich im letzten Licht die hohen Bäume ab. Der Motor brummte
noch immer. Sie folgten ihm, aber langsamer als er es sich erwartet hatte.
„Wer ist da?“, rief eine Stimme. Nicht im Traum würde ich antworten,
dachte sich Eduard. „He! Wer auch immer da ist, wir finden dich.“ Der Motor
wurde lauter und gleichzeitig begann der Schweiß in seinen Augen zu brennen.
Moskitos surrten dicht an sein Ohr, für sie musste er jetzt riechen wie ein Weihnachtsbraten.
Seine Arme verhärteten sich, er spürte die erste Ermüdung. Lange würde er
dieses Tempo nicht mehr durchhalten. „Da! Hei, du! Fischer! Komm her.“
Umdrehen war nicht nötig, Eduard war klar, dass sie auf Sichtdistanz waren.
Wenn sie jetzt Vollgas gaben, war es eine Sache von Sekunden, und sie würden
ihn haben. Ein Energieschub fuhr durch seinen Körper und er spürte weder
die Moskitos noch den Schmerz seiner Arme. Links, rechts, links, rechts,
er teilte das Wasser, er war jetzt eins mit dem Moor, er war wie eine dieser Katzen
aus dem Dschungel, ans Maximum ausgereizte Effizienz lag in jeder seiner Bewegungen.
Kein Blick zurück. Er. Würde. Entkommen.

Der Akzentlose stand aufrecht in dem Kahn, neben ihm sein lokaler Informant.
Hinter ihm saß der Bootsführer, eine Zigarette rauchend, und zwei bewaffnete Ex-Fremdenlegionäre,
sie standen ebenfalls. Es war nun fast dunkel. Das Boot des Fischers trieb
zwischen dem umgeknickten Schilf, die Luft roch nach Schießpulver. Da soll
mal einer sagen, sein Job sei nicht spannend. Das hier war Leben auf einem anderen Niveau,
nicht so wie die ganzen Idioten aus dem Büro, er war der Pionier, die vorderste Front
seines Unternehmens, ohne ihn würden sie nicht wissen, wohin mit ihrem Geld.
Der Motor stotterte, dann blieben sie neben dem leeren Boot stehen. Es hatte ein paar Löcher.
Ein Dutzend Fische lagen in dem Boot verteilt und schlugen wild mit ihren Flossen.
Der Bottich, in dem sie auf ihren Tod gewartet hatten, war umgekippt, als sie geschossen
hatten. Der Fischer war aus dem Boot gesprungen, aber einige Kugel hatten ihn in der Luft
mitgenommen. Wäre es heller gewesen, hätten sie besser gesehen, wie sie ihn herumgewirbelt
hatte und aus seiner abgewetzten Jacke das Blut gespritzt war. Einer der Fische war ebenfalls
getroffen worden, der Aufprall der Kugel hatte ihn in zwei Teile gerissen. „Ist er tot?“
Der Fischer hing in dem Schilf, nur sein Oberkörper ragte aus dem Wasser. Das Licht der Lampen,
die sie nun hatten anmachen müssen, huschte über den Mann. Seine Augen waren geschlossen,
der Mund stand offen. „Selbst wenn nicht, den fressen die Krokodile. Keine Sorge.“
Der Akzentlose blickte einen Moment auf die Szene, die sich ihm bot. Er spürte Hunger
in sich aufkeimen. Die Aufregung war verflogen und er hatte seit mehreren Stunden
nicht gegessen. „Also gut, fahren wir zurück, es ist schon spät. In der Dunkelheit sieht
man sowie so nichts mehr.“ Der Motor heulte auf, ein Ruck fuhr durch das
Boot und sie bewegten sich durch das Schilf. Er blickte noch einmal kurz zurück,
die Wellen die sie verursachten, bewegten das Boot des Fischers.
Das Zappeln der Fische verstummte hinter ihnen.

