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Novelle Gefrorenes Blut

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01.02.2021
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Anmerkungen zum Text

Es handelt sich hier um eine Geschichte, die ich als Jugendlicher 2007 geschrieben habe, aber als Remake.

Gefrorenes Blut

Erster Teil: Spes

Arla sass in einem improvisierten Konferenzraum. Es war eher ein ehemaliges Lager, aber immerhin bot es allen genügenden Platz.
Sie blickte in all die Gesichter vor ihr, wo sie nur entsetzte Überforderung erkannte.
«Die Marsianer werden dafür bezahlen», sprach Malin und schlug mit der Faust auf den Tisch.
«Aber wir müssen jetzt Ruhe bewahren», fügte er hastig hinzu.
Sein Faustschlag hatte in Arla Unruhe ausgelöst. Sie hatte sich nicht von den Strapazen der letzten Tage erholt. Sie sah die Bilder noch immer vor ihr: Raketen, die einschlugen, der brennende Palast, Bomben, die auf die Stadt niederfielen und all die schreienden Menschenmassen, welche die Sicherheit suchten, die es nicht mehr gab.
«Wenn wir Venus, die ja auch mir eine Heimat wurde, zurückerobern wollen, müssen wir mit Bedacht vorgehen», fuhr er fort.
Malin war ein Kommandant der königlichen Armee von der Venus. Arla hatte ihn zwar am Hof gesehen, aber ihn nie weiter beachtet. Und nun war er von all den Überlebenden aus der gefallenen Hauptstadt, Venire, der Ranghöchste. Abgesehen von ihr.
«Hier ist das Nox-System», erklärte Malin den gespannten Zuhörern und liess eine Hologrammkarte erscheinen. Es zeigte ihr Sonnensystem.
«Der Mars liegt zurzeit hier», fuhr er fort und ein Punkt auf der Karte leuchtete rot auf.
«Und hier ist Venus.»
Ein Planet, etwas vom Mars entfernt, färbte sich gelb.
«Und an diesen Stellen vermuten wir Mars-Truppen.»
Einige weitere Punkte verfärbten sich rot.
«Der Mars hatte in den letzten Jahren verstärkt Kolonien gegründet. Unter anderem sogar hier», erklärte Malin und deutete auf den Planeten am nächsten zu der Sonne.
«Sie haben es geschafft, bei Aurora eine Militärbasis zu errichten. Wir sind technisch nicht in der Lage, uns diesem Planeten überhaupt zu nähern. Solch heisse Temperaturen verkraften unsere Schiffe nicht.»
«Und Spes ist hier.»
Der Trabant, der um die Venus kreiste, färbte sich ebenfalls gelb.
Arla starrte die Punkte an und es schien ihr hoffnungslos zu sein. Wohin sie auch schaute, überall gab es rote Bereiche. Die beiden gelben Himmelskörper, die Venus und ihr Mond, waren eine einsame und eine von Feinden umkreiste Erscheinung. Dazu war ihr Heimatplanet selbst teilweise rot.
«Die Lage ist ernst», fügte er hinzu.
«Und was, General, ist Euer Vorschlag?», fragte Arla und löste ihren Blick von der Hologrammkarte.
«Prinzessin, meine Strategie basiert auf drei Zielen.»
«Ein Teil der Armee zieht sich zurück, hier zum Bona-Mond.»
«Ein neues Hauptquartier?», fragte sie und fixierte den Punkt.
«Man könnte es so nennen. Ein Stützpunkt.»
Arla schaute erneut auf die Sternenkarte vor ihr. Der Bona-Mond war ziemlich weit weg, auch vom Mars. Er kreiste um einen unbewohnten Gasplaneten im äusseren Rand des Nox-Systems.
«Was sind die anderen Ziele?»
Der General drückte einen Knopf und gelbe Punkte bewegten sich in der Hologrammkarte. «Ein Teil der Armee teilt sich in kleine, aber schlagfertige Gruppen auf. Sie führen einen Guerillakrieg. Sowohl bei den Stützpunkten des Feindes, als auch in der besetzen Heimat. Sie sollen ihm so viel wie möglich schaden, aber natürlich auch als Ablenkung.»
Die Königstochter nickte. «Und was ist der dritte Punkt?»
«Der seid Ihr, Prinzessin. Durch das Ableben Eurer Familie seid ihr die rechtmässige Herrscherin von Venus. Man braucht kein Stratege zu sein um zu verstehen, dass Ihr das Ziel mit der höchsten Priorität für unseren Feind seid.»
Arla nickte tonlos.
«Und was ist Euer Vorschlag?»
Malin zögerte etwas und liess einen weiteren Punkt im Hologramm erscheinen.
«Ihr flieht nach Jupiter, wo Ihr Euch krönen lässt.»
«Jupiter?», rief die Prinzessin und stand auf. «Das kommt nicht in Frage!»
Der General hob beschwichtigend die Hand.
«Aber nichts würde mehr Sinn ergeben, Prinzessin.»
Arla verschränkte die Arme. «Ich lehne die Vorstellung entschieden ab in der jetztigen Situation nach Jupiter zu fliehen und mein Volk alleine zu lassen.»
Einen Moment hielten alle Zuhörer gespannt den Atem an. Nur einer, mit einem Dreitagebart, der locker in der vordersten Reihe sass, verdrehte zum Missfallen der Prinzessin die Augen.
«Herrin», setzte Malin an und kam auf sie zu. «Bitte bedenkt doch, dass von Rechtswegen nur der Primus von Jupiter Euch krönen kann. Ihr seid dann die rechtmässige Herrscherin von Venus. Ausserdem ist Jupiter ein von diesem Krieg nicht betroffener Staat. Der Mars müsste internationales Recht verletzten, sollte er versuchen Euch dort habhaft zu werden.»
«Der Mars hat bereits internationales Recht verletzt, General. Ein Überraschungsangriff, der ganz Venire in Schutt und Asche legt, scheint mir kein legitimes Mittel der Diplomatie zu sein.»
«Trotzdem könnt Ihr in Jupiter eine rechtmässig und geschützte Exil-Regierung bilden. Und dort ist es erheblich sicher, als es auf einem unbewohnten Mond der Fall wäre.»
Arla schüttelte noch immer ihren Kopf. Sie wollte den Rest ihres Volks inmitten des Kriegs nicht verlassen, egal, was für gute Gründe der General vorbrachte.
«Ausserdem, Herrin, müssen wir bedenken, dass Venire auch durch Verrat gefallen ist. Wer garantiert, dass unter uns keine Verräter mehr sind?»
Einen Moment herrschte eine angespannte Stille. Arla überlegte, was sie dem General antworten konnte.
«Und Euch in Jupiter zu wissen, würde uns auch stärken, Prinzessin. Sollte zum Beispiel der Bona-Mond oder die Guerilla-Truppen fallen, dann haben wir immer noch Euch in Jupiter. Drei voneinander unabhängige Stützen sind in der jetzigen Situation immer besser als nur zwei.»
Er sah, wie sich ihre steinerne Miene verfestigte, und fügte er hinzu. «Einer unserer Informanten bezahlte mit seinem Leben, um uns diese Information zu übermitteln: Die Marsianer sollen an einer Waffe arbeiten, die sie «Projekt Apokalypse» nennen. Sein Ziel ist es, Euch damit zu eliminieren.»
«Das sie mit schrecklichen Waffen oder miesen Tricks nach mir trachten, ist für mich keine Überraschung», erwiderte die Prinzessin. Ihre Stimme wurde zusehends kühler.
«Ich bleibe dabei», fügte sie hinzu. «Veranlasst, dass die beiden ersten Punkte Eures Plans umgesetzt werden. Wir sollten diesen Mond so rasch wie möglich verlassen. Wir sind hier dem Feind viel zu nahe.»
Malin verzog das Gesicht, aber verbeugte sich schliesslich. «Wie Ihr wünscht.»

Es war nachts, als die Prinzessin aus ihrem improvisierten Bett hochschreckte. Die Bilder von ihrer Flucht aus Venire liessen sie nicht los. Arla stand auf.
Ihr Zimmer besass durchaus eine passende Einrichtung. Spes war ursprünglich ein militärischer Stützpunkt und später zu einer Handelsdrehscheibe ausgebaut worden. Die alte Militärfestung wurde schliesslich zu einer Residenz der königlichen Familie umfunktioniert. Die Geschichte, welche diese Räume erzählten, reichte Jahrhunderte zurück.
Das Fenster, das vor ihr lag, war in Wirklichkeit ein Gemälde, dass einen frühlingshaften Morgen zeigte. Das war typisch für diese mehrheitlich unter der Erde gelegenen Mondfestung – sie bot praktisch jede denkbare Aussicht.
Und auf dem grossen Fenstersims befand sich ein abgewetztes Symbol, dass doch schon einige Jahrzehnte aus der Mode gekommen war. Es handelte sich um ein Kreis, in drei Dreiecke aufgeteilt und in der Mitte durch eine Kugel verbunden. Es war der Ausdruck alten Schwurs, der die drei Welten Mars, Venus und Jupiter aneinanderband. Arla starrte finster auf den Friedenskreis, wie man das Symbol nannte.
Die Tür zum Korridor öffnete sich und ehe sie verstand, was vor sich ging, standen zahlreiche Soldaten um sie herum.
«Prinzessin», sagte Malin und verbeugte sich. «Euer Schiff steht bereit.»
«Was? Jetzt brechen wir zum Bona-Mond auf?»
Der Kommandant nickte nur wortlos und sie gingen los.
Noch immer fühlte es sich höchst befremdlich an, wie sich all die Soldaten und das Kriegsgerät in den Gängen aufhielten, wo sie als Kind gespielt hatte.
Sie schritten zum Raumhafen, sofern man dieses Wort für diese Höhle überhaupt als passend erachtete. Ein einzelnes Schiff befand sich darin.
Und der Mann, der während Arlas Rede die Augen verdreht hatte, wartete davor.
Als sie ihn erreicht hatten, brach Arla das Schweigen: «Wo sind die anderen Schiffe? Ich werde wohl kaum alleine abreisen, nicht wahr?»
Malin nickte nur und der Typ mit dem Dreitagebart kam näher.
«Lers, ich verlasse mich auf Euch. Haltet Euch an die vereinbarte Route. Euer Ruf als Fahrer ist makellos. Als ich einen Mann für diese Mission auswählen musste, liess man mir praktisch keine andere Wahl. Enttäuscht mich nicht.»
Lers nickte und deutete auf die Tür.
Arla blieb stehen. «Dieses Schiff fährt nicht zum Bona-Mond.»
«Vergebt mir, Prinzessin. Es muss sein. Ihr werdet mir später danken», erwiderte der Kommandant und gab den Soldaten ein Zeichen. Sie näherten sich ihr.
Diese hob die Hand. «Das reicht. Ich werde mich der Gewalt beugen, Malin. Jedoch denke ich, dass ich mir dies für die Zukunft merken werde.»
«Tut das, Prinzessin. Und denkt daran, dass ihr den Jupiter auf unsere Seite ziehen müsst.»
Sie schritt erhobenen Hauptes zur Tür, welche Lers daraufhin versiegelte.

«Wie könnt ihr es nur wagen?», rief Arla ausser sich.
«Entweder kommt ihr mit mir in die Brücke, oder ihr ruht Euch in meinem Schlafzimmer etwas aus.»
Sie stolzierte wortlos an ihm vorbei in die Kommandobrücke.
Als er sich gesetzt hatte und auf den Knöpfen herumdrückte, um abzuheben, holte sie erneut aus: «Ich bin wohl keine Juristin, aber mir fehlt die Vorstellungskraft, wie das Entführen einer Prinzessin keine Straftat sein könnte, Lers.»
Lers lachte, als sie abhoben. «Verzeihung Hoheit, aber mit Juristen braucht ihr mir nicht zu drohen. Ich bin Schmuggler, für mich gilt nur das Gesetz des Stärkeren.»
Sie schossen in das All, aufgrund des Drucks der Beschleunigung mussten sie einen Moment schweigen. Als sich ihre Geschwindigkeit normalisierte und sie die Sicherheitsgurte lösten, seufzte die Prinzessin. «Ihr seid ein Schmuggler? Eigentlich erstaunt es mich nicht…»
Lers erwiderte nichts darauf, ausser einem Lachen, so fuhr sie fort: «Aber sagt mir, von was für einer Route hat Malin gesprochen?»
«Er wollte nicht, dass wir direkt nach Jupiter fliegen. Er wollte, dass wir in Minva einen Zwischenhalt einlegen.»
«In Minva? Was wollen wir dort?»
Lers zuckte mit den Schultern. «Nichts, ausser die Vorräte aufstocken. Malin hält es für klüger diesen Weg zu wählen, weil er davon ausgeht, dass der Feind Eure Flucht nach Jupiter erahnen wird und dieser Weg scheint Malin der… umständlichste zu sein. Ausserdem sollen wir dort einen Verbindungsmann treffen.»
«Ein weiterer Punkt, warum ich nicht freiwillig nach Jupiter gehe», erwiderte die Prinzessin und fixierte die vorbeiziehenden Sterne.
Lers drückte auf dem Schaltpult herum und stand auf. Als er ihren irritierten Blick bemerkte, sagte er knapp: «Autopilot. Bin gleich wieder da.»
Die Prinzessin wandte sich abermals den Sternen zu. Was ihr Vater jetzt sagen würde? Es war keine Woche her, da waren sie zusammen durch ein Feld im Palastgarten gegangen.
«Geniess deine Jugend», hatte er ihr gesagt. «Man ist nur einmal jung.»

Lers war wieder da und hielt ihr eine Schüssel hin. «Komprimierte Kartoffeln. Gibt kein bessere Raumfahrtnahrung.»
Sie schüttelte ihren Kopf und schaute das Essen an, als bestünde es aus Insekten.
«Dann lasst es», meinte Lers und kehrte an seinen Platz zurück.
«Ich hätte lieber Phessener Nüsse», sagte die Prinzessin.
«Das habe ich leider nicht vorrätig.»
Einen Moment schwiegen sie, ehe Lers wieder das Wort ergriff. «Ich verstehe Euren Missmut. An Eurer Stelle würde ich wohl das Schiff demolieren, aber glücklicherweise seid Ihr ja so vernünftig zu wissen, dass Ihr dadurch nur unser Leben in Gefahr bringt.»
«Ihr wisst gar nichts über mich», erwiderte sie und beobachtete erneut die Sterne.
«Vielleicht nicht», antwortete er schmatzend, «aber vielleicht solltet ihr es positiv sehen.»
«Positiv? Meine Heimat ist vor einigen Tagen einer überraschenden Invasion des Mars zum Opfer gefallen und ich soll gegen meinen Willen zum Jupiter gehen um mich dort zur Königin von Gar-Nichts-Mehr zu krönen und wohl zusammen mit diesem Klerus für das Überleben einer unabhängigen Venus beten? Was soll daran positiv sein!?»
Der Schmuggler genehmigte sich wieder ein Stückchen komprimierte Kartoffel.
«Sicher, dass Ihr nichts wollt?»
«Nein.»
«Versteht mich nicht falsch. Der Angriff lässt mich immer noch fassungslos zurück. Das Uzinarri so etwas wagt, ist vermutlich der grösste Skandal der Geschichte.»
«Ihr scheint Euch aber gut erholt zu haben», entgegnete die Prinzessin und vermied es weiterhin ihn anzusehen.
«Ihr solltet Menschen nicht so rasch verurteilen. Und das gilt auch für Malin. Sein Plan ist nicht so haltlos, wie Ihr das fühlt. Immerhin war der Jupiter stets ein Verbündeter Eures Hauses, soweit ich weiss. Ich bin sicher, sie werden Euch unterstützen. Und vielleicht könnt ihr in Jupiter auch Schlachten anderer Arten für die Venus schlagen.»
«Mich verlangt es nicht danach Schlachten zu schlagen», erwiderte die Prinzessin knapp.
«Malin hat mich auch erst kurz vorher in seinen Plan eingeweiht», wechselte der Schmuggler das Thema. «Er musste mich auch überzeugen.»
«Euch überzeugen? Mit Geld?»
«Nein», erwiderte der Schmuggler. «Nicht mit Geld. Ich bin zwar nicht von der Venus, aber ich bin auch ein Opfer dieses Angriffs. Wir haben alle Jemanden verloren.»
Die Prinzessin schwieg und wieder blickte sie auf die vorbeiziehenden Sterne.
«Er sagte mir, dass er davon ausgehen muss, dass es auch in unseren Reihen mindestens einen Verräter geben könnte. Die grösstmögliche Sicherheit gäbe für Euch gebe es daher nur an einem… neutralen Ort.»
Er hob wieder die Schüssel. «Nehmt doch etwas. Der Weg nach Minva wird noch einige Tage dauern.»
Seufzend stand sie auf und nahm eine Handvoll Essen. Die Nüsse wären besser.
«Und warum denkt Malin, dass nicht Ihr dieser Informant seid?»
Lers lächelte: «Weil der Mars ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt hat und ich bei der Flucht von der Venus durchaus aus voller Leidenschaft die Waffe gegen sie erhoben habe. Um ehrlich zu sein: Ich habe mit dem Regime dieser Welt noch eine Rechnung offen.»

