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Ein Tag im Weißen Haus oder Wie ich den Präsidenten kennen lernte

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21.03.2003
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Ein Tag im Weißen Haus oder Wie ich den Präsidenten kennen lernte

„Meine Damen und Herren“ , tönt es aus dem großen Lautsprecher, der an einem Fahnenmast
vor dem weißen Haus aufgehängt ist.
„Sie haben nun die Möglichkeit eine Führung durch das weiße Haus mitzuerleben. Als kleines Extra möchte ich ihnen mitteilen, dass Sie heute vom Präsidenten persönlich geführt werden.
Ein erstauntes Raunen geht durch die Menge. Hier und da fallen ein paar Damen mit wenig vorhandener Nervenstärke in Ohnmacht.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen um besser sehen zu können. Aus der großen Tür sehe ich erst einen Trupp von 20 gorillaähnlichen Bodyguards kommen. Dann erscheint der Präsident.
Ungläubig sehen wir den obersten Machthaber der USA an. Er steht nicht etwa in seinem besten Anzug vor uns oder einer Uniform. Vor uns steht ein Mann in Muskelshirt und Jeans, darunter zwei Lederschuhe. Ein weißer Cowboyhut ziert seinen Kopf. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er uns alle mit einem fröhlichen „Howdy, Freunde!“ begrüßt hätte.
Na schön. Andere Länder andere Sitten.
George W. Bush fängt in einem breiten Amerikanisch an, mit uns zu reden.
„Ich freue mich, Sie in so großer Anzahl anzutreffen, Sie können unterwegs Fragen stellen.
Messer, Rasierklingen oder sonstige scharfe oder spitze Gegenstände sind verboten, ebenso
Schusswaffen. So, dann wollen wir mal reingehen.“
Mit diesen Worten geht er zurück zur Tür und betritt das Weiße Haus. Wir alle folgen ihm.
Als ich ins Innere gehe, fällt mir auf, dass man die Gegenstände, die in den Vitrinen stehen, nicht betrachten kann. Denn vor jeder Vitrine steht ein großer, uniformierter, bis an die Zähne bewaffneter Muskelprotz. Meine Aufmerksamkeit wird auf ein Schild gelenkt auf dem steht:
„Bleiben Sie auf dem Teppich!“. Ich frage mich, was das Schild bedeuten soll, als ich unter meinen Füßen den roten Teppich entdecke, der gemeint ist.
Ich blicke nach vorne und bemerke, dass einige Besucher schon am Fragenstellen sind. Ich höre amüsiert zu.
Frau: „Mr. President, mein Sohn ist ganz begeistert von Politik und möchte unbedingt auch mal Präsident werden.“
Bush: „Wirklich?“
Frau: „O ja, er hat sich schon für die Senatorenwahl in New York aufgestellt-“
Leise lache ich in mich hinein. Ihr Sohn ist gerade mal 7 Jahre alt. Ich persönlich fände es ungewöhnlich, wenn sich ein so junger Mann als Kandidat aufstellen lassen würde.
Aber das Sprichwort „Früh übt sich.“ Scheint auch vor der Politik keinen Halt zu machen.
Langsam bewegt sich die Gruppe in Richtung Sitzungsraum Nr.1.
Als wir dort ankommen, werde ich von einer roten Absperrung zurückgehalten.
Bush fängt an zu erläutern: „ In diesem Zimmerchen halte ich meine Sitzungen ab, da ich ein sehr… wie sagt man, sehr…
Ich helfe ihm auf die Sprünge: „Religiöser“
In Zeitlupe leuchtet das Gesicht des Präsidenten auf.
Er erwidert: „Genau das war das Wort was ich gesucht habe, religilös.“
Er fährt fort: „Da ich ein sehr religilöser Mensch bin, halte ich hier täglich mein Bible Sessions ab. Einer meiner Berater spricht dann ein paar Worte und dann geht's an die Arbeit.“
Schnell gehe ich während der folgenden Fotoshootingorgie auf George zu und frage:
„Was für Voraussetzungen braucht man eigentlich um Präsident zu werden?“
Er dreht sich zu mir um: „Naja, wenn Sie’s wissen wollen…eigentlich keine besonderen…’tschuldigung muss weiter machen!“
Mit diesen Worten lässt er mich stehen. Der Rest der Gruppe packt ihre Fotoapparate und Camcorder wieder ein. Mir fällt auf, dass eine Touristenart sich immer mehr verbreitet.
Der deutsche Ballermann auch unter dem Namen Alkoholus Ballearus bekannt.
Diese Art ist in jeder größeren Menschenansammlung anzutreffen, man erkennt ihn an seiner leichten Bekleidung. Verschwitztes Unterhemd, einen Fotoapparat über dem inzwischen zu beträchtlicher Größe gewachsenen Bierbauch. Mein Studienobjekt wendet sich soeben an seine Partnerin.
„Jo mei, Resi, jetzt samma scho hear gflong, jetz kemma au a mol was froga.“
Ich identifiziere ihn als Niederbayer. Der Niederbayer geht, nein… bewegt sich auf George zu und tippt ihm auf die Schulter.
„Gibt’s hiar koi Wirtschaft?“
Aus ethnischen und moralischen Gründen möchte ich diese Situation nicht weiter vertiefen.
Ich sage nur, dass der Niederbayer besser daran getan hätte, sich nicht zu bewegen, als die Polizisten auf ihn zielten.
Überhaupt, von Touristen sollte man doch verlangen können, dass sie sich anständig benehmen oder wenigstens des Lesens mächtig sind.
Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Konfetti auf mich herab rieselt
und eine Fanfare ertönt. Ein kleiner, dicker Mann kommt auf mich zugelaufen.
„Herzlichen Glückwunsch, Sie sind der 1 Milliardste Besucher und dürfen nun einen Arbeitstag mit dem Präsidenten verbringen…“
Offenbar erwartet er von mir überschwängliche Freude, dass ich ihm um den Hals springe oder in Tränen ausbreche.
Nach einer peinlichen Pause zerrt er mich von der Gruppe weg und drückt mir ein Blatt Papier in die Hand.
„Unterschreiben Sie bitte diese Einverständniserklärung, morgen um 8 Uhr geht’s los.“
Er klopft mir auf die Schulter und verschwindet.

