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Finn Mac Cumhail im Tír fa Tonn

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21.04.2010
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Finn Mac Cumhail im Tír fa Tonn

Ich stand da und überblickte die Clocháin na bhFómharach. Vor vielen hundert Zyklen hatten die Tuatha de Danaan die Firbolg hier ins Meer getrieben. Der Legende nach lebten die Firbolg am Grunde des Meeres weiter und schufen das sagenumwobene Tír fa Tonn, ein Land in dem man immer jung blieb und alles bekam, was man sich wünschte. Zweifellos eine sehr naive Vorstellung, die dem Wunschdenken und der Sehnsucht der Menschen entsprang.

Langsam stieg ich die Steilküste hinab, die mich zu den Clocháin na bhFómharach führte. Ob das Tír fa Tonn wirklich existierte, war mehr als fraglich. Viel wahrscheinlicher war doch, dass die Firbolg allesamt ertranken, nachdem die Tuatha de Danaan sie über die Klippen getrieben hatten. Eine grausame Tat, die viele den Tuatha de Danaan nicht zutrauen wollten. Doch im Grunde waren die Tuatha de Danaan nicht besser als die Firbolg oder die Gaeil. Ich musste es wissen, denn ich war zu Hälfte einer von ihnen. Eine Tatsache, die viele der Gaeil natürlich nicht wussten.

Warum ich gerade die Clocháin na bhFómharach aufsuchte, wusste ich nicht. Irgendetwas trieb mich dorthin. Eine geheimnisvolle Anziehungskraft ging für mich von diesen seltsam geformten Steinen aus. Ich wollte beweisen, dass das Tír fa Tonn existierte. Ich wollte mich ins Meer stürzen und es wissen. Dass ich meines eigenen Lebens müde war, mag vielleicht eine Rolle gespielt haben. Ich fühlte mich leer und verbraucht und noch älter als ich war. Vielleicht hatte ich zu viele Männer sterben sehen und wollte deshalb auch meinem eigenen Leben ein Ende setzen. Ich hatte die meisten meiner Männer bei der Schlacht von Gabhra verloren. Was gab es noch, für dass es sich zu leben lohnte? Auch wenn die Erkenntnis, dass es auf dem Schlachtfeld keinen Ruhm gab, nicht neu war, so schmerzte sie doch sehr. Der Tod meiner Freunde, die Niederlage – das alles tat unheimlich weh. Aber am schlimmsten für mich war es, dass Aine mir das alles vergeben konnte. Ich selber konnte mir nicht verzeihen. Ich war Finn, Führer der Fianna und Sohn des Königs von Connacht, und ich hatte auf voller Linie versagt.

Ich stieg die Felsen weiter hinab, bis ich das Meer erreichte. Es war unruhig und wild. Nun musste ich den Steinen ins Meer folgen. Die Steine sahen fast einladend aus. Es erschien mir plötzlich ganz logisch ihnen zu folgen und vom letzten ins Meer zu springen. Es erschien vernünftig - unvernünftig es nicht zu tun. Ich hatte keinerlei Zweifel daran, dass das, was ich tat, richtig war. Ich sprang und um mich herum wurde es dunkel.

Das Nächste, an das ich mich erinnern konnte, war ein warmes helles Licht. Ich fühlte mich seltsam. Meine Knochen fühlten sich schwer an. Das Atmen fiel mir auch schwer. Und da wurde mir klar, dass ich nicht tot sein konnte, dafür hatte ich zu viele Schmerzen. Ich versuchte mich aufzurichten und beim zweiten Versuch gelang es mir. Ich blickte mich um. Alles um mich herum glänzte und funkelte. Über mir rauschte leise das Meer. Das Tír fa Tonn existierte wirklich. Ich wollte aufstehen, doch eine Hand auf meiner Schulter hielt mich fest.
"Langsam, sonst verliert Ihr wieder das Bewusstsein", hörte ich eine Stimme sagen und dann stand er schon vor mir.
"Langsam und tief atmen, dann wird es besser."
"Bist du von den Firbolg?", fragte ich mit Mühe.
"Ja", antwortete er, "und Ihr? Seid Ihr ein Gael?", fragte er mich.
"Ja. Ich bin Finn Mac Cumhail. Ich bin der Sohn des Königs von Connacht", antwortete ich, um möglichst wichtig zu klingen. Das war natürlich nur die Hälfte der Wahrheit. Meine Mutter war eine der Tuatha de Danaan. Eine Tatsache, die ich im Tír fa Tonn besser keinem erzählte.
"Und was wollt Ihr hier?", wurde ich gefragt.
"Ich wollte beweisen, dass das Tír fa Tonn existiert!"
Der Fremde lachte selbstzufrieden.
"Ich bin Asal. Ich werde Euch alles zeigen", sagte er. Er reichte mir die Hand und half mir hoch.
"Zuerst werde ich Euch aber zu Conall, unserem König, bringen. Er ist an dem, was sich über den Wellen befindet, interessiert", erklärte Asal. Ich fand die Formulierung 'interessiert' seltsam. Ich fragte mich, was er mit dem, was sich über den Wellen befand, vorhatte, wenn er daran interessiert war.

Asal führte mich vorbei an magischen Steinzeichnungen, Säulen, Hallen und unterirdischen Seen. Das Tír fa Tonn war erstaunlich grün und hell, dafür, dass es sich unter dem Meer befand. Wir erreichten schließlich eine mächtige steinerne Pforte. Asal öffnete sie und dahinter tat sich ein riesiger Saal auf. Asal ging voran; er ging auf eine Person – wahrscheinlich Conall - zu und flüsterte ihm etwas zu und dann sah ich sie. Sie hatte lange blonde Haare und trug ein langes blaues Léine, das golden bestickt war. Ihre Augenfarbe war ein ganz klares Blau, so wie der Himmel an einem Sommertag. Ihre Lippen waren voll und rot. Liebe auf den ersten Blick war eine Illusion; Verlangen nicht.
"Du bist Finn Mac Cumhail?", fragte Conall und es dauerte eine Weile, bis ich reagierte.
"Ja, der bin ich."
"Der legendäre Führer der Fianna?", fragte Conall und ich war überrascht, wie viel er über mich wusste.
"Ja", antwortete ich nochmals.
"Und was treibt dich hierher?"
"Neugier."
"Ja, das sehe ich", sagte der König und die blonde, wohl geformte Frau lachte.
"Das ist Ríoghnach, meine Tochter", erklärte er und ich hatte keinen Zweifel daran, dass Ríoghnach das war, was ihr Name versprach. Sie war da, um zu herrschen.
"Welch schöner Name für eine schöne Frau", sagte ich.
"Mach dir keine Hoffnung, Finn Mac Cumhail. Sie ist Asal versprochen", sagte Conall
"Nicht, dass ich ihn will", sagte Ríoghnach und schaute mich an.
"Die Zeremonie wird stattfinden", sagte der König.
"Du kannst nicht von mir verlangen, jemanden zu heiraten, der für mich ist wie ein Bruder. Wir sind zusammen aufgewachsen!", sagte Ríoghnach.
"Wie kannst du es wagen!", sagte der König erbost.
Ich hatte für einen Augenblick Angst, dass Conall seine Tochter schlagen würde. Asal sagte zu allem nichts. Kein Wunder, dass Ríoghnach ihn nicht wollte. Der König atmete tief durch und sammelte sich wieder.
"Asal wird dir jetzt alles zeigen, was du sehen möchtest", sagte Conall.
"Vater, lass mich", sagte Ríoghnach.
"Wenn es dich glücklich macht", sagte Conall gleichgültig und ich wurde aus ihm nicht schlau.
Ríoghnach kam auf mich zu und nahm meine Hand. Sie führte mich zurück zu der steinernen Pforte. Asal folgte uns.
"Asal, warte. Ich habe noch eine Aufgabe für dich", rief der König. Asal gehorchte und ging zurück. Auch Ríoghnach drehte sich um und schaute Asal kurz an. Ihr Blick war traurig und vorwurfsvoll, so als ob sie wüsste, was Conall mit Asal vorhatte. Dann gingen wir durch das Tor.
"Mein Vater muss um jeden Preis seinen Willen durchsetzen. Er ist alt und verbittert, weil er seinen einzigen Sohn verloren hat. Mein Bruder ist als kleiner Junge an die Oberfläche geklettert und nicht zurückgekehrt. Das hat meinen Vater zerstört", sagte Ríoghnach.
"Verstehe, deshalb hat es ihm nicht gefallen, dass du gesagt hast, dass Asal wie ein Bruder für dich ist."
"Aber es stimmt. Wir sind zusammen aufgewachsen. Ich kenne ihn, solange ich denken kann. Er ist ein guter Mensch, aber ich könnte ihn nie lieben. Mein Vater weiß das, aber es interessiert ihn nicht. Er ist gefühlskalt und grausam", sagte Ríoghnach aufgebracht.
"Übertreibst du da nicht ein wenig?", fragte ich sie.
"Komm mit und ich zeige dir, dass ich nicht übertreibe", meinte Ríoghnach auffordernd.
Ich schaute sie an und ich sah nur sie. Das wundersame Tír fa Tonn war mir völlig egal. Die prächtigen Seen und steinernen Hallen verblasst neben Ríoghnach. Sie führte mich entlang eines Flusses, an dessen Seiten Früchte angebaut wurden. Ríoghnach bog nach rechts in einen schmalen Gang ab.
"Mein Vater weiß nicht, dass ich diesen Weg kenne. Wir müssen leise sein. Sie können uns hören", sie hielt meine Hand fest und zog mich in den Gang. Es war ziemlich finster, doch in der Ferne wurde es heller. Ich hörte das Rauschen von Wasser. Mit jedem Schritt wurde es ein wenig heller und das Rauschen lauter. Ein Wasserfall tat sich vor uns auf. Ríoghnach kniete sich hin und zog mich runter. Ich konnte Stimmen hören, aber nichts sehen.
"Rette dein eigenes Leben!", sagte eine Frauenstimme.
Ríoghnach blinzelte durch einen kleinen Spalt an der Seite des Wasserfalls. Sie zog mich so zurecht, dass ich ebenfalls durch den Wasserfall schauen konnte.
"Das kann ich nicht. Ich werde dich und unser Kind nicht alleinlassen!", hörte ich eine Stimme sagen.
Ich konnte auf einen unterirdischen See blicken, der in ein seltsames grünes Licht getaucht war. Ein Mann und eine Frau knieten am Ufer. Beide waren gefesselt und beide - auch die Frau - waren wohl geschlagen worden. Sie hatten ein paar böse Wunden im Gesicht und auf den Armen. Um die beiden herum stand eine Gruppe von Männern, die die beiden mit Schwertern bewachten. Ein kleines Kind, das von einem der Männer festgehalten wurde, weinte entsetzlich.
"Dann werden wir alle sterben", sagte die Frau, die ebenfalls angefangen hatte zu weinen.
"Wenn du dich rührst, töte ich sie", sagte einer der Männer und hielt der Frau sein Schwert an die Kehle.
"Er wird mich sowieso töten. Rette dich!", sagte die Frau unter Tränen.
Die bewaffneten Männer starrten fast ängstlich auf den gefesselten Mann und ich fragte mich, was sie von einem Mann, der sich nicht bewegen konnte, erwarteten. Nichts passierte.
"Verzeih mir, aber ohne dich kann ich nicht leben!", sagte der Gefesselte.
Einer der Männer holte mit dem Schwert zum Schlag aus und trennte dem Wehrlosen mit einer Präzision den Kopf ab, die vermuten ließ, dass er das nicht zum ersten Mal machte. Die Frau schrie entsetzlich. Ich fühlte, wie Ríoghnachs Hand in meiner zitterte.
"Mein Kind! Verschont mein Kind! Es ist unschuldig!", schrie die Frau.
"Es ist bereits schuldig geboren", sagte der Mörder. Er holte erneut zum Schlag aus und tötet auch die Frau. Die übrigen Männer warfen die Leichen in den See.
"Was machen wir mit dem Kind?", fragte einer der Männer.
"Was wir immer tun", bekam er als Antwort und die Männer lachten.
Ríoghnach ließ meine Hand los, stand auf und lief zurück durch den Gang. Ich folgte ihr. Als wir wieder am Fluss waren, blieb sie stehen und blickte mich mit unendlich traurigen Augen an. Da konnte ich nicht mehr anders, ich musste sie in meine Arme nehmen.
"Dein Vater wusste davon?", fragte ich sie.
"Er hat es befohlen! Was soll ich nur tun? Ich halte das nicht mehr aus!", sagte Ríoghnach bestürzt.
"Warum tut Conall so etwas?", fragte ich.
"Weil ihm ein Seher prophezeit hat, dass die Nachkommen der beiden das Tír fa Tonn beherrschen werden. Das Kind werden sie auch töten oder an der Oberfläche aussetzen. Das ist Wahnsinn. Die beiden waren beim Volk beliebt – beliebter als mein Vater. Das war der wahre Grund!"
Ríoghnach zitterte. Ich wollte sie irgendwie beruhigen, wusste aber nicht wie.
"Das wird ja nicht ewig so weitergehen. Wer wird nach deinem Vater König werden?", fragte ich.
"Die Krone wäre eigentlich an meinen Bruder gegangen. Aber jetzt bin nur noch ich übrig. Ich kann aber nicht herrschen, da ich eine Frau bin. Mein Ehemann wird der nächste Herrscher über das Tír fa Tonn", erklärte Ríoghnach.
"Nach dem Wunsch deines Vaters also Asal?"
"Ja", sagte Ríoghnach einsilbig.
"Und würde Asal so etwas zulassen?"
"Nein."
"Dann solltest du ihn vielleicht doch heiraten."
Ich sah in ihre tiefblauen Augen und musste sie küssen. Ich wollte sie besitzen, auch wenn ein ganzes Volk darunter leiden musste. Etwas, dass sich so richtig anfühlte, konnte nicht falsch sein. Sie wehrte sich nicht, im Gegenteil, sie zog mich noch näher zu sich hin.
"Wir sollten gehen", sagte ich schließlich.
"Ja, mein Vater wird sich schon fragen, wo wir so lange bleiben", meinte Ríoghnach.