Die Zeit verging, vermutlich waren es Tagen, und sie fanden langsam Zugang zueinander. Die Prinzessin strafte ihn anfangs mit Blicken voller Verurteilung, die er gekonnt ignorierte. Irgendwann gab sie es auf. Sie blieb zwar schweigsam, aber ihre Vorwürfe nahmen ab. Und Lers, der sie von dem Sinn ihrer Reise zu überzeugen suchte,hörte damit auf..
Piep, piep!
«W-was ist das?», rief Arla schrill. Ein Piepen erklang und die Lichter der Brücke leuchteten rot.
«Das ist der Alarm», informierte erklärte Lers und drückte einen Knopf.
«Ein Alarm!?»
«Ja, ein Alarm. Und jetzt lasst mich bitte schauen, was der Grund für diesen Alarm ist.»
Eine projizierte, dreidimensionale Sternenkarte erschien in den Raum. Sie flackerte leicht und schien nicht ganz ein so modernes Modell zu sein wie das von Spes. Einige rote Punkte schossen vom äussersten Rand auf sie zu.
«Das ist wohl ein Bataillon der Marsianer», schlussfolgerte Lers und mustierte gebannt auf die sich bewegenden Zeichen.
«Ein Kampfgeschwader?», fragte Arla, die näher kam und sich die Punkte genauer anzuschauen.
Lers hetzte zu der Steuerung und drosselte die Geschwindigkeit des Schiffs.
«Was macht Ihr da?», wollte die Prinzessin wissen und folgte ihm.
«Wenn wir uns nicht bewegen, dann sind wir für ihre Instrumente unsichtbar. Das ist am sichersten. Wir müssen warten, bis sie an uns vorbeigezogen sind.»
«Und wenn sie uns bereits entdeckt haben?», hinterfragte sie den Plan.
«Dann müssen wir hoffen, dass sie uns als zu unwichtig einschätzen.»
Arla trat zu der Sternenkarte zurück. Die roten Punkte folgten unbeirrt ihrem Weg.
«Scheint zu klappen.»
Lers nickte. «Das war eigentlich zu erraten, aber jetzt wo wir wirklich auf sie treffen…»
«Sie fliegen zur Venus?», fragte Arla, die ihren Blick nicht von den Punkten löste.
«Vermutlich. Vielleicht benötigen sie bereits Verstärkung, wer weiss? Was mich viel eher verunsichert ist die Tatsache, woher sie kommen.»
«Woher kommen sie?»
«Von Minva», sagte Lers in bitterem Ton.
Einen Moment schwiegen sie und die roten Punkte zogen vorüber. Der Schmuggler bestand darauf, etwas zu warten, und setzte das Schiff erneut in Bewegung. Dann flogen sie schweigend weiter der Stadt entgegen.
«Das dort vorn», sagte er schliesslich, «ist Minva.»
Arla blickte auf und nickte. In der Ferne erkannte sie einen silbernen Punkt.
«Die Freie Stadt Minva», flüsterte sie und stand auf.
«Gegründet von Kolonisten der drei Planeten und längst sind sie zu einer einzigen Gesellschaft verschmolzen.»
«Das weiss ich selber.»
Sie schwiegen wieder ein Weilchen und die Stadt kam näher. Sie war eine künstliche Welt, ein Raumschiff, das epochale Ausmasse angenommen hatte, und auf einer eigenen Umlaufbahn um die Sonne kreiste. Ein Anlaufpunkt für all jene, welche keine Heimat mehr hatten. Und eines der bedeutendsten Handelszentren des Nox-Systems. Das Wappen der Stadt, an die Aussenwand gemalt, wurde deutlich erkennbar: Ein silberner Kreis, umrundet von einem roten, einem blauen und einem gelben Dreieck. Es war eine Abwandlung des Friedenskreises.
Arlas Blick verfinsterte sich beim Anblick des Wappens. Der Friedenskreis war inzwischen auch das Symbol für den gebrochenen Schwur – niemals gegeneinander die Waffen zu erheben und allen Welten in jeglicher Notsituation beizustehen. Die freie Allianz der drei Planeten, die mit dem Angriff des Mars gescheitert war.
«Und was genau ist unser Ziel in dieser freien Stadt?», fragte die Prinzessin, nachdem sie ihren Blick von dem Wappen gelöst hatte..
Ehe der Schmuggler darauf antwortete, wurden sie unsanft unterbrochen.
«Halt! Halt im Namen der freien Stadt Minva!»
Die Stimme, die aus dem Brückenlautsprecher sprach, schien keine Freude an ihrer Ankunft zu haben.
Lers erwiderte ruhig: «Wir halten.»
Das tat er auch, für die Prinzessin sogar etwas zu abrupt.
«Kommt ihr von der Venus?», fragte die Stimme schroff. «Wir brauchen nicht noch mehr Flüchtlinge! Kehrt um, geht zum Jupiter, oder sonst wo hin! Ihr seid nicht willkommen!»
«Wir sind nur auf der Durchreise. Wir wollen Vorräte auffüllen.»
«Wir haben keine Vorräte für Reisende mehr!», rief die Stimme aus dem Lautsprecher genervt. «Kehrt um!»
«Wir haben auch Geld. Wir bezahlen euch für den Halt.»
«Euer Geld ist auch nicht willkommen! Kehrt jetzt um! Aufgrund der aktuellen Lage sind wir autorisiert Eindringliche mit Gewalt abzuwehren!»
Lers seufzte und liess den Knopf für das Mikrofon los. «Die Gastfreundschaft hier hat nachgelassen.»
Arla sah aus, als sei sie zwischen etwas hin und hergerissen.
«Was ist, wenn wir meine Anwesenheit enthüllen?»
«Nein!», rief Lers und schlug auf seine Sitzlehne. «Das wäre ziemlich dämlich. Minva ist neutral, aber hier wird es von Mars-Spionen nur so wimmeln. Oder schlimmeren. So naiv sollten wir nicht sein.»
«Sagt mir», begann die Prinzessin von Neuem und kam näher. «Was wollen wir in dieser Stadt?»
Lers holte tief Luft.
«Ich wiederhole: Wir sind zu Gewalt autorisiert. Zu Gewalt, welche Euer Schiff erheblich beschädigen wird!»
«Wir sollen uns mit einem Spion von Malin treffen. Er ist über unsere Ankunft informiert. Er soll uns Informationen geben.»
«Informationen?»
«Über den Stand der Dinge. Wie es auf der Venus läuft. Was weiss ich!»
«Darauf können wir ja verzichten», spottete Arla mit einem herablassenden Blick. «Dafür braucht es nicht viel Fantasie.»
«Kriege gewinnt man mit Wissen, nicht mit Fantasie», erwiderte Lers, dessen Tonfall keinen Zweifel daran liess, dass er diese Diskussion zu dieser Gelegenheit nicht für angebracht hielt.
«Dies ist die letzte Warnung!», rief die Stimme aus dem Lautsprecher.
«Wir brauchen wirklich neue Vorräte. Wir schaffen es nicht bis zum Jupiter.»
Arla blieb stehen und schüttelte ihren Kopf. «So ist das also.»
Sie zog ein goldenes Amulett hervor.
«Das ist…», rief der Schmuggler entgeistert.
«Ganz recht», fuhr ihm Arla dazwischen. «Ein Erbstück meiner Familie, uralt und von unermesslichem Wert. Als Schmuggler habt ihr es eben irgendwie in den Kriegswirren entwendet.»
«Aber das können wir nicht tun», widersprach Lers, der das Amulett mit grossen Augen anstarrte.
«Das sind ja keine Barbaren. Sie werden es nicht einschmelzen. Und ich sehe keine andere Möglichkeit ihn zu bestechen.»
Lers blickte in ihre entschlossenen Augen und wandte sich schliesslich zum Mikrofon.
«Halt, hört uns an!»
«Ich sagte bereits, dass ihr umkehren sollt! Das war vorhin die letzte Warnung!»
«Wir bezahlen die Vorräte mit einem Schatz von der Venus, den wir in den Kriegswirren erbeutet haben. Wenn Ihr den verkauft, müsst Ihr nie wieder einen Finger krümmen.»
«Einen solchen Schatz gibt es nicht.»
«Doch. Ich starte die Bildübertragung.»
Arla huschte weg, damit sie verborgen blieb.
Mit einem Surren startete das Betriebssystem des Schiffs eine Videoübertragung.
«Was!? Das kann doch nicht sein!», rief die Stimme aus dem Lautsprecher überwältigt. «Das muss eine Fälschung sein!»
«Nein», sagte Lers. «Und ihr könnt Euch versichern, wenn Ihr das wünscht. Wir wünschen nur eine Landung um Vorräte aufzufrischen. Wir wollen nicht in Minva bleiben.»
«Gut. Landeerlaubnis erteilt.»

Die Stadt Minva, oder Minerva, wie sie ursprünglich hiess, war das Gewaltigste, dass die junge Prinzessin bisher gesehen hatte. Auch Venire war eine grosse und ehrwürdige Hauptstadt, aber sie bot nicht den Anblick dieses künstlichen Planeten.
Der Minervische Hafen, wo sie das Schiff parkiert hatten, war von einem Ausmass, welches das menschliche Auge nicht erfassen konnte. Aber die Plätze, die darauffolgten, besassen ein Vielfaches dieser Fläche.
Es fühlte sich unglaublich gut an, sich frei zu bewegen und der Enge der letzten Stunden zu entfliehen. Am liebsten wär die Prinzessin weggerannt.
Die Stadt war aus einem schwarzen Material gefertigt worden; ihr Horizont leuchtete in einem gedämpften Orange.
Die beiden standen auf dem zentralen Platz, wo Brücken und Transportkapseln in alle Richtungen ihren Ausgangspunkt fanden.
«Willkommen in Minva, der freien Stadt», sagte Lers, und auch sein Gesichtsausdruck verriet eine gewisse Freude.
«Ihr kennt die Stadt?», fragte die Prinzessin, die sich von dem Anblick löste.
«Ja», erwiderte er nur knapp. «Jeder Raumfahrer kennt die Stadt.»
Sie trotteten zum nahen Rand der Terrasse und blickten hinab, in die scheinbar endlosen Tiefen.
«Die Stadt besteht aus sogenannten Quartieren. Ihr könnt sie Euch wie Silos vorstellen, mit Wohnungen, Fabriken und den berühmten hängenden Gärten als Balkone.»
«Und in welches dieser Silos müssen wir gehen?», fragte Arla, die aus dem Staunen nicht herauskam.
Die Miene des Schmugglers verdüsterte sich.
«In eines von zweifelhaftem Ruf.»
«Natürlich.»
«Und ich gehe recht in der Annahme, dass ihr kein wertvolles Erbstück mehr habt, dass uns die Reise dorthin erleichtern könnte?»
Die Prinzessin schüttelte den Kopf. «Gehe ich richtig in der Annahme, dass wir somit nichts mehr von Wert bei uns führen? Wie wollen wir das die Vorräte auffüllen?»
Lers lächelte. «Auf die Schmugglerart.»


Kilometerlange Pfade verbanden die verschiedenen Höhenstufen und Quartiere der Stadt miteinander. Leuchtende Pfeile wiesen den Passanten die Richtung. Wer sich die Kapseln oder die Fahrstühle leisten konnte, kam rasch ans Ziel. Der Rest, und das waren offensichtlich nicht wenige, musste zu Fuss vorwärtskommen. Der Weg führte sie in ein Viertel, dass auffallend wohlhabend war. Die Hauseinheiten waren hoch – und die meisten davon hatten auch Beckenbalkone, wo Menschen entspannt ihre Runden im kühlen Nass drehten.
«Hunger!»
«Essen, bitte!»
«Nur etwas Kleingeld!»
Der Akzent, der Bettler, die am Rand sassen, liess keinen Zweifel zu, dass die Herkunft dieser Bittsteller die Venus war. Arlas Blick verfinsterte sich.
«Wir müssen weiter, Arla», flüsterte Lers, dem ihre Erkenntnis nicht entgangen war. „Wir können ihnen nicht helfen.“
Einige Stadtbewohner kamen näher und brachten den Geflüchteten heisse Suppe.
Arla stiess einen betonten Atem aus und ergriff, als sie ausser Hörweite waren, wieder das Wort: «Wisst Ihr, was mich wirklich stört?»
«Vermutlich vieles. Aber bitte sagt es mir.»
«Unsere Situation ist exakt dieselbe wie bei den Bettlern. Immerhin können wir uns die Transportsysteme nicht leisten.»
Sie gingen einige Schritte weiter. Arla erwartete, dass Lers etwas darauf erwiderte. Weil er es aber nicht tat, fuhr sie fort. «Einzig und allein meiner Abstammung ist es zu verdanken, dass wir es hier weiterreisen werden.»
Der Raumfahrer zuckte mit den Schultern. «Willkommen in der Realität.»
«A-Aber es ist unfair!»
«Natürlich ist es unfair. Aber so ist das Leben. Aber dies ist die erste Lektion, Prinzessin: Wir starten unfair in das Spiel des Lebens, aber doch gibt es eben verschiedene Menschen. Einige werden halt Bettler. Und andere Schmuggler, mit einem eigenen Schiff.»
Arla schwieg einen Moment und lehnte sich an ein Geländer. Ihr Blick fiel auf die grell bläulich schimmernde Lichtquelle jenseits des Abgrunds. Es war eine Hologramm-Werbung, die marianische Snacks anpries.
«Was ist?», fragte Lers und blieb ebenfalls stehen. Die Prinzessin musterte die Lichter vor der Einheit.
«Ihr hattet die Wahl zwischen Betteln und Kriminalität?»
Lers ging zu ihr und blickte mit ihr den Koloss an. «Ja, so ziemlich.»
«Woher stammt Ihr eigentlich?»
Er senkte den Blick. «Es sollte nicht interessieren, woher man kommt, sondern nur wohin man will»
Arla rollte mit ihren Augen. «Der Schmuggler, der sich seiner Herkunft schämt? Dann behaltet es doch für Euch, wenn es Euch so peinlich ist.»
Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie weiter. Lers folgte ihr.
Dann, keine zwanzig Meter später, blieb sie plötzlich wieder stehen.
«Es tut mir leid, aber je länger ich darüber nachdenke, desto stärker finde ich die ganze Situation inakzeptabel.»
«Was findet ihr inakzeptabel?», fragte Lers, der seine Frage schon etwas bereute.
«Wie sie mit den Flüchtlingen umgehen! Das waren alles nur Bürger der Stadt, die ihnen vorhin halfen. Wäre ich die Herrin dieser Stadt, es wäre mir ein Anliegen, sie gut zu versorgen.»
«Ihr seid aber nicht die Herrin dieser Stadt», erwiderte Lers.
«Nein, aber ich verlange mit dem Herrscher zu sprechen.»
«Das ist keine gute Idee, Prinzessin. Erstens gibt in Minva keinen Herrscher, sondern nur einen regierenden Rat. Und zweitens dürft Ihr nicht vergessen, dass wir ein Kampfgeschwader der Marsianer gesehen haben, dass offensichtlich aus Minva stammte.»
«Dann spreche ich halt mit dem Rat», erwiderte Arla kühl und liess ihren Blick umherschweifen, als suchte sie den Weg zu dem Rat.
«Hört doch, Prinzessin!», rief Lers ungeduldig. «Ihr seid am sichersten-«
«Ja, ja! Wenn ich unerkannt bin. Das weiss ich.»
«Und wir wissen nicht, wie Minva sich dem Krieg gegenüber positioniert hat.»
«Minva ist neutral und dem Recht verpflichtet!», protestierte Arla und ihre Augen blitzten, als hätte sie etwas Blasphemisches gehört. Sollte sie dem Rat der Stadt begegnen, würde das für sie wohl kaum ein angenehmes Gespräch werden.
«Hört mir doch endlich zur, Arla!», rief Lers, der langsam die Geduld verlor. «Minva kann sich nicht selber ernähren, sie sind von den Importen des Mars abgängig. Ich fürchte, selbst wenn der Rat von Minva den Angriff auf das Schärfste verurteilt, er wäre nicht in der Lage Euch zu helfen – ganz im Gegenteil. Vielleicht würden sie uns gegenüber sogar unfreundlich werden, falls der Mars sie unter Druck setzt.»
«Das ist alles nur Spekulation», antwortete Arla und wischte Lers’ Einwände mit einer Handbewegung weg.
«Im Ernst Arla: Wir sollten unerkannt bleiben und uns an unseren Freund wenden. Er wird uns sagen, wie die Dinge um Minva stehen. Bevor man handelt, sollte man immer so viel Informationen wie nötig einholen, insbesondere im Krieg.»
Ehe Arla etwas erwidern konnte, hatte sich ihre Situation schlagartig geändert.
Sie waren von Soldaten umzingelt. Sie marschierten, in Reih und Glied und bewaffnet, in Richtung Minervischer Hafen davon. Das Lied, das sie grölten, verstand die Prinzessin nicht.
Arla erkannte, dass die Männer eine dunkelrote Unform trugen. Und diese Uniformen waren nicht mit dem Wappen der Stadt Minva, dem Friedenskreis, gekennzeichnet, sondern mit dem Hoheitszeichen des Mars. Das schwarze Zahnrad auf rotem Grund.
Die beiden waren zuerst voller Entsetzten stehen geblieben, aber setzten sich wieder in Bewegung, als sie realisierten, dass die Soldaten sie nicht erkannten. Die Soldaten gingen im Gleichschritt, sangen ihr Lied und starrten sturr voraus und schenkten Lers und Arla keine Beachtung.
«Ist Minva etwa besetzt?», fragte die Prinzessin schliesslich und liess ihren Blick über die unzähligen Krieger schweifen.
«Seid ruhig», zischte Lers so leise er konnte zwischen seinen Zähnen hindurch.
Einige Minuten später waren die Soldaten vorbeigezogen.
«Um Eure Frage zu beantworten: Ich denke nicht, dass Minva richtig besetzt wäre, denn dann wäre es hier ein ganz anderer Aufenthalt. Aber es scheint, als wäre der Mars hier bereits einflussreicher als wir es uns vorgestellt haben. Das bedeutet für uns, dass wir noch vorsichtiger sein müssen.»
Arla seufzte und setzte sich wieder in Bewegung. «Gut, Ihr habt recht. Diese ganze Situation ist fürchterlich frustrierend. Suchen wir Malins Mann.»


