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Gefesselt

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19.03.2003
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Gefesselt

Karin presst den Hörer ans Ohr, um die Telefonstimme zu verstehen. Eine Patientin nuschelt, das Anliegen umständlich.
Karin ist da, um zu dienen. Daher beruhigt sie die Anruferin mit ihrer weichen Stimme. Einer Stimme die sich verflüssigen willl, die nett sein will. Entschlossen ist und Zuversicht erzählt. Die Frau am anderen Ende der Leitung glaubt dieser Stimme und Karin schließt das Laptop. Für heute ist es genug. Sie muss noch Mittagessen kochen, die Kinder kommen bald aus der Schule.
Es ist nachmittags, als Karins kleine Schwester anruft. Die Mutter ist siebzig und wohnt gemeinsam mit der Schwester im elterlichen Haus. Karin hat auf ihr Erbe und die Mutter verzichtet, als der Vater gestorben ist. Die Schwester hingegen nicht und beklagt sich.
„Mama kann nicht alleine bleiben“, heult es durch die Leitung. Das Gespräch knackt und knistert, kommt aus Thailand.
„Ich werde nach ihr sehen“, hört sich Karin sagen. Verdammt. Die Großeschwesterfalle hat zugeschnappt. Karin hasst es, wenn ihre Schwester sie mit der Mutter überrumpelt.

Zweihundertzehn. Die Tachonadel steigt, wie die Zeigt verfliegt. Karin drückt das Pedal noch weiter durch und bei Zweihundertvierzig kribbelt ihre Kopfhaut.
Ein gelbes Postauto schert aus. Wird zu einem stehenden Hindernis auf der Überholspur, die Zeit springt zurück auf Normalspur als Karin bremst. Ein Blick in den Spiegel, ihre Lippen sind praller, der Duft, den sie verströmt, füllt den Innenraum des Flitzers.

Mama geht es gut, natürlich, die kleine zierliche Alte, hat einfach nicht den Hörer abgenommen, will eigentlich nur die Zeit genießen, die ihr noch bleibt. Karin lächelt, sie versteht ihre Mutter gut.

Das Auto ist ein Zweisitzer. Karin parkt mühelos ein, schnappt sich ihr Fahrrad, um den Nachwuchs vom Kreativkurs abzuholen.

Die Zubettgeschichte kuschelt sie aneinander. Karin liest eine zweite Geschichte, als die süßen Mädchen es verlangen. Mit Luftküsschen verabschiedet sich Karin aus den Zimmern und dem Tag. Die Nacht ist noch jung, als Karin erwartend aus dem Fenster schaut. Ein leichter Wind geht und die Blätter fallen langsam sinkend zu Boden.

Ihr Gebieter kommt eine Stunde später. Haut blüht rot und geschwollen auf. Die Schandgeige fesselt nur eine Hand, damit sie noch die Bodenfliesen säubern kann. Sie keucht und reibt, wienert, bebt. Was wird er tun? Er kommt von hinten ganz nah. Sie spürt seinen Atem im Nacken. Ist es sauber genug? Die Baumgerte pfeift durch die Luft.

Ihre Striemen verbirgt sie noch vor dem Frühstück und den Kindern unter einem weißen langärmeligen Rolli.

 

Hallo Goldene Dame!

Die perfekte Frau hat alles im Griff: Mutter, Kinder, Ehe und das eigene schlechte Gewissen. Beneidenswert! Ehebruch und Bestrafung dafür in einem - zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen!

Die meisten Menschen haben es mit ihrem Gewissen ja nicht so leicht - deren Neid will deine Geschichte wohl erregen!

Grüße gerthans

 

Salve Mme de Lempicka,

diesmal kann mich Deine KG leider nicht überzeugen.

Eine Erfolgsanwältin telefoniert mit einem Mandanten, fährt zur Mutter, holt die Kinder ab, lebt am späten Abend ihre heimlichen BDSM-Phantasien aus.
Alles bleibt zusammenhanglos; dabei könntest Du gerade in den familiären Beziehungen eine tiefere Dimension des masochistischen Bedürfnisses andeuten.
Und die sexuelle Erregung im Geschwindigkeitsrausch? Jo mei, die ist halt da, genauso zusammenhanglos.

Nein nein, tut mir Leid, wahrscheinlich hast Du mit anderen KGs die Messlatte einfach schon zu hoch angelegt, als dass mich diese befriedigen könnte.

Gruß, Pardus

 

Hallo Gerthans,

Danke fürs Lesen meiner Geschichte und deine Gedanken dazu.

Hallo Pardus,

So ein Mist, :D Ich kann dich nicht überzeugen. Wenn ich mir vorstelle, dass du gerade die Fesseln abstreifen liest, ... Ok, die Geschichte lässt einiges weg, was du da lesen möchtest. Diese Lücken sind gewollt, sollen eben genau das aussagen ...
Ich überleg mir ne Lösung.
Danke
LG
GD

 

Salve Tamara,

ich frage mich jetzt ernsthaft, was Du denkst, dass ich lesen möchte :hmm: ...