Sie hatte Recht. Conall wartete bereits auf uns und auf dem Tisch im Thronsaal stand Essen, das verführerisch duftete.
"Ríoghnach, Finn, setzt euch doch bitte. Und nehmt euch etwas zu essen", sagte der König.
"Vielen Dank. Das ist wirklich sehr großzügig", sagte ich.
"Ich esse nicht gern alleine. Ich habe gerne Gäste. Ich bin sehr froh, dass du dich hierher verirrt hast, Finn Mac Cumhail", sagte Conall freundlich. Und ich dachte an die Familie, die Conall an dem See töten ließ. Das passte irgendwie nicht zusammen.
"Und wie gefällt dir das, was du im Tír fa Tonn gesehen hast?", fragte Conall.
"Es ist alles sehr beeindruckend", sagte ich.
"Was hat dir besonders gefallen?", fragte Conall.
Ich dachte an Ríoghnachs warmen, weichen Körper und sagte schnell:
"Die Weise, wie ihr eure Nutzpflanzen an den Hängen anbaut, ist sehr interessant."
"Wir nennen das Terrassenbau. Sehr effizient", sagte Conall.
"Das Essen ist überaus köstlich", sagte ich und es war noch nicht einmal übertrieben. Ich hatte selten so gut gespeist.
"Kannst du uns etwas über die Oberfläche erzählen? Was passiert dort?", fragte Conall.
"Darüber könnt ihr euch unterhalten, wenn ich nicht dabei bin. Ich möchte heute nichts von Kriegen und Schlachten hören", sagte Ríoghnach.
"Es sind ja nicht nur Kriege und Schlachten, die in Ériu passieren", sagte ich.
"Gut. Was ist Wichtiges dort oben passiert, das keine Schlacht war", meinte Ríoghnach herausfordernd.
Ich überlegte und mir fiel nichts ein, also schwieg ich.
"Seht ihr. Ich hatte Recht. Es geht immer nur um Krieg, Tod und Vertreibung", meinte Ríoghnach.
"Wie ist das denn im Tír fa Tonn? Gibt es hier keine Schlachten und Kriege?", fragte ich.
"Nein, wir leben hier in Frieden und Harmonie. So etwas wie Krieg kennen wir gar nicht", sagte Conall.
Ich sah Ríoghnach in die Augen und dachte daran, was die Familie am See zu Frieden und Harmonie sagen würde, wenn sie noch reden könnte. Ich legte es darauf an und fragte:
"Gibt es keine Unruhestifter, Leute, derer man sich entledigen muss?"
"Nein, so etwas gibt hier nicht. Alle Firbolg sind zufrieden", meinte Conall und Ríoghnach wusste, dass ich wusste, dass er log.
Mir war ein ehrlicher Kampf lieber als eine Intrige oder ein Mord im Dunklen. Zu so einer Schandtat hätte sich nicht einmal Cairbre Lifechair herabgelassen. Ich konnte nicht glauben, dass Conall das Tír fa Tonn als das gelobte Land hinstellte und auf Ériu herabschaute, als wären wir wilde Tiere, die einander totschlugen. Wenigstens ließ unser Hochkönig hinterrücks keine Frauen und Kinder umbringen!
"Entschuldigt mich vielmals, aber ich bin müde. Der Tag heute war anstrengend", sagte ich.
"Ja, natürlich. Wie unhöflich von mir. Wir können auch morgen noch weiterreden", sagte Conall und Ríoghnach sah enttäuscht aus.
"Ich gehe Asal holen, damit er dir dein Zimmer zeigen kann", sagte Conall und verschwand.
"Es tut mir Leid", sagte Ríoghnach.
"Das muss es nicht", sagte ich und sie lächelte. Ich hielt ihre Hand. Dann kam Conall mit Asal zurück. Ich verabschiedete mich und wurde von Asal weggeführt. Das Anwesen des Königs schien riesig zu sein. Ich war von den zahllosen Gängen und Zimmern nicht unbeeindruckt. Ich ging mit Asal durch eine weitere geräumige Halle. Auf beiden Seiten befanden sich Türen. Asal blieb schließlich vor einer stehen und öffnete sie.
"Bitte", sagt er und deutete in das Zimmer.
Ich ging hinein und Asal schloss die Tür hinter mir. Da erkannte ich, wie weit Conalls Gastfreundschaft reichte. Das Zimmer war riesig. Alles war aus Stein gehauen. Der Tisch, die Bank, das Bett. Alles ganz exakt in Stein gemeißelt und prächtig verziert. Auf dem Tisch stand eine Schale mit Obst, wie ich es nie zuvor gesehen hatte. Ich hörte das Rauschen von Wasser und ging zum Ende des Raums. Ich erkannte, dass dort ein kleiner Bach mitten durchs Zimmer floss. Er strömte durch eine Öffnung in der einen Wand und verschwand in einer weiteren Öffnung in der gegenüberliegenden Wand. Ich kniete mich hin und wusch mir das Gesicht und die Hände. All das war schon ziemlich beeindruckend. Conall hatte keine Mühen gescheut. Mir war jedoch klar, dass die Tür, die nach draußen führte, verschlossen war. Ich brauchte es erst gar nicht zu versuchen. Ich setze mich auf das Bett, das mit einer sehr weichen Decke überzogen war. Ich konnte nicht glauben, dass ich vor wenigen Stunden an den Clocháin na bhFómharach gestanden hatte, aufs Meer gestarrt hatte und den weiteren Sinn meines Lebens stark bezweifelt hatte. Ich saß grübelnd auf dem Bett, als sich meine Zimmertür langsam öffnete. Es war Ríoghnach.

Ich fragte mich hinterher, wer die Situation mehr ausnutzte. Ich wusste, dass Ríoghnach einerseits jung und unerfahren war, aber andererseits suchte sie auch eine Möglichkeit ihrem Vater zu trotzen. Sie wollte sich seinem Willen nicht beugen und ich war ein Mittel es ihm zu beweisen. Aber wer auch wen am Anfang benutzte: Es bleib nicht bei dieser einen Nacht.