Zweiter Teil: Laverna

«Und… hier erwartet uns unser Freund?»
Arla blickte etwas entsetzt auf das Gebäude vor ihr. Sie hatten die grossen Strassen Minvas verlassen und waren längst in dem Quartier «von zweifelhaftem Ruf». Die Bauwerke waren alt und heruntergekommen – oder aber eher mit mangelnder Qualität errichtet worden. Vor ihnen lag ein Schuppen, dessen Fenstern sogar eingeschlagen waren. Ein altes Schild verriet dem geneigten Besucher den Namen des Wirtshauses: «Taverna Laverna».
«Unser Kontakt soll uns in der Taverna Laverna erwarten, ja», sagte Lers etwas tonlos. Er war selber damit beschäftigt, den Anblick der vor ihnen gelegenen Hütte zu verarbeiten.
«Laverna», las Arla flüsternd von dem schäbigen Schild ab.
«Was soll eine Laverna sein?», fragte Lers und musterte ebenfalls auf das Namensschild.
«Ist so ein altertümliches Erdenwort, glaube ich», erklärte die Prinzessin.
Die beiden betraten das Lokal. Es war schon im Quartier relativ finster, aber hier hatte es nochmal weniger Licht. Eine einzelne alte Glühbirne hing über diesem Kellerloch. Sie traten die Stufen hinunter. Die Gestalten im Halbdunkel inspizierten die Neuankömmlinge.
«Bleibt wachsam», flüsterte Lers. «Das gefällt mir nicht.»
Arla gefiel es hier auch nicht.
Sie waren mittlerweile unten angekommen und standen vor einem Tresen. Ein alter Herr mit der Erscheinung eines Froschs reinigte dort gelangweilt ein Glas.
«Was wollt ihr trinken?», fragte er, ohne seinen Blick zu erheben.
«Ein stilles Wasser, bitte», antwortete Arla wie aus der Pistole geschossen. Lers stiess sie etwas.
«Ein stilles Wasser für die Prinzessin», wiederholte der Frosch mit giftiger Stimme. «Und der Herr möchte auch ein Glas Wasser? Wohlmöglich gletscherkalt?»
«Nein», erwiderte der Schmuggler. «Ich nehme Toulon. Einen Doppelten.»
Der Frosch schenkte ihm per Blick so etwas wie stumme Anerkennung, ehe er sich in Bewegung setzte. Erst jetzt wurde den beiden bewusst, dass es in der Taverna Laverna so still wie in Arlas Wasser war.
«Lers!», rief plötzlich eine Stimme von hinten. Sie wandten sich um. Ein Kerl stand von seinem Tisch auf. Als er ins Licht trat, erhellte sich Lers Mine schlagartig.
«Juven!»
«Ewig her!»
Juven, der die Kleidung eines Raumfahrers trug, kam auf die beiden zu und umarmte Lers. Arla gab er einen Kuss auf die Hand.
«Was für eine schöne Dame du an solch einen Ort führst. Mein Name ist Juventus, Hoheit, aber man nennt mich Juven. Aber bitte, kommt doch!», sprach er feierlich und deutete auf seinen Tisch.
Die drei setzten sich. «Einen wunderbaren Treffpunkt hast du uns ausgewählt.»
Juven schüttelte den Kopf. «Ich bin nicht Malins Mann. Nicht mich sollt ihr treffen.»
«Sondern?», fragte Lers etwas irritiert.
«Nun, er kam vor einer Weile zu mir, Malins Mann. Er nennt sich Fides. Es war eigentlich purer Zufall. Ich war gerade in Minva gelandet und gönnte mir grad ein Schlückchen Toulon, als er mich plötzlich anquatschte. Fragte, ob ich den Schmuggler Lers kennen würde. Da war ich mich nicht sicher, ob ich dich kennen sollte. Und das hat er wohl erkannt. Er liess nicht mehr locker.»
«Dann hast du mit diesem Fides geredet?», wollte Lers wissen und warf einen Blick zu dem Frosch, der gerade den Schnaps einfüllte.
«Was hätte ich denn tun sollen? Er sagte mir, dass er für den Widerstand der Venus arbeitet und dass du dich da engagierst. Jetzt erst verstehe ich langsam auch warum.»
Er zwinkerte Arla mit einem spitzbübischen Lächeln an.
«Er sagte mir, dass er einen Verbindungsmann brauche. Eine Person, die du erkennen würdest und der du vertraust.»
«Gut, das hat ja geklappt.»
Juven nickte. «Und mit deiner Erlaubnis benachrichtige ich ihn.»
«Mach das», erwiderte der Schmuggler.
In diesem Moment kam der Frosch.
«Den doppelten Toulon für den zwielichtigen Herrn und das stille Wasser für die Prinzessin.»
«Habt Dank», antwortete Arla mit generösem Ton.
«Euer Dank ist nutzlos, Prinzessin. Ich will mein Zaster.»
«Wartet», rief Juven. «Es ist mir eine Ehre, euch beide einzuladen.»
Der Frosch nahm das Geld und murmelte etwas Unverständliches und setzte sich wieder in Bewegung.
«Also», flüsterte Juven sogleich. «Fides stollte gleich kommen.»
Arla trank einen Schluck von dem Wasser. «Danke für Eure Einladung.»
Juven winkte ab. «Wie gesagt, es ist mir eine Ehre.»
«So ehrenhaft kenne ich dich gar nicht», sagte Lers und nahm sich auch einen Zug von seinem doppelten Toulon.
Juven nickte ihm zu. «Viel ist geschehen.»
«Viel ist geschehen», wiederholte Lers beipflichtend.
«Und woher kennt Ihr Euch?», fragte Arla erwartungsvoll. Die beiden blickten sich vielsagend an, aber schienen keine wirkliche Lust zu haben, darauf zu antworten.
«Von einem Ding.»
«Einem Ding?», fragte Arla, eine Augenbraue erhoben.
«Wir haben mal etwas geschmuggelt», erklärte Juven.
«Und dann waren wir eine Zeitlang zu zweit unterwegs.»
«Aber jetzt nicht mehr?»
In diesem Moment öffnete sich die Tür der taverna wieder und in dem fahlen Licht kam eine kleine Gestalt herunter. Erst als er näherkam, war der Mann zu erkennen. Nachdem er sie entdeckt hatte, kam dann zielstrebig auf die drei zu.
«Willkommen in Minva, der freien Stadt», verkündete er und verbeugte sich. «Willkommen in der Sicherheit.»
«Das ist», sagte Juven und stand auf, «der Mann, von dem ich dir erzählt habe, Lers. Das ist Fides.»
«Es ist zwar angenehm Eure Bekanntschaft zu machen», sprach Fides und seine Augen blieben auf Arla fixiert, «aber ich fürchte, wir haben keine Zeit um höfliche Floskeln auszutauschen.»
Er setzte sich neben Lers..
«Malin hat mich kontaktiert», fuhr er fort.
«Die Lage ist ernst. Er sagte mir, es sei nur noch eine Frage der Zeit bis der Widerstand der Venus in sich zusammenfällt.»
«Was!?», rief Arla und das leider deutlich lauter, als sie es hätte tun sollen. «Warum?»
«Was? Warum?», blaffte Juven.
«Weil sie uns zahlenmässig überlegen sind. Und weil sie besseren Waffen haben», erklärte Malins Mann mit finsterem Gesichtsausdruck.
«Der Widerstand stirbt erst, wenn sich niemand mehr widersetzt», widersprach Arla in bestimmten Ton.
«Da habt Ihr Recht, Prinzessin, aber Malin-»
«Nein, Ihr hört mir jetzt zu. Ich hörte, dass Uzinarri all jene, die es wagen, ihm zu widersprechen, töten lässt. Ich will nicht, dass die guten Menschen der Venus dieses Schicksal ereilen. Man erzählt sich selbst auf der Venus, wie viele Strassenkinder im Campolis verhungern. Ich will nicht, dass sich Venire in diese Weise entwickelt.»
Lers, der schwieg, aber mit Arlas Worten hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert. Das Leid der marsiansichen Bevölkerung schien ihn zu berühren.
«Ja gewiss, Prinzessin, dies ist von niemandem hier der Wunsch», fuhr Fides unbeeindruckt fort. «Hört bitte, was Malin mir aufgetragen hat. Ich soll euch ausrichten, dass euer Ziel auf noch immer der Jupiter ist. Haltet euch an den Plan. Unser Ziel soll es sein, eine unter dem Primas vermittelte Einigung mit dem Mars zu erzielen – um weiteres Blutvergiessen zu vermeiden. Und das Leben Eurer Untertanen zu schützen, Herrin, ist Eure oberste Pflicht.»
«Es war ein Fehler gewesen, klein beizugeben», rief Arla wieder. «Ich hätte den Widerstand nicht in Malins Händen lassen sollen.»
«Hoheit», begann Fides mit beschwichtigender Stimme zu sprechen, «das ist nicht wahr. Ihr habt keine militärische Ausbildung. Bei allem Respekt, Hoheit, hat Malin Erfahrungen und Talente, über die Ihr nicht verfügt und die gerade in solch dunklen Stunden von Nöten sind.»
Arla blickte ihn finster an und schaute danach auf ihr schmutziges Wasserglas.
«Jedenfalls sieht Malins Plan vor, dass Ihr, Hoheit, nach wie vor zum Jupiter eilt und dort dem Primas Eure Situation vorlegt. Es ist wichtig, dass Ihr ihn so rasch wie möglich sprecht.»
«Und der Primas», schlussfolgerte Arla, «wird dann mit dem Finger schnipsen und der Mars kapituliert.»
«Nein, natürlich nicht.»
Fides holte tief Luft. Es schien, als schätze er diese Unterhaltung nicht. «Er wird Euch Schutz gewähren. Und er wird sich an das Bündnis erinnern.»
Die alten Schwüre, dachte Arla, sind wertlos. Mars, Venus und Jupiter schworen sich einst, vor Jahrtausenden, den gegenseitigen Beistand. Bis es zum Angriff kam.
«Das scheint mir kein vernünftiger Plan zu sein.»
Lers schüttelte den Kopf. «Hör zu, Prinzessin. Der Jupiter ist eine karge, aber wohlhabende Welt. Der Primas wird Euch Möglichkeiten bieten, die Ihr hier, in den Weiten des Alls oder in einem Versteck auf einem Mond, schlichtweg nicht habt. Wir können uns ja auf dem Jupiter immer noch überlegen, was die klügste und effektivste Möglichkeit ist.»
«Ganz genau», pflichtete ihm Fides bei. «Und ausserdem selbst wenn er wider Erwarten den alten Schwur seiner Vorgänger vergisst, werdet Ihr dort wieder diplomatischen Einfluss erlangen. Immerhin seid Ihr das Oberhaupt der Venus.»
Arla nickte. Noch immer richtete sie ihren Blick auf das Wasserglas. «Das Oberhaupt», flüsterte sie, «das nur mit anderen Staatsoberhäuptern Einfluss hat.»
Lers Mine verfinsterte sich etwas, aber er sagte nichts. Es war Fides, der wieder das Wort ergriff. «Nun denn, Hoheit. Ihr habt verstanden, was Eure Aufgabe ist, um unsere Welt zu retten?»
«Ja, gewiss», erwiderte sie knapp. «Aber doch könnt Ihr Malin etwas ausrichten.»
«Natürlich», sagte Fides und verbeugte sich leicht. «Was darf ich ihm mitteilen?»
Arla löste ihren Blick von dem Wasser und sah dem Spion direkt in die Augen, als sie sprach: «Das ich die Königin bin. Die Königin der Venus und auch seine Herrin.»
«Aber Prinzessin, Ihr wurdet doch nicht gekrönt», widersprach Fides irritiert. «Dafür braucht Ihr den Primas.»
Arla stand auf. «Wagt es nicht, mich noch einmal Prinzessin zu nennen. Ich bin die Königin der Venus und ich werde auch als solche angesprochen. Und es war die Realität selbst, die mich gekörnt hat.»
«Verzeiht, Herrin», sagte Fides, der sich erneut verbeugte. «Ich werde dies Malin berichten.»
«Und noch etwas: Teilt Malin mit, dass weder er noch ich ruhen dürfen, bis der letzte Soldat Uzinarris die Venus verlassen hat. Dies ist ein… Befehl.»
Lers, der Arla entgeistert angestarrt hatte, lächelte.
«Fides», fügte der Schmuggler hinzu, «es wurden uns doch Vorräte versprochen. Habt Ihr diese?»
Der Angesprochene brauchte zunächst einen Moment, um Arlas Worte zu verdauen, nickte Lers aber schliesslich zu. «Es war zwar nicht einfach – die Flüchtlinge sorgen durchaus für eine gewisse Knappheit – wir haben es trotzdem geschafft.»
«Gut. Die Königin und ich werden uns noch absprechen und dann Minva verlassen. Unser Aufenthalt in dieser Stadt ist ein Risiko für unser Unterfangen.»
«Es wäre sogar gut, Ihr würdet augenblicklich abreisen», pflichtete Fides dem Schmuggler bei. «Minva ist nicht länger sicher.»
Lers kippte sich den Rest des Toulons runter. «Gut, wir reisen zum Minervischen Hafen. Wir erwarten die Vorräte dort.»

Königin Arla, Lers und sein Freund Juven standen in den Transportkapseln, welche sie auf dem schnellsten Weg zu dem Minervischen Hafen brachten. Die Lichter, Farben und Strukturen der Stadt verschwammen, so rasch schossen die Kapseln an ihren spiralenförmigen Spuren entlang.
«Hör mal», sagte Juven und durchbrach die herrschende Stille. «Ich hab hier leider noch einige Dinge, die ich erledigen muss.»
Lers winkte ab. «Kein Thema.»
«Doch, verdammt, es ist ein Thema. Wir sind Waffenbrüder! Wir haben unsere Dinge immer zu zweit gedreht!», protestierte Juven und schlug mit der Hand gegen die gläserne Wand der Kapsel. «Es ist ein verdammtes Thema.»
«Wir werden wohl ein Weilchen auf dem Jupiter sein», sagte Arla, die ihren Blick von den verschwommenen Farben der Stadt löste.
«Ich werde euch hinterher reisen, so rasch wie ich kann.»
«Es wäre uns eine Freude. Jeder Freund ist von unerlässlichem Wert», sprach Arla leise und schenkte ihm ein Lächeln. Es war aufrichtig.
«Aber trödle nur nicht zu lange!», rief Lers und legte ihm seinen Arm auf die Schulter.
«Nein. Ich werde kommen, sobald ich kann.»
Die Kapsel stoppte jäh ihre Bewegung und die drei hielten sich fest, um ihr Gleichgewicht zu retten. Als sich die Türen öffneten und die sie heraustraten, erkannte Arla den grossen Platz wieder, mit welchem sie Minva betreten hatten.
Es fühlte sich nicht gut an, von Neuem hier zu sein. Eigentlich hatte sie keine Lust, diese Stadt zu verlassen, um beim Primas für Unterstützung zu betteln, selbst wenn hier eine gewisse Bedrohung über ihnen lag.
Sie warteten einen Moment, still, jeder der drei für sich. Schliesslich erschien Fides, der aber mit einer individuellen Flugkapsel ankam.
«Kommt», sagte er, kaum hatte er die Tür geöffnet. «Wir müssen zum Hangar.»

Der Hangar war ebenso gigantisch wie alles andere in dieser Stadt. Es waren Lagerhallen, die, in endloser Weite aneinandergereiht, die Waren Minas beherbergten.
Fides öffnete das Portal zur Halle. Darin waren Lebensmittel, medizinisches Material und Treibstoff gelagert. «Dies sollte für die Reise zum Jupiter mehr als ausreichend sein.»
Sie luden die Waren rasch auf in die Flugkapsel. Auch Arla half mit, aber musste sich schon nach kurzer Zeit ausruhen. Lers und Juven trugen die Materialien weiterhin in die Kapsel, während sich Fides um Arla kümmerte. «Es ist alles in Ordnung», sagte sie und hob ihre Hand beschwichtigend. «Ich bin nur etwas erschöpft.»
«Seid Ihr sicher, Herrin?», fragte er besorgt und legte die Kiste hin.
«Aber natürlich!»
Fides schüttelte den Kopf. «Wenn ich mir Eure Augen so ansehe… Sagt mir, seid Ihr gegen die Auswirkungen der Sonnenstrahlen geschützt? Im Weltall fällt die natürliche Abschwächung durch die Atmosphäre weg.»
«Ich...», überlegte Arla. «Ich weiss nicht.»
«Nun, wenn Ihr wollt…»
Fides öffnete die Kiste mit den medizinischen Materialien. «Das wäre die passende Impfung. Ihr werdet Euch danach besser fühlen.»
«I-Ich weiss nicht», sagte Arla und blickte zu Lers, der ihr den Rücken zudrehte und mit dem Laden der Waren beschäftigt war.
«Es ist selbstverständlich Eure Entscheidung, Hoheit. Aber ich möchte Euch zu bedenken geben, dass schon die Reise von der Venus nach Minva bei Euch Beschwerden ausgelöst hat. Und die Distanz zu Jupiter ist nochmal etwas grösser. Schäden durch ungefilterte Sonnenstrahlen sind ernst- und dauerhaft.»
«Nun, na gut», sagte Arla und nickte. «Vielleicht hilft es etwas.»
«Gut, wie Ihr wünscht.»
Fides öffnete die Verpackung der Spritze, setzte an und injizierte die Flüssigkeit.
«Es kann zu einigen Tagen Fieber führen, aber es ist harmlos. Und danach seid Ihr dafür gegen die schädlichen Einflüsse der Sonnenstrahlen geschützt.»
«Sehr gut, habt Dank, Fides.»

Etwas später startete Lers sein Schiff. Arla blickte zu Fides und Juven hinab und winkte ihnen zu.
«Darf ich fragen», setzte Fides an, «warum Ihr die Prinzessin und Euren Freund nicht begleitet?»
«Ich hab noch einige Dinge zu erledigen. Aber danach reise ich so rasch wie möglich zum Jupiter.»
«Verstehe», sagte der Spion nachdenklich.
«Was sind das für Dinge? Möglicherweise kann ich Euch meine Unterstützung anbieten. Die Herrin braucht jeden Mitstreiter, der ihr zur Verfügung steht.»
Juven schüttelte den Kopf. «Das geht nur mich etwas an.»
«Gut, das verstehe ich natürlich.»
Die beiden verliessen den Minervischen Hafen und erreichten Fides’ Flugkapsel. «Ich könnte Euch noch mitnehmen, wenn Ihr wollt?»
Einen Moment überlegte Juven, aber dann nickte er. «Das wär gut.»
«Gerne», beteuerte der Spion und öffnete die Tür.
Als sich Juven hingesetzt hatte, schaltete Fides die Flugkapsel ein. Kaum schwebten sie über dem Platz, stoppte er sie. «Ach, ich habe noch etwas vergessen», sagte Malins Mann und stand auf.
Er kam auf seinen Fahrgast zu. «Es ist etwas Wichtiges.»
Juven blickte zu ihm auf. «Und was?»
«Ich hasse die Monarchie», flüsterte Fides und wischte das Blut von seinem Dolch an den Kleidern von Juven ab. «Und Zeugen ebenfalls.»

Lers hatte das Schiff wieder auf Autopiloten gestellt. Er raste so schnell zum Jupiter wie es dem Triebwerk möglich war. Er trat zu den Vorratskisten und wühlte darin herum.
«Hochwertig ist das nicht gerade, aber es wird schon gehen.»
«Phessener Nüsse sind wohl nicht dabei?», fragte Arla in einem Ton, als wüsste sie die Antwort bereits. Sie sass da, so aufrichtig wie eine Monarchin, und schaute aus dem Fenster. Die Sterne schossen als weisse Lichter an ihnen vorbei.
«Nein», sagte Lers, «und der berühmte Berg-Kaviar von Katamedes fehlt auch.»
«Was denkt Ihr, Königin?», fragte er und setzte sich neben sie. Er gab ihr ein Fläschchen.
Arla nickte dankend und öffnete es. «An den Jupiter.»
«Ist eine schöne, aber langweilige Welt», antwortete der Schmuggler, der sich wieder etwas Toulon einkippte. «Ihr wart schon mal dort?»
«Ich war auf allen drei Planeten. Und auch in den meisten freien Städten.»
«Muss schön sein, wenn man so frei reisen kann»
Ihre Stimme klang etwas verbittert.
«Auch was? Hab ich in Volganus mitgehen lassen. Kein schlechtes Zeugè », fragte der Schmuggler und deutete auf den Alkohol.
«Dieses Gebräu soll doch schlimm sein.»
Lers trank sein Glas in einem Schluck und lachte. «Nicht schlimm, Arla, nur heftig. Und darum geht es ja.»
«Darum geht es ja…», wiederholte sie leise. «Na gut.»
Grinsend schenkte er ihr auch etwas zum Trinken ein. «Willkommen in der echten Welt.»
Arlas Augen wurden feucht. «Ich brauch keine Willkommensgrüsse für die echte Welt. Ich habe schon gesehen, wie sie meine Familie ermordeten. Was soll ich dort draussen noch Schlimmeres sehen, als die Enthauptung meines Vaters? Meiner Mutter? Meines Bruders?», sprach Arla in einem unerbittlichen Ton.
Der Schmuggler hob sein Glas. «Prost! Auf unsere toten Liebsten!»
Einen Moment schwiegen sie, ehe Lers das Wort ergriff. «Hör mal, Arla. Ich habe nachgedacht.»
Er öffnete die Schnapsflasche.
Die Königin schob ihm ihr leeres Glas zu.
«Wir müssen nicht zum Jupiter fliegen, wenn du das nicht möchtest.»
Sie hob das gefüllte Glas und nahm einen Schluck. «Warum der Sinneswandel?»
«Du bist das rechtmässige Oberhaupt der Venus.»
«Schön, dass du mich daran erinnerst. Ich dachte schon, Malin sei das Oberhaupt.»
«Also wie gesagt: Wir können überall hin. Ich werde dich unterstützen. Ich bin ein Schmuggler und nicht Malins Mann.»
Arla lächelte kurz, aber schüttelte den Kopf. «Wir fliegen zum Jupiter. Und sei es auch nur für einen Tag.»
«Warum?», wollte Lers wissen, der nicht mit einer solchen Entscheidung gerechnet hatte.
Sie nahm wieder einen Schluck von ihrem Getränk und lehnte sich zurück. Ihr Blick fiel auf die vorbeifliegenden Sterne.
«In den Hallen des Jupiters bin ich die Königin. Hier draussen, im Nichts des Alls, bin nur eine Frau. Ein mittelloser Flüchtling, um genau zu sein. Wenn die Chance besteht, dass sich auf Jupiter etwas bewegen lässt, dann nehme ich sie wahr. Und wenn nicht, dann habe ich diese Option zumindest ausgeschöpft. Worte mögen keinen Krieg entscheiden, aber sie können den Verlauf der Geschichte verändern.»
«Das ist ein guter Punkt, ja. Es dauert aber noch etwas, bis wir dort sind. Etwa 80 Stunden.»
«80 Stunden», stöhnte sie und blickte wieder zurück auf ihren Tisch.
«Was weisst du über den Jupiter, Arla?»
«Eine Theokratie, die sich rühmt, das Wissen aller Zeiten zu sammeln, insbesondere auch von der Erde und der Langen Flucht. Der amtierende Primas soll sehr weise sein.»
«Das stimmt», sagte der Raumfahrer. «Primas Kyros ist sehr intelligent und er ist ein gewiefter Politiker.»
«Ein wertvoller Verbündeter.»
«Ein wertvoller Verbündeter», wiederholte Lers, «allerdings einer ohne Armee.»
«Manchmal ist das Wort die mächtigste Waffe», widersprach Arla.
«Manchmal ist das Wort die einzige noch bleibende Waffe.»
Die beiden tranken ein Weilchen schweigend, da begann Lers ein neues Gespräch: «Hör zu, Arla, ich muss dir noch etwas sagen.»
Sie blickte von ihrem Glas auf und sah, wie ernst sie Lers anschaute. Er kam auf sie zu und fiel vor ihr auf die Knie.
«Ich biete dir meine Dienste an, Herrin der Venus. Ich biete dir an, dein Ritter zu sein. Oder auch immer ihr das auf der Venus nennt.»
«Ach», erwiderte Arla, durchaus mit einem Lächeln. «Steh doch auf, Lers.»
«Ich meine es ernst!»
«Ich meine es auch ernst.»
«Wirklich», sagte Lers, der nicht daran dachte, aufzustehen. «Wie du mit Malins Mann gesprochen hast – du bist wahrlich eine Herrscherin. Und du wirst eine gute sein, nicht so wie Uzinarri. Ich bitte dich, und ich meine es ernst, sei die Stimme für all jene, deren Wort kein Gewicht hat. Wenn jemand den Ungerechtigkeiten da draussen die Stirn bieten kann, dann bist es du. Und ich werde dich dabei unterstützen.»
Arla lächelte und legte ihr Glas hin, wenn gleich sie das aufgrund des Alkoholpegels nicht mehr sonderlich geschickt tat.
«So sei es Lers. Erhebe dich, Ritter der Venus, Diener seiner Königin!»

Die Stunden zogen sich dahin. Lers erzählte vieles über den Jupiter und seine Politik. Arla war am Königshof der Venus in Poesie und Musik unterrichtet worden, aber weder in Aussenpolitik, noch in Kriegsführung. Nun, er war sicher kein Experte, aber doch hatte er auf seinen Reisen einiges gelernt und über den Primas aufgeschnappt.
«Danke», sagte Arla, «für deine Hilfe.»
«Du musst nicht danken.»
«Doch, das muss ich. Als wir damals den Mond verliessen, da dachte ich, dass du einer dieser kämpfenden Affen bist. Aber nun sehe ich immer deutlicher: Du bist mir ein sehr wertvoller Freund in diesen dunklen Stunden.»
«Es ist auch mein Wunsch, dir einer zu sein.»
Arla gähnte. «Aber nun, nun muss ich schlafen.»
«Schon wieder?»
Lers schien irritiert. «Es sind doch keine fünf Stunden vergangen, als du zuletzt geschlafen hast.»
Arla stand auf, um sich in den Schlafbereich zurückzuziehen. «Ich weiss», flüsterte sie. «Aber ich fühle mich so erschöpft. Ich glaube, es ist etwas viel für mich.»
Der Raumfahrer nickte nur. «Gute Erholung.»
Danach stand Arla nicht mehr auf. Sie lag nur noch in ihrem Bett und Lers brachte ihr die Nahrung jeweils ins Zimmer.
«Ich glaube, du bist krank», erklärte er Stunden später und legte seine Hand auf ihre Stirn. «Kein Fieber. Du bist eiskalt.»
«I-Ich habe auch so kalt», hustete Arla und zog ihre Decke hoch. «Ich hab keinen Hunger.»
Der Schmuggler fand die Symptome dieser Krankheit ausserordentlich seltsam. Obwohl sie alle Anzeichen einer Grippe, wie Gelenkschmerzen oder Schweissattacken hatte, hatte Arla kein Fieber. Stattdessen glich sie einem Stück Eis.
Lers wandte sich um und ging zur Tür. Ehe er sie wieder schliessen liess, drehte er sich um. «Ich schau, dass ich dir was Warmes bringen kann.»
Der Schmuggler stand in der Brücke. Auf dem Bildschirm sah er seine Position und jene des Ziels. Der Jupiter war nur wenige Stunden entfernt.
Er wühlte wieder in den Vorräten herum. Es war vornehmlich billiges und haltbares Essen, so wie das auf dem Mars üblicherweise industriell gefertigt wurde. Und da fiel ihm eine Büchse in die Hände. Es war eine Suppe, die man nur wärmen musste.
Er ging in die Küche, die sehr eng war, wie üblich bei Schiffen dieser Grösse. Sie waren für kleine Reisegruppen ausgelegt und nur für relativ kurze Strecken.
Das Feuer funktionierte einwandfrei. Er drehte es so stark auf wie möglich. Er kippte die Suppe in eine Pfanne und kleine Fleisch- und Gemüsehappen schwammen darin vor sich hin.
Als das Gericht erhitzt war, kehrte er zu der Königin zurück.
«Hier», sagte er und bot ihr den Teller an. «Ich habe Suppe gemacht. Das wärmt dich etwas.»
«Danke», hauchte Arla geschwächt und richtete sich auf. Ihre Bewegung verursachte einen Husten. Die Decke hielt sie eng umschlungen.
«Bald sind wir da. Es geht nur noch wenige Stunden.»
«I-Ich muss dir etwas sagen. Ich glaube nicht, dass ich krank bin.»
Der Schmuggler starrte sie an und wartete darauf, dass sie weitersprach. «Es war Fides. Er gab mir eine Spritze. Er sagte, meine Übelkeit sei von den Sonnenstrahlen und die Spritze schützt mich dagegen. Das sind wohl noch die Nebenwirkungen.»
«Übelkeit ist für Raumfahrer normal, die wechselnde Schwerkraft überfordert den Körper. Und es gibt keine Spritze gegen die Wirkung von ungefilterten Sonnenstrahlen. Diesen Schutz muss das Raumschiff oder -Anzug bieten. Arla, ich glaube, das war etwas anderes.»
«Das habe ich mir gedacht», flüsterte sie tonlos. «Es war sicher Gift.»


