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Ganz ich

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25.11.2022
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Ganz ich

Ich habe fast Zwillinge geboren.
Ein Mädchen hat mich im Pool beinahe aus Eifersucht ertränkt und ich dachte wirklich, ich müsse sterben.
Ich bin in ein Land gezogen, dessen Sprache ich nicht spreche und musste dafür nicht weit gehen.
Ich wollte unbedingt die beste Freundin von jemanden sein.
Ich habe mit 6 Jahren einem kleinen Mädchen erzählt, jetzt, wo es einen Bruder bekäme, würden seine Eltern es nicht mehr lieben und weggeben. Nur, weil ich auch so gerne ein Brüderchen wollte.
Ich habe aus Versehen jemandem die Nase gebrochen.
Ich dachte jahrelang wirklich, ich sei adoptiert.
Ich habe einen Mann betrogen, der mich geliebt hat.
Ich habe einen Mann betrogen, den ich geliebt habe.
Ein Mann hat mich betrogen, den ich nicht geliebt habe und der mich nicht geliebt hat.
Ein Mann hat mich nicht betrogen, weil er mich geliebt hat.
Ich habe in der Grundschule einen grösseren und kräftigeren Jungen auf dem Schulhof mit dem Kopf auf das Pflaster geschlagen und danach weinend und glaubwürdig versichert, das er mich geschlagen hatte, nicht umgekehrt.
Einmal sah ich im Karneval aus wie eine echte Nutte und fand das gar nicht schlimm.
Einmal sah ich im Karneval aus wie ein Mann und fand das richtig gut.
Ich habe nichts gesagt, als mein Vater meine Mutter verlassen wollte.
Einmal bin ich im Fahrstuhl stecken geblieben, bin aus einem brennenden Flugzeug geklettert, habe ein Auto zwei Mal zu Totalschaden gefahren. Einmal davon konnte ich nichts dafür.
Ich habe einen Hamster bei einem Mädchen zuhause geklaut und musste ihn zurückbringen.
Ich hatte einen One-Night-Stand mit jemandem, dessen Name ich nicht kenne.
Ich habe einen Obdachlosen abends in das Haus meiner Eltern gebracht, damit er mal etwas Anständiges zu Essen bekommt.
Ich habe eine Universitätsklausur für jemand anderen geschrieben.
Ich war neidisch auf eine Stadtangestellte mit einem Kombi und zwei Kindern in einem Reihenhaus.
Einmal hat mir jemand etwas sehr sehr trauriges erzählt und ich habe überhaupt nichts gefühlt dabei.
Einmal war ich sehr mutig oder sehr dumm oder beides und bin in einer Strassenschlägerei als Einzige dazwischen gegangen.
Einmal konnte ich einen Tag lang nicht aufhören zu weinen, weil ich mir etwas trauriges vorgestellt habe. Danach konnte ich mich nicht mehr erinnern, was es war.
Ich bin bekifft sehr schnell Fahrrad gefahren und habe im entscheidenden Moment vergessen, wie man mit der Handbremse bremst.
Ich habe zeitgleich zu einem echten Ereignis davon geträumt .Als mir jemand am nächsten Tag erzählte, was passiert war, konnte ich ihn unterbrechen und das Ereignis weiter erzählen.
Ich habe nichts gesagt, als meine Mutter begann zu viele Tabletten zu nehmen.
Ich habe heimlich an einem Bild in einem Museum geleckt weil ich unbedingt wissen musste, wie sich die Struktur an der Zunge anfühlt.
Eimal hätte ich mein Leben für jemanden gegeben.
Und dann nochmal. Und dann vielleicht nochmal.
Ich habe heimlich probeweise gebetet.
Einmal wurde ich das erste Mal sexuell belästigt.
Einmal hat ein fremdes behindertes Kind auf einer Parkbank seinen Kopf an meine Schulter gelegt und mich vollgesabbert. Ich habe eine unerträglich tiefe Liebe verspürt.
Einmal habe ich mich im Spiegel gesehen und wusste, ich bin schön.
Einmal habe ich mich in Spiegel gesehen und wusste, ich bin hässlich.
Einmal habe ich mich im Spiegel wirklich gesehen.
Ein Mann, den ich nicht sonderlich mochte, hat mir einen Liebesbrief geschrieben, der so wunderbar war, das ich nur wegen dem Brief eine Zeitlang probiert habe mit ihm zusammen zu sein.
Ich hörte heimlich die ganze Zeit mit, wie zwei Mädchen lange und gemein über mich lästerten.
Einmal fuhr ich mit einem schnellen Boot über ein Meer und wusste, dass dies einer der glücklichsten Augenblicke war.
Ich habe mir vorgestellt, dass es rein theoretisch möglich wäre, dass wir alle doch nicht sterben müssen.
Ich habe mich in der 2. Klasse der Deutschen Bahn alleine sinnlos betrunken.
Ich habe als 10jährige zusammen mit meiner Freundin ein 50 Seiten langes Theaterstück über verliebte Detektive und einen Dackel geschrieben.
Einmal bin ich wortlos mitten in einer Unterhaltung mit anderen im Restaurant aufgestanden und nach Hause gefahren. Und das nur, weil es so langweilig war und ich die Leute eigentlich nicht ausstehen konnte.
Ich war auf der Beerdigung eines Kindes.
Ich erwischte den letzten Platz im letzten Flug vor einem tagelang dauerndenSchneesturm.
Ich habe laut mit meinen Freundinnen im Auto zu Liedern mitgesungen auf einer Fahrt nach Holland und habe mich unbesiegbar gefühlt.
Einmal habe ich ein volles Weinglas mit voller Wucht nach jemanden geschmissen und wollte ihn am Kopf treffen.
Ich glaube, das Ganze ist nicht wirklich viel mehr als seine Teile.

