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Es ist schon spät

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09.01.2002
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Es ist schon spät

Es ist schon spät

Es ist schon spät. Doch fünf Minuten hast du noch, ja, fünf Minuten noch. Dann mußt du aber auf. Es ist dunkel und kalt, dich friert es fürchterlich. Du schüttelst dich. Du willst zurück, denn es war doch so wohlig warm. Warum machst du heute nicht krank? Dann mußt du nicht auf. Du könntest sagen, dir sei nicht gut. Vielleicht findest du heute neuen Mut. Doch es geht nicht, du hast es schon zu oft getan.
Das Wasser prasselt heiß auf deine Haut nieder, es prickelt und sticht. Du solltest es kälter drehen, doch das täte weh. Nein, noch heißer muß es sein. Und noch ein Weilchen. Aber es ist spät, du mußt fort, mußt dich beeilen.
Draußen ist es kalt, eiskalt. Du frierst trotz deiner zwei Pullover, trotz deiner dicken Jacke. Du fährst dahin. Du spürst, du hättest heute nicht aufstehen sollen. Doch du fragst dich, ob es noch schlimmer werden kann.
Es wird schlimmer. Von Tag zu Tag. Auch heute. Du hättest nicht aufstehen sollen, jetzt weißt du es. Aber es ist zu spät für diesen Wunsch. Dein Magen dreht sich um, dein Kopf hämmert von Stunde zu Stunde immer mehr, deine Gedanken werden gar nicht wieder klar und deine Brust scheint fast zu zerreißen.
Dann fährst du wieder. Endlich. Doch zurück. Weg, aber nicht nur dahin. Du fragst dich, wohin du willst. Nirgendwohin. Du fährst weiter.
Vor dir leuchten Bremslichter auf. Du müßtest auch bremsen. Wäre es nicht einfacher, das Pedal rechts daneben zu treten? Dann wäre alles vorbei. Dann würde der Schmerz aufhören. Du überlegst, die Gedanken über schlagen sich. Was sollst du tun? Du bräuchtest morgen nicht aufzustehen. Die Qual hätte ein Ende. Was sollst du tun?
Du trittst mit aller Macht die Bremse, du kannst nicht anders. Etwas hält dich zurück. Dann stehst du, dein Herz pocht wild. Es ist zu spät, du hast deine Chance verspielt. Tränen laufen deinen Wangen hinunter, verschleiern deinen Blick und du weißt, du hättest es tun sollen...

Ende


by Susan Dorschner

 

Das nächste Mal einfach nicht mehr auf diese andere Stimme / Unruhe / das innere Hindernis achten und ab durch die Mitte!
Im darauf folgenden Augenblick bleiben dann weder Schmerzen noch Qualen hängen... :engel:


Hendek

 

Ich glaub, keiner von Euch kennt das Gefuehl, wenn Euch ein Auto auf Eurer Seite entgegenkommt, oder? Und auch nicht, was es heisst, einem Auto sein Leben zu verdanken... Denn ich waere in einem Moment gegangen, in dem ich mich von keinem haette verabschieden koennen. Das waere fuer mich das schlimmste... denen, die ich liebe, nicht Tschuess sagen zu koennen...
Gruss
Dany

 

Klasse!
Kurz, prägnant, in ein paar Sätzen seelische Tiefen aufgezeigt. Ich kenne das Gefühl ganz gut und habe mich mit Deiner Geschichte sehr angesprochen gefühlt. :thumbsup:

 

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