Dritter Teil: Jupiter


Arla schlief wieder. Sie hatte die Suppe herunter geschlürft und kurz darauf einige Schüttelfrostattacken erlebt. Lers blickte auf den Planeten vor sich nieder. Weisse und orange Stürme tobten seit tausenden Jahren in seiner über seinen Kern. Laut den Daten des Schiffs befand sich Katamedes, und damit der Palast des Primas, direkt unter ihnen, so dass er unmittelbar den Sinkflug einsetzte.
Seine Gedanken drehten sich wild umher. Er achtete nicht auf die Stürme und Blitze, welche in der Jupiter-Atmosphäre herrschten, sondern dachte einzig und allein an Arla.
Zwar hatte er ihr Geständnis nur zurückhaltend entgegengenommen, aber doch war es ein Fakt, den man nicht leugnen konnte. Fides, der von sich behauptete, von Malin beauftragt worden zu sein, hatte der Königin eine Spritze verabreicht und ihr Gesundheitszustand hatte sich in den vergangenen Stunden rapide verschlechtert. Ein Gift hielt er nicht für wahrscheinlich. Das hätte sie effizienter getötet.
Aber um was handelte es sich dann? Und warum hatte Fides, wenn er ihnen schon feindlich gesinnt war, nicht gleich Tatsachen geschaffen?
Das Schiff durchbrach die unterste Nebelschicht und ihn schauderte es.
Vor ihm lag die endlose und unwirtliche Oberfläche, blaue und schroffe Felsen prägten das Bild. Hin und wieder sah man einiges der Vegetation, wie die berühmten Illerya-Bäume, deren dunkelviolette Blätterdächer die Landschaft zierten. Und direkt vor ihm lag Katamedes, die Hauptstadt des Jupiters. Sie war, wie alle Siedlungen des Planeten, von weissen Kuppeln geprägt.
Im Zentrum der Stadt befand sich ein beachtlicher Gebäudekomplex – der Palast der Primas. Er war das Regierungsgebäude und zugleich auch die Universität.
Lers flog, sachte und langsam, zum Palast des Primas, der über einen eigenen Raumhafen verfügte.
«Wer ist da?», fragte die Stimme aus dem Lautsprecher.
«Königin Arla von der Venus und ihre Eskorte», stöhnte der Raumfahrer. Er rieb sich an den Armen. Irgendwie war es ungemütlich kalt geworden.
«Königin Arla?», fragte die Stimme verwirrt.
«Ja, verdammt!», stiess Lers hervor und wischte sich den Schweiss von der Stirn. «Gebt uns Landeerlaubnis! Wir brauchen Asyl! Und medizinische Versorgung, hört ihr!»
«Landeerlaubnis erteilt», antwortete die Stimme aus dem Lautsprecher. Ihr Tonfall war etwas zwischen Irritation und Nervosität.
Lers brachte das Schiff auf der Landebahn des Hafens abrupt zum Stehen. Nachdem er sein Gleichgewicht wiedererlangt hatte, rannte er zu Arla.
«Wir sind da!», rief er und musste husten. «Wir sind auf dem Jupiter!»
Sie antwortete nicht. Er legte seine Hand auf die bleiche Stirn der Königin. Sie war kalt und voller Schweiss. Er hob sie hoch, mitsamt der Decke.
Das Blut pulsierte durch seine Adern. «Verdammt!»
Jeder Schritt mit ihr schien ihm mehr Energie zu rauben, als er zur Verfügung hatte. Schliesslich konnte er die Luke öffnen und mit Arla auf dem Arm herunter treten.
Es waren längst einige Menschen zu ihrem Schiff gekommen. Bewaffnete Gardisten, und so wie es aussah, auch solche mit medizinischer Ausrüstung.
«Wir -», stammelte er, «brauchen Hilfe.»
Dann verlor er das Bewusstsein.

Als Lers wieder zu sich kam, lag er in einem Bett. Er war geschwächt, keine Frage. Es fiel ihm schwer, aufzustehen. Seine Beine und Arme, selbst seine Finger, schmerzten. Er wusste nicht so recht, ob es seine Muskeln oder ob es doch die Gelenke waren – oder beides.
Wo war er?
Er lag in einem einfachen Zimmer, wo neben dem Bett kaum etwas war. An der Wand hing ein Wappen – ein weiss leuchtender Baum auf dunkelviolettem Grund. Lers kannte es. Die Insignien des Jupiters waren dort nur allzu gegenwärtig – wie ein religiöses Symbol.
Es gab ein kleines Fenster, wo er sich langsam hinbewegte. Vor ihm lag ein Hof, einer der Palasthöfe. Vermutlich war es Nacht, aber man konnte das hier nie so eindeutig feststellen. Die Sonne schien nur blass durch die Stürme. Die drei Monde des Jupiters leuchteten gedämpft durch die Gase der Atmosphäre und die illuminierenden Früchte der Illerya-Bäume im Hof spendeten ein mattes Licht, was für die jupiteranische Vegetation keine Seltenheit war. In ihnen sang ein Nachtäffchen sein einsames Lied. Der Schmuggler stützte sich etwas ab. Ihm war schwindelig.
Da öffnete sich das Portal in sein Zimmer mit einem leisen Wischen. Als Lers sich umwandte, erkannte er ohne Zweifel Primas Kyros. Er war ein grossgewachsener Mann in einer eleganten Robe, welche seine Erscheinung umso imposanter wirken liess.
«Spart Eure Kräfte», riet er ihm, als er sah, dass sein Gast etwas sagen wollte. Der Primas, dessen kompletter Titel Primas inter Pares lautete, hatte sein Gesicht mit einem Tuch verdeckt. Obwohl es schien, als wolle er eine gewisse Distanz zwischen den beiden wahren, trat er näher.
«Die Regierung wünscht nicht, dass ich mich Euch spreche. Aber es ist mein Wunsch. Und verzeiht mir, sicherlich habt Ihr mich bereits erkannt. Ich bin Kyros, der Primas des Jupiters.»
Lers senkte seinen Kopf. Vermutlich musste man sich vor einem Mann von so einem Rang verbeugen, nur hatte er dafür keine Kraft.
«Wer seid Ihr?», fragte das Oberhaupt des Jupiters.
«Ich bin Lers. Ich habe Arla hierher geflogen, um sie in Sicherheit zu bringen. Wo ist sie? Wie geht es ihr?»
Der Primas senkte seinen Blick. «Sie ist, wie Ihr, in Behandlung. Aber ihr Zustand ist im Vergleich zu Euch deutlich kritischer.»
«Ich muss zu ihr!»
«Ich fürchte, dass ich das nicht gestatten darf. Die Krankheit, die Ihr in Euch trägt, darf dieses Zimmer nicht verlassen.»
«Habt Ihr mit ihr gesprochen?»
Kyros schüttelte den Kopf. «Sie ist nicht bei Bewusstsein.»
«Dann werde ich es tun, im Namen der Venus! Meine Worte sollen als die ihren verstanden werden!»
Der Primas verbeugte sich. «Wie Ihr wünscht, Vertreter der Krone der Venus. Unter den gegebenen Umständen werde ich Eure Worte so nehmen, als wären sie von der Prinzessin ausgesprochen.»
«Von der Königin! Es sind die Worte der Königin.»
«Gewiss», sagte der Primas gutmütig. «Eure Worte sind die Worte der Königin Arla.»
«Die Krankheit, die Ihr vorhin erwähnt habt... Sind wir krank?», erkundigte sich Lers und trat etwas näher zum Kyros, der daraufhin zurückwich. «Dann gibt es ein Heilmittel für uns?»
Der Primas schüttelte sein Haupt. «Keines, das uns bekannt ist, wenngleich unsere Experten die Hoffnung noch nicht aufgeben. Wir sind dran, aber können keine Wunder versprechen.»
«Was haben wir?», wollte Lers wissen.
«Ihr wisst es also nicht?», fragte der Vorsitzende des Jupiters und senkte wieder seinen Blick. «Was für eine Krankheit euch befallen hat? Es tut mir leid.»
«Erzählt mir, was Ihr wisst», bat der Schmuggler.
«Das werde ich», antworte der Primas. Nun war er es, der zu dem Fenster schritt und hinausblickte. «Das Nox-System bietet ja neben den drei bewohnbaren Planeten Mars, Venus und Jupiter weitere Welten. Diese sind aber für uns Menschen… nicht bekömmlich.»
«Das weiss ich», antwortete Lers ungeduldig. «Ich bin Raumflieger.»
«Dann ist Euch Aurora sicher ein Begriff?»
«Natürlich. Der Planet, der der Sonne am nächsten ist.»
Der Primas nickte. «Ein felsiger und feuriger Planet, der für den Menschen absolut lebensfeindlich ist. Und doch gibt es Leben auf Aurora.»
«Ich weiss…», sagte Lers, der schon etwas nachdenklicher klang.
Der Primas seufzte. «Das Leben folgt dort natürlich konträren Regeln. Wir sind Warmblüter und wärmen uns, um an kalten Regionen zu überleben.»
«Und die Lebewesen von Aurora kühlen sich ab», schlussfolgerte Lers tonlos.
«Genau so ist es, mein Freund. Vielleicht ist das Virus selbst harmlos, aber doch kühlt es sich und seinen Wirt mit jedem Moment mehr und mehr ab. Euer Blut gefiert sozusagen von innen.»
Der Primas kam wieder näher zu ihm.
«Ich habe nicht gezögert, als Ihr und die Königin hier gelandet seid. Die besten Wissenschaftler dieses Gebiets habe ich aufgeboten. Sie kamen alle nur zu einem Schluss. Ist es nicht seltsam? Ein kleines und uraltes Lebewesen, so unscheinbar und doch so zerstörerisch. Es steht ausser Frage: Ein Virus von Aurora zirkuliert in euren Adern.»
Der Primas hielt inne und richtete sich auf. «Die Frage ist nur: Wie gelangte es in Eure Körper?»
Lers holte Luft.
«Wir waren in Minva. Arla hat sich dort von einem Mann, der sich als Malins Spion ausgab, eine Spritze geben lassen.»
«Ich zweifle nicht daran, dass dies der Ursprung dieser Krankheit ist», erwiderte der Primas. «Und ich zweifle auch nicht daran, dass dies Uzinarris Plan war.»
«Sein Plan?»
Der Primas nickte und schien die Worte abzuwägen. «Als der Überfall auf die Venus begann, informierte mich Präsident Uzinarri. Er sagte mir, dass es seine Aufgabe sei, die Bevölkerung der Venus zu retten. Vor dem menschenverachtenden und feudalen Regime, das dort herrsche und sie die Menschen aus der primitiven Starre zu befreien, die sie umschlingen würde.»
«W-Was?»
«Das waren seine Worte. Und er fuhr fort. Sollte ich es wagen, gegen seine Befreiung Schritte zu planen, dann würde er auch die feudale Klerikerrepublik Jupiter als Feind einstufen. Seine Vergeltung, so meinte er, wäre verheerend.»
«A-Aber», wollte Lers rufen, doch der Primas hob die Hand, um ihm zum Schweigen zu bringen.
«Und so scheint es mir, dass diese Krankheit nicht nur die Herrin der Venus beseitigen soll. Sie soll gleichzeitig eine eindeutige Botschaft an mich und den Jupiter sein. Vielleicht ist es auch bereits die Verheerung, von der Uzinarri sprach.»
«Dieser Schuft!», stiess er hervor und schaffte es, trotz seines geschwächten Zustands, in die Wand zu hauen. «Ihr beugt Euch ihm nicht, oder?»
«Ich», wollte Kyros zu sprechen beginnen, aber seine defensive Körperhaltung war Lers bereits genug Antwort.
«Ihr seid dazu verpflichtet, verdammt! Das alte Bündnis! Die alten Schwüre! Verdammt, gerade Ihr dürft den Schwur nicht brechen!»
«Wagt es nicht, mich zu belehren», widersprach der Primas in strengen Ton.
«Bin ich nicht der Hüter der Gedanken jener Tage? Mir ist die Geschichte bekannt. Unser sagenumworbener Ursprung, die Erde, soll in einem Krieg, den wir «die Verelendung» nennen, zu Grunde gegangen sein. Eine Flotte von Schiffen, die man «die Flüchtlinge» nannte, zog daraufhin für Jahrzehnte durch das Universum, auf der Suche nach einer neuen Heimat.
Und schliesslich fanden sie diese t; in unsrem Nox-System. Die Geflüchteten aber gerieten in Streit. Wie sollte die zukünftige Zivilisation der Menschheit funktionieren, um eine erneute Verelendung unserer Heimatplaneten zu verhindern?
Es gab drei Planeten, die in der habitablen Zone lagen. Und so teilten sich die Menschen auf. Auf der Venus sammelten sich jene, welche ihr Leben möglichst einfach führen wollten, im Einklang mit der Natur und im Rhythmus der Jahreszeiten. Auf den Mars zogen die, die in dem Fortschritt, der Forschung und der Technik ihr Heil sahen. Und auf dem Jupiter wiederum kehrten alle ein, deren Ziel es war, die Geisteshaltung der Flüchtlinge zu bewahren, in dem sie ihre Philosophen zu Propheten erklärten. Man sagt, diese Geschehnisse, niedergeschrieben in der heiligen Schrift unserer Ahnen, betrachtet man andernorts als Legende oder Mythologie. Obwohl doch hier in Katamedes unbestreitbare Zeugnisse jener Epoche erhalten geblieben sind. Ihr braucht mich nicht über den Schwur aufzuklären, als sich die drei Welten gegenseitig Schutz und Beistand versprachen, Raumflieger.»
«Und doch brecht Ihr den Schwur, wenn Ihr euch Uzinarri nicht entgegenstellt.»
«Das ist keine leichte Entscheidung, mein Freund. Der Jupiter ist friedlich. Es gibt zwar Garden, welche für die Sicherheit der Bevölkerung sorgen, aber wir haben, und das ist kein Geheimnis, keine Armee. Und dem Aggressor in so einer Situation einen Vorwand für den Kampf zu bieten, ist närrisch. Es ist meine heiligste Pflicht, unser oberstes Gebot zu wahren: Die Freiheit des Denkens, des Worts, des Forschens und des Streits.»
Lers setzte sich hin. «Das ist feige. Es ist einfach nur feige. Und es ist falsch. Wer sich im Angesicht eines solchen Verbrechens versteckt, der trägt Mitschuld!»
«Versteht mich nicht falsch. Ich habe alle Welten und Städte unverkennbar meine Verurteilung dieses Angriffs wissen lassen. Und ich darf auch sagen, dass ich für einige der Stadtstaaten mit meiner Verurteilung eine Inspiration war. Und ich werde alles in meiner Macht tun, um Uzinarri zu stoppen. Ich gebe mir durchaus auch Mitschuld an der Situation. Als Uzinarri die Demokratie des Mars aushöhlte und seine Regentschaft festigte, habe ich dazu geschwiegen. Ich hätte meine Stimme früher erheben sollen. Es ist meine Pflicht, das freie Wort zu schützen, nicht nur hier. Wenn ich es andernorts schütze, dann ist es auch auf dem Jupiter am besten geschützt»
«Dann lasst mich gehen.»
«Das, mein Freund, wird nicht gehen.»
«Doch, wird es! Ich werde zum Mars gehen und Uzinarri töten. Und selbst wenn ich falle, kann ich dort vielleicht noch eine Pandemie verursachen. Das Elend des Mars wird jenes der Venus übersteigen. Die Apokalypse, die sie entfesselt haben, soll sie selber treffen.»
Der Primas schüttelte den Kopf. «Hass ist kein guter Ratgeber und der Zweck heiligt nie die Mittel. Ich werde niemals erlauben, dass Ihr diese Krankheit auf dem Mars freisetzt. Diese Krankheit könnte das Potenzial besitzen, die ganze Menschheit zu vernichten. Das ist keine Waffe, deren Einsatz ich verantworten kann und die mit Euch sterben muss. Das Risiko einer zweiten Verelendung werde ich nicht dulden.»
«Ich will kämpfen!», rief Lers und stürmte auf den zurückweichenden Primas zu.

Kyros ging zum Portal. «Meine Antwort bleibt identisch: Diese Krankheit verlässt diesen Raum nicht.»
Lers setzte sich wieder auf das Bett. Die Kraft, die er urplötzlich mobilisiert hatte, hatte ihn verlassen. «Dann bringt mir zumindest Toulon. Dann kann ich mein kommendes Ende zumindest gebührend empfangen. Und ich kann auf Arla und die Venus anstossen.»
Der Primas öffnete das Portal und trat heraus.
«Dieses marsianische Gemisch gibt es hier nicht. Aber vielleicht… Vielleicht kann ich etwas für euch tun.»
Damit schloss er den Raum ab und liess Lers alleine zurück, der sich wieder hinlegte. Er schaute aus dem Fenster. Der fahle Schein der Illerya-Bäume fiel in sein Zimmer. So endete es also. Als er damals den Mars verlassen hatte um als Schmuggler seine Freiheit und sein Glück zu suchen, hätte er niemals erwartet, dass er als Gefangener des Primas vom Jupiter dahinsiecht. Seine Wut war einer gewissen Resignation gewichen. Das Nachtäffchen sang immer noch sein einsames Lied.

Später öffnete sich wieder das Portal und der Primas trat herein. Er hielt Lers, der geschlafen hatte, eine Flasche hin, die in einem blassen Weiss leuchtete.
«Was ist das?», fragte er und blickte darauf.
«Das, mein Freund, ist der Illerya-Schnaps, gebraut durch die palasteigene Brennerei.»
Lers nahm die Flasche und schüttete ihn herunter. Die Spirituose war stark, vermutlich etwa so hochprozentig wie Toulon. Als er aufblickte, schüttelte der Primas seinen Kopf. «Ihr solltet nicht so viel trinken. Vor allem nicht als Sprecher der Königin.»
«Ich lasse mir von niemanden etwas vorschreiben, auch nicht von seiner verdammten Heiligkeit!»
Lers stand wieder auf und rang sichtbar um sein Gleichgewicht. War das die Krankheit oder doch schon der Illerya-Schnaps?