Am nächsten Tag lernte ich viel über den Terrassenbau und wie man aus den Früchten Wein und andere Köstlichkeiten macht. Ich wurde überall herumgeführt und musste alles probieren. Die Firbolg gaben sich mit ihrer Gastfreundschaft äußerste Mühe. Es war schon fast unangenehm. Am Abend wurde ich zurück zum Thronsaal gebracht, wo mich Asal bereits erwartete.
"Der König erwartet Euch auch heute zum Essen", sagte er.
Asal war zweifellos freundlich, aber er hatte etwas an sich, das mir nicht gefiel. Es gefiel mir ganz und gar nicht, dass er Ríoghnach haben durfte und ich nicht. Außerdem meldete sich das Tuatha-de-Danaan-Blut in meinem Körper, das von Natur aus allem, was die Firbolg betraf, skeptisch gegenüberstand. Dass die Tuatha de Danaan die Firbolg ins Tír fa Tonn verbannt hatten, war nämlich nur die Hälfte der Geschichte. Die andere Hälfte war, dass die Firbolg die Tuatha de Danaan hinterrücks überfallen hatten und zwar, nachdem diese bereits gegen die Fomoire gekämpft hatten. Auch kein feiner Schachzug! Conall kam nach einer Weile in den Thronsaal.
"Bitte setz' dich", sagte er zu mir und ich nahm Platz.
"Asal, du kannst dich entfernen. Sieh noch mal nach Ríoghnach, wenn du willst", sagte Conall.
"Geht es ihr gut?", fragte ich besorgt.
"Sie wird sich früher oder später fügen müssen!"
"Vielleicht ist Asal einfach nicht der richtige für sie", sagte ich.
"Und du denkst, dass du es bist?", fragte Conall und lachte.
"Warum nicht?", meinte ich.
"Weil du ein Gael bist! Was kann ein Gael einer Firbolg-Prinzessin schon bieten?", fragte Conall und ich fühlte mich beleidigt.
"Ich bin der Thronfolger von Connacht!"
"Ja, ja natürlich..."
"Ich war der jüngste Führer der Fianna, den es bis dahin gegeben hatte. Ich habe Ériu bei der Schlacht von An Trá Bhán in vorderster Front verteidigt."
"Ja, ich weiß", sagte der König und hielt einen Moment inne.
"Also schön. Etwa drei Tage von hier entfernt befindet sich ein Berg, der Berg Sliabh gCallann. Auf seinem Gipfel wachsen die Bláthanna Fiáine, aus deren Blüten wir ein äußerst kostbares Elixier gewinnen. Wenn du mir diese Blume besorgst, werde ich dein Anliegen überdenken. Ríoghnach scheint dir ja auch irgendwie zugetan zu sein. Warum sollte ich eurem Glück im Wege stehen?", sagte Conall
"Ich werde Euch nicht enttäuschen", entgegnete ich
"Es ist von großer Bedeutung, dass du niemandem erzählst, was ich dir aufgetragen habe. Auch Ríoghnach nicht!", sagte Conall.
"Wie Ihr es wünscht. Wo befindet sich nun dieser Berg?", fragte ich. Ich war ungeduldig. Ich wollte los und es hinter mich bringen. Am besten gleich jetzt.
"Der Sliabh gCallann ist einfach zu finden. Du folgst dem Fluss, den wir Ábhainn na Cora nennen, bis zu seiner Quelle. Seine Quelle befindet sich nämlich am Fuße des Berges. Dann kletterst du auf den Berg und kommst mit den Blüten zurück", erklärte Conall.
Es hörte sich leicht an. Ein wenig zu leicht.
"Wann kann ich los?", fragte ich.
"Nun iss erst einmal etwas", sagte er und reichte mir das Brot.
Ich nahm mir etwas.
"Ich muss noch mit Asal sprechen und mit Ríoghnach auch. Von mir aus kannst du morgen los. Möchtest du etwas Wein?", fragte mich der Conall.
"Ja, gerne. Danke", sagte ich und Conall reichte mir den Krug.
"Wie ist es denn in Ériu so?", fragte Conall, während ich mir den Becher voll goss.
Ich überlegte, wie viel Conall über das, was außerhalb des Tír fa Tonn vor sich ging, wusste und woher er es wusste. Ihm Lügen aufzutischen, bot sich nicht unbedingt an. Er wusste immerhin, wer ich war. Vielleicht war es gut einige Dinge einfach auszulassen.
"Innsa, einer meiner Männer, hat den Hochkönig Cairbre Lifechair bei der Schlacht von Gabhra in einem fairen Zweikampf getötet. Im Moment ist Fiacha Sraibhtine Hochkönig von Ériu", erklärte ich und ließ es so aussehen, als ob die Fianna die Schlacht von Gabhra gewonnen hätte.
"Das ist Politik. Das interessiert mich nicht. Mich interessiert, wie es den Menschen geht", meinte Conall und da erkannte ich, dass es ihm wohl um das Schicksal seines Sohnes ging. Ich dachte an den Tribut, den Cairbre Lifechair den Menschen aufgezwungen hatte, um seine Armee zu bezahlen. Ich dachte daran, wie Fergus Foga sein Königreich, Ulaidh, regierte. In Ulaidh lebten einige Menschen sehr gut und dafür viele schlecht.
"Mein Vater regiert in Connacht gerecht und großzügig. Den Menschen geht es dort gut", sagte ich.
"Was ist mit dem Königreich, das dem Tír fa Tonn am nächsten ist? Ulaidh heißt es glaube ich", sagte Conall.
"Nun ja, der König von Ulaidh ist sehr traditionsbewusst. Er veranstaltet an Beltaine und Samhain große Feste, um die Götter gnädig zu stimmen", erklärte ich.
"Ist das denn schlecht?", fragte mich Conall, der wohl bemerkt hatte, dass mir die Regentschaft von Fergus Foga nicht gefiel.
"Nun ja, diese Feste - sie verbrauchen Ressourcen, die man woanders gebrauchen könnte", erklärte ich langsam.
"Die Menschen in Ulaidh sehen das vielleicht anders. Sie wollen es vielleicht genauso haben, wie es ist", sagte Conall und ich dachte, dass die Menschen in Ulaidh Brot wollten und kein riesiges Feuer, das das Feuerholz für den halben Winter auf einmal verschlang.
"Ich finde, dass vieles, was Fergus Foga für die Götter tut, Verschwendung ist", sagte ich. Ich war verärgert und versuchte es nicht zu zeigen.
"Du glaubst nicht an die Götter, nicht wahr?"
"Ich glaube an das, was ich sehe."
"Ich deute das als Nein."
Ich nickte, denn ich hatte keine Lust zu lügen. In Connacht glaubte so gut wie niemand an die Götter, Vorhersagungen und Schicksal. Und das war auch gut so.
"Hab Ihr etwas dagegen?", fragte ich Conall.
"Nun ja ich halte diese Einstellung für ein wenig engstirnig für jemanden, der so weit rumgekommen ist wie du", sagte er.
"Und wie engstirnig ist es dann, vor Einbruch des Winters die Hälfte des Feuerholzes öffentlich zu verbrennen?", fragte ich, und meine Verärgerung zu verbergen, gelang mir immer weniger.
"Du bist pragmatisch. Das gefällt mir. Aber glaub mir, Finn Mac Cumhail, es gibt im Leben mehr als die Dinge, die man sehen kann", meinte Conall.
"Ja, vielleicht, mag sein", sagte ich. Ich hatte meinen Standpunkt bereits. Was wollte Conall noch von mir hören?
"Wie feiert man denn Samhain in Connacht? Das meintest du doch mit "die Hälfte des Feuerholzes vor Einbruch des Winters verbrennen", oder nicht? Feiert ihr es überhaupt?", fragte mich Conall.
"Natürlich. Genauso wie wir Beltaine, Imbolg und Lughnasagh feiern. An diesen Tagen gibt es überall in Connacht etwas zu essen und zu trinken, ohne dass eine Gegenleistung verlangt wird. An diesen vier Tagen wird jeder in Connacht satt. Auch jeder Fremde. Auf ein großes Feuer verzichten wir", erklärte ich.
"Willst du damit sagen, den Menschen in Connacht geht es besser als den Menschen in Ulaidh?", fragte Conall.
"Ja, das will ich", sagte ich.
"Das ist bedauerlich", meinte Conall offensichtlich in Gedanken versunken.
"Das heißt nicht, dass es allen Menschen in Ulaidh schlecht geht. Sie haben ihren festen Glauben und ihr Vertrauen in die Götter. Das macht sie stark", sagte ich schnell.
"Willst du damit sagen, dass ihr Götterglaube ihre Armut erträglich macht?"
"So direkt würde ich das nicht sagen", log ich, denn eigentlich würde ich noch einen Schritt weitergehen. Der Glaube der Uladh verursachte die Armut. Ihr beschränkter Glaube an das Schicksal bedingte die Tatsache, dass sie sich ihrem Schicksal ergaben und nicht versuchten etwas zu ändern. So werden die Armen immer arm bleiben, denn es ist ja ihr Schicksal. Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich Conall nicht das sagte, was ich eigentlich dachte.
"Was gibt es sonst aus Ériu zu berichten? Hat noch einmal jemand versucht Ériu seinen Tribut aufzuzwingen? So wie Daire Donn?", fragte Conall.
"Ihr seid erstaunlich gut informiert, für jemanden, der im abgelegenen Tír fa Tonn lebt", drückte ich offen meine Verwunderung aus.
Ich hatte Daire Donn bei der Schlacht von An Trá Bhán persönlich besiegt, wobei ich zugegeben ein bisschen Hilfe von den Tuatha de Danaan hatte. Woher wusste Conall von der Schlacht und von Daire Donn?
"Nun ja, Finn Mac Cumhail. Du bist nicht der erste, der bei uns vom Himmel gefallen ist. Hierher hat sich schon so manch einer verirrt, der hier nicht hingehört. So einzigartig bist du für uns nicht", erklärte Conall und ich glaubte ihm nicht. War es nicht viel wahrscheinlicher, dass es auch Firbolg an der Oberfläche gab, die uns ausspionierten?
"Nein, nach Daire Donn hat es niemand mehr gewagt Ériu anzugreifen", sagte ich.
"Das ist gut", meinte Conall.
"Ich bitte darum, mich entfernen zu dürfen, damit ich mich morgen früh so früh wie möglich auf den Weg zum Sliabh gCallann machen kann."
"Wie du willst", sagte Conall und trank schnell seinen Becher aus.
"Ich werde dich noch ein Stück begleiten", fügte Conall hinzu und stand auf. Ich war ein wenig verwirrt, dass er das tat. Warum ließ er sich dazu herab? Wollte er mir etwa noch mehr unbequeme Fragen über Ériu stellen? Aber Conall ging nur schweigend neben mir her. Als wir vor meinem Zimmer ankamen, öffnete er es für mich und sagte:
"Glaubst du wirklich, dass Ríoghnach an dir interessiert ist? Sie ist doch nur neugierig. Sie spielt mit dir. Und du bist bei weitem nicht der erste."
Und dann wusste ich, warum Conall mich begleitet hatte. Er wollte mich verletzen, doch das schaffte er nicht. Denn wenn Ríoghnach nur mit mir spielte, so tat ich doch nichts anderes. Ich wollte sie, weil sie schön war, und ich wollte mich mit ihr über die Tatsache hinwegtrösten, dass ich der einzigen Frau, die mich wahrscheinlich wirklich geliebt hatte, nicht mehr in die Augen schauen konnte. Conall schloss die Tür hinter mir und ich war wieder alleine in dem kalten steinernen Zimmer. Ich versuchte zu schlafen, aber ich schaffte es nicht. Die Gedanken an die Vergangenheit hielten mich noch lange wach.