Lücken sind ja eine feine Sache, es muss nicht alles dezidiert ausgetreten werden. Aber es sollte doch ahnbar bleiben, was die Lücke füllen könnte. Andeutung eben. Und das fehlt mE. Aber vielleicht bin ich auch auf diesem Auge blind.

LG, der Leopard

 

Hallo Goldene Dame!

Ein neuer Kunde nuschelt, sein Anliegen umständlich
ohne Komma
Alls die Spaghetti Bolognese auf dem Tisch stehen
Als
die kleine zierliche Alte, hat einfach nicht den Hörer abgenommen
ohne Komma
Ein leichter Wind geht und die Blätter fallen langsam sinkend zu Boden.
das "langsam sinkend" stört mich, kommt mir doppelt gemoppelt vor, im Sinken ist die Langsamkeit schon enthalten, aber ich find "sinken" auch gar nicht zu Blättern passend.

Die toughe weibliche Maschine stellst du hier da, eine Maschine, die in allem perfekt ist, aber alles erscheint atemlos, alles wird schnell heruntergespult, ist emotionslos, weder für Schwester noch Mutter noch Kindern nimmt sie sich viel Zeit, sie kommt nicht zur Ruhe. Der Titel legt nahe, dass sie sich von dem allen gefesselt fühlt, und da ausbrechen will. Sie ist die typische erfolgreiche Frau, die sich männliche Verhaltensweisen und Egoismus zugesteht (siehe Sportwagen trotz der Kinder). Sexuelle Gefühle sind entleert, und wirklich spüren tut sie sich nur noch, wenn sie geschlagen wird (ich bin im Nebenberuf Wald-und-Wiesen-Psychologin :D).

Mir war die Geschichte nicht zu kurz. Ihr Stil bildet die Rastlosigkeit der Heldin gut ab. Hat mir nicht schlecht gefallen. :)

Gruß
Andrea

 

Hallo Pardus

Und das fehlt mE. Aber vielleicht bin ich auch auf diesem Auge blind.

Ich denke, viele sind blind, bzw. steuern ihr Verhalten unbewusst. Warum ist es nicht bewusst? Diese Geschichte zeichnet ein Verhalten auf, ohne die Gründe zu benennen. Angedeutet sind sie, vielleicht ein wenig schwach.
Danke nochmal für deine Rückmeldung.

Hallo Andrea,

Schönen Dank für die Fehlerlese,

Sie ist die typische erfolgreiche Frau, die sich männliche Verhaltensweisen und Egoismus zugesteht

Frauen wie sie "überleben" so. ;) Ja, die Protagonistin ist tough, aber keine Maschine. :(

Freut mich, dass die Geschichte bei dir angekommen ist.:)

LG an Euch
GD

 

Sie arbeitet, als sei sie programmiert und spult wie automatisiert hochkomplexe Vorgänge geistig durch.
Das klang für mich nach Maschine ;)

 
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Hallo Goldene Dame,

Karin presst den Hörer ans Ohr, um die Telefonstimme zu verstehen. Ein neuer Kunde nuschelt, sein Anliegen umständlich, und Karin rollt mit den Augen. Natürlich weiß sie sofort, um was es geht. Sie ist gut, erfasst den Kern, obwohl der Kunde mit der Sprache nicht so richtig herausrückt. Also schweigt sie, nickt und lächelt verbindlich, auch wenn der Mann am anderen Ende der Leitung sie nicht sehen kann und lässt das Gesagte durchrauschen. Als der Mann eine Pause einlegt, wird sie verbindlich.
„Ich kann Ihre Nöte verstehen und bin sicher, Ihnen helfen zu können. Dazu müsste ich mir ein genaues Bild von der Situation machen. Am besten, wir vereinbaren einen Termin.“
Sein Name ist Bernd Volkers, versteht sie nun besser, er könne nur dienstags, ob es ihr Recht wäre? Natürlich ist es Karin Recht.
Ich lese in der Rubrik R/E mit der Überschrift Gefesselt diesen ersten Abschnitt und was denke ich? Da ruft ein SM-Kunde an ;). Es ging eine Weile, bis ich diesen Absatz richtig einordnen konnte.

Vielleicht wäre es möglich, durch einen typischen Begriff klarzumachen, dass es sich um eine Rechtsberatung, psychologische Behandlung oder dergleichen handelt? Die distanzierte Schreibweise über die Protagonistin läßt mich auch verwundern, wieso du in diesem Nebenschauplatz den Namen des Kunden erwähnst, jedoch der Mann, die Schwester und ihre Kinder namenlos bleiben.

Der ganze Text strahlt für mich eine fast nicht zu ertragende Kühle aus; Karin wird mir gänzlich unsymphatisch dadurch. Es liegt nicht an dem, was sie tut, sondern an der fehlenden Wärme, mit der sie es durchzieht.

Wenn sie z.B. ihren Kindern den Luftkuss zuhaucht, wirkt das für mich in ihrer Situation wie mechanisch, ohne Zuneigung.