Kaum hatte Lers seine Balance zurückerlangt, hob er erneut die Flasche an. «Auf Arla, die Königin!», rief er und nahm einen kräftigen Schluck.
«Auf die Freiheit der Venus!», fügte er hinzu und wiederholte seine Tätigkeit.
«Nun», sagte der Primas, etwas zurückweichend. Hinter ihm erschienen drei Gardisten, welche eine Apparatur ins Zimmer schoben. Sie sah aus wie ein senkrecht aufgestellter Sarkophag.
«W-Was is’ das?», fragte Lers, der wieder auf das Bett gefallen war. Er gönnte sich einen weiteren Schluck von dem leuchtenden Schnaps.
«Diese Maschine dürfte das Wertvollste sein, dass Ihr während Eurem ganzen Leben zu Gesicht bekommt.»
«Tötet sie das Virus?», fragte Lers, in dessen Augen ein Schimmer Hoffnung aufleuchtete.
«Nein», sagte Kyros. «Das ist ein Astralprojektor.»
«Ein… Astrapr-pr-pr…»
«Ein Astralprojektor. Er befindet sich schon immer im Besitz der Primas vom Jupiter und ich vermute sehr stark, es ist das letzte funktionierende Exemplar überhaupt. Es stammt noch aus der Zeit jener, die vor der Verelendung flohen. Diese Maschine erlaubt die Extraktion der Seele, die sich danach vom Körper gelöst bewegen kann. Die Flüchtlinge verwendeten diese Maschine auf ihrer Flucht zur Erkundung und zum Identifizieren von potenziell bewohnbaren Welten, so ist es zumindest überliefert.»
«Aha», sagte Lers nur und nahm wieder einen Schluck vom Schnaps.
Der Primas seufzte, als ob er schon bereute, was er tat.
«Diese Maschine erlaubt Euch zum Mars zu reisen. Als Replika Eurer Selbst», verdeutlichte er das soeben Gesagte.
«Was!?», rief Lers und liess vor Erregung sogar die Schnapsflasche fallen, die daraufhin in tausend Stücke zersprang.
«Kommt», bat der Primas, und deutete auf den sich öffnenden Astralprojektor. «Legt Euch hinein.»
Lers schwankte zu dem Gerät und legte sich, nachdem er um das Gleichgewicht gekämpft hatte, hin.
«Wir starten den Apparat», sagte Kyros und blickte zu dem Sprecher der Königin.
Die Apparatur schloss sich und es schmerzte, als ob Nadeln in ihn stachen. Er verlor das Bewusstsein. Das letzte, dass er sah, war ein gleissend weisses Licht.
Und dann, Sekunden später, stand Lers mitten im Raum. Er fühlte sich leicht und gut – die Einschränkungen durch die Krankheit und durch den Alkohol waren von ihm gefallen.
Etwas verwundert schaute er sich um und sah auf den Astralprojektor. Dort drin lag er, verschwitzt und geschwächt. Sein Leib zitterte leicht.
«Ihr seid nun die Projektion Eurer Selbst, eine Replika», sprach der Primas und trat auf ihn zu. «Seht Euch an!»
Lers blickte an sich herunter, sah seine Armee, die ebenso wie der Rest seines vermeintlichen Körpers durchlässig waren und blau schimmerten.
«Ich bin… eine Projektion?»
«Nicht nur das», sagte der Primas lächelnd. «Ihr seid nach wie vor eine Lebensform. Hört mich an, es gibt einiges, dass Ihr über den Projektor wissen müsst.»
Nun war es Lers, der Kyros entgegentreten wollte, aber feststellte, dass sich seltsam anfühlte. Zwar rührte er sich, jedoch nicht mit Schritten – er schwebte.
«Sehr gut», rief der Primas. «Ihr habt bereits gelernt, wie man sich bewegt.»
«Und noch etwas muss ich Euch bewusst machen. In diesem Zustand», sagte er und schlug mit seinem Arm durch Lers Kopf, «ist es nicht möglich, dass Euch etwas berührt. Ihr seid ohne Materie.»
«Ohne… Materie?»
«Ja, gewiss. Daher ist es auch möglich, in diesem Zustand durch das All zu reisen. Ihr könnt Euch so schnell oder langsam bewegen, wie das Euer Wille zulässt. Ohne Materie seid Ihr nicht an physikalische Regeln gebunden.»
Lers versuchte das soeben Gehörte zu verarbeiten und bewegte sich so rasch im Zimmer umher, dass der Primas ihn zunächst wieder suchen musste.
«Nun», sagte Kyros und trat aus dem offenen Portal. «Nun ist es Zeit, dass wir Eure Herrin besuchen, nicht wahr? Bitte folgt mir, Raumfahrer.»
Sie verliessen das Zimmer und gingen zielstrebig auf die Tür neben an zu. Der Primas öffnete sie, aber Lers schwebte durch die Wand. Darin befand sich wieder ein Bett und darauf lag Arla, verschwitzt und regungslos. Sie war von wärmenden Kissen und Decken umgeben.
«Arla!», rief Lers und glitt zu ihr. Er versuchte sie zu berühren, aber fiel durch sie durch.
«Hört mich noch an», sagte der Primas, als er das Bett erreicht hatte.
«Ich werde Euch gleich verlassen, so dass Ihr die Gelegenheit habt, Euch von Ihrer Majestät zu verabschieden.»
«Verabschieden?»
«Verabschieden. Die Krankheit, die Euch beide befallen hat, scheint unheilbar und tödlich. Ich werde hoffen, dass wir uns in dieser Einschätzung irren, aber so ist der Stand der Dinge. Und deshalb will ich mich beeilen mit den Informationen, die Ihr noch zu wissen braucht.»
«Gut, ich höre zu.»
«Zunächst müsst Ihr noch etwas über den Astralprojektor lernen. Ich habe ihn selbst unzählige Male verwendet, ja ich muss sogar gestehen, dass es zu meinen liebsten Beschäftigungen gehört in fremden Welten zu wandern… Und dabei fiel mir eine Eigenschaft des Projektors auf, die uns nicht überliefert wurde.»
«Was für eine Eigenschaft?»
«Schliesst Eure Augen. Und jetzt stellt Euch vor, dass Ihr euer körperliches Zentrum spürt. Versucht Euch zu erden.»
Lers tat wie ihm geheissen. Er kam sich zunächst etwas albern vor und doch nahm er plötzlich ein seltsames Kribbeln wahr. Und mit einem Schlag waren die Krankheit und die Nachwirkungen des Alkohols da.
«I-Ich habe wieder einen Körper?»
«Ja, so ist es. Eure Projektion ist körperlich geworden, aber Euer echter Körper liegt natürlich immer noch im Projektor. Das ist die erwähnte Replika.»
«D-Das ist erstaunlich!»
«Das ist es. Es ist ein Wunder, dass uns von der zerstörten Erde noch geblieben ist. Und doch hört meine eindringliche Warnung. Ihr seid keineswegs unverwundbar. Sollte Euch etwas zustossen, oder solltet Ihr sogar sterben, dann zersplittert Eure Seele. Euer Leben ist damit verwirkt.»
«Das ist es sowieso schon.»
«Wenn Ihr Euch vorstellt, dass Ihr schwerelos werdet, dann könnt Ihr zurück in den materiefreien Zustand wechseln», erklärte der Primas, die Bemerkung von Lers ignorierend.
«Gut. Sonst noch etwas?»
«Ja, noch von zwei Dingen muss ich Euch berichten. Zunächst von meinen Freunden auf dem Mars.»
«Ihr habt auf dem Mars Freunde?»
«Ja, es gibt dort einen Bund.»
«Der Salus-Bund ist mit Euch befreundet?»
«Ja, so ist es. Ich sehe, Ihr kennt Euch mit den inneren Angelegenheiten des Mars aus?»
«Ja, das tue ich. Ich leugne es nicht.»
«Wenn Ihr möglichst unauffällig in der Campolis eintrefft, dann befindet sich östlich des Ewigen Palasts der Platz des unaufhaltsamen Fortschritts.»
«Ich kenne ihn, ja.»
«Es gibt dort einen einbeinigen Bettler. Sagt ihm das Losungswort: Wildrose.»
«Wildrose. Verstanden. Und was ist die zweite Information, die Ihr erwähnt habt?»
Der Primas seufzte und ging zu dem Portal. «Das sind leider sehr unerfreuliche Entwicklungen, von denen Ihr wohl noch nicht gehört habt. Mir wurde bestätigt, dass die Rebellen der Venus kapituliert haben. Ohne Bedingungen.»
«W-Was!? D-Das kann nicht sein!»
«Ich fürchte so ist es. Daher muss ich Euch raten, so rasch wie möglich zu dem Mars aufzubrechen, bevor Fakten entstehen, die sich nicht mehr verändern lassen.»
«Verstanden», sagte Lers tonlos. Er blickte auf die in tödlichem Schlaf versunkenen Arla.
«Nun denn, Raumfahrer. Ich wünsche Euch alles Glück und ich werde für Euren Erfolg glauben. In Gedanken werde ich bei Euch und bei der jungen Königin sein. Ich denke, Ihr seid Euch bewusst, was für eine einmalige Chance Ihr erhaltet. Wir werden Euch und auch Eure Gebieterin in der Zwischenzeit so gut es geht medizinisch versorgen. Ich wünsche Euch alles Gute.»
Der Primas verliess das Zimmer. Lers ging zu seiner Herrin und setzte sich auf das Bett. Er fuhr ihr durch die Haare.
«Was soll ich nur sagen?», fragte er laut und schüttelte den Kopf.
«Wir haben uns nicht lange gekannt, aber doch denke ich, dass wir uns geschätzt haben. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt. Königin Arla von der Venus, ich schwöre feierlich, dass ich deine Aufgabe weiterführen werde. Ich schwöre es, als Euer Ritter!»
Einen Moment versank er in Stille. Als führe er ein geräuschloses Gespräch.
Er erhob sich wieder und küsste sie auf die Stirn. «Mach’s gut.»
Dann wechselte in den körperlosen Zustand und schoss aus dem Zimmer, in die Stürme des Jupiters und in den Weltraum hinein, dem Mars entgegen.

Arla wälzte sich hin und her. Ein kalter Schauer überfiel sie. Gerade hatte sie die Wärme einer Geborgenheit gespürt, aber ein frostiger Hauch hatte sie entfernt und sie alleine zurückgelassen. Sie lag bequem, womöglich in einem Bett. Dann wurde sie sich ihrer selbst bewusst und schlug sie ihre Augen auf.
Sie kannte diesen Raum nicht. Wo war sie? Sie befand sich nicht mehr im Raumschiff von Lers.
Arla fühlte sich nicht gut. Sie fuhr sich über ihre Hände. Es war eiskalt in diesem Zimmer. Als sie ihren Kopf s bewegte, schmerzte es, als hätte jemand tausend Glassplitter in ihr Hirn gelegt. Jede Bewegung tat weh.
Einen Moment lag sie da, ohne etwas zu denken. Das Gefühl der Geborgenheit war entschwunden. Immer klarer wurde ihr bewusst, dass sie hier einsam und alleine in der Finsternis lag.
Sie blickte durch das Zimmer, sah das Wappen mit dem leuchtenden Baum und entdeckte ein Fenster, durch das ein gedämpftes Licht fiel.
Langsam, ganz langsam bewegte sie ihren Fuss. Jede Bewegung selbst war ein Kraftakt, über den sie normalerweise nicht nachzudenken brauchte.
Schliesslich stand sie. Schwankend lief sie zum Fenster. Es war Nacht. Vor sich sah Arla erst einmal dunkle Erde der Farbe Purpur und Wasserflächen.
Und mit einigen Momenten Verspätung realisierte sie das leicht hellere Gras. Und kräftige Wurzeln. Sie sah auf die in der Nacht blass leuchtenden Früchte der Bäume und war sprachlos. So etwas gab es auf der Venus nicht. Und da war ein Schatten, einer, der in ihr dumpfen Erinnerung bis vor Kurzem Geräusche verursacht hatte.
Arla fiel aus ihren Gedanken.
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie nackt dastand. Sie kehrte zum Bett zurück und umschlang ihre Decke. Dann trat sie wieder zu dem Fenster. Ein seltsamer Gesang drang in ihr Bewusstsein. Die Quelle davon zu identifizieren war sie aber nicht in der Lage.
Erneut überprüfte sie in den Innenhof, von den leuchtenden Bäumen hinauf zum Himmel. Hinter der roten-weissen Wolkenschicht befanden sich drei kleine Monde, welche die Nacht schwach erleuchteten.
War das der Jupiter? Hatten sie es hierhin geschafft?
Und wo war Lers? Sie wandte sich von dem Fenster ab und schaute sich in dem Zimmer um. Darin gab es nur ein Bett und ein Ofen. Und ein Portal mit… Schiebetüren. Langsam ging Arla zu der Tür und versuchte, sie zu öffnen.
«Es wird dir nicht gelingen, Liebes.»
Arla zuckte zusammen und wandte sich um. Auf dem Fenstersims sass ein kleines Äffchen. Und es nickte. «Dieses Portal kann nur von draussen geöffnet werden.»
Sie war etwas sprachlos ob dem Neuankömmling.
«Was ist?», fragte der Primat und wich beleidigt zurück.
«I-Ich habe noch nie ein sprechendes Äffchen gesehen.»
«Und ich habe noch nie eine nackte Prinzessin gesehen», kicherte es und deckte sich die Augen mit den Händen zu. Arla war es gleich. «Kannst du das Portal öffnen?»
«Aber natürlich kann ich das.»
«Tust du es, bitte?»
Das Äffchen grinste und setzte ein Lied fort.


Vierter Teil: Mars

Lers flog in den Weiten des Weltalls. Er fühlte sich seltsam an und das nicht nur aufgrund der rasch vorbeiziehenden Lichter und Sterne, welche in dieser endlosen Finsternis etwas Orientierung gaben. Es war auch seltsam, weil er es körperlos tat. Und so spürte er weder die Kälte des Alls, noch die Kälte der Geschwindigkeit.
In ihm herrschte Nervosität, denn er ahnte, dass er zu lange unterwegs war. Die Zeit arbeitete gegen ihn. Bald hatte er sein Ziel erreicht. Der Mars lag vor ihm.
Er war ein roter und staubiger Himmelskörper, der nur an wenigen Stellen mit den dunkelblauen Seen eine andere Farbe aufwies. Und man erkannte Campolis aus dem All – ein schwarzer Flecken, der sich in die Oberfläche des Planeten gefressen hatte.
Die bedeutendste Metropole der Menschheit lag direkt vor ihm. Seine Gedanken rasten. Seit ungezählten Jahren hatte er sie verlassen und eigentlich hatte er angenommen, dass es ein Abschied für immer war.
Und als Lers, als die Erscheinung, die er war, über der Metropole in die Atmosphäre trat und herunterfiel, wirkte wie er ein blau glühender Stern, der auf die Stadt niederfiel.

Er landete in einem Aussenviertel, in einer einsamen Gasse. Bevor er sich überhaupt umsehen konnte, wurde er wieder körperlich und die Last seiner Schwächung war zurück. Obwohl die Temperatur des Mars auf ihn drückten, fror er und seine Schritte dienten dem Erhalt des Gleichgewichts und nicht der Fortbewegung.
Die Strasse, auf der er sich stand, war dreckig und löchrig. Und die hohen Gebäude der Stadt verschlangen jeglich natürliches Licht hunderte Meter über ihm. Nur langsam war er in der Lage etwas zu erkennen.
Ihn verliess die Kraft und er sank zu Boden. Seine Krankheit war weiter fortgeschritten und er hatte Probleme, nach all der langen Zeit, wieder einen Körper zu haben. Es war so kalt.
«Wer bist du?», fragte eine Stimme hinter ihm. Lers wandte seinen Kopf. Da stand ein kleiner Junge, der seinen Dolch auf den Schmuggler richtete.
«I-Ich habe dich gesehen! Du warst ein blaues Licht!»
Lers stöhnte. «W-Wasser! B-Bitte!»
Der Bub liess seinen Dolch erhoben, aber schien irritiert zu sein. Eine solche Reaktion hatte er wohl nicht erwartet.
«Bitte Junge, bring mir etwas Wasser», wiederholte Lers. «Ich brauche Wasser.»
«Deine Sprache klingt komisch», sagte das Strassenkind.
«I-Ich bin auch von Campolis, aber ich bin weg gegangen.»
«Warum bist du weggegangen?»
«Weil ich so l-lebte wie du.»
Er beäugte den Ankömmling kritisch, aber senkte den Dolch dann doch. Er holte zögernd einen Beutel hervor.
«Bitte», stöhnte Lers und liess seinen Mund offen. Der Kleine kam näher. Sein Gesichtsausdruck verriet, wie angespannt er war. Er führte seinen Wasserbeutel zu Lers’ Lippen und flösste ihm etwas Wasser ein.
«Du bist ein kalter Mann», sagte der Junge, als der Schmuggler trank.
«I-Ich muss zum Platz des u-unaufhaltsamen Fortschritts»
«Warum? Dort geht man nicht hin, Kalter Mann!»
Lers versuchte, sich aufzurichten, sackte aber fast wieder zusammen. Langsam richtete er sich auf.
«Ich muss dort hin. Du musst nicht mitkommen. In welcher Richtung ist es?»
«Dort», sagte der Junge und nickte nach links. «Dort ist der Platz.»
«Danke.»
Lers ging los.
«Warte», sagte der Junge. «Du kannst doch nicht so dort hin gehen!»
Der Angesprochene wandte sich um und sah, wie der Kleine auf ihn deutete. Erst jetzt realisierte er, dass er ja nackt war. «N-Nein, das wird wohl nicht gehen.»
«Warte hier», sagte der Junge. «Ich hol dir etwas.»
Er rannte davon und Lers blieb alleine in der Gasse zurück. Langsam hatte er sich ein bisschen anklimatisiert. Und auch wenn er fror, so waren die Begleiterscheinungen der Hitze, wie die flackernde Sicht, doch nur allzu bemerkbar.
«Kalter Mann! Hier!»
Der Junge kam zurück und hatte Lers so etwas wie Lumpen gebracht. «Danke.»
«Aber das hat seinen Preis, hörst du!»
«Was für einen Preis?»
«Ich will, dass du mich dafür mitnimmst. Ich will weg von hier!»
«Alle wollen weg. Aber hör zu, Junge. Ich kann dich nicht mitnehmen. Ich weiss nicht, ob ich noch lange lebe. Es tut mir leid, aber ich kann dir nichts versprechen, dass ich nicht einhalten kann. Aber ich werde versuchen, dir eine bessere Zukunft zu geben, damit du nicht weggehen musst.»
«D-Du gibt mir Geld?», fragte der Junge und klatschte vor Freude in die Hände.
Lers schenkte ihm ein Lächeln. «Nein. Und jetzt muss ich gehen. Ich danke dir für deine Hilfe.»

Der Platz des unaufhaltsamen Fortschritts war ein grosser und äuserst belebter Ort. Er bestand aus löchrigen Platten, auf denen zahlreiche Menschen, Lasttiere und Fahrzeuge ohne erkennbares Muster ihren Weg fanden. Und über den Köpfen der Passanten flimmerte holographische Werbung in allen erdenklichen Farbkombinationen. Wie viele Leute sich darauf durchdrängten? Vermutlich tausende. Er seufzte. Diesen einbeinigen Bettler zu finden würde kein anspruchsloses Unterfangen werden. Ausserdem konnte Lers viel zu viele Schmierige sehen – so nannten die Bewohner von Campolis die Ordnungshüter der Stadt. Sie patrouillierten in ihren gepanzerten Monturen und die ihre Waffen waren – wie üblich – für alle sichtbar. Wahllos kontrollierten sie die Passanten, immer auf der Suche nach einem Zustopf. Es war nicht die Aufgabe der Schmierigen, für Recht und Ordnung zu sorgen, sondern für Ruhe.
Langsam betrat er den Platz und fand sich in den intensiven Sonnenstrahlen wieder, vor dessen Auswirkungen er in den Häuserschluchten geschützt gewesen war. Von den drei Planeten folgte die Umlaufbahn des Mars die engste Route um die Sonne, dementsprechend bot er die grösste Hitze der bewohnbaren Welten.
Lers liess seinen Blick über die Menschenmenge schweifen, aber er konnte nirgends einen Bettler entdecken. Oder zumindest keinen Einbeinigen.
«Was suchst du, Kalter Mann?»
Lers drehte sich um und sah, wie der Junge vor ihm stand. Den Dolch hatte er in seiner Hose fest umklammert. «Bitte, bitte!», krähte plötzlich eine Stimme von der Seite. «Gib mir Geld! Ich habe Hunger! Wenn du mir nichts zu essen gibst, bist du für meinen Tod verantwortlich!»
Eine alte Frau mit fehlenden Zähnen streckte ihm die eine Hand entgegen und zog mit der anderen an seiner Kleidung. «Ich habe kein Geld», antwortete Lers wahrheitsgemäss, aber die Bettlerin verzog gequält ihr Gesicht. «Mein Magen schmerzt vor Hunger! Ich werde sterben und es wird deine Schuld sein!»
«Hau ab!», rief der Junge und trat auf sie zu. «Hau ab!»
Die Alte fluchte in einem Slang-Wort und verzog sich. «Kein schöner Ort, oder Kalter Mann?», nickte der Kleine. «Was suchst du?»
Lers lächelte, als er den entschlossenen Blick des Jungen sah. «Warum hilfst du mir?»
«Du bist als Licht vom Himmel gefallen und willst uns helfen.»
«Ja, das ist schon… aussergewöhnlich», stimmte der Schmuggler ein. «Ich suche den einbeinigen Bettler.»
«Den?», fragte der Junge und verzog sein Gesicht. «Der ist dämlich!»
«Hilfst du mir?», erkundigte sich Lers erneut. Der Kleine nickte: «Folge mir.»
Sie drängten sich durch die Menschenmassen, blieben aber immer wieder stehen, weil irgendwelche Passanten auf sie einsprachen und um Geld baten.
«Warum wollen alle Geld von mir?», fragte Lers genervt und stoppte abrupt seine Bewegung. Ein Gleiter schoss vor ihnen vorbei.
«Es ist ein Teint, Kalter Mann. Du siehst nicht aus, wie jemand von dem Mars. Daher denken sie, dass du Geld hast», erklärte der Junge.