Schmerz in der Brust. Als hätte er einen Heuballen gegessen. Mit einem
blechernen Ton hustete er und spuckte gleichzeitig Blut aus. Seine Arme
fühlten sich an wie Blei, seine Schulter schmerzte unglaublich. Er biss sich
auf die Lippen und versuchte, sich zu rühren. Sein rechter Arm bewegte sich
kein Stück. Auch kein Gefühl in ihm, nichts. Nur der alles zerreißende Schmerz
in seiner Schulter. Er war fast komplett unter Wasser und es war dunkel.
Nachts war das hier kein Spaß, es gab Krokodile, Schlangen und die Geister der Toten.
Er konzentrierte sich und riss dann seinen linken Arm aus dem Schilf,
drückte sich mit den Beinen froschartig vom Fleck, in die Richtung des Bootes.
Bei den Lichtverhältnissen war es nur mehr ein Schatten, aber er hörte das Schlagen
von Fischen auf Holz, ein ihm all zu vertrautes Geräusch, ein Stück Heimat,
wenn man so mag. Er hatte überlebt und wurde nach Hause kommen. Mit Fischen.

 

FernwehAnekdoten schrieb zu seiner Geschichte:

meine erste Kurzgeschichte hier an Bord
So etwas bitte immer separat posten.

Herzlich Willkommen hier!

Dein Einstand hat mir gefallen. Der Protagonist ist, obwohl man gar nicht so viel über ihn erfährt, irgendwie sympathisch. Deshalb bin ich trotz des eher seichten Einstiegs dabei geblieben. Das liest sich alles sehr fein und erzeugt schon auch ein bisschen fernweh. Aber die Idylle wird ziemlich schnell zum Albtraum. Schade, dass man nicht mehr über die Beweggründe der Eindringlinge erfährt. Was führen die im Schilde? Das muss ich mich als Leser einfach fragen.
Mir wird auch nicht so ganz klar, warum der Perspektivwechsel zu dem Akzentlosen stattfindet. Das bringt mir nur oberflächlich mehr Informationen, und es bremst die Spannung etwas.
Das Ende finde ich wiederrum stark. Man rechnet da jetzt förmlich mit den ersten Racheplänen. Aber für ihn zählt einfach nur, dass er mit Fischen nach Hause kommt.

Handwerklich ist das schön geschrieben, allerdings könnte man noch vieles verdichten. Da sind Nebensätze drin, die es einfach nicht braucht und auch ein paar Füllwörter:

Dieser kaufte ihnen die Fische ab und brachte sie gekühlt in die Stadt,
wo sie am nächsten Tage auf dem Markt landen würden und ihr Ende
in dem Magen eines Städters finden würden.
Klingt auch komisch, weil sie ja schon vorher tot sind.

Das Schilf war über einen Meter hoch,
man sah nur ein paar der hohen Bäume in der Ferne, den Rest der Umgebung
verdeckten die hohen Gräser
.

ein paar andere Fische
Fischer

Das waren sie nicht. Mehrere Männer, die sich mit tiefen Bässen unterhielten.
Das musst du anders formulieren, sonst das verwirrt das.

In dem Schwarz lag die Ruhe, ein Schwarz wie eine stille Nacht
ohne Sterne, wie die Umarmung seiner Mutter als er klein war.
Schöner Satz!

das dumpf in seiner Brust
wummerte (es war noch an seinem Ort)

Er hatte überlebt und wurde nach Hause kommen.
würde

Schöne Grüße und viel Vergnügen hier

Hacke

 

Halli Hallo!

Dein Text hat mich allein vom schriftlichen sehr angesprochen! Super spannend gemacht!

Nur an einer Stelle hab ich kurz gestutzt.

Der Fischer war aus dem Boot gesprungen, aber einige Kugel hatten ihn in der Luft
mitgenommen.

Meinst du, dass ihn eine Kugel getroffen hat oder hat die Kugel ihm beim Einschlag die Luft genommen?