Dazu noch eine Logikfrage:

Die Zubettgeschichte kuschelt sie aneinander. Karin liest eine zweite Geschichte, als die süßen Kleinen es verlangen und in einen tiefen Schlaf versinken. Mit Luftküsschen verabschiedet sich Karin aus den Zimmern und dem Tag.
Die Kleinen kuscheln aneinander, sind also in einem Bett und schlafen dann ein. In einem Zimmer. Wieso verabschiedet sich Karin dann aus mehreren?

Da wäre noch die Frage, wie lange Karin so funktionieren kann.

Die Geschichte hat was, ohne Zweifel. Aber ich ordne mein Urteil jetzt mal unter Geschmacksfrage ein und sage, dass sie kein Text ist, der mich begeistert, obwohl handwerklich sauber und gut geschrieben.

Liebe Grüße
bernadette

 

Deine Karin, Goldene Dame, ist offenbar eine Masochistin, benimmt sich aber nicht wie eine solche – eher ist sie das Gegenteil. Dass sie beim schnellen Autofahren einen Orgasmus bekommt, geschenkt, dazu kann ich nichts sagen (manche bepissen sich dabei vor Angst, warum also kein Orgasmus?), aber dass sie sich zu Hause, bei nebenan schlafenden Kindern, von einem Fremden fesseln und ich weiß nicht was noch alles mit sich machen lässt, das ist wenig glaubwürdig. Das oberste Gebot bei diesen Spielen ist ja Absicherung - und damit meine ich nicht nur eine geschlossene Tür!-, die hier völlig fehlt und an sich gute Geschichte unglaubwürdig macht.

Natürlich gehört die Thematik – gelangweilte Hausfrau lebt ihren Masochismus heimlich aus – spätestens seit Buñuels Film Belle de jour zum Standardprogramm der schreibenden Zunft, doch erst in den letzten Jahren haben auch Frauen die Scheu davor verloren, trotz des Einspruchs der Alice Schwarzer, die nicht nur Masochistinnen, sondern auch die folternde Frauen (egal ob in Uniform oder ohne) als Opfer der Männergesellschaft sieht.

Insofern ist es nur zu begrüßen, dass auch kg.de sich dem Zeitgeist anpasst, denn seit Chica nichts mehr veröffentlicht, sieht es hier ziemlich duster aus auf dem Gebiet der weiblichen Erotik – oder sehe ich das falsch?

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo bernadette,

Karin musst du nicht mögen. Karin mag sich vielleicht auch nicht.;) Jedoch ist die Distanziertheit, die Gefühlskälte von mir auch so gewollt. Karin erledigt alles wie mechanisch, ist aber keine Maschine. Karin blendet Gefühle aus. Nur wenn sie ihrem Gebieter begegnet, kann sie über den Schmerz Lust fühlen, nur wenn sie ihr Leben auf Spiel setzt kann sie Lust fühlen.

Danke für deinen Kommentar

Edit: Ich habe die Geschichte ein wenig abgeändert.

Hallo Dion,

Ich stimme dir zu, dass in R/E wenig deschrieben wird, das an Chicas Geschichten herankommt. Jedenfalls weiß ich nicht, wie du darauf kommst, dass Masochistinen, das Gegenteil meiner Prot ist. So wie meine Prot lebt, ist sie durch und durch masochistisch. Sie lebt doch nur "pflichterfüllend".

Danke fürs Lesen und deinen Kommentar.

LG Euch Beiden
GD

 

Hallo Goldene Dame,

so richtig goldig finde ich Deinen Beitrag nicht.

Gefesselt

gelöscht


Geändert von Goldene Dame (08.03.2009 um 11:46 Uhr). Grund: Überarbeitung des Plots


Heute ist der 21.03.2009 ... kommt da noch was?

Gruß, Keinstein

 

Hallo GD,

die Idee ist nicht unbeding neu, aber gut. Mich hat ein wenig gestört, dass du recht oberflächlich geblieben bist, was nach deiner eigenen Aussage so aber auch gewollt ist. Dennoch hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe gewünscht. Vielleicht tatsächlich einen etwas ausschweifenderen Einblick in das Familienleben deiner Prot, um die Ambivalenz ihres Verhaltens genauer zu beleuchten. Das soll jetzt alles nicht heißen, dass ich die kg schlecht fand. Wenn ich mich genau erinnere, hat mich noch nie eine deiner Geschichten wirklich entäuscht. Und da macht diese hier auch keine Ausnahme.

Einen ganz lieben Gruß...
morti

 

Hallo morti,

Ich freue mich, dass meine Geschichte dich nicht entäuscht hat. :).

Die Protagonistin lässt sich nicht in die Karten gucken :D und die Geschichte soll eigentlich auch tiefgründigsein. Zumindest hast du die Ambivalenz gesehen und ob diese unbedingt "begründet" sein muss, warum ....
Ich mag es wenn der Leser sich eigenes hinzudenkt. Es soll nicht heißen, dass ich zu faul bin, mehr hinzuschreiben aber ich habe bemerkt, dass mir die Intention entgleitet, wenn ich mehr schreibe.

Danke für deine Worte

Frohe Ostern und lieben Gruß

GD

 

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