Der einbeinige Bettler sass an einer Wand des epochalen Monuments in der Mitte des Platzes, die Inkarnation des Fortschritts. Er war nicht nur ohne ein zweites Bein, sondern auch auf einem Auge blind.
«Oh Herr», rief er, als Lers nähertrat. «Habt ein gutes Herz und erlaubt mir noch einen Tag länger zu leben!»
«Ich bin nicht gekommen, um dir Geld zu geben.»
«Sehr bedauerlich», sagte der Alte und verzog das Gesicht.
«Wildrose», erwiderte Lers nur.
Der Bettler hob eine Augenbraue. «Nanu? Wer seid Ihr denn, dass Ihr dem alten Dignitas so ein Wort nennt?»
«Ein Freund. Ich wurde geschickt.»
«Und wer mag ein Liebhaber dieser ausgestorbenen Blumenart zu dem hungernden Dignitas schicken?»
Da wurden sie wieder jäh unterbrochen. Zwei schwer bewaffnete Schmierige standen vor ihnen.
«Auseinander! Oder wir verhaften Euch wegen Missachtung des Gesetzes gegen politischen Extremismus!»
«Ich geh ja schon!», rief der Junge und rannte davon. «Leb wohl, Kalter Mann!»
Die Vertreter der Staatsmacht beäugten Lers kritisch. «Das Versammlungsverbot wird erst heute Nacht zur Triumphfeier aufgehoben, Bürger. Mach keinen Ärger!»
«Es tut uns leid», sagte der Schmuggler. «Es war keine Absicht.»
«Wenn du keine Strafverfolgung willst, kostet dich etwas», forderte einer der Polizisten und liess seine Hand auf der Waffe ruhen.
«Ich habe kein Geld. Sogar meine Kleidung war ein Geschenk», erklärte Lers und verbeugte sich. Mit Demut konnte er sie möglicherweise besänftigen.
«Die gütigen Herrn», rief der Alte, «gebt dem armen Dignitas doch Almosen. Der Hunger, der uns plagt, ist unerbittlich. Euer stattliches Gehalt erlaubt doch Wohltätigkeit! Wir flehen euch an!»
Die Polizisten wandten sich ohne Antwort ab und verschwanden wieder in den Menschenfluten des Platzes.
«Ahahaha», lachte der Alte. «Kein Verbrechen, kein Verbrechen begehen wir.»
«Könnt Ihr mir helfen?», fragte Lers, der langsam seine Geduld verlor.
«Die Freunde der Wildrose, der Bund der Tapferen und der Ehrenwerten, sie versammeln sich dort. Aber schaut jetzt nicht hin. Verlasst den Platz und betretet ihn wieder, und das dreimal. Die Feinde müssen Euch aus den Augen verlieren», flüsterte der Alte und deutete mit dem Auge auf die beiden Polizisten, die stehen geblieben waren und Lers beobachteten.
«Und dann geht zum Gebäude dort drüben, dort, wo das Monument hinschaut. Nehmt die rote Tür und klopft dreimal. Dann nennt ihr das Wort, dass Euch den Einlass gewährt: Wildsaat.»
«Ich danke Euch», antwortete Lers und tat so, als würde er dem Bettler Geld hinwerfen.
«Eine echte Münze wäre angemessener, jawohl, dass wäre es», kommentierte Dignitas.
«Ich habe keine. Lebt wohl.»

Lers hatte getan, was der Einbeinige von ihm verlangt hatte. Er hatte den Platz verlassen, war durch die Gassen gegangen und ihn von wo anders wieder betreten. Und das hatte er wiederholt. Bis er vor dem Gebäude stand, dass die Statue des Fortschrittsmonuments anstarrte. Und klopfte er dreimal an die rote Tür und sagte deutlich: «Wildsaat.»
Die Tür öffnete sich und Lers trat ein. Es dauerte einen Moment, bis er wieder sehen konnte. Er stand in einer Art Gaststätte, die aber komplett in Dunkeln lag. Nur kleine Lampen spendeten ein wenig Licht.
«Dort durch», sagte der grosse Türsteher. Er deutete hinter die Theke, wo, etwas versteckt, eine Treppe in die Tiefe führte. «Öffnet das letzte Fass.»
Lers ging langsam zu dem Tresen und verschwand den Stufen entlang in die Finsternis. Er befand sich jetzt in einem Lager, wobei er zielstrebig zu dem Fass schritt, dass zuhinterst an der Wand deponiert war. Etwas unsicher, was er hier tun sollte, zog er daran herum, bis es plötzlich aufklappte. Es war nicht nur leer, es war eine Tür in ein anderes Zimmer. Lers ging hinein und schloss den Durchgang hinter sich.
Er fand sich in einer zweiten Gaststätte wieder, die aber belebter war. Er hörte laute Musik und spürte den Bass. Menschen mit bunten Perücken tanzten zu Liedern, die verbotene Gedanken beinhalteten.
«Wer bist du?», blaffte ein bewaffneter Typ, der an dem Eingang stand.
«Spielt keine Rolle. Ich muss mit dem Anführer des Bundes sprechen.»
«So?», fragte der Typ und hob seine Augenbraue. «Glaube kaum, dass sie jemanden empfangen will. Nicht an diesem scheusslichen Tag.»
«Gerade an diesem scheusslichen Tag», widersprach Lers. «Bitte, ich bin weit gereist um mit euch zu sprechen.»
«Und was willst du?», fragte er wieder. So recht war er nicht überzeugt.
«Gerechtigkeit.»
Der Typ lachte und schüttelte den Kopf. «Nun gut, ich geh sie fragen. Warte hier.»
Er verschwand und Lers blickte sich um. Es war ähnlich dunkel wie in der anderen Gaststätte oben, aber die Lichtquellen waren andersartig. Sie leuchteten in verschiedenen Farben und wechselten sich rasch ab.
«Gut, hast Glück gehabt. Sie empfängt dich.»
Der Typ führte den Schmuggler in eine Ecke, wo eine Frau sass. Sie hielt ein Glas.
«Also wer bist du, Fremder?», fragte die Anführerin des Salus-Bundes und musterte ihn.
«Ich bin Lers und ich bin gekommen um Uzinarri zu töten. Noch heute!»
Die Anführerin der Rebellen lachte so fest, dass sie das soeben getrunkene fast wieder ausstossen musste.
«Du bist wahnsinnig!», rief sie aus.
Lers verlor allmählich die Geduld. Er legte den Kopf nach hinten, wurde körperlos und spürte, wie seine Lumpenkleider zu Boden fielen. Als blaues Licht erleuchtete er den Raum und es war nicht mehr möglich, dass jemand seine Ankunft nicht bemerken hatte.
«Helft mir, es zu tun. Oder ich ziehe es alleine durch.»
Die Anführerin zündete sich eine Zigarette an und hauchte Lers den Rauch entgegen. Ihre Bewegungen nahm er aufgrund der rasch wechselnden Belichtung verzögert wahr.
«Interessant, Fremder. Du hast nicht erwähnt, dass wir einen gemeinsamen Freund haben, dessen Rat sich schon oft als wertvoll erwiesen hat. Du hast mein Interesse geweckt. Erzähl.»
«Ich will in den Ewigen Palast gelangen und ihn dann töten. Noch heute, denn die Zeit drängt.»
«Wow, Fremder, du bist wahnsinnig! Heute ist die Triumphfeier für den Sieg über die Venus. Uzinarri wird so schwer bewacht sein, wie wohl je zuvor.»
«Möglich», sagte Lers, der sich wieder materialisierte. «Aber mit einem Köperlosen rechnen sie nicht. Wie gesagt: Ich ziehe es alleine durch, wenn ihr mich nicht unterstützen wollt. Aber dann beginne ich jetzt.»
«Du leuchtest blau, wenn du körperlos bist. So kommst du nicht in den Palast.»
«Irgendwie muss es gehen.»
«Und was erwartest du von uns?», fragte sie und zog weiterhin an der Zigarette. «Euer Wissen: Wie komme ich in den Palast? Und vielleicht zwei oder drei Männer, die mich begleiten. Und die meine Waffen tragen, damit ich im Notfall körperlos sein kann.»
«Und die Waffen brauchst du wohl auch gleich?»
Lers nickte. Die Anführerin lachte wieder. «Auf deine Dreistigkeit, Fremder.»
Sie hob das Glas. Weitere Rebellen des Bundes prosteten mit.
«Vergib mir», sagte sie danach. «Ich habe schlechte Manieren! Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Aequitas. Willst du auch Toulun? Geht auf’s Haus!»
Lers schüttelte den Kopf. «Heute nicht.»
Aequitas nickte ihm anerkennend zu.
«Also gut, Leute! Ihr habt den Mann gehört. Will sich jemand diesem Irren anschliessen und den Palast heut Nacht stürmen?»
In dem Raum herrschte Stille. Niemand meldete sich. «Wär schon eine verdammt geile Vorstellung, Uzinarri an der Siegesfeier zu kassieren», sagte schliesslich ein Mann hinter ihm und stand auf. «Ich bin Virtus, Fremder und ich mach mit.»
«Ich auch, verdammt noch mal!», rief ein weiterer. Und ein Dritter trat hervor.
Aequitas lachte wieder auf und hob erneut das Glas. «Auf die Irren, Leute! Auf den Fremden, Virtus, Honos und Mens! Auf die Irren, die tatsächlich heut Nacht ein Attentat auf den Tyrannen durchziehen!»
Alle hoben die Gläser. «Auf die Irren!»
Die drei Freiwilligen kamen näher und scharten sich um Lers und Aequitas.
«Hier hast du deine Männer, Fremder. Und ich werd’ dafür sorgen, dass du ausgerüstet wirst. Los, Kugo, du hast mich gehört. Hol ihnen die Sachen.»
«Wie kommen wir in den Palast?»
«Ist riskant, der Ewige Palast in ein verdammtes Monument. Und dementsprechend ist er auch nur mit grossem Aufwand ungesehen zu betreten. Sicher, die hohen Palastmauern sorgen grösstenteils selbst dafür, aber es gibt Wege.»
«Der alte Sendeturm?», fragte Mens.
«Zum Beispiel, ja. Ich denke, das wäre die beste Möglichkeit», erwiderte Aequitas.
«Der alte Sendeturm?»
«Ja», sagte die Anführerin des Widerstands. «Es gibt in der Ostflanke des Palasts einen alte Sendeturm, der die Propaganda des Palasts ausstrahlte. Er ist baufällig und wird nicht mehr verwendet. Soll wohl bald abgerissen werden. Aber es ist möglich hoch zu klettern. Dann könnt ihr auf die Mauer rüber gleiten.»
Aequitas zog wieder an die Zigarette und hauchte ihnen ihren Rauch entgegen. «Und wenn Ihr auf der Mauer seid, dann müsst ihr euch möglichst ungesehen zu den Dächern vorkämpfen. Uzinarri wird in der Nacht eine Rede auf der grossen Terrasse für die Massen auf dem Präsidentenplatz halten. Und dann wird es einen exklusiven Ball geben, direkt in der Halle, wo man den Zugang zur Terrasse erhält.»
«Und woher weisst du das?», fragte Lers.
«Du bist echt nicht von hier, oder? Die Rede und der Ball werden übertragen. Das Regime kennt keine Bescheidenheit, wenn es darum geht, sich selbst zu feiern.»
«Gut, dann warten wir diese Rede ab und steigen dann während dem Ball auf die Terrasse ab, so dass wir in den Ballsaal gelangen.»
«Schlechte Idee. Die Menge wird wohl auf dem Platz bleiben. Da ungesehen hoch zu kommen wird unmöglich sein.»
«Was sollen wir dann tun?»
«Der Ballsaal ist mehrere Stockwerke hoch, wie ein Bonzen-Foyer und es gibt eine gigantische Treppe zu den oberen Stockwerken. Und dort gibt es Balkone. Wartet, bis Uzinarri die Rede beendet hat und steigt dann in einen der Balkone ein. Dann könnt ihr euch leise zu dem Ballsaal runterarbeiten.»
«Dann machen wir es so. Aber eins noch», sagte Lers und blickte die Männer an. «Euch ist klar, dass das eine Mission ohne Wiederkehr ist?»
Die drei hoben ihre Gläser Toulon.

Arla schlich durch den dunklen Gang. Er war zwar beleuchtet, aber dennoch fühlte es sich ungewöhnlich finster an. Das Äffchen wies ihr den Weg. Sein Gesang kam ihr bekannt vor, auch wenn sie nicht sagen konnte, woher das Lied stammte.
An den Wänden waren kleine Lampen installiert, die in einem gewissen Radius Licht spendeten.
«Wohin gehen wir?», fragte Arla ihren Begleiter.
Das lächelte und sang weiter. Zielstrebig hüpfte es durch die Gänge und wählte, ohne zu zögern, die scheinbar richtige Abzweigung aus.
Und schliesslich kamen sie an, wo das Äffchen die beiden hinbringen wollte. Sie standen in dem Innenhof, den sie vorhin, aus ihrem Zimmer aus, gesehen hatte. Er war schwach erleuchtet, die Früchte der Bäume und das dumpfe Licht hinter dem atmosphärischen Nebel genügten dafür.
Das Äffchen rannte zielstrebig zu einer Gestalt vor den Bäumen.
«Guter Junge», sagte diese und streichelte das Äffchen liebevoll. «Das hast du gut gemacht.»
Arla wusste nicht so recht, wie sie die ganze Situation einschätzen wollte. Sie entschied sich aber dennoch dazu, auf den Typen vor den Bäumen zuzugehen.
«Wer seid Ihr?», fragte sie die Gestalt.
«Wer ich bin? Was für eine ausgezeichnete Frage, aber von Euch habe ich nichts anderes erwartet als die Situation sofort beurteilen zu wollen. Dafür gratuliere ich Euch.»
«Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.»
Der Typ lächelte und verneigte sich. «Ich bin Kyros, der Primas des Jupiters. Es ehrt mich Euch kennen zu lernen. Aber bitte gewährt auch mir eine Frage. Wer seid Ihr, Arla?»
«Ich bin Arla von der Venus, die Königin ebenjenes Planeten.»
«Dies entspricht, wie Ihr sicherlich wisst, nicht ganz der Wahrheit. Ihr habt keine Inthronisierung durchlaufen, Hoheit. Ihr seid eine Königin, die nie gekrönt wurde.»
«Das ist, in Anbetracht der Tatsachen, auch nicht nötig, Primas», erwiderte Arla kühl. Sie hatte viel Hoffnung auf Kyros gesetzt, aber jetzt wo sie das Oberhaupt des Jupiters vor sich, in seinen rituellen Kleidern sah, fand sie ihn unsympathisch.
«Versteht mich nicht falsch, Herrin Arla. Ich zweifle nicht an Eurer Legitimität. Bedauerlicherweise wird es Menschen geben, die Euch feindlich gesinnt sind, und es daher tun werden.»
«Dann sollen sie schwatzen!»
«Oder sie können auch schweigen. Es war während Jahrhunderten Tradition, dass der Primas des Jupiters die Oberhäupter des Mars oder der Venus krönte oder ernannte – im Namen der Vernunft. Ich biete es Euch an, Herrin der Venus. Ich nehme Euch den Schwur offiziell und berechtigt ab, der Euch zu der Königin der Venus macht. Hier und jetzt.»
Sie war etwas irritiert. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und doch gefiel ihr der Gedanke.
«I-Ich bitte darum», flüsterte sie.
«So sei es, Arla von der Venus!», rief Kyros und erhob seine Arme.
«Kniet nieder, Herrin, vor mir, dem Primas des Jupiters und diesen leuchteten Bäumen.»
Arla kam näher und tat schliesslich, was der er von ihr gefordert hatte.
«Seid Ihr bereit, den Schwur zu leisten, den die Könige der Venus leisten?»
«Das bin ich.»
«Wiederholt holt meine Worte. Ich, Arla von der Venus…»
«Ich, Arla von der Venus…»
«schwöre feierlich die Verfassung der Venus zu ehren und schützen …»
«schwöre feierlich die Verfassung der Venus zu ehren und schützen …»
«Ich schwöre, das Volk in seiner Gänze zu schützen und lieben, sein Wohlstand und seine Bildung mit dem Wohl der Armen zu messen und verbessern.»
«Ich schwöre, das Volk in seiner Gänze zu schützen und lieben, sein Wohlstand und seine Bildung mit dem Wohl der Armen zu messen und verbessern.»
«und das freie Wort mit meinem Leben zu verteidigen.»
«und das freie Wort mit meinem Leben zu verteidigen.»
Das Äffchen kreischte und klatschte in die Hände.
Kyros setzte Gekrönten ein Diadem auf den Kopf und sprach: «Erhebt Euch, Arla – Königin der Venus! Lang sollt Ihr leben und Eure Regentschaft von Weisheit gezeichnet sein!»
Sie stand auf und blickte voller Verwunderung auf den Primas, der soeben auf die Knie sank und sich verbeugte. «Niemand kann dieses Amt besser ausfüllen als Ihr, Herrin, und ich bin Euer bescheidener Diener.»
«Erhebt auch Ihr Euch, Kylos, mein Freund», erwiderte die gekrönte Herrin der Venus.
Der Primas stand ebenfalls auf und ehe er etwas sagen konnte, sprach die Königin weiter: «Denkt nicht, dass ich meinen Schwur auf die leichte Schulter nehmen werde. Ich nehme ihn ernst und ich werde ihn unter Einsatz meines Lebens erfüllen.»
Wieder verneigte sich Kyros. «Dessen bin ich mir nur allzu bewusst, Herrin. Euer Herz ist so rein wie das Leuchten Eurer Augen. Ihr kommt ganz nach Eurem Vater.»
«Ich danke Euch, Primas. Und wir haben noch so einiges zu besprechen», erwiderte die frisch gekrönte Königin.
Da erstrahlte eine der Türen zu dem Innenhof in einem weissen Licht.Der Raum dahinter war gänzlich mit Helligkeit erfüllt und löste bei Arla ein ungutes Gefühl aus.
«Was ist das?», fragte sie und deutete darauf.
«Dies ist, so fürchte ich, meine Herrin, ein Pfad den Ihr einschlagen müsst.»
«E-Es gefällt mir nicht», sagte die Königin und wandte sich ab. Einen Moment lang hatte sie den Primas aus den Augen gelassen und als sie wieder zu ihm sah, war er verschwunden. Selbst von dem Äffchen fehlte jede Spur.