25.7. 8.05 Uhr

Ich schlendere durch die Eingangshalle des Weißen Hauses. Aus einer Tür kommt George und begrüßt mich freundlich.
„Sie sind also derjenige, der das Glück hat einen Tag bei mir zu verbringen.“
Nun, man kann es als vieles bezeichnen aber nicht als Glück. Als ich munter durch den Metalldetektor spazieren wollte, vergaß ich, dass ich noch meine Schlüssel in der Hosentasche hatte. Ich bereitete mich darauf vor, wieder von einer Horde bewaffneter Hanswurste hopsgenommen zu werden. Diese Aktion blieb auch nicht aus.
Mit der Zeit merkte ich, dass es sehr anstrengend war mit Bush zu reden.
Einmal fragte er mich: „Aus welchem Land sind sie eigentlich?“
„Österreich.“ , antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Aha, ein Asiat also.“
Verstehen Sie was ich meine? Ich war selber nie sehr gut in der Schule, aber ich war mir ziemlich sicher, dass Österreich nicht auf dem asiatischen Kontinent lag.
Ich gab auf, mit George eine Konversation zu machen als er mich fragte:
„Gibt’s in Österreich eigentlich Cola?“
„Natürlich.“
„Und Parkuhren.“
„Auch das.“
„Ich dachte immer das die Asiaten noch im Mittelalter leben würden-.“
Er gluckste über seinen eigenen Scherz.
Er übersah, dass ich in keinster Weise belustigt war.
Ich erfuhr, dass in den nächsten fünf Minuten einen Kriegsrat erleben durfte, der natürlich streng geheim war. Aber ich hatte mich ja in der Einverständniserklärung zum Schweigen verpflichtet.


