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Serie Eine traurige Geschichte – Die Seelentürme

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14.08.2006
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Eine traurige Geschichte – Die Seelentürme

Unten sind sie breit. Viele hundert Meter kreisförmige Qual. Schnell verjüngend auf einigen Metern; dann honiggleich nach oben ziehend. Schmerzen, Pein und Tod. Viele mussten sterben, um ihn zu bauen. Den Einen. Doch viele stehen – gar Hunderte. Und auf einen Turm kommen ein paar Millionen Leben. Leben? Vielleicht. Vergessen beim bauen. Zentimeter für Zentimeter höher. Einige Kilometer himmelkratzend sterneverdrängend Wolkenzerstörend. Hätte es Wolken gegeben, dort. Türme aus unendlicher Schwärze. Muster, unerfassbar. Stetig ändernd. Schwärze eben. Schwärze, wie sie nicht sein kann. Dunkelheit des Nicht-Wissens. Irrealität des Nicht-Seins. Nicht Menschen ließen ihr Leben, um sie zu bauen. Nicht Tiere. Andere. Anderes. Sie, geschaffen zum Bauen. Bauen vom Anfang bis zum Ende. Zeitlinie ohne Horizont. Nach vorne und hinten kein Ende abzusehen. Und sie bauen. Sie sterben. Sie beginnen, zu existieren. Gleichgewicht der Waagschalen des Lebens der Bauenden der Türme. Sie wissen nicht, warum sie bauen. Sie bauen, ohne zu fragen, warum, und ohne zu wissen, dass sie bauen. Bauen sie? Sie wissen es nicht. Keine Ahnung. Sie können nicht denken. Schon vor langer Zeit hörten sie auf, zu denken. Nutzlos, zu denken. Es reicht, wenn sie bauen. Wer hat sie geschaffen, damit sie die Türme bauen? Er hat ihnen gezeigt, wie man baut. Wie bauen sie? Sie wissen es nicht. Hauptsache, sie bauen. Sie bauen aus dem Reflex heraus. Oder sie bauen nicht. Vielleicht genügt ihre Anwesenheit, um die Türme zu bauen. Vielleicht. Eingraviert in Fleisch und Blut. Hätten sie dieses, könnte man es so bezeichnen. Aber sie haben kein Fleisch und kein Blut. Sie kommen nicht von hier. Von irgendwo anders. Aus einer anderen Zeit, einer anderen Dimension, einer anderen Art des Seins. Nicht wirklich lebend. Eher Existierend. Doch keine Roboter oder Maschinen. Unerklärlich. Wie die Türme. Durch sie können die Bauenden in unserem Universum sein. Nur durch die Bauenden können die Türme existieren. Kreislauf ohne Anfang und Ende. Bauen. Türme. Das ist Tradition wie Lebensaufgabe. Sinn des Lebens. Grund des Daseins. Täglich wachsen die Himmelshonignadeln. Millimeter für Millimeter. Äthererklimmend. Sternenstrebend. Doch sie werden nicht gebaut. Oder? Nicht mit Masse. Kein Holz, Stein, Metall oder Kristall. Gefühle? Schon eher. Vielleicht. Etwas in der Art. Vergessen und Qual. Bauen durch Tod und Schmerzen. Hass, Wut, Krankheit. Blut und Knochen? Unbrauchbar. Trauer. Mit Bösem bauen. Türme des Bösen. Mit Leben gebaut, doch aus Tod und Blindheit bestehend. Unergründliche Auftraggeber. Wer sind sie? Warum wollen sie es so? Wir würden es nicht verstehen. Leben sie noch? Vielleicht müssen die Bauenden dies gar nicht mehr tun. Doch. Aber warum? Egal. Wir verstehen doch eh nichts. Erst recht nicht die Gründe. Für die Türme. Sie stehen nur in der Gegend herum. Keine Regung um sie herum. Fast nichts. Kaum ein Laut. Sie strahlen Stille, Ehrfurcht und Vergessen. Wie denkt man? Wie bewegt man sich? Wie macht man Lärm? Man vergisst alles in Gegenwart dieser Türme. Ist das der Grund? Vergessen? Wird man auch zu Bauenden? Man hört doch etwas. Schreie. Die Leiden der Gequälten. Die Schreie der