Letzter Teil: Venus

«Warte hier», sagte Honos, einer von Lers‘ Begleitern, mit einem Grinsen. Sie standen, kurz vor Einbruch der Dämmerung, in dem alten Sendeturm, wo einstmals staatliche Propaganda verbreitet wurde. Er war von Büschen und Mauern umgeben, aber die Rebellen waren offensichtlich geübt darin, sich den Weg hinein zu suchen.
Es handelte sich um einen schnörkellosen Turm aus Stahlbalken, der aus der Zeit gefallen war. Und viele seiner Bestandteile waren verrostet.
«Wir klettern hoch und lassen dir ein Seil runter. Dann ziehen wir die hoch.»
Sie kletterten gezielt ein einer Stelle hoch und vermieden die Leiter, die dafür ursprünglich vorgesehen war. Die war alles andere als komplett oder sicher. Langsam, aber mit viel Kraft, hangelten sie sich von Halt zu Halt und warteten, wann immer sie konnten, auf einander.
«Bist du beeindruckt, Fremder?», rief Virtus. «Das ist der Sport des campolisanischen Untergrunds!»
Lers musste unweigerlich lächeln. Er erinnerte sich an seine Kindheit, in den Strassen von Campolis. Damals galt es als Mutprobe, ab Gebäuden hochzuklettern. Aber dass die Rebellen diese Kunst derartig gemeistert hatten, dass hatte er sich nicht vorgestellt.
Es dauerte eine Weile, dann warfen sie ihm ein Seil herunter. «Hier!»
Lers hielt sich fest und sie zogen ihn hoch. Sie waren noch nicht ganz oben, aber mehr als die Hälfte lag hinter ihnen.
«Siehst du dort?», fragte Mens und deutete in die Höhe. «Dort hat es eine Plattform.»
«Das ist unser Ziel», fügte Honos hinzu.
«Und von dort aus kommen wir auf die Mauer?»
«Ja», sagte Virtus. «Von dort aus kommt man hinüber – wenn man das richtige Equipment hat.»
Wieder hangelten sich die Männer an der Stahlkonstruktion hoch und Lers konnte seine Begeisterung kaum zügeln. Was für eine Kraft, was für eine Willenskraft war nur nötig sich so an die Spitze zu bringen, mit nicht als ihren Händen?
Oben auf der Plattform angekommen, hob einer Virtus eine Pistole. «Schaut, dass uns niemand sieht.» Als sie sich versichert hatten, dass die Luft rein war, schoss er mit der damit auf die gegenüberliegende Wand. Ein dünnes, silbernes Seil schnellte daraus hervor und verfestigte sich an der Kante der Mauer.
«So kommen wir rüber, Fremder.»
Sie kletterten vorsichtig hinüber, die Beine und Arme umschlangen dabei das Seil über der schrillen holographischen Werbung über der Strasse. Als sie schliesslich auf der Mauer standen, löste einer der Männer einen Automatismus aus, so dass sich das Seil wieder in die Waffe zurückzog.
«Und jetzt, Freunde, beginnt der schwere Teil.»
Damit hatte Honos recht. Ab jetzt war mit Gegenwehr zu rechnen.
Die Mauer führte zu Wehrtürmen – und schliesslich zu dem Palast selbst. Auf der der einen Seite der Mauer befand sich eines der zahlreichen Elendsviertel von Campolis und auf der anderen der prächtige Palastgarten mit all seinen Springbrunnen.
In geduckter Haltung rannten sie so rasch wie möglich zu dem Turm und damit geradewegs in die Arme von Soldaten.
«Alarm!», rief einer von ihnen, als er sie entdeckte.
Es waren zwei Wächter, die in dem Turm vor Bildschirmen sassen und zu ihren Waffen griffen. Einer drückte auf einem Computer herum. Zweifellos um Alarmsignal auszulösen.
Virtus warf einen Dolch, der sein Opfer sofort niederfallen liess. Auch der Schmuggler stürmte auf den Soldaten am Rechner zu. Sein Messer blieb im Fleisch stecken. Sein Ziel schrie vor Schmerzen und versuchte sich zu retten. Aber Honos schlug in ihn ein. Beide lagen am Boden.
«Das ist eine wertvolle Situation», sagte Mens und setzte sich an den Computer. «Wir haben Zugriff auf Ihr Sicherheitssystem.»
«Kennst du dich damit aus?», fragte Lers und beäugte den schwarzen Bildschirm, wo in verschiedenen Farben diverse Zahlen in der marsianischen Schreibweise dargestellt wurden.
«Aber natürlich! Nie habe ich etwas anderes gemacht!»
«Was kannst du machen?», erkundigte sich der Schmuggler, der immer nicht recht überzeugt war.
«Ich will verflucht sein, wenn ich das Sicherheitssystem nicht lahmlegen kann. Das wird uns helfen.»
«Und wie lange dauert das?», fragte Lers. Er hatte keine Zeit.
«Das kann ich nicht genau sagen, aber es wird sicher einen Moment dauern, Fremder.»
«Gut, dann bleib hier und sorg dafür, dass das Sicherheitssystem lahmgelegt wird. Aber wir müssen weiter gehen. Die Zeit rennt mir davon.»
«Werd’ mein Bestes geben, Fremder. Und ich bete für Euren Erfolg!»
«Ich auch für deinen», erwiderte Lers und nickte den beiden anderen zu. Sie verliessen den Wehrturm. Der Palast befand sich immer noch deutlich zu weit weg.
Wieder rückten sie in geduckter Haltung vor. Beim nächsten Turm hatte ebenfalls es postierte Soldaten, aber diese setzten sie, da bereits erwartet, ohne Probleme ausser Gefecht.
Schliesslich hatten sie den letzten der Türme erreicht, wobei Turm das falsche Wort war. Er besass eine architektonische Besonderheit; seine Spitze war mit dem Dach des Palastes fast verbunden.
«Unser Aufstieg?», fragte Lers, als der letzte feindliche Soldat röchelnd zu Boden fiel.
«Unser Aufstieg», bestätigte Honos. Sie stiegen die Treppen hinauf, vorbei an allerlei Ausrüstung und erreichten das oberste Zimmer. Wieder schossen sie mit der Seilpistole zu dem Dach eine Verbindung und kletterten so leise wie möglich daran.
Das Dach des Palastes war keineswegs eben – und unterbrochen von mehreren Türmen, die in schwindelerregende Höhen gebaut waren.
«Wir müssen jetzt sehr vorsichtig sein», flüsterte Virtus und deutete auf ein Dach von einem anderen Seitenflügel des Palastes. Darauf lag ein Scharfschütze in Lauerstellung. Den Präsidenten des Mars zu ermorden war kein Spaziergang.
Sie krabbelten zu der Kante, unter der in einiger Tiefe die Terrasse lag, auf der Uzinarri seine Rede hielt.
«Ja, Freunde», donnerte seine Stimme über das Gebälk, «ich kann nicht anders als Euch demütig zu gratulieren! Was für ein Freudentag! Was für ein Feiertag! Das feudale Regime der Venus hat endlich bedingungslos kapituliert. Glückwunsch zu diesem erhabenen, ja historischen Moment, meine Freunde!»
«Wir müssen schauen, wie viele Scharfschützen es gibt», flüsterte Lers den beiden zu. Sie zählten sie unabhängig voneinander. Übereinstimmend kamen sie auf fünf.
«Dann wollt Ihr sie ausschalten?», fragte Virtus.
«Ich bin nicht sicher. Aber wir müssen uns doch hier abseilen, oder? Wie sollen wir das dann tun, wenn Scharfschützen den Weg dazu bewachen?»
«Vielleicht», mutmasste Honos, «verschwinden sie ja, wenn Uzinarri seine Rede beendet hat.»
Das war ein guter Punkt. «Gut, lasst uns warten», sagte Lers. «Aber wenn es zu lange dauert, müssen wir etwas tun.»
«Die armen Menschen der Venus kommen endlich in den Genuss der Zivilisation. Und das, meine Freunde, wird erst der erste Schritt gewesen sein! Auch der feudale Jupiter wird befreit werden – und die kleinen Städte im All ebenfalls. Heute wurde der erste und bedeutendste Schritt zur Schaffung von unserem Imperium getätigt. Das, was man bis anhin als Nox-System bezeichnete, wird ab heute als Mars-System bekannt sein!»
Die Leute jubelten. Die Begeisterung auf dem Platz schien keine Grenze zu kennen.
«Mars! Mars! Mars!», riefen die Sprechchöre. Sie schwenkten Fahnen des Mars, es war, als stünde Uzinarri erhaben auf einer Brandung, an dem sich rot-schwarze Wellen brachen.
Auf der Terrasse befanden sich neben Uzinarri, selbstverständlich einen sündhaft teuren Anzug tragend, auch einige Mädchen, die den Nationalstolz tanzend zum Ausdruck brachten. Scheinwerfer leuchteten in raschem Tempo auf sie und wieder weg, aber der Präsident selbst, der stand immer im Licht.
«Dieser Entwicklungsschritt ist notwendig – die feudalen Systeme der anderen Welten müssen getilgt werden. Es ist ein entscheidender Schritt für die Menschheit. Es ist der Mars, der den Fortschritt bringt! Es ist der Mars, der das Erbe der Rationalität in den letzten Winkel unserer Welten bringen wird! Das vereinigte Geschlecht der Menschen wird ab jetzt denselben Wohlstand geniessen können!“
Der Präsident wurde unterbrochen, weil seine Fans so sehr jubelten. Lächelnd klatschte er mit ihnen mit.
«Wir sind», schrie er voller Überzeugung in sein Mikrofon, «die stärkte aller Zivilisationen! Und es ist unsere Pflicht die Menschen dieses Systems aus ihrer Knechtschaft zu befreien! Denn wir waren immer, und sind es heute mehr als zu vor, die menschliche Zivilisation!»
«Was für ein kranker Typ», flüsterte Honos. «Als ob nicht der Mars selbst es nötig hätte befreit zu werden.»
«Und heute Nacht feiern wir, meine Freunde, nicht mich, der ich nur das bescheidene Werkzeug des stolzen Volks des Mars bin, den Sieg über das feudale Regime der Venus! Und dies, meine Freunde, wäre ohne diesen Mann nicht nötig gewesen. Ihr wisst, wer jetzt kommt! Applaudiert für den Kriegshelden! Applaudiert für unseren Agenten Malin!»
«Malin!?», zischte Lers wütend und starrte hinunter.
Malin betrat die Terrasse und kam auf den Präsidenten zu. Er trug die rote Uniform des Mars, an der einige Orden hingen.
«Das war heute ununterbrochen in den Medien. Es war Malin, der die Kapitulation der Venus unterschrieb. Und sie sagen, es war ein loyaler Gefolgsmann Uzinarris. Ein Doppelagent in seinen Diensten», flüsterte Virtus.
«Malin, mein Freund! Held des Mars! Nie mögen deine Taten vergessen werden!», rief Uzinarri und die Menge tobte.
«Knie nieder», sagte der Präsident weiter und der Angesprochene tat, wie es ihm befohlen wurde. «Hiermit verleihe ich dir den Heldenorden, die höchste Auszeichnung unseres Planeten. Nur alle hundert Jahre darf sie, von Gesetzeswegen, vergeben werden. Aber wenn einer sie verdient hat, dann du, Malin, Held, der die Venus befreite und den Frieden für alle sicherte! Dein rascher Sieg hat Millionen unschuldiger Seelen vor dem Tod bewahrt.»
«Malin! Malin! Malin!», skandierte die Menge, die keinen Halt mehr kannte.
«Und nun», fuhr der Präsident fort, «ist die Stunde unseres Triumphs perfekt! Feierlich eröffne ich den Siegesball und das grösste Volksfest, dass Campolis jemals gesehen hat! Der Toulon, meine Freunde, geht diese Nacht komplett auf den Präsidentenpalast! Feiert! Feiert die ewige Bedeutung dieses historischen Tags, als die Venus zur Republik befreit und unter den wohlwollenden Schutz des Mars gestellt wurde! Feiert, dass es keinen Feind mehr gibt, der sich unserer Macht widersetzten kann! Feiert den Mars, die grossartigste Welt aller Zeiten! Feiert die Macht, die ich demütig in Eurem Namen in den Händen halte. Feiert die alternativlose Geburt des Mars-Imperiums, dass allen Menschen ungeachtet ihrer Herkunft eine Heimat bieten wird!»
Lers schlug mit seiner Faust gegen das Dach.

Arla stand vor dem Portal. Es war wie mit einer weissen, undurchsichtigen und wabernden Oberfläche durchzogen, aber sie hatte keinen Zweifel, dass es durchschritten werden konnte. Und obwohl das Licht dieser Pforte hell und freundlich wirkte, ängstigte es sie. Es war ein kalter Hauch, der von ihr ausging.
Wieder blickte sie sich um. Von dem Primas oder dem Äffchen fehlte jede Spur. Selbst die Bäume schienen nur noch schwach zu leuchten im Vergleich zu dem Portal.
«Dies ist der Pfad, den Ihr einschlagen müsst», hallte die Stimme Kyros‘ nach. Langsam führte sie eine Hand in das Licht. Es fühlte sich warm und angenehm an. Und sie fühlte sich, wenn auch auf eine abstossende Weise, angezogen. Schliesslich fasste sie all ihren Mut zusammen und trat hindurch.
Es dauerte eine Weile, bis sie realisierte, wo sie war. Sie war wieder auf der Venus. Sie stand in ihrem Gemach. Da war ihr Bett, ihre Kleider, all ihre Kostbarkeiten lagen da. Ganz so, als hätte sie nie aus dem Königspalast fliehen müssen. Sie schaute aus dem Fenster und sah die übliche Aussicht. Die Mauern des Palastes, an denen die Fahnen der Venus in dem sanften Meereswind wehten. Die Venus hatte – als einzige der drei Welten – ein relativ abstraktes Wappen. Es bestand aus zwölf Linien, die sich ineinander schlängelten. Sie waren gelb, grün und blau und symbolisierten die fruchtbare Erde, die ertragreichen Wälder und das saubere Wasser des Planeten.
Die malerische Stadt Venire lag hinter den Mauern und nachfolgend der Hafen und das Meer. Und das Meer der einfachen Häuser dazwischen, die aus den Gaben der Urwälder erbaut worden waren, war in Takt. Der Bombenhagel der Marsianer – er schien nie stattgefunden zu haben.
Arla wandte sich wieder von dem Fenster ab. Auf einem Tischchen hatte es, wie üblich, eine Schale mit Phessener Nüssen. Jene deliziöse, salzig-süsse Spezialität, die nur im Dschungel von Phessen wuchs und die nur mit der Röstung venirischer Art ihre Vollendung fand.
Etwas unsicher nahm sie eine der Nüsse und ass sie. Sie schmeckte himmlisch.
«Arla mein Liebes», hörte sie die Stimme ihrer Mutter.
«Arla, komm jetzt!», rief ihr Vater in gebieterischem Ton.
«All deine Geschwister sind schon da. Nur du fehlst noch», fügte ihre Mutter vorwurfsvoll hinzu. Unsicher blickte Arla auf die einzige Option, die sie hatte: Die Tür, die aus ihrem Gemach führte.
«Komm schon!», rief ihr grosser Bruder. «Komm doch zu uns!»

Lers und die anderen warteten, wobei dem Schmuggler allmählich die Geduld ausging. Jetzt, da die erbarmungslose Sonne nicht mehr schien, hatte sich die Temperatur abgesenkt. Die Scharfschützen auf den Dächern hatten sich verzogen und die Menschen feierten auf dem Platz lautstark weiter, als gäbe es kein Morgen.
Langsam seilten sie sich ab, auf einen der Balkone. Einen Moment hielten sie inne. Die Musik des Balls drang nach draussen. Man hatte sie vermutlich nicht entdeckt.
Umherschauend traten sie durch die grosse Tür und fanden sich in der Halle wieder. Sie waren mehrere Stockwerke oberhalb des Ballsaals. Lers schritt und lehnte sich über das Geländer. Er sah ein Panorama aus Marmor. Auf dem zweituntersten Geschoss gab es Tribünen. Dort sassen zahlreiche Musiker, welche euphorische Lieder produzierten. Im Saal selbst waren viele Tische aufgestellt worden, bei denen sich Leute niedergelassen hatten und ihr Festmahl genossen. In Zentrum der Räumlichkeit tanzten sie ausgelassen, aber auf sehr klassische und disziplinierte Weise.
Lers drückte sich an seine Schläfen. Die laute Musik schadete ihm. Sein Kopf pulsierte. Sie hatten zu viel Zeit verloren.
Sie schlichen sich die Stufen zum Ballsaal hinab. Die erste Treppe hatten sie ohne Probleme hinter sich gelassen.
«Halt», rief plötzlich eine Stimme hinter ihnen. «Was macht ihr hier?»
Die drei wandten sich um. Vor ihnen standen zwei Soldaten, die ihre Waffe in den Händen hielten.
«Nichts», sagte einer der Männer.
«Wir sind hier, um den Sieg des Präsidenten zu feiern.»
Der Soldat hob seine Waffe. «Die offizielle Sprachregelung lautet «Sieg des Volks» und nicht «Sieg des Präsidenten.»
Die zwei Krieger sahen sich an, nickten und dann schossen sie. Lers konnte sich gerade noch rechtzeitig dematerialisieren, aber seine Gefährten sanken zu Boden.
Die Angreifer wirkten irritiert. «Bitte kommen, bitte kommen», rief einer der Soldaten in sein Headset. «Wir haben hier einen seltsamen Vorfall von einem körperlosen Eindringling.»
Lers schoss, so rasch er konnte, auf einen der beiden zu und materialisierte sich kurz vor dem Aufprall, so dass sie mit voller Geschwindigkeit in die Wand schleuderten. Regungslos blieb er dort liegen.
Lers aber schwebte, als blaue Erscheinung, über seinem Opfer.
„Alarm!“, rief der übrig gebliebene Soldat in sein Headset. „Angriff im Ballsaal! Ich wied-“
Der Schmuggler hatte seine Attacke wiederholt und schwebte wieder einige Zentimeter über dem Boden. Einen Moment genoss der den materielosen Zustand, so ganz ohne körperliche Leiden. Dann aber hob er seinen Kopf, so dass er seinen Körper wieder erlangte und griff zu dem Headset.
«Tod dem Tyrannen», rief darin die vertraute Stimme Mens’. Das Sicherheitssystem des Palasts war offensichtlich gehackt.
Lers zog sich rasch wieder seine Kleider an und schaute auf Honos und Virtus. Er hoffte, dass sie noch lebten. Dann warf er einen Blick über das Geländer. Vor lauter Musik schien der Zwischenfall von der Gesellschaft nicht bemerkt worden zu sein. Er ging weiter, die Treppenstufen nach unten. So fühlte es sich also an, an einer Mission ohne Wiederkehr zu sein.

Arla hatte den Palast verlassen und die Stadt betreten. Die Altstadt, um den Palast gelegen, waren aus grossen Steinen, Lehm und Ziegel errichtet worden.
Aber das war nicht die Richtung, die Arla einschlagen musste. Ebenso wenig sollte sie den Weg in die eigentliche Stadt nehmen, den Hügel hinab zum Meer.
Ihr Weg führte sie im Gegenteil auf den Weg zu den Feldern und Wäldern hinter dem Palast..Es war ein idyllischer und sonniger Tag, aber doch ängstigte sie die Tatsache, dass sie sich ganz alleine auf den Strassen Venires befand.
Sie hörte nur die Stimmen, die sie in der Ferne riefen.
„Komm endlich, Schatz!“
Mit jedem Schritt, den Arla tat, wurden die Häuser um sie herum von einfacherer Bauart und ursprünglicher. Die Strasse wurde ebenfalls weniger prachtvoll. Dem Steinplaster waren längst Kies gewichen. Auch zeigten sich immer öfter die alten und grossen Bäume. Sie spendeten ihr etwas Schatten.

Die Musik hörte auf, als Lers den Saal betrat. Allen war klar, dass er nicht hier hingehörte und dass er gefährlich war.
«Wenn haben wir denn da?», spottete Malin, der getanzt hatte. Er liess seine Tanzpartnerin los, die sich sogleich zurückzog. «Höchst interessant, dass du noch lebst.»
Lers zog seine Waffe und richtete sie auf den ehemaligen Anführer der Rebellen. Sein Gehirn pulsierte, als ob es sich im letzten Abwehrkampf gegen die Krankheit befand. Mittlerweile schmerzte ihn jede Bewegung.
«Was ist hier los?», fragte Uzinarri erbost, der nicht mit einer Störung gerechnet hatte. Er stand von einem pompösen Stuhl am Ende des Saals auf und blickte voller Strenge auf die Anwesenden hinab. Sein Blick blieb an Lers haften.

«Dies, mein Präsident, ist der Raumfahrer, der die Prinzessin zum Jupiter brachte», erklärte Malin und zog ebenfalls seine Waffe. «Ein jämmerlicher Schmuggler.»
Den Menschen dämmerte langsam, dass es zu einem Kampf kommen würde. Sie standen auf und versuchten, den Saal zu verlassen, was sich aber gerade als schwierig erwies, da zahlreiche Soldaten hineinströmten und ihre Waffe auf den Eindringling richteten.
«S-Sie ist die Königin der Venus!», rief Lers.
«Der Schmuggler ist nicht nur ein Verräter an der marsianischen Sache», erwiderte Malin kühl, «er ist offensichtlich auch kulturfremd geworden. Seine Denkweise ist zur Gänze barbarischer Natur.»
«Sollte er nicht längst tot sein? Und wie kommt er so rasch nach Campolis?», fragte Uzinarri ungläubig.
«Wir leben noch, auch Arla. Und wir bringen das zu einem Ende», sagte Lers, der mit seiner Waffe noch immer auf Malin zielte.
Malin lachte auf. «Dann werden wir das so rasch wie möglich korrigieren müssen.»
Er wandte sich zu einem der Soldaten. «Schickt sofort Truppen zum Jupiter. Tötet die Prinzessin, koste es, was es will.»
Der Soldat nickte und rannte davon.
«Und was das Ende betrifft: Es ist schon da, mein lieber Freund», lachte Uzinarri auf. «Der Mars hat gesiegt. Die Republik Venus ist in unsere Gesellschaft integriert.»
Lers musste sich den Schweiss von der Stirn wischen. Er hatte langsam Mühe zu stehen.
«Ihr werdet für alles bezahlen, für die Leiden der Völker der Venus und des Mars und für Euer feiges Brechen des Schwurs!»
Malin lächelte wieder. «Aber jetzt hast du uns genug Zeit geraubt, Schmuggler. Erschiesst ihn.»
Ein Kugelhagel donnerte auf Lers nieder. Mit einem dumpfen Geräusch fiel seine Waffe zu Boden. Er aber schwebte körperlos und blauleuchtend in den Kugeln.
«Was?», rief Malin verwirrt und feuerte ebenfalls auf Lers. Seine Schüsse schossen durch ihn hindurch, als wäre der Rebell ein Hologramm.
«Unmöglich!», schrie Uzinarri wütend. «Was ist das? Und warum haben wir diese Technologie nicht! Tötet ihn und nehmt sie ihm ab! Ich will diese Technologie! Damit wird der Mars für alle Zeiten zur Herrscherwelt!»
Noch immer feuerten sie auf ihn. Der Schmuggler lächelte; er war sicher und er hatte schon eine Idee.
Er schoss, so rasch er konnte, zu Malin und kurz bevor er durch ihn hindurch gerast wäre, nahm er wieder seine körperliche Form an. Der Verräter wurde davon geschleudert und blieb bewusstlos liegen. Lers aber hatte sich erneut dematerialisiert und schwebte nun auf Uzinarri zu.
«Tötet ihn! Tötet ihn!»
Der Präsident war ausser sich und schrie wild herum. Die Soldaten waren einen kurzen Moment perplex und entsetzt, aber fingen sich wieder.
Nun zückten sie härtere Kaliber und lösten eine wahre Feuerlawine aus. Als sich der Rauch verzog, hatte es nicht nur Brandspuren am Boden, sondern auch Löcher im Marmor. Eine Wand des Saals begann sogar teilweise einzustürzen.

