Flieg, Engelchen, flieg!
Im Regenbogenland ist es, wie immer, schönes Wetter. Es liegt nämlich über den Wolken, und dort ist der Himmel immer blau und die Sonne scheint den ganzen Tag. Das freut natürlich die Bewohner des Landes, die Engel, deren Aufgabe es ist, nach den Wolkenschafen zu sehen und das Wetter bei den Menschen zu regulieren.
Der Schäfer Alois Blumental ist gerade dabei, über seine Schäfchenwolkenherde zu fliegen, da sieht er, wie sein kleiner Sohn Gabriel, den alle nur Engelchen nennen, auf die Herde zugelaufen kommt.
„Ach, was soll denn nur aus Gabriel werden?“, überlegt er schwermütig. Alle Kinder in seinem Alter fliegen schon, nur er traut sich immer noch nicht in die Luft.“
Er fliegt zu ihm, um “Hallo“ zu sagen. Da kommt ihm ein Gedanke: „Engelchen, hast du denn nicht Lust, mit mir die Schafe zu hüten? Komm doch hoch zu mir, ich zeige dir, wie es geht.“
Aber Engelchen denkt gar nicht daran, ihm nach oben zu folgen. Mit ängstlichem Blick schaut er zu seinem Vater hoch. „Nein Papa, nein! Ich kann nicht! Und ich will nicht! Ich habe doch solche Angst vorm Fliegen!“ Herr Blumental seufzt. „Na gut mein Kind. Vielleicht nächstes mal.“ „Vielleicht“, flüstert Engelchen.
Nachdem sein Vater wieder zu seiner Herde zurückgeflogen ist, lehnt er sich gegen eine Himmelsstaude und pflückt nachdenklich Sonnenblümchen.
„Wieso traue ich mich eigentlich nicht, zu fliegen?“, überlegt er traurig. „Alle tun es.Ich bin ein schrecklicher Angsthase!“
Kleine, silberne Tränchen kullern an seinen Wangen hinab.
Plötzlich hört er ein donnerndes Geräusch. Erschrocken blickt er auf. Das ist doch...
Ein riesiger Gewitterwolkenwidder trampelt wütend auf ihn zu, aus seinen Nasenlöchern sprühen Blitze. Engelchen will schreien, doch es kommt kein Ton aus seinem Mund.
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Dann hört er eine vertraute Stimme rufen: „ Flieg, Engelchen, flieg!“ Es ist die seines Vaters.
Da nimmt er all seinen Mut zusammen, breitet seine Flügel aus und fliegt leicht über das schnaubende Untier, seinem Papa in die Arme.