Am nächsten Morgen weckte mich Asal.
"Hier ist jemand, der Euch sehen möchte", sagte er und schaute auf den Boden.
"Das überrascht mich. Ich möchte mich ja noch nicht einmal selber sehen", sagte ich und Asal lachte.
"Es ist wohl etwas später geworden", stellte er fest.
"Es war anstrengend. Ich kann Conall nicht einschätzen. Ich weiß nicht, woran ich bei ihm bin", sagte ich offen.
"Da seid Ihr nicht der einzige", sagte Asal.
"Möchtest du das ‚Ihr’ nicht lassen. Ich stehe nicht über dir", sagte ich.
"Ihr seid der Sohn eines Königs", meinte Asal.
"Ja und ich habe mich der Fianna angeschlossen, um das zu vergessen", erklärte ich Asal und dieser nickte.
"Gut, soll ich Ríoghnach weiter warten lassen?", fragte mich Asal.
"Nein, nein, lass sie doch bitte rein", sagte ich und stand auf.
Asal verschwand für kurze Zeit und kam mit Ríoghnach zurück. Sie sah glücklich aus.
"Ich bin ja so froh, dass mein Vater endlich nachgibt!", sagte sie.
"Was genau hat dir Conall denn erzählt?", fragte ich.
"Ich werde euch mal alleine lassen", sagte Asal und ging. Er hatte wohl wirklich nicht das geringste Interesse an Ríoghnach.
"Mein Vater sagt, dass du um meine Hand angehalten hast. Und dass er dir eine Aufgabe aufgetragen hast, und wenn du sie gut erfüllst, dann wird er deiner Bitte entsprechen", sprudelte es aus ihr heraus.
Sie fiel mir in die Arme und ich streichelte ihre langen blonden Haare.
"Ich werde mich sofort auf den Weg machen", sagte ich.
"Was sollst du denn für meinen Vater tun?", fragte Ríoghnach.
"Darüber darf ich nicht sprechen."
"Und damit soll ich mich zufriedengeben?"
"Ich kann es doch auch nicht ändern. Hör zu, ich werde für ein paar Tage weg sein."
"Und wie viel sind ein paar Tage?"
"Sechs. Vielleicht mehr. Mach dir keine Sorgen. Ich komme zurück und dann müssen wir uns nicht mehr verstecken."
Diese Antwort gefiel Ríoghnach nicht. Das konnte ich an ihren Augen sehen. Sie hatte bisher nicht darüber nachgedacht, dass das, was ihr Vater mir aufgetragen hatte, vielleicht gefährlich war. Sie drückte ihren Körper an meinen und ich küsste sie auf die Wange.
"Ich muss los. Ich werde mich beeilen", sagte ich zu ihr.
"Gut", sagte sie und ließ mich los.

Ich zog entlang des Flusses, wie Conall es mir aufgetragen hatte. Ich kam gut vorwärts, denn Gepäck brauchte ich nicht viel. Frisches Wasser bekam ich aus dem Fluss. Ferner hatte sich das Tír fa Tonn als erstaunlich fruchtbar erwiesen und ich konnte die Früchte essen, die unweit des Flusses wuchsen. Am Ende des zweiten Tages führte mich der Fluss durch ein enges Tal. An dessen Ende erblickte ich endlich den Berg. An diesem Abend schlief ich zufrieden ein, denn ich wusste, dass mein Weg nicht mehr weit war. Am nächsten Tag lief ich weiter, bis ich den Berg erreichte. Ohne Pause lief ich einfach weiter und weiter. Der Aufstieg erwies sich als äußerst schwierig und es dauert fast einen weiteren Tag, bis ich den Gipfel erreichte. Doch dort fand ich sie endlich, die Bláthanna Fiáine. Überglücklich pflückte ich schnell so viele, wie ich konnte, und stopfte sie in meine Tasche. Inzwischen war es Nacht geworden, aber ganz dunkel war es nicht. Ich blickte nach oben und sah über mir die Sterne leuchten. Ich war überrascht, dass der Übergang in die andere Welt hier so dünn war. Wenn man auf der Spitze des Berges seine Hand ausstreckte, konnte man sie fast berühren. Ich dachte an Ériu. Was ging über den Wellen vor sich? War Ériu ohne die Fianna überhaupt sicher? Auf einmal machte mich der Gedanke, so weit weg von zu Hause zu sein, traurig. Dann dachte ich an die Schlacht von Gabhra und die vielen Toten und ich war froh im Tír fa Tonn zu sein.

Der Abstieg war noch komplizierter als der Aufstieg. Das eine ums andere Mal wäre ich beinahe gestürzt und in die Tiefe gefallen. Ich beschloss die Nacht in Gipfelnähe zu verbringen und mich auszuruhen. Ein Abstieg in der Dunkelheit nur beim Licht der Sterne war einfach zu gefährlich. Am Morgen des vierten Tages wagte ich den Abstieg und am Nachmittag erreichte ich den Fluss. Ich trank etwas Wasser und wusch mich. Dann machte ich mich sofort auf den Rückweg. Ich wollte zurück zu Ríoghnach und sie endlich für mich haben. Ich wollte mit ihr durch die Gärten des Tír fa Tonn spazieren und allen zeigen, dass sie einzig und allein mir gehörte.

Am Abend des sechsten Tages erreichte ich endlich wieder die Zivilisation. Ich konnte es kaum erwarten Conall gegenüberzutreten, ihm die Blüten zu überreichen und Ríoghnach zu beanspruchen. Ich klopfte an das mächtige Steintor. Nach einer Weile wurde mir geöffnet.
"Ich bin zurück und will zum König!", sagte ich. Ich war ziemlich erschöpft, aber ich wollte diesen Triumph genießen.
"Der König hat sich bereits zur Ruhe begeben. Er wird dich morgen empfangen", sagte eine mir unbekannte Person.
Ich war enttäuscht. Was sollte ich nun tun. Im Tír fa Tonn kannte ich niemanden. Wo sollte ich schlafen?
"Finn Mac Cumhail", hörte ich hinter mir eine Stimme sagen. Ich drehte mich und erblickte Asal.
"Man hat dich nicht rein gelassen, obwohl du das getan hast, was man von dir verlangt hat, nicht wahr? Komm mit in mein Haus. Ich habe ein Zimmer frei", sagte er freundlich.
Ich war überrascht. Asal war so ziemlich der Letzte, von dem ich Hilfe erwartet hätte. Er ging voran und ich folgte ihm.
"Warum hilfst du mir? Stört es dich denn gar nicht, dass ich Ríoghnach für mich beanspruche?"
"Warum sollte mich das stören? Sie ist wie eine jüngere Schwester für mich. Ich möchte, dass sie glücklich ist. Denkst du, dass du sie glücklich machen kannst?", fragte mich Asal.
"Natürlich, wenn ihr Vater mich lässt", antwortete ich.
"Das ist das Problem. Er wird dich nicht lassen. In der Tasche trägst du die Bláthanna Fiáine, aber das wird Conall nicht reichen. Wenn er dir Ríoghnach zur Frau gibt, wirst du der nächste Herrscher über das Tír fa Tonn. Ist dir das überhaupt klar?", fragte Asal.
Asal hatte Recht. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Das Tír fa Tonn war mir völlig gleichgültig. Wenn mein Vater starb, würde ich König von Connacht werden. So war es zumindest der Wille meines Vaters. Ich besaß also bereits ein Königreich, das ich nicht wollte.
"Aber ich will nicht über das Tír fa Tonn herrschen", sagte ich.
Wir waren vor Asals Haus angekommen. Er wollte die Tür öffnen, doch er hielt einen Moment inne.
"Das glaube ich dir sogar, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du des Königs Nachfolger wirst, wenn du Ríoghnach zur Frau nimmst."
Asal öffnete die Tür und wir betraten das Haus.
"Dein Zimmer ist oben. Ich zeige es dir."
Ich folgte Asal die Treppe hoch in ein kleines Zimmer.
"Es ist nicht viel..."
"Danke, es ist mehr als ich von dir verlangen kann."
Asal nickte mir kurz zu und dann ließ er mich alleine.
Tief in meinem Inneren musste ich gewusst haben, dass Asal Recht hatte. Conall würde mir seine Tochter niemals zur Frau geben. Es wäre für alle das Beste gewesen, wenn ich das Tír fa Tonn verlassen hätte. Ríoghnach hätte Asal geheiratet. Gemeinsam hätten sie das geradegebogen, was Conall zerstört hatte. Zweifellos hätten sie gerecht und weise regiert. Doch mein Stolz, mein Verlangen und mein Egoismus standen diesem glücklichen Ende im Weg. Ich redete mir ein, dass ich es war, den Ríoghnach wollte, und dass mein Handeln deshalb richtig war. Ich tat es ja für sie.