 

@anschi - danke für Dein Lesen und Kommentieren. - das „literarische Ich“ ist doch manchmal nur ein „Ich“. Ein Posterboard ist es nicht und ein Aufsatz soll es auch nicht werden .Vielleicht ist es eine nicht geleerte Grabbelkiste, vielleicht soll es sich quälend eintönig lesen wie eine Inventar- oder Einkaufsliste. Es sind Belanglosigkeiten eines Lebens, die über die Zeit aber etwas formen. Kleine stumpfe und grössere, glänzende Teile. Und am Ende ist es eben meistens doch banal. Du hast den Inhalt treffend beschrieben nur hatte es keinerlei Wirkung auf Dich- nochmals danke und ich probiere es bei dir dann nochmal anders… :-), Grüsse, Penny

 
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Warum Autobiografien oder gar Tagebücher hier unerwünscht sind und in aller Regel keine Literatur sein können, wurde erst kürzlich wieder einmal besprochen und abschließend geklärt. Vielleicht guckst Du mal unter: Internes > Wunschzettel > Tag 'Autobiografisches'.
Hallo anschi,

weil du das grad so begeistert an das Neumitglied bringst: Mary Sues - egal, ob intendiert oder unbewusst - sind aber noch schlimmer. Das sollte nie ein Ausweg aus dem Dilemma "ich will ganz unbedingt was über mich selbst erzählen" sein.


Hallo Penny,
ganz herzlich willkommen im Forum! :gelb:

Vielleicht ist es eine nicht geleerte Grabbelkiste, vielleicht soll es sich quälend eintönig lesen wie eine Inventar- oder Einkaufsliste. Es sind Belanglosigkeiten eines Lebens, die über die Zeit aber etwas formen. Kleine stumpfe und grössere, glänzende Teile.
Was ich nicht verstehe - weder bei deinem Text, als er noch unkommentiert hier stand, noch - erst recht nicht - bei deiner Antwort: Warum schreibst du denn für ein Kurzgeschichtenforum keine Kurzgeschichte? Ja, der Text ist kurz, aber er ist keine Geschichte - selbst wenn es keine 'offiziell' festgelegten Normen und Formen für diese Textart gibt. Aber eine KG erzählt etwas, und Erzählen ist mehr als eine Reihe Statements zu einem Stand der Dinge - sowas wäre besser in einem Blog oder Social Media-Post aufgehoben.

Apropos 'kurz': Die vielen überflüssigen Leerzeilen und Zeilenumbrüche sollten raus, das sieht ja furchtbar aus. Mehr Bedeutung oder Gewicht bekommen deine Aussagen nicht dadurch, dass sie da allein auf weiter Flur stehen - sondern dadurch, dass sie etwas Interessantes aussagen. Sowas wirkt auch schnell teeniehaft.

Guck dich doch mal in Ruhe um hier, kommentiere selbst - dabei lernst du sehr viel, ggfs. mehr als vom Schreiben selbst - und überlege dann, was in einer Erzählung erzählenswert wäre.

Du stellst einen Text ein, von dem du selbst sagst, er solle "quälend eintönig" sein - hey, thanks, but no thanks! Warum sollte das irgendjemand (gerne) lesen wollen? Es gibt genug Aspekte im Leben, die langweilig, stupide, eintönig sind - was zumindest ich in Prosa suche, ist ein neuer Blick, etwas Individuelles, das ich so noch nicht gelesen / gesehen habe. Innovation. Keine aufgewärmte Suppe, keinen erhobenen Zeigefinger, kein reines ich-verarbeite-hier-mal-meine-Probleme.

Titel ohne Punkt, übrigens (selbst, wenn sie einen vollständigen Satz darstellen sollten).

In diesem Sinne wünsche ich dir noch viel Spaß hier, herzlichst,
Katla

 

Hallo @Katla - danke für den Kommentar und ja, ich denke, da liegt schon der grösste Fehler- es ist keine Kurzgeschichte und ich hätte das gar nicht hier reinstellen sollen. Möchte noch @anschi und Dir schreiben, dass es NICHT autobiographisch war ( das macht es ja noch schlimmer, höre ich Euch sagen!- und muss fast ein bisschen lachen)- wie dem auch sei, ich werde einen solchen Text hier nicht mehr reinstellen, sondern nur noch welche, die wirklich in eine Kategorie Kurzgeschichten fallen. Danke für Eure Zeit

 

dass es NICHT autobiographisch war ( das macht es ja noch schlimmer, höre ich Euch sagen!- und muss fast ein bisschen lachen)
Hallo Penny,

nein, davon war ich auch nicht ausgegangen. Dafür war mir das zu wild und auch zu moralisierend geführt. ImA macht es das weder besser noch schlimmer, der Text/Inhalt ist ja wie er ist.

Ich würde dir dennoch raten, die Formsachen auszubessern. Rechts unter dem Textfeld ist ein Button Bearbeiten, dann kannst du Titel und Text editieren. Wenn du fertig bist: Speichern nicht vergessen.

Hab einen schönen Sonntag, herzlichst,
Katla

 

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