Inhaltlich fände ich es logisch, wenn der hungrige Bösewicht die Fische mitnimmt. Auch das Boot hätte ich "die Bösen" mitnehmen/zerstören lassen, um auch wirklich sicherzugehen, dass der Fischer nichts mehr verraten kann. Allerdings verstehe ich, dass dann dein Schluss nicht mehr funktionieren würde..
Apropo Schluss: auch mir erscheint die Reaktion des Fischers am Ende etwas zuuu gelassen...

Kurz gessagt: ich mag deinen Schreibstil! Inhaltlich geht vieleicht noch ein bisschen mehr;)

Liebe Grüße Voxel

 

Hallo ihr beiden!

Besten Dank für die Kritik!
Voxel: Ich meinte damit, dass er im Sprung von einigen Kugel getroffen wurde und durch die Gewalt der Einschläge noch weiter in eine Richtung gedrückt wurde.
Du hast Recht, da er ja Hunger hat, könnte er die Fische gleich mitnehmen. Aber er wird in einem feinen Hotel Abend essen, und hat keine Lust sich die Finger mit den glitschigen Fischen schmutzig zu machen.. In meiner Vorstellung. ;)
Hacke:
Alles klar, wird nicht wieder vorkommen. ;) Ich wollte es nach dem Posten auch ändern, habe aber keine Möglichkeit dazu gefunden.

Interessant was du zu dem Perspektivwechsel sagst, ich wollte damit den Leser die Empathielosigkeit der Täter fühlen lassen, aber dass die Spannung darunter leidet, da hab ich nicht dran gedacht.
Das werde ich mir nochmal ansehen.

Vielen Dank für die nette Aufnahme!

 

Hallo Fernwehanekdoten,

Sei doch so gut und kümmere dich um eine ordentliche Formatierung deiner Texte.
Nimm zum ersten Bitte die ganzen Absätze raus, die da nicht hingehören. Wahrscheinlich hat das der Ursprungseditor so hingedeichselt, aber jetzt musst du da ein paar Mal Enter rausnehmen, sonst siehts echt furchtbarbaus und schreckt vom Lesen ab.
Und ein du schon dabei bist, bessere doch bitte die schon genannten Fehler aus.
Hier ist noch ein besonders drolliger:

Da! Da ist doch ein Boot!
Von wegen Sicherheit.“, schalte es durch das Schilf.
Da schalt nichts, aber es schallt vll.
Außerdem kein Punkt in der WR, wenn danach Begleitsatz folgt.

In deinen Text kommst du übrigens über den bearbeiten-Button ganz am Ende des Fensters

Grüßlichst
Weltenläufer

 

Hallo FernwehAnekdoten!

Zur Formatierung und zum Ausbessern der Fehler wurde ja schon was gesagt. Ich schließe mich an.

Zum Inhaltlichen:
Ich wurde gleich zu Anfang rausgeworfen, weil ich nicht klarkriegen konnte, wie dein Szeanario aussehen soll. Du wirfst da 'ne Menge Begriffe durcheinander. Ruderschläge, Fischer im Kanu, Moor, Sumpf, Schilf, Mangroven, frische Landluft ...
Also - Kanus bewegt man mit Paddeln vorwärts, nicht mit Rudern. Zum Moor passt das Schilf, aber die Fischer? Fischen lässt sich gut in Mangroven, Mangroven brauchen aber 20°C und mehr, das ist eher tropische Luft als frische Landluft.
=> Hast du ein genaues Bild vor Augen, wie es da aussehen soll? Wenn ja, dann kommt es nicht bei mir an. Da solltest du dringend nachbessern, Begriffe nachschlagen und/oder vielleicht besser austauschen ...

Grüße,
Chris

PS: Und natürlich wäre es nett, wenn du ebenfalls Kommentare zu Texten anderer schreibst. Geben und nehmen, du weißt schon.

 

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