Asal weckte mich am nächsten Morgen und brachte mich zum König.
"Du bist schon zurück!", sagte Conall und ich konnte nicht sagen, ob seine Überraschtheit echt war oder nur geheuchelt.
"Eigentlich war ich schon gestern zurück, aber als ich ankam, hattet Ihr Euch bereits zur Ruhe begeben", sagte ich.
"Verstehe. Sind das die Bláthanna Fiáine in der Tasche?"
Ich gab ihm die Tasche mit den Bláthanna Fiáine und Conall begutachtete die Blüten.
"Eine ausgezeichnete Qualität. Wirklich gute Arbeit", sagte er.
"Danke sehr", sagte ich.
"Asal, bring das weg!", sagte Conall und gab Asal die Tasche, der sich entfernte.
"Wo ist Ríoghnach?", fragte ich.
Conall zog beide Augenbrauen hoch.
"Finn, du hast, die Aufgabe, die ich dir auferlegt hatte, erfüllt, aber meine Tochter kannst du trotzdem nicht haben – zumindest noch nicht."
"Wir hatten eine Abmachung!", sagte ich. Ich war wütend. Asal hatte mit allem Recht gehabt.
"An mir liegt es ja nicht", sagte Conall.
"Und an wem liegt es dann?"
"Wenn ich dir Ríoghnach zur Frau gebe, wirst du der nächste Herrscher über das Tír fa Tonn. Denkst du, meinem Volk gefällt es, wenn ein völlig Fremder König wird? Das Volk muss dir vertrauen. Du musst dich als würdig erweisen. Ich fürchte, dafür werden weitere Prüfungen nötig sein."
Ich überlegte. Ein klares Nein war das nicht, aber weitere Prüfungen war eine äußerst vage Aussage. Was sollte ich tun? Ich musste es wenigstens versuchen, und deshalb sagte ich:
"Ja, Ihr habt Recht. Ich werde dem Volk beweisen, dass es mir vertrauen kann."
Der König nickte.
"Dann werde ich dir deine nächste Aufgabe geben: Unweit von hier befindet sich ein riesiger See, der Loch na Rún. In der Mitte des Sees befindet sich eine kleine Insel. Auf der Insel entspringt eine Quelle. Sie mündet in den See und färbt ihn grün. Bring mir einen Krug voll mit Wasser dieser Quelle und Ríoghnach soll dir gehören", erklärte Conall.
"Gut, ich mache mich sofort auf den Weg", sagte ich entschlossen.
"Warte, das ist noch nicht alles. Das Wasser des Sees ist giftig. Du darfst nichts davon trinken. Du solltest es noch nicht einmal berühren, denn es zersetzt alles, was lebendig ist."
"Gut, dann brauche ich genügend Wasser für die Reise. Und was ist mit einem Boot? Das werde ich auch brauchen."
"Du wirst alles bekommen, was du brauchst. Ich werde das Boot mit Gold beziehen lassen, denn das Wasser zersetzt auch Holz."
"Gut, wann wird alles fertig sein?", fragte ich.
"Ein paar Tage wird es schon dauern."
"Ich möchte sie sehen. Ich möchte Ríoghnach sehen!", sagte ich.
"Also schön. Du kannst heute Abend zu uns zum Essen kommen. Ich sorge dafür, dass Ríoghnach auch da ist."
Die Tür öffnete sich und Asal kam zurück.
"Asal, möchtest du uns heute Abend auch Gesellschaft leisten? Die Bláthanna Fiáine sind für unser Volk sehr kostbar. Das sollten wir feiern."
"Danke für Eure Großzügigkeit", sagte Asal.
"Was ist mit dir, Finn? Möchtest du dein Zimmer zurückhaben oder wohnst du jetzt bei Asal?", fragte mich Conall.
"Also wenn Asal nichts dagegen hat, würde ich gern bei ihm bleiben", sagte ich, denn es gefiel mir bei Asal und bei ihm wurde die Türe nicht wie in einem Gefängnis hinter mir geschlossen.
"Also, ich habe nichts dagegen", sagte Asal.
"Gut, wie ihr wollt", meinte Conall, "dann bis heute Abend."
Ich verließ mit Asal den Thronsaal und erzählte ihm vom Loch na Rún.
Asal hörte geduldig zu und sagte erst einmal nichts. Als wir wieder an seinem Haus ankamen und er die Tür wieder geschlossen hatte, sagt er schließlich:
"Das wird nicht einfach werden. Das Loch na Rún ist ein gefährlicher Ort, vor allem, wenn man sich nicht auskennt. Du solltest das nicht tun."
"Ich habe keine Wahl, ich muss es wenigstens versuchen."
Ich war sicher, dass Asal übertrieb. Was sollte denn an so einem See schon gefährlich sein? Und außerdem, wenn es schwer für ihn war, hieß das nicht, dass es auch schwer für mich war.
"Ich habe noch einiges zu tun. Du kannst dich noch etwas ausruhen. Nimm dir etwas zu essen und etwas Wein. Fühl dich wie zu Hause. Wir sehen uns dann heute Abend."
Asal ließ mich alleine. Und ich schaute mich in seinem Haus um. Es war recht groß und hatte viele Zimmer. In einem Zimmer hingen Frauenkleider. Ich fragte mich, ob Asal mir etwas verheimlichte. Die Stunden vergingen sehr langsam. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich fand schließlich den Wein und trank einen Becher. Ich wurde müde und legte mich hin. Es konnte nicht schaden noch etwas zu schlafen. Also legte ich mich und schlief bald ein. Ich wurde schließlich durch Stimmen, die von unten kamen, geweckt. Eine Frau lachte. Ich stand auf und zog mich an. Ich ging nach unten. Asal stand mit zwei mir unbekannten Personen in der Küche. Einer jungen Frau und einem alten Mann.
"Finn, da bist ja. Wir müssen los."
Ich schaute ihn auffordernd an.
"Das ist Taman, mein Vater, und Liber, meine Schwester."
"Sehr erfreut."
"Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wir müssen los. Der König wartet bereits."
Also gingen wir zurück zum Palast des Königs. Ich war aufgeregt und freute mich darauf Ríoghnach wieder zu sehen. Ich vermisste sie so schrecklich. Asal öffnete die Steintür und da war sie, so schön, wie ich sie in Erinnerung hatte. Sie blickte mich an und ihre Augen strahlten wie tausend Sonnen.
"Asal, Finn, kommt! Das Essen wird noch kalt! Wollt ihr Wein?"
Conall zeigte sich erstaunlich gut gelaunt.
Ich setzte mich neben Ríoghnach und unsere Hände berührten sich kurz unter dem Tisch. Sie lächelte.
"Ich habe eine Ankündigung zu machen", sagte Conall.
"Finn hat sich freiwillig gemeldet zur verbotenen Insel im Loch na Rún zu rudern und einen Krug voll Wasser aus der Quelle mitzubringen!", sagte Conall.
"Was, das Loch na Rún? Das ist viel zu gefährlich! Es wird von bösen Geistern beherrscht", sagte Ríoghnach und sah verängstigt aus.
"So etwas gibt es doch gar nicht", sagte ich. Ríoghnachs Reaktion machte mir keine Angst. Ich war eher erheitert. Frauen!
"Ríoghnach, du musst wissen, Finn glaubt nur das, was er sieht", sagte Conall und reichte den Wein rund.
"Oh, du wirst die Geister sehen", meinte Asal.
"Selbst wenn, ich werde schon mit ihnen fertig", sagte ich und nahm mir Brot und Früchte, jedenfalls glaube ich, dass es Früchte waren.
"Das ist die richtige Einstellung!", sagte Conall, aber Ríoghnach sah ziemlich besorgt aus.
"Du kannst das nicht verlangen. Das wird ihn umbringen!", sagte sie, als würde ich nicht mit am Tisch sitzen.
"Ich mache es und damit basta! Ich habe in meinem Leben schon so viel gesehen. Dinge, die ihr euch nicht einmal vorstellen könnt. Ich lasse mich von ein paar Geistergeschichten nicht einschüchtern!", meinte ich.
Ríoghnach stochert den Rest des Abends missmutig in ihrem Essen herum und schaute mich vorwurfsvoll an, so als ob ich etwas dafür gekonnt hätte. Nach einer Weile stand sie auf und entschuldigte sich. Sie ging zur Türe und ich schaute ihr nach. Bevor sie den Saal verließ, schaute sie sich noch einmal um, und ich sah, wie ihr eine einzelne Träne über die Wange rollte. Asal und ich redeten noch eine Weile mit Conall und dieser erzählte, dass das Loch na Rún eigentlich ein schöner Ort war. Er leuchte grünlich und strahlte wunderschön und da wurde mir klar, dass das Loch na Rún wohl jener See war, an den mich Ríoghnach an meinem ersten Tag im Tír fa Tonn geführt hatte. Dort, wo die Männer die Familie getötet hatten.