9.30 Uhr

Die Sitzung beginnt. An einem Tisch sitzen Rumsfeld, Bush und Powell. Rumsfeld ist damit beschäftigt, die Tiefen seiner Nasenhöhle zu erforschen und Bush schlürft seinen Kaffee.
Dann zieht Bush einen Spielzeughammer (ALDI 3,99) und klopft damit auf den Tisch.
„Meine Herren die Sitzung ist eröffnet. Bitte Mr. Powell, sprechen sie ein paar Worte bevor wir anfangen.
Langsam erhebt sich Powell und faltet die Hände: „Lieber Gott, wir danken dir dafür, dass du Amerika beschützt und…“
„Ist gut, dass muss für heute reichen.“
Rumsfeld gebietet Powell schweigen. Er hat mittlerweile seine Nasennebenhöhlenstudie beendet und kommt zum Thema.
„Also, Mr. President, ich habe eben die Nachricht erhaltend, dass unsere Kampfjets nicht mehr flugtauglich sind?“
„Warum?“
„Einer unserer Offiziere hielt es für besser, diese großen, sperrigen Dinger (Trägflächen) zu entfernen und die Flugzeuge leichter zu machen.“
„Kein Problem, im Baumarkt gibt es Schrauben und Uhu-hart.“
„Und die CIA hat gesagt, dass sie Beweise hätten, dass Saddam Hussein biologische Massenvernichtungswaffen produziert.“
„Na wunderbar!“
(Es stellte sich nach einem Monat heraus, dass die vermeintlichen Viren nur ein Teil verschimmelter Joghurt war, den ein Kollege zufällig umgeworfen hatte.)
Die nächste halbe Stunde bereiten die drei Schlauköpfe eine Rede vor, die einen Irakkrieg begründen soll. Sie langweilt mich zu Tode, und ich wache erst wieder auf, als mein Kopf schmerzhaft gegen den Wasserspender knallt. So langsam verstehe ich die Amerikaner. Sie sind nicht verbohrt oder fundamentalistisch. Es ist eine Mischung aus fast rührender Offenheit und Naivität, verbunden mit absoluter Blödheit. Eine tödliche Mischung in manchen Fällen.
Der Plastikhammer hämmert dreimal auf den Tisch. Anscheinend lässt George keine Gelegenheit aus, den Hammer ausgiebig zu testen.
Die Sitzung ist hier beendet, es geht weiter zur Mittagspause. Tja, was tut ein Präsident in der Mittagspause. Er hat einen PR-Termin teilt er mir mit. Ich solle so lang warten. Von drinnen höre ich die Fragen der Journalisten.
„Mr. President, ist im Moment von einer Bedrohung vom Irak auszugehen?“
„Aber natürlich, ich habe Beweise, dass Hussein eine Bedrohung für die USA ist.“
„Was sind das für Beweise?“
Der Präsident stockt einen Moment. Dann antwortet er mit anklagender Stimme:
„Saddam hat mir bei unserem letzten Treffen meinen Kugelschreiber geklaut!“
Ein Murmeln geht durch die Journalistenmeute. Ich höre die nächste Frage.
„Werden Sie den Waffeninspektoren noch mehr Zeit geben?“
„Ich glaube nicht, denn ich konnte mich bisher nicht von ihrer Arbeit überzeugen, deshalb werde umgehend alles vorbereiten, damit die Ballerei losgehen kann. Bewerben Sie sich doch einmal bei der US Armee. Sie erhalten einen Blumenstrauß und ein Werbegeschenk.“
Diese Aktion scheint bei den Reporten auf Nichtachtung zu stoßen.
„Keine weiteren Fragen? Gut.“
Die große weiße Tür öffnet sich, George tritt herein. Für den Moment, in dem die Tür offen ist sehe ich wie die Gorillas versuchen, die Klatschblättchenschreiberlinge zurückzuhalten.
Gut gelaunt geht der Präsident auf mich zu.
„Ach, dieser Medienrummel!“
Er versucht sehr angestrengt und angewidert aus zu sehen, aber das gelingt ihm nicht so ganz.
10.45 Uhr

George sitzt, die Beine auf seinen Eichentisch gelegt, auf seinem Chefsessel und hat den seinen schon bekannten Cowboyhut aufgesetzt. Er zündet sich eine Zigarette an.
„Ich weiß gar nicht was ihr Europäer gegen einen Entwaffnungsschlag habt. Ihr redet bloß von katastrophalen Folgen. Ich sage Ihnen jetzt was: Wenn ich erstmal die Iraker von Saddam Hussein befreit habe, werden sie mich mit offenen Händen empfangen. Sie werden mich als ihren heiligen Befreier feiern, als Held. Und ich werde ihnen dafür Freiheit und Demokratie bringen. Eine wunderbare Vorstellung, nicht?
Aber nein, Frankreich und Deutschland, wollen mal wieder die Spielverderber sein.“
Ich versuche ihn zu unterbrechen.
„Mr. President, ich…“
Mit einer Handbewegung bringt er mich zum Schweigen.
„Jaja, ich weiß, Sie bewundern meine außerordentliche Schlauheit und meinen Scharfsinn.
Sparen Sie sich die Komplimente.“
Mein Mund klappt wieder zu. Von seiner außerordentlichen Schlauheit habe ich bis jetzt wenig bemerkt, von seinem Scharfsinn ganz zu schweigen.

