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Es ist spät
Das hektische Blinken des Automatens erinnerte mich an die Kneipen, die es zu Hause gab.
Zweifellos kann man nicht übersehen, was auf sich aufmerksam macht.
Ich hielt einen fünfzig Pesosschein an den Schlitz, der von der Maschine gierig aufgesogen wurde. Dann reichte ich einen zweiten nach, was mich zum Besitzer einer mit kitschigen Motiven bedruckten Telefonkarte machte, die ich gleich verwendete.
Das Freizeichen tönte langgezogen und war weit weg, als ahnte es um die Entfernung die zwischen mir und der gekannten Welt lag.
Beim ersten Versuch vergaß ich nach der Landesvorwahl die null wegzulassen und wurde mit einem schrillen Laut konfrontiert.
Dann funktionierte es.
Mit einem Nachhall meldete sich mein Vater gleich doppelt. Seine Stimme klang müde.
Ich musste an die Zeitverzögerung denken. In Deutschland war es bereits später Abend, während mir hier die heiße Mittagssonne auf den Schädel brannte.
Es ginge ihm und Mama gut, und wie denn das Wetter sei.
Wir tauschten das standardmäßige Geplänkel aus, auf das sich eine Unterhaltung reduziert, wenn man weiß, das sie teuer zu bezahlen ist und keinen Tiefgang erreichen kann.
Ich erwiderte einige positive Dinge und fragte mich, ob ich gerade durch die Zeit telefonierte, oder lediglich vergessen hatte, dass es Zeit gab.
Nach dem Auflegen holte mich die Realität ein.
Das Treiben am Strand, die Hitze, freundlich blickende Kellner.
Wenn irgendwo auf der Welt etwas medientaugliches passiert, dann läuft es auf allen Fernsehbildschirmen gleichzeitig. Ganz egal, auf welchem Kontinent man sich befindet.
So dringt die Synchronizität in das Leben, ohne dabei auf die Zeigerbewegung über Ziffernblättern zu achten.
Wenn alles gleichzeitig ist, kann es dann hier Tag und woanders Nacht sein?
Diese schäbige Rolex, die wie eine edle Schlange um meinen Arm gebunden war; nichts anderes zeigte als sich wiederholende Stellungen, die ohne Bedeutung sind.
Ich fixierte das teure Ding und schimpfte es einen Lügner.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Was irgendwo passiert, mag jetzt sein.
Zeit ist der blinkende Schauspieler, denn zweifellos kann man nicht übersehen, was auf sich aufmerksam macht.