Am nächsten Tag brachte mich Asal zum Loch na Rún und jeder Zweifel, es könnte sich vielleicht nicht um jenen See handeln, den mir Ríoghnach an meinem ersten Tag im Tír fa Tonn gezeigt hatte, wurde beseitigt. In ein grünes Licht getaucht und gespenstisch ruhig lag es vor mir, das Loch na Rún. Ich stand mit Asal genau an der Stelle, wo die Männer die Familie getötet hatten. Ein leichter Nebel hüllte uns ein.
"Du hast keine Ahnung, auf was du dich da eingelassen hast!", sagte Asal.
"Das schaffe ich schon", sagte ich und gab mir Mühe gelassen zu klingen.
"Das wird kein Spaziergang, bei dem man auf einem Berg ein paar Blumen pflückt!", meinte Asal.
Ich betrachte den See und das Boot, das am Ufer festgebunden war und im See trieb. Das Gold blitzte und funkelte. Ich blickte zum Horizont und konnte schemenhaft etwas erkennen. Das musste die Insel sein.
"Und was soll daran schwierig sein? So weit ist es doch gar nicht!", sagte ich.
"Die Distanz bis zur Insel zu rudern, wird auf jeden Fall dein geringstes Problem sein", meinte Asal. Er sah verängstigt aus. Er war zweifellos aufgeregter, als ich es war.
"Was ist dann das Problem?", fragte ich geduldig.
"Es sind die Schreie der Toten!", meinte Asal.
"Die an diesem See getötet worden sind?", fragte ich. Asal war wahrscheinlich traumatisiert, weil er bei so einer Hinrichtung dabei gewesen war. Oder hatte er vielleicht sogar selbst hier jemanden getötet?
"Nein, es sind die Schreie aller Toten. Hier herrschen die Geister der Vergangenheit", erklärte Asal. Er war ganz blass geworden.
"Es gibt keine Geister!", sagte ich.
"So wie es das Tír fa Tonn nicht gibt?", meinte Asal.
"Das ist doch etwas völlig anderes", meinte ich. Aber war es das wirklich? In Ériu glaubte auch niemand an die Existenz des Tír fa Tonn, obwohl seine Existenz eine Tatsache war. War ein See, auf dem die Toten spukten, in Anbetracht dessen so unwahrscheinlich? Asal schien jedenfalls von deren Existenz überzeugt zu sein.
"Du glaubst mir nicht?", fragte Asal.
"Nein, ich glaube dir nicht", sagte ich, denn ich war ein Freund der Wahrheit.
"Ich habe selber versucht über den See zu rudern und ich bin umgekehrt."
"Das heißt nicht, dass ich auch scheitern werde!"
"Ich habe Ríoghnachs Bruder gesehen und meine tote Mutter. Du bist Soldat. Wie viele Menschen hast du sterben sehen? Glaubst du, du kannst das ertragen?"
Ich zog das Boot langsam an Land. Ich wollte mich von Asals Gerede nicht beeindrucken lassen.
"Du überheblicher Gael! Ich möchte dir helfen und du wendest dich ab! Du denkst, ich bin gescheitert, weil ich nur von den Firbolg bin!", sagte Asal. Er war wütend.
"Aber es gibt hier im Tír fa Tonn Dinge, von denen du keine Ahnung hast. Wir leben hier seit vielen Jahrhunderten, weil uns die Tuatha de Danaan aus Ériu verbannt haben. Sie trieben uns über die Klippen ins Meer und wir landeten hier. Als wir hier ankamen, war dies hier noch nicht das Tír fa Tonn; es war die Heimat der Fomoire. Jener grässlichen Wesen, die von den Tuatha de Danaan ausgelöscht worden sind. Die kühlen Seen, die grünen Pflanzen, die prächtigen Hallen, all das ist eine Fassade, die über den wahren Charakter des Tír fa Tonn hinwegtäuscht. An manchen Orten des Tír fa Tonn herrscht auch weiterhin das Böse und das ist einer dieser Orte. Du hältst mich für schwach. Doch ich kann Dinge, von denen du nicht mal weißt, dass sie möglich sind!"
Ich betrachtet Asal. Ich war größer als er und auch etwas schwerer.
"Magst du es mal versuchen?", sagte ich und deute auf mein Schwert und lachte. Ich war mir sicher, dass er mir nicht gewachsen war. Als Nächstes passierte etwas, für das ich keine Erklärung habe. Asal verschwand vor meinen Augen und hielt mir im nächsten Moment mein eigenes Schwert an die Kehle. Ich erstarrte. Die Firbolg und die Tuatha de Danaan waren verwandte Völker und deshalb war es nicht verwunderlich, dass auch die Firbolg übermenschliche Kräfte hatten. Aber das war zu viel.
"Keine Angst. Ich möchte dich nicht verletzen. Ich möchte nur, dass du mich ernst nimmst."
Asal ließ das Schwert sinken und gab es mir zurück.
"Was war das?", fragte ich vollkommen verwirrt.
"Ich habe mich unsichtbar gemacht und habe dir das Schwert abgenommen."
"Ja, das habe ich gesehen, aber wie hast du es gemacht?", fragte ich. Ich war verärgert.
"Einige der Firbolg haben diese Fähigkeit. Eine genaue Erklärung habe ich auch nicht dafür. Ich kann es selber erst seit circa 5 Zyklen, aber ich werde immer besser."
"Ríoghnach?", fragte ich. Ich wusste nicht, ob ich es ihr hätte vergeben können, wenn sie mir so etwas verheimlicht hätte.
"Sie kann es nicht oder ist vielleicht noch zu jung dafür", erklärte Asal.
Ich war beruhigt und zog das Boot weiter an Land.
"Du lässt dich nicht davon abbringen, oder?", fragte mich Asal.
"Nein", sagte ich entschieden.
Asal bückte sich und hob das Seil.
"Lass mich das festhalten. So ist es einfacher."
Ich stieg in das Boot, während Asal das Boot hielt. Ich nahm beide Ruder in die Hände.
"Viel Glück!", sagte Asal und ich ruderte los.
"Vergib mir Finn, aber ich werde mir das nicht mit ansehen!", rief Asal und drehte sich um.
"Sag Ríoghnach, dass ich bald wieder da sein werde!", rief ich.
Ich blickte zu dem Wasserfall und fragte mich, ob sich Ríoghnach dorthin geschlichen hatte und mich beobachtete. Dann ruderte ich schnell weiter.

Zuerst bemerkte ich nichts Außergewöhnliches, außer dass der See nicht besonders gut roch. Der Nebel wurde langsam dichter, aber das war auch nichts Besonderes. Dann wurde mir schwindelig und die Ruder wurden schwerer und schwerer. Plötzlich hörte ich einen Schrei. Einen ganz komischen hohen Ton. Es hörte sich furchtbar an. Dann begann das Boot zu wackeln. Ich hatte Mühe die Ruder fest zu halten. Ich wollte schneller rudern, aber ich kam nicht vom Fleck. Etwas war dort unten, das mich festhielt. Das Boot schaukelte immer heftiger. Ich konnte nichts dagegen tun. Dann ganz plötzlich hörte es auf. Ich beugte mich nach unten und blickte ins Wasser, konnte aber nichts erkennen. Dann griff aus dem trüben Grün eine Hand nach mir. Ich blickte plötzlich in die trüben, toten Augen von Innsa. Innsa war der zweite in der Rangordnung der Fianna gewesen. Er verlor bei der Schlacht von Gabhra sein Leben – wie so viele andere. Das konnte nicht real sein. Aber mich zog etwas in die Tiefe und ich war dabei, das Gleichgewicht zu verlieren.
"Du solltest an meiner Stelle hier sein!", sagte Innsa und ich konnte seine verfaulten Zähne sehen.
"Es tut mir Leid", sagte ich.
"Ich werde dich mitnehmen! Du hast es nicht verdient zu leben!"
Innsa war bei der Schlacht von Gabhra noch sehr jung gewesen. Er hatte lange rot blonde Haare gehabt. Er war bei den Frauen beliebt gewesen und hatte eigentlich sein ganzes Leben noch vor sich gehabt. Kein Wunder, dass er wütend war.
"Innsa, was hätte ich denn tun sollen?"
"Du hättest aufgeben sollen! Wir konnten nicht gewinnen und das wusstest du! Wir sind für deinen dummen Stolz gestorben!"
Ich riss mich los und Innsa fiel zurück ins Wasser. Ich atmete tief durch, doch ich hatte nicht lange Ruhe. Innsa sprang mit einem Satz ins Boot. Ich hob schnell mein Schwert auf und Innsa lachte.
"Glaubst du, du kannst damit etwas gegen mich ausrichten. Falls du es nicht bemerkt hast, ich bin bereits tot!"
Innsa stürmte auf mich zu und ich stieß ihm mein Schwert durch den Brustkorb. Es hatte keine Wirkung. Innsa brach in ein schreckliches Gelächter aus und das Boot fing wieder an zu wackeln.
"Wir sind nur deinetwegen tot. Ja, Finn, da kommen die anderen. Sie kommen um dich zu holen. Moling Lúath, Osgar und Conan Maol. Oder magst du einen Blick auf Aine werfen. Jetzt ist sie nicht mehr so hübsch."
"Aine ist nicht tot", sagte ich.
"Doch. Sie hat sich umgebracht, weil du sie fortgeschickt hast! Und weißt du was noch. Sie war schwanger", sagte Innsa.
Das war zu viel. Ich schmiss mich gegen Innsa und stieß ihn über Bord. Dann gab es einen Ruck und ich fiel auf den Boden des Boots. Ich weiß nicht, wie lange ich da lag. Das Nächste, an das ich mich erinnern kann, war ein süßlicher Geruch in meiner Nase. Ich richtete mich auf und stellte fest, dass das Boot auf Grund gelaufen war. Ich hatte die Insel erreicht. Der Nebel war verschwunden und mit ihm die Geister der Vergangenheit. Ich betrat vorsichtig das Ufer und zog das Boot an Land. Es war sandig. Ich ging ein paar Schritte und merkte, wie müde und erschöpft ich war. Ich legte mich einfach an den Strand und schlief ein.

Als ich am nächsten Tag aufwachte, wusste ich nicht einmal mehr, ob das gestern Geschehene real gewesen war oder ob alles eine Halluzination gewesen war. Dann hatte ich wieder diesen süßlichen Geruch in der Nase und erinnerte mich daran, wie ich gestern auf dem Boden des Boots aufgewacht war. Ich blickte mich auf der Insel um und entdeckte große gelbe Blumen, die an Sträuchern wuchsen. Ich pflückte eine und roch daran. Zweifellos verbreiteten diese gelben Blüten den süßlichen Geruch. Ich blickte zum See. Er war wieder in dichten Nebel gehüllt. Ich fragte mich, ob der Nebel etwas mit dem zu tun hatte, was ich gestern erlebt hatte. Giftige Dämpfe konnten die Sinne vernebeln und führten zu Halluzinationen. Diese Überlegung war durchaus plausibel und sie gefiel mir besser als die Möglichkeit, dass alles, was ich erlebt hatte, wirklich passiert war. Ich dachte an Innsa und an die anderen, die ihr Leben in der Schlacht von Gabhra ließen. Fühlte ich mich schuldig für das, was passiert war? Ja, das tat ich. Ich hatte seitdem keine Nacht mehr verbracht, ohne an den Tod meiner Kameraden zu denken. Und Aine? Sie hatte etwas Besseres verdient als mich und ich hoffte, dass sie es gefunden hatte. Ich wollte nicht glauben, dass sie tot war. Arme, unschuldige Aine! Ich betrachtete die gelbe Blüte in meinen Händen und dachte einen Augenblick nach. Ich musste nun die Quelle finden, den Krug füllen und zurückrudern. In Gedanken versunken pflückte ich noch mehr Blüten von den Büschen, dann ging ich zurück zum Boot und nahm den Krug aus diesem. Die gelben Blüten legte ich ins Boot. Vielleicht waren die Blüten ja so eine Art Gegenmittel gegen den giftigen Dampf oder hielten böse Geister fern oder sonst etwas. Jedenfalls hatte ihr Geruch mich wieder geweckt.