Den Rest des Tages verbringt Bush damit, Papiere lesen zu lassen, Resolutionen entwerfen zu lassen und unterschreiben zu lassen.
Bermerken Sie das Lassen?
Ja, es stimmt. Keine dieser Tätigkeiten verrichtet der Präsident persönlich. Langsam frage ich mich, ob der Präsident überhaupt lesen und schreiben kann. Seiner Intelligenz nach zu urteilen, würde ich auf nein tippen.
Doch damit nicht genug, um 3 Uhr sagt er mir, der Arbeitstag sein zu Ende, ich solle jetzt wieder nach Hause gehen. Er vergisst auch diesmal nicht, den auswendig gelernten Werbespruch der Armee zum Besten zu geben.
Ich lächle müde darüber. Es ist wirklich furchtbar anstrengend, sich mit George zu unterhalten. Doch was am schlimmsten ist:
Er kann selber nicht im geringsten abschätzen, wie blöd er eigentlich wirklich ist.
Und das ist das gefährliche an ihm.

Malte Giesen, 15

 

Moin Malte,
nicht schlecht, Herr Specht - äh, Herr Malte. Witzig. Liest sich vorzüglich und flüssig. Ein kleines 'aber' habe ich, wenn es mir erlaubt ist. "Satire" oder was auch immer, bewertet nicht im Text. Wenn einer "blöde" ist, soll mE der Leser es selber durch den Text merken, nicht durch Hilfen des Verfassers. Du wertest den Text also durch Weglassen eigener Kommentare auf, wenn du die Teilnehmer selber sprechen läßt (wie bis fast zum Ende deiner Geschichte auch getan).
Ralph

 

Danke Ralph

Es war mein erster Versuch eine Satire zu schreiben, deshalb war ich auch auf die Kritik gespannt.

Malte

 

Hi Malte!

Dein Text liest sich wirklich gut und ist sehr unterhaltend :)!

kleine Kritik:
Am Anfang glaubte Bush ja, der Erzähler sei ein Asiat, weil er glaubte, dass Österreich in Asien liege. Später hast du aber geschrieben:
„Ich weiß gar nicht was ihr Europäer gegen einen Entwaffnungsschlag habt."
Wieso weiss Bush plötzlich, dass die Person jetzt doch Europäer ist??

Liebe Grüsse
Lune

 

Hallo Malte.
Ich kann mich leider nicht dem Lob meiner vorleser anschließen. Du hast versucht, eine Satire auf den amerikanischen Präsidenten zu schreiben. Schön und gut, aber meine Meinung nach ist dir das nicht gelungen. Allerdings rechne ich dir an, dass du nicht noch Saddam persönlich hast zu Wort kommen lassen, das scheint nämlich zur Zeit sehr beliebt zu sein und ist (in diesem Forum) bisher noch keinem überzeugend gelungen. Aber trotzdem: Satire sollte ja überspitzt sein und auf Missstände aufmerksam machen bzw. Kritik an diesen äußern. In diesem Fall ist der Missstand George W. Bush und Teile seiner Regierung.
Doch ich finde, deine Geschichte begnügt sich leider nur mit eigentlich schon bekannten Vorurteilen und Tatsachen (Bush wusste ja wirklich nicht, wie beispielsweise die Indische Premierministerin heißt). Auch das er IQ mässig nicht gerade der größte ist, ist allgemein bekannt. Deswegen finde ich deine Geschichte auch zu flach, dass heißt es bleibt bei kleinen Überspitzungen und Seitenhieben, die man mE viel mehr hätte benutzen und ausbauen können. Von daher würde ich deine Geschichte auch mehr in Humor ansiedeln, auch wenn es eine von den lustigen Satiren werden sollte.

Er kann selber nicht im geringsten abschätzen, wie blöd er eigentlich wirklich ist. Und das ist das gefährliche an ihm.
Das könnte man wohl als "Moral von der Geschicht" ansehen und das wolltest du wohl auch während der Geschichte transportieren. So habe ich es jedenfalls verstanden. Nun, mal abgesehen davon, dass ich ein Problem damit habe, es sich so leicht zu machen, diesen Mann einfach nur als "blöde" zu bezeichnen und somit seine Tatsachen erklären zu wollen, finde ich auch nicht, dass du diese (im letzten Satz geäußerte Botschaft) vermitteln konntest.

Saludo, Gam.

 

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