Fallenden. Die Gefühle werden entzogen, Sekündlich mehr. Und der Turm wächst. Wer keine Gefühle mehr hat, muss sterben. Die Leichen und die Fast-Toten fallen. Ob sie nun von dem Plateau verschlungen werden oder den Turm hinunter fallen – wen interessiert es? Die Leichen verwesen. Werden vom Turm verschlungen. Millimeter für Millimeter. Manche fallen. Von dem Turmspitzenplateau, stetig steigend, nach unten. Weit, sehr weit. Unten erklingt ein dumpfer Laut. Einer nach dem Anderen. Beim Fallen sieht man schwarze Schatten aus den Körpern in den Turm huschen. Seelen? Geister? Auf jeden Fall schwarz. Dunkel. Sie kennen keine Freude. Kein Lachen, kein Sonnenschein, keine Regung, die man auch nur ansatzweise als gut empfinden könnte. Das wäre unsinnig. Sie haben ja nichts zum darüber freuen. Nur einen öden Felsbrocken. Ein Planet ohne Leben. Grau und trist ist alles. Von Gestank beherrscht. Leichengestank. In etwa. Seelen aus Qual. Sie sind nicht verzweifelt. Warum auch – sie kennen dieses Gefühl nicht als solches. Sie sind resigniert. Dem Schicksal ergeben. Sie wissen nicht, dass es ein schöneres, besseres Leben gibt als das, was sie vorgeben zu führen. Selbst wenn man sie befreien könnte, könnten sie nicht leben. Sie sind geschaffen, um zu bauen. Tun sie etwas anderes, müssen sie sterben. Gefühle, für die sie nicht geschaffen sind, können sie nicht aufnehmen. Und wenn sie es könnten... sie würden davon sterben. Ohne Qual und Leiden sterben sie. Das ist so. Unausweichlich der Tod. Sie würden es nicht verstehen – Freude, Liebe – was ist das? Sie könne es nicht verstehen. Sie verstehen nichts. Sie bauen nur. Deshalb sind sie. Sie bauen die Türme. Die Türme ohne Sinn. Keine Chance, sich zu erinnern. An das, was geschehen ist. Die Türme streuen Böses. Nein, nicht böse. Doch. Nein. Ein Gefühl, das nun wir Menschen nicht verstehen würden. Wir sind nicht für dieses Gefühl geschaffen. Hass, Qual, Leiden, Pein, Vernichtung, Schmerz, Resignation, Tod, Verwesung, Pest, Krankheit, Vergessen, Ehrfurcht, Altertümlich, Arkan, Unbegreiflich, Zerstörung, Irrealität. Alles nur annähernd, keine noch so große Wortsammlung könnte es beschreiben. Durch dieses Summe von Gefühlen wachsen die Türme. Nur langsam wachsen sie, doch sie tun es schon seit Urzeiten. Sie waren schon lange da, seit Anbeginn dessen, was wir plump als Zeit bezeichnen. Sie waren schon zu Hunderten, als noch nichts da war. Sie, die Seelentürme. Unendlich schwarz. Vergessen der Grund. Unmenschlich. Verstorben die Oberen, die sie befahlen. Nie am leben die, die Bauen. Nicht verstandener Zweck. Niemals erkennbarer Sinn. Nur bauen. Bauen. Bauen. Bauen. Türme. Sinnlos. Vergeudete Leben. Stetig Wachsend. Und doch...
...und doch was?
Es ist kein
Und doch
Nichts
...

Okkultus

 

Hallo Okkultus.

Ich muss zugeben, dass die Geschichte was hat. Es kommt beim Lesen so eine Stimmung auf, als wäre da etwas Uraltes, Mächtiges, Böses irgendwo im Hintergrund, das die Bauenden zu dieser Qual verdammt. Dieses Etwas assoziiere ich mit den Großen Alten von Lovecraft.

Allerdings hört es damit auch schon wieder auf. Es klingt unzweifelhaft interessant, aber die Geschichte selbst wirkt nur wie eine kleiner Ausschnitt, eine Schreibübung. Es gibt nur Einführung, aber keine Handlung. In einer anderen, langen Geschichte würde sich dies gut als Beschreibung machen, aber so für sich selbst ist das nix ...

Grüße von Jellyfish

 

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