Ich suchte die Quelle und sie war wirklich nicht schwer zu finden. Die Insel war nicht besonders groß und abgesehen von den Büschen mit den gelben Blüten gab es kaum Vegetation. Die Quelle entsprang am Fuße eines kleinen Berges auf der anderen Seite der Insel. Ich öffnete den Krug und füllte ihn mit der seltsamen grünen Flüssigkeit. Ich passte auf, dass die Flüssigkeit meine Hände nicht berührte, so wie Conall es mir gesagt hatte. Als der Krug voll war, verschloss ich ihn wieder. Ich wollte zurück zum Boot gehen, doch meine Neugier trieb mich dazu von der anderen Seite der Insel auf den See zu blicken. Also ging ich hinunter zum Strand. Hier schien kein grünes Licht, sondern alles strahlte eher rötlich. Ich erreichte den Strand und sah, dass etwas am Horizont brannte. Irgendetwas glühte und flackerte in der Ferne. Bei genauerer Betrachtung sah es so aus, als wäre es der Horizont selbst, der brannte. Es war zweifellos beängstigend, aber auch faszinierend. Ich hatte Mühe mich von diesem Anblick wieder loszureißen. Etwas Vergleichbares hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Ich wusste jetzt, was Asal damit meinte, als er mir gesagt hatte, dass vieles im Tír fa Tonn nur Fassade wäre. An manchen Stellen herrschten auch weiterhin die Fomoire, auch wenn sie als solche von den Tuatha de Danaan ausgelöscht worden waren. Ihr zerstörerisches Wesen lebte in der Tat im Tír fa Tonn weiter.

Ich ging quer über die Insel zurück zum Boot. Ich stellte den Krug vorsichtig ins Boot. Ich trank etwas Wasser und aß etwas von den Vorräten. Nun musste ich mich auf den Rückweg machen. Ob die Rückfahrt genauso schwer sein würde wie die Hinfahrt? Asal hatte nicht übertrieben. Die Erscheinung von Innsa hatte mir schwer zu schaffen gemacht. Ich wollte so etwas nicht noch einmal erleben. Ich blickte auf die gelben Blüten. Sie verbreiteten immer noch ihren süßlichen Duft. Ob das half? Auf einen Versuch kam es an. Ich zog das Boot zurück zum Wasser und stieg vorsichtig hinein. Dann ruderte ich zurück.

Auf der Rückfahrt passierte rein überhaupt nichts. Diesmal quälten mich allein meine Gedanken. Ich dachte an das, was Innsa gesagt hatte. Waren alle diese Männer nur wegen meines Stolzes gestorben? Ich hatte seit der Schlacht von An Trá Bhán nicht mehr so viele Tote gesehen. Und damals hatte es unheimlich geholfen sich mit dem Sieg zu trösten. Aber die Schlacht von Gabhra hatte ich verloren. Meine Armee war von der des Hochkönigs angegriffen worden und wir mussten uns verteidigen. Ich versuchte mir einzureden, dass ich keine andere Wahl gehabt hatte, aber es gelang mir nicht. Ich hätte aufgeben sollen. Das hätte vielen das Leben gerettet, aber aufgeben war etwas, was ich nicht konnte. Ich wollte lieber kämpfend untergehen als in Schande leben. Aber was war mit Innsa? Er hatte es nicht verdient so jung zu sterben. Ich versuchte mich selbst davon zu überzeugen, dass sein Tod nicht sinnlos war. Er hatte bei der Schlacht von Gabhra den Hochkönig, Cairbre Lifechair, getötet. Innsa war ein guter und mutiger Kämpfer, aber all das hätte er im Kampf gegen den Hochkönig nicht gebraucht. Denn der Hochkönig war schwach und feige. Bei der Schlacht von An Trá Bhán fiel er nur durch Abwesenheit auf. Eine fremde Armee drohte Ériu einzunehmen und Cairbre Lifechair verkroch sich in seinem Anwesen in Temair. Vielleicht war es schon ein Triumph für die Fianna, dass der Hochkönig bei der Schlacht von Gabhra fiel, auch wenn wir die Schlacht als solche verloren hatten. Nach Cairbre Lifechair wurde Fiacha Sraibhtine, Cairbre Lifechair Sohn, zum Hochkönig von Ériu. Fiacha Sraibhtine machte fast nichts besser als sein Vater, dafür vieles noch schlechter und so war letzten Endes doch alles umsonst gewesen. So drehten sich meine Gedanken im Kreis. An Aine wollte ich erst gar nicht denken. Sie musste noch leben! Ich konnte den Gedanken, dass sie sich meinetwegen das Leben genommen hatte, nicht ertragen. Ich hatte mich nicht mehr so schlecht gefühlt, seit ich auf den Clocháin na bhFómharach gestanden, auf das Meer gestarrt und den weiteren Sinn meines Lebens ernsthaft bezweifelt hatte. Aber war die Tatsache, dass mich die Toten auf der Rückfahrt in Frieden ließen, nicht ein Beweis dafür, dass alles, was ich gestern erlebt hatte, nicht real gewesen war? Alles war nur eine Halluzination gewesen, hervorgerufen durch diesen schrecklichen Nebel, der nun von den gelben Blüten neutralisiert wurde. Mit dieser Erklärung konnte ich gut leben.

Als ich das andere Ufer erreichte, hatte es bereits angefangen dunkel zu werden. Ich erkannte, dass am Ufer eine Person stand. Ich dachte zuerst, dass es Ríoghnach wäre, die auf mich wartete. Doch dann erkannte ich, dass es Asal war. Er half mir, das Boot zu landen. Ich nahm den Krug aus dem Boot und da merkte ich erst wie schwer meine Arme von der langen Strecke waren.
"Vorsicht!", sagte Asal und nahm mir den Krug ab.
"Danke."
"Haben dich die Toten wieder freigegeben?", sagte Asal.
"Es sieht ganz danach aus. Ich glaube im Übrigen, dass alles nicht real ist. Das sind alles nur Halluzinationen", sagte ich.
"Hervorgerufen durch den Nebel, der sich auf dem Wasser bildet?", vervollständigte Asal.
"Du hast es gewusst?", fragte ich.
"Ich musste doch sehen, wie weit du für Ríoghnach gehen würdest."
"Das war nicht fair."
"Nein, sicher nicht, aber falls es dich beruhigt, wenn die Erscheinungen dich in den See gezogen hätten, wärst du ganz real gestorben. Ob es nun also wirklich echte Geister sind oder bloß eine Verwirrung der Sinne, spielt also eigentlich keine große Rolle."
"Asal, ich würde dich jetzt gerne schlagen, wenn ich noch die Kraft dazu hätte."
Asal lachte und sagte:
"Komm, lass uns gehen. Ruh dich bei mir etwas aus und morgen gehen wir dann zu Conall. Er hat übrigens nicht geglaubt, dass du es schaffst. "
"Hast du es geglaubt?", fragte ich Asal.
"Nein. Vielleicht, weil ich selbst nicht geschafft habe", sagte Asal für mich erstaunlich ehrlich.
Wir gingen weiter, bis wir Asals Haus erreichten.
"Ich habe im Haus eine Überraschung für dich", sagte Asal.
"Warum? Hast du ein schlechtes Gewissen?"
Wir betraten Asals Haus und am Tisch saß Ríoghnach. Sie kam sofort auf mich zu und ich schloss sie in die Arme
"Das ist in der Tat eine Überraschung! Danke, Asal."
"Nichts zu danken."
"Leider kann ich nicht lange bleiben, mein Vater wird mein Fehlen bald bemerken", sagte Ríoghnach.
"Na, für einen Wein wird es noch reichen", sagte Asal, holte drei Becher und stellte sie auf den Tisch. Dann verschwand er, wahrscheinlich um den Wein zu holen.
"Ich habe dich so vermisst", sagte Ríoghnach.
"Ich habe dich auch vermisst", sagte ich und küsste sie. Dann kam Asal mit dem Wein zurück und goss jedem den Becher voll.
"Dann trinken wir darauf, dass ich Recht hatte", sagte Ríoghnach.
"Recht womit?", fragte ich.
"Das du zurückkommst!"
"Ich glaube, du hattest nicht nur damit Recht. Also meinen Segen habt ihr. Schade nur, dass es nicht auf mich ankommt", sagte Asal.
Und Asal sollte auch diesmal Recht behalten. Conall stellte mich vor weitere Prüfungen und so kamen nach dem Sliabh gCallann und dem Loch na Rún die Claiseanna Dubha und das Gleann an Bhróin. Vielleicht war es auch umgekehrt. Das Komische war, dass sich mein Leben seit meiner militärischen Ausbildung bei der Fianna nicht mehr so einfach dargestellt hatte. Es gab eine Aufgabe und die musste erfüllt werden. Auch wenn die Aufgaben, die Conall mir gab, körperlich anstrengend waren, so schienen sie doch nicht kompliziert zu sein. Meinen Verstand musste ich nicht benutzen. Und da ich körperlich an meine Grenzen gehen musste, vertrieben die Schmerzen die Gedanken an Schuld und Vergeltung. Alles erschien unbeschwert und leicht. Es gab keine Intrigen, kein Buhlen um den eigenen Vorteil. Das gefiel mir. Ich lebte nur für den Augenblick. Die Vergangenheit spielte keine Rolle. Ich konnte mich ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Meine Erinnerung an das Ériu, wie es außerhalb des Tír fa Tonn weiter existierte, verblassten allmählich. Ich hörte auf an die Schlacht von Gabhra zu denken. Und was noch wichtiger war: Ich hörte auf davon zu träumen. Was ich zusammen mit der Fianna erlebt hatte, rückte in weite Ferne. Nur selten dachte ich noch an meinen Vater und Connacht, meine Heimat. Alles verschwand hinter einem grauen Schleier. Dann kam der Tag, an dem Ríoghnach zu mir sagte:
"Ich kann so nicht weiter leben." Sie wirkte völlig aufgelöst und ich schloss sie in die Arme.
"Ich bin sicher, dass ich der nächsten Aufgabe deines Vaters gewachsen bin", sagte ich.
"Darum geht es nicht! Ich möchte, dass das alles endlich aufhört! Ich bin völlig am Ende", sagte sie und ich verstand nicht, was mit ihr los war.
"Ich will das alles nicht mehr. Dieses Warten. Immer muss ich Angst um dich haben. Nie kann ich sicher sein, dass du wieder zurückkommst", sagte Ríoghnach.
"Und was soll ich tun? Soll ich aufgeben?", fragte ich. Ich war verärgert. Ich hatte jede Gefahr auf mich genommen und das war ihr nicht genug?
"Ich möchte von hier fortgehen", sagte Ríoghnach.
"Und wohin willst du gehen?", fragte ich.
"Lass uns nach Connacht gehen. Dorthin, wo dein Vater König ist", erklärte Ríoghnach.
"Du willst das Tír fa Tonn verlassen?", fragte ich. Ich war völlig überrascht.
"Ja, so schnell wie möglich. Ich möchte bei dir sein, Finn. Ich habe keine Lust mehr mich zu verstecken. Ich möchte neben dir einschlafen und neben dir aufwachen", meinte Ríoghnach.
Ich hatte keine Ahnung, dass sie die Situation so belastete.
"Ganz wie du willst", sagte ich, was sollte ich auch anderes sagen. Ich wollte, dass sie glücklich ist.
"Gut, dann treffen wir uns heute am Balla Mór und steigen hinauf", sagte Ríoghnach.
"Was heute noch?", reagierte ich überrascht.
"Ich möchte nicht länger hier bleiben. Am liebsten möchte ich sofort los. Du hast doch auch nichts, was dich hier hält."
"Du hast Recht. Mich hält hier nichts. Nichts außer dir", log ich, denn das Leben im Tír fa Tonn gefiel mir. Es war irgendwie so einfach.
"Gut, dann lass uns hier verschwinden."
Und so kam es, dass ich Ríoghnach Ní Chonaill, Prinzessin des Tír fa Tonn, mit nach Connacht nahm. Was uns dort erwartete, traf mich völlig unerwartet. Ich war nicht darauf gefasst und keinesfalls darauf vorbereitet. Aber das ist eine andere und längere Geschichte.

 

Hallo Sophia!

Dann sende ich dir mal ein verspätetes: Willkommen auf kg.de.

Warum dein Text noch keinen Kommentar bekommen hat, kann mehrere Gründe haben.
=> Der Titel: "Finn Mac Cumhail im Tír fa Tonn" => Fremdwörter, Kauderwelsch. So liest sich das für den Leser. Ist eher abschreckend, sorry.
=> Die Textlänge: Mit knapp 10.000 Wörtern ist das nunmal mehr als eine kurze Geschichte.
=> Dein bisheriges Verhalten im Forum. Du hast dich noch nicht beteiligt (und ein Forum wie dieses lebt vom Geben und Nehmen), und daher kann der Kritiker nicht beurteilen, ob du an ernsthafter Kritik überhaupt Interesse hast.

Okay, nun lese ich deinen Text an und teile dir mit, was ich denke:

"Clocháin na bhFómharach." => Sieht exotisch aus, das ja, aber wie bitte soll man das denn aussprechen?

"Ich stand da und überblickte die Clocháin na bhFómharach. Vor vielen hundert Zyklen hatten die Tuatha de Danaan die Firbolg hier ins Meer getrieben." => Kauderwelsch. Das einzige, was ich daraus lesen kann, ist, dass da ein "ich" steht, irgendwas sieht (aber was?) und dass da ein Meer ist.
=> Wer, wie, was? Wenn der Autor das nicht von Anfang an klar macht, hat der Leser das Gefühl, für dumm verkauft zu werden. Das wolltest du sicher nicht, oder?

"Doch im Grunde waren die Tuatha de Danaan nicht besser als die Firbolg oder die Gaeil. Ich musste es wissen, denn ich war zu Hälfte einer von ihnen. Eine Tatsache, die viele der Gaeil natürlich nicht wussten." => Sorry, aber in deinem Text geht das mit diesem Kauderwelsch weiter. Wer? Drei Völker, von denen der Leser nichts weiß. Dazu unklare Grammatik.
=> "waren die Tuatha de Danaan nicht besser als die Firbolg oder die Gaeil. Ich musste es wissen, denn ich war zu Hälfte einer von ihnen." => Hälfte von wem? Da stehen drei zur Auswahl.
=> "Eine Tatsache, die viele der Gaeil natürlich nicht wussten." => Die wissen eine Tatsache natürlich nicht? Mag grammatisch korrekt sein, aber es liest sich scheußlich.

"Warum ich gerade die Clocháin na bhFómharach aufsuchte, wusste ich nicht. Irgendetwas trieb mich dorthin. Eine geheimnisvolle Anziehungskraft ging für mich von diesen seltsam geformten Steinen aus." => Was für seltsam geformte Steine? Sind das diese Clocháin-Dinger?
=> Bitte, Sophie, versuch dich in den Leser hineinzuversetzen. Der Leser kann nur sehen/wissen, was der Autor ihm erzählt hat. Fremd-/Phantasiewörter (unter denen du dir sicher phantastische Dinge vorstellst) erzeugen keine Bilder beim Leser. Nur deine Beschreibungen der Dinge können Bilder erzeugen. Her damit!

"Ich fühlte mich leer und verbraucht und noch älter als ich war." => Tja, wie alt ist er/sie denn? Wer ist er/sie überhaupt? Ein halber Irgendwas, mehr weiß der Leser bis hier noch nicht. "Irgendwas" ist aber nicht interessant!

"Ich hatte die meisten meiner Männer bei der Schlacht von Gabhra verloren." => Das steht da alles so, als müsse der Leser Bescheid wissen. Aber woher sollte der Leser das wissen? Es ist die Aufgabe des Autors, es ihm zu erzählen.

=> Mach dich daran, arbeite es aus.

Grüße
Chris

 

Hallo Sophia,

grundsätzlich schließe ich mich den Kommentaren von Chris an, auch wenn ich erst die Hälfte der Geschichte gelesen habe. Sie zieht isch etwas zäh dahin und erfordert, sich Notizen zu machen, um im Wirrwarr der fremden Wörter der dahingeworfenen Figuren nicht den Überblick zu verlieren. Wie Chris schon bemerkte, ist exotisch ganz nett, aber du übertreibst.
Natürlich sind gällisch/walisisch angehauchte Wörter immer schön "fantasy" -auch ich bin schon im Tir Na N´ogg mit den Elen spazieren gegangen in meiner Phantasie- aber wenn gefühlt der halbe Text daraus besteht, dann verliert der Leser schnell den Faden und die Lust.
Also: exotisch ist gut, aber nur sparsam zu verwenden.
Ich bin sicher, in den Tiefen deiner Geschichte versteckt eine gute Idee und eine schöne Erzählung. Leg sie frei, die Mühe lohnt sich.

lg
Dave

P.S.: Es ist immer nicht ungefährlich, historische? Personen zum Protagonisten seiner Geschichten zu machen. Zumal der echte Finn in einer Höhle unter Dublin schlafen soll, bis sein Jagdhorn 3x erschallt. ;)

 

Hallo Sophia,
für mich ist das Fantasy in reiner Form.
Das erinnert mich an 'Das Silmarillion' von J.R.R. Tolkien. An die Geschichten von Turin Turambar zum Beispiel.
Zunächst war ich aber von diesem Werk enttäuscht, denn nach der Lektüre von 'Der Herr der Ringe' hatte ich Ähnliches erwartet.
'Das Silmarillion' jedoch hat einen eigenen Stil – eine ganz besondere Melodie von Sprache, ein auf Dauer leicht monoton wirkender Barden-Historik-Singsang. So beschreibe ich mal meinen Eindruck.
Diesen Stil mag man oder nicht.
Das gilt wohl auch für Deine Geschichte. Diesen 'Ton' hast du meiner Meinung nach gut getroffen. Einige lesen so etwas gern, die meisten eher nicht.
Diese Geschichte ist zu lang oder zu kurz. Zu lang als eigenständige Fantasy-Story, zu kurz als ganzer Roman. Eher ist sie in dieser Form ein Auszug aus einem Roman (schon fertig?).
Apropos: Wirklich gute Arbeit – solche Sätze passen meiner Meinung nach nicht in diese Art des Schreibens, weil zu nüchtern, sachlich.
Mit freundlichem Gruß
kinnison

 

Hallo Sophia,

ich mochte dieses irische Mythologiesetting, nach einer Weile wurde ich in die Handlung hineingezogen, obwohl ich durchaus Anmerkungen zum Erzählstil habe. In einem Punkt muss ich auch meinen Vorrednern unbedingt Recht geben. Du verwendest überdurchschnittlich viele gälische Begriffe, in der richtigen Dosierung würde das für genug Authentizität sorgen, aber wenn bereits Titel und erster Satz den Leser derart erschlagen, ist das etwas ungünstig. Vielleicht kannst du die Geschichte ein wenig entschlacken bzw. häufiger mal eine kurze Erklärung dazu setzen, was was ist.

Zweitens fehlte mir trotz aller Faszination irgendwo der Biss. Trotz Connalls Prüfungen gibt es letztlich keinen wirklichen Konflikt. Asal ist kein Rivale, Finn und seine Liebste können sich immer wieder sehen, die Prüfungen sind auch eher nebensächlich, und ganz am Ende fällt ihnen ein, dass sie ja auch einfach flüchten könnten. Sorry, das geht mir zu glatt, da könntest du nachlegen. Dass Asal eher zum Freund Finns wird, hat mir gefallen, da es vom traditionellen Rivalenmotiv abweicht. Aber das mit den Prüfungen könntest du straffer und dramatischer gestalten, vielleicht auch klar machen, wieso Finn und Ríoghnach nicht früher an eine Flucht denken.

Du solltest dir auch Gedanken machen, welche der Szenen für das Vorankommen der Geschichte wirklich wichtig sind. Ich mochte zwar die Diskussion zwischen Connall und Finn über das Feiern von Beltaine, aber im Endeffekt spielt das keine Rolle.

Fazit: attraktives Setting, aber an der Umsetzung kannst du noch arbeiten, straffen und schärfen. Das wird der Geschichte gut tun. Wenn du konkrete Hinweise zu einzelnen Textstellen möchtest, sag Bescheid.

Liebe Grüße,
ciao

Malinche

 

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