«Komm doch zu uns, mein Liebes. Wir vermissen dich und wir warten schon so lange auf dich.»
Arla hatte die Stadt verlassen, der Stimme ihrer Mutter folgend.
Sie war auf den Feldern der Krone, wo das Getreide wuchs. Er spross aus der fruchtbaren gelb-braunen Erde der Venus. Gemächlich tänzelte sie sich durch die Pflanzen und spürte mit jedem Schritt, wie es ihre Arme umschmeichelte.
Da begann ihre Mutter plötzlich zu summen. Es war das Lied, dass das Äffchen gesungen hatte. Erst jetzt, wo es ihre Mutter summte, erkannte sie es wieder. Es war ihr Wiegenlied.
Langsam tänzelte sie durch den Weizen und sang mit. Und mit jedem Schritt verlor sie an Gewicht, bis sie schliesslich in der Luft zu dem Schlummerlied tanzte und in den Wolken verschwand.

«Tötet ihn!», rief der Präsident in schrillen Tönen und wieder lösten die Soldaten ein Inferno aus. Lers liess sich nicht beirren und folgte dem Tyrannen, der aus dem Saal floh. Er rannte zu der grossen Terrasse, wo er kurz zuvor seine Ansprache gehalten hatte.
Lers verliess das Feuer und nahm seine körperliche Gestalt an. Zielstrebig schritt er dem Tyrannen entgegen. Um ihn herum lagen lauter Leichen. Sie hatten so rücksichtslos gefeuert, dass sie sich grösstenteils selber umgebracht hatten.
Nun standen sie da, auf der Terrasse, die noch immer von einem Fahnen- und Jubelmeer umgeben war.
«Das kann nicht sein!», schrie Uzinarri, der eine Waffe gezückt hatte und langsam rückwärts ging, um den Eindringling im Auge zu behalten.
Lers trat näher, jedoch kostete ihn jeden seiner Schritte viel Kraft. Er wusste nicht, ob es die Krankheit oder die Medikamente waren, aber er sah die Welt doppelt. Hinter ihm knallte es und das Feuer der bahnte sich seinen Weg auf die Terrasse und zum Dach des Palastes.
«Es endet hier», sagte Lers und richtete seinen Blick auf den alten Mann vor ihm.
«Du kannst mich töten», lachte Uzinarri.
«Aber das Imperium, dass ich geschaffen habe, wird bleiben. Und es wird von mir, einer Hydra regiert. Schlägst du ihr den Kopf ab, so werden zwei neue nachwachsen. Niemals wird er dir gelingen, den Mars zu besiegen, denn wir sind ewig.»
Der Atem stockte. Lers fasste sich an den Kopf. Ihm war kurz schwarz vor Augen geworden. Er musste es jetzt beenden und sich nicht von dem Geschwätz dieses alten Mannes ablenken lassen.
«Fick dich», rief Lers und verlor seine körperliche Gestalt.
Er sah seinen Gegner wieder mehrfach – und es wurde ihm schwarz vor Augen. Da erschien ihm Arla, von gleissendem Licht umgeben.
«Lers, komm doch, komm zu mir», rief sie und streckte ihm ihre Hand entgegen. Und hinter ihr erkannte er seine Mutter und seinen Vater, die ihn ebenfalls riefen.
Mit letzter Kraft schoss er auf sie zu und wurde von Uzzinarris Schuss getroffen.


Epilog: Sidus

Kyros sass wie jeden Abend im Hof der Erinnerungen. Hier beerdigt zu werden, galt als grosse Ehre. Hier durften nur die grössten Persönlichkeiten des Jupiters ihre letzte Ruhe finden, sowie alle, die in dem Palast lebten. Seit Wochen besuchte der Primas bei Sonnenuntergang das neuste Grab.

Es war das Grab von Arla, der letzten Herrscherin der Venus und von ihrem Raumfahrer, dem Schmuggler Lers.
Manchmal brauchte es nur wenige Menschen um den Verlauf der Geschichte für immer zu ändern. Es war Uzinarris Wahn gewesen, welche die Venus in eine tiefe Krise gestürzt hatte. Und es waren Arla und Lers gewesen, die alleine die Wende in diesem Konflikt herbeigeführt hatten.
Die Kunde hatte sich von Campolis im ganzen Nox-System verbreitet. Ein mysteriöser Diener der Königin, den die Marsianer Kalter Mann nannten, war während des Siegesballs erschienen und er hatte Malin und Uzinarri getötet. Das blaue Gespenst hatte den Tyrannen in die jubelnde Menge gestürzt.
Der Ewige Palast war bis auf das Fundament niedergebrannt und die Herrscherklasse, die den Brand nur teilweise überlebte und mit dem Schecken davonkam, hatte sich in der Folge darauf zerstritten. Die einen forderten Frieden mit der Venus und die Anderen verlangten Vergeltung.
Auf dem Mars galt seit Uzinarris Herrschaft das Recht des Stärkeren, aber mit seinem Ableben gab es niemanden mehr, der diese ohne Zweifel vorweisen konnte. Und so kam es, es wie es hatte kommen müssen. Der Anspruch auf die Macht war von verschiedenen Stellen erhoben worden und keiner dieser Herrn konnte sich diplomatisch durchsetzen. Die Köpfe der Hydra bissen sich gegenseitig, weil jede die totale Kontrolle über den Körper des Monstrums für sich beanspruchte.
Und so versank der Mars seit Wochen in einem blutigen Bürgerkrieg, an dessen Ende wohl die politische Einigkeit des Planeten zersplittern würde. Der Primas selbst bemühte sich inständig, dem sinnlosen Blutvergiessen ein Ende zu vermitteln, aber die Kriegsparteien hörten nicht auf ihn.
Deutlich besser war es der Venus ergangen. Nachdem mit Arla die letzte Vertreterin des Herrschergeschlechts kinderlos verstorben war, kam aus auch dort kurzzeitig zu einer politischen Krise, weil verschiedene Menschen ihren Anspruch auf den Thorn erhoben.
Nach der marsianischen Besatzung und angesichts der massiven Zerstörung von Venire war es nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen. Die Institutionen der Venus waren, im Gegensatz zu ihren korrupten Pendants auf dem Mars, handlungsfähig und der Gesellschaft verpflichtet.
Und die Menschen der Venus hatten auch auf den Primas gehört, so dass er friedlich eine neue Staatsform vermitteln konnte. Ähnlich wie auf dem Jupiter oder Minva regierte jetzt ein Rat von Gleichberechtigten, der alle einflussreichen Familien des hohen Adels umfasste. Und so hatte sich die Venus mit dem Tod seiner letzten Königin zu einer aristokratischen Republik gewandelt.

Es war längst Nacht und das kleine Äffchen sang in den Bäumen sein trauriges Lied. Kyros schaute erneut auf das Grab der beiden. Wie sehr wünschte er sich, dass alles anders gekommen wäre. Aber manchmal kommt es einfach, wie es kommen musste. Entscheidend ist dann, was daraus gemacht wird.
Dann lenkte er seine Aufmerksamkeit zu den zwei schwach schimmernden Monden. Zwar konnte man die Sterne von der Oberfläche des Jupiters nicht sehen, aber er stellte sie sich vor. Und dazwischen flogen Arla und Lers in den Weiten des Alls. Ungesehen und unerkannt waren sie frei und glücklich.

 
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Hallo @Lazar ,

seltener Gast, willkommen zurück. :gelb:

Ich wäre mal neugierig zu erfahren, wie viel Prozent dieser Geschichte eine Neuarbeitung ist. An sich ist es eine gute Idee, alte Geschichten, die einen nicht loslassen, noch mal neu aufzurollen, vielleicht Teile zu kannibalisieren und andere neu zu schreiben.

Ehrlich gesagt bin ich nicht besonders weit gekommen, dabei liegt mir Science Fantasy (den Fantasy-Part hierbei hab ich allerdings beim Lesen nicht erreicht) wesentlich mehr als reine Fantasy. Probleme hab ich einmal mit dem Formalen (das wäre flott zu ändern) und dann mit der Art des Erzählens. Ich geh das mal durch und zeig an Beispielen, was ich meine:

Arla sass in einem improvisierten Konferenzraum. Es war eher ein ehemaliges Lager, aber immerhin bot es allen genügenden Platz.
Sie blickte in all die Gesichter vor ihr, wo sie nur entsetzte Überforderung erkannte.
Wenn ein und dieselbe Figur etwas tut und dann weiter was tut oder dann was sagt u.u., kommt kein Zeilenumbruch. Der bereitet den Leser darauf vor: gleich geht es um jemand anderes. Dann liest man mit der Erwartung, aber dann geht es doch weiter um Arla. Sowas nervt mich total, weil es das Lesen erschwert, man muss dauernd im Kopf zurückspringen und nachjustieren und dann kann ich nicht in eine Geschichte einsteigen.
Vielleicht auch mal überlegen, ob "entsetzte Überforderung" eine adäquate Beschreibung ist, oder es nur das erstbeste, das dir unter die Tasten kam? Semantisch jedenfalls fragwürdig.
Immerhin: Der Rest gibt mir den Eindruck, du schriebst einen neutralen, übergeordneten auktorialen Erzähler - dass der sich hier mit einer Bewertung einmischt, fällt aus der Perspektive.

«Die Marsianer werden dafür bezahlen», sprach Malin und schlug mit der Faust auf den Tisch.
«Aber wir müssen jetzt Ruhe bewahren», fügte er hastig hinzu.
Ebenfalls Zeilenumbruch weg: Malin spricht, dann tur er was, dann spricht er weiter.
Die Namen gefallen mir übrigens sehr gut, die sind ja beide finnisch (hier ist Malin nur weiblich, aber es passt ja super bei dir). <3 Sie klingen angenehm fremd und nicht zu überzogen auf SF/Fantasy gebürstet, wo alles mindestens drei Apostrophe und mehrere Konsonantenkombis haben muss. :D
Für mich passt ein Faustschlag auf den Tisch nicht mit hastig zusammen. Weil der Schlag eine Aggression ist (nicht negativ gemeint, der Impuls) und 'hastig' ein ängstliches, nervöses Gehetztsein vermittelt. Ja, man wird vielleicht aggressiv aus Angst, aber ich muss hier wieder meinen Eindruck nachjustieren und weiß am Ende dieses Satzes nicht, wie ich mir seine Verfassung nun vorstellen soll.

Sein Faustschlag hatte in Arla Unruhe ausgelöst. Sie hatte sich nicht von den Strapazen der letzten Tage erholt. Sie sah die Bilder noch immer vor ihr: Raketen, die einschlugen, der brennende Palast, Bomben, die auf die Stadt niederfielen und all die schreienden Menschenmassen, welche die Sicherheit suchten, die es nicht mehr gab.
Ui, also ... das ist aber ziemlich runtergerattert. Dass ein Schlag auf den Tisch Unruhe auslöst - no shit, Sherlock. Das eher nicht dem Leser vorgeben, das sollte der sich selbst denken. Dann sagt man 'Strapazen' bei einer anstrengenden Reise oder Bergwanderung etc. Gerade aus dem Krieg entkommen zu sein, ist dann doch ein bisschen mehr.
Zudem: Einen Krieg in drei völlig lapidaren Sätzen, die nur das ganz Offensichtlichste anreißen, abzuhandeln, ist sträflich. Hier kann ich den Erzähler - und damit die Situation und die Figur - nicht ernst nehmen. Das ist jetzt grad ganz besonders ungünstig, weil wir einen Krieg direkt vor der Haustür haben, täglich Augenzeugenberichte lesen (können) und ggfs. auch Freunde in der Ukraine haben. Da rate ich ganz dringend, hier ausführlicher, individueller, nachvollziehbarer und glaubhafter nachzujustieren. Mit sowas - das sieht nämlich lieblos und faul aus - stehen und fallen ganze Geschichten.
Wenn du meinst, dem Thema 'Krieg' doch nicht gerecht werden zu können, rate ich, bei dem Konflikt ein paar Stufen runterzuschalten und etwas zu wählen, das du dir zu erzählen zutraust. Es gibt kleinere, individuelle Konflikte / Traumata, die für den einzelnen auch tragisch sind und Leser engagieren, man muss nicht gleich ganze Galaxien und Armeen bemühen, wenn man sich solche Auswirkungen nicht ausreichend genug vorstellen kann. Die andere Option wäre Recherche. Ich weiß, Kriegstraumatisierte und Folteropfer sprechen oft ganz lapidar, knapp, sachlich, scheinbar emotionslos von dem Erlebten - das kann 1:1 in Fiktion verwendet ebenso unglaubwürdig klingen. Literarisches Trauma kann da durchaus anders klingen als reales, weil man als Leser vielleicht volle Kanne Drama erwartet. Aber da mal ein kritisches Auge draufhalten und ggfs. den Text nochmal umstrukturieren.

Malin war ein Kommandant der königlichen Armee von der Venus. Arla hatte ihn zwar am Hof gesehen, aber ihn nie weiter beachtet. Und nun war er von all den Überlebenden aus der gefallenen Hauptstadt, Venire, der Ranghöchste. Abgesehen von ihr.
Infodump. Gerade hier könnte das in eine Szene (innere oder äußere Handlung) gebettet werden: Eine Befürchtung, eine Hoffnung, ein kleines Hierarchiegerangel? Was ich jetzt immer noch nicht weiß: Sind die beiden gleichrangig oder ist sie höhergestellt als er? Ist das ein (potenzielles) Problem? Wenn ja, warum? Wenn nein: Was tut es dann hier im Intro zur Sache?
Der Satz lässt sich auch entknoten: Unter denen, die aus der zerstörten Hauptstadt [der Hauptstadt der Venus, oder was?] entkamen, waren Malin und Arla die ranghöchsten Offiziere. Auch nicht schön, aber irgendwie so.
Und gesehen, aber nicht beobachtet - was soll mir das sagen?

«Hier ist das Nox-System», erklärte Malin den gespannten Zuhörern und liess eine Hologrammkarte erscheinen. Es zeigte ihr Sonnensystem.
«Der Mars liegt zurzeit hier», fuhr er fort und ein Punkt auf der Karte leuchtete rot auf.
«Und hier ist Venus.»
ließ
Es zeigte ihr [das / ein ...] Sonnensystem.
Hinter 'rot auf': Kein Zeilenumbruch. s.o.
Ein Planet, etwas vom Mars entfernt, färbte sich gelb.
Das ginge eleganter, weil sich ja nicht der Planet an sich verfärbt - allerdings ist super, dass du dich um Variation beim leuchtenden Punkt bemühst. (Ich sitz grad selbst an was, wo ich das musste, fiel mir gleich auf. :)) Vielleicht brauchst du das nicht jedes Mal zu schreiben? Das ist ja ein extrem gängiges Bild in SF-Filmen.

Ich hab dann relativ schnell begonnen, den Text zu überfliegen und hab ihn dann abgebrochen. Das liegt daran, dass mich stark dialoglastige Texte langweilen (ich lebe in Finnland und fühle mich schnell zugeschwallt), und dann fehlt mir Sensorik, bisschen Setting.
Du hast so viele Dialoge (was an sich kein Fehler ist, manche lesen das ja gern), dass zwischendurch nur noch Infodump und Regieanweisungen stehen, so wie:
"Off with her head!", ruft die Rote Königin und geht nach links ab.
Hast du mal überlegt, das hier als Hörspiel umzuarbeiten? Wir haben ja eine Rubrik Für die Bühne oder vielleicht sogar für Vertontes.
Dann muss man bei SF oder Fantasy nicht unbedingt Worldbuilding tolkienschen Ausmaßes betreiben, aber ich erwarte in beiden Genre schon etwas Fremdes, Erstaunliches, Ungewohntes, Weirdes. Dazu gehören z.B. seltsame Strukturen, Gerüche, andere Gebräuche, Speisen ... keine Ahnung. Ich weiß, das ist irre schwierig und will nicht behaupten, dass ich das so super kann, aber zumindest ist meine Erwartung bei diesen Genres eben, dass ich andere Konflikte, Beziehungen, Settings etc. lese, als die, die im Hier und Jetzt auf der Erde spielen könnten.

An sich gefällt mir gut, dass du einen unaufgeregten, nicht künstlich überdramatischen Tonfall gewählt hast; dass du an einer guten Stelle in der Handlung mit der Erzählung beginnst (früh genug, nicht zu spät) und mit einem Konflikt einsteigst. Dass es mit den Nachwirkungen eines Krieges beginnt, anstatt mit Chaos und Action.
Beim Runterscrollen sah ich auch, dass viele Dialoge schön lebendig sind, die Geschichte hat zwischendrin durchaus Flow - das ist alles gutes Potential.

P.S.
Kapitelüberschriften können bei Novelettes durchaus sinnvoll sein (auch, wenn ich sehr gut ohne leben kann), aber vielleicht die Nummerierungen raus und nur Zwischentitel? Interssante, aussagekräftige, teasernde? Ich meine, klar, nach drei kommt vier ... Ehrlich gesagt entgeht mir vollkommen der Sinn davon, Abschnitte für den Leser durchzunummerieren.

Vielleicht kannst du ja mit meinen Anmerkungen was anfangen. Ich kann dir auch nur dringend ans Herz legen, dich mehr mit Komms im Forum zu beteiligen, grad, wenn du einen langen Text einstellst - Geben & Nehmen und so, dann bekommst du selbst mehr Rückmeldungen und vor allem: du musst nicht alle Fehler selbst machen.

Ich wünsche noch viel Spaß hier, herzlichst,
Katla

 
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Hallo @Katla

Vielen Dank für deinen ausführlichen und direkten Kommentar und dass du dir die Zeit genommen dafür genommen hast.

Ich wäre mal neugierig zu erfahren, wie viel Prozent dieser Geschichte eine Neuarbeitung ist. An sich ist es eine gute Idee, alte Geschichten, die einen nicht loslassen, noch mal neu aufzurollen, vielleicht Teile zu kannibalisieren und andere neu zu schreiben.
Die Teile, die du gelesen hast, sind inhaltlich eigentlich alle noch relativ nahe am Original. Ich denke sogar, es gibt nur zwei Szenen, die ziemlich gleich wie das Original sind. Die erste ist kurz später, wenn Arla unfreiwillig ins Raumschiff muss (wo das Original auch begann) und dann direkt danach, wenn sie und Lers im Raumschiff miteinander sprechen.
Der Rest folgt einfach der Grundstruktur der Geschichte und ist teilweise wirklich stark verändert.

Im Original gab es etwa eine Entführungsszene, die ich komplett uminterpretiert habe. Lers und Arla halten jetzt stattdessen beim künstlichen Planeten Minva um Vorräte aufzufüllen, wo aber das Ergebnis der Entführung aber durch eine Undercoveraktion des Feindes trotzdem eintrifft. Ausserdem gibt es noch ein Virus, dass als biologische Waffe eingesetzt wird. Im Original, dass auch immer wieder Labore als Setting hat, ist es künstlich geschaffen, während es im Remake natürlich ist und aus einer sehr heissen Welt stammt, wo sich das Leben konträr zu unserem entwickelt hat und sich abkühlen statt aufwärmen muss. Auch allgemein ist der Umgang des Virus natürlich durch den Einfluss von Corona auf unsere Gesellschaft anders.

Ausserdem gibt es auch noch technologische Änderungen, im Original gab es etwa auch Laserschwerter und CD-Roms mit wichtigen Informationen - beides ist im Remake ersatzlos gestrichen.

Ich finde, es war wirklich sehr intressant die Geschichte zu adaptieren, weil ich auch immer wieder festgestellt habe, dass ich damals anders gedacht habe und sich das auch in den Dialogen und der Handlung selbst ausdrückt. Zum Beispiel waren die Charaktere im Original sehr deutlich wortkarger. ;)
Allerdings bleibt halt hier auch etwas ein Spagat, denn ich denke schon, dass die Grundstruktur des Originals vielleicht nicht allen Konflikten der Geschichte dramaturgisch gerecht wird, wie wenn ich das heute komplett neu ausdenken würde.

habe ich die Geschichte damals auch online gestellt und damals wurde kritisiert, dass das Happy End nicht zum Rest der Geschichte passt. Das habe ich auch angepasst.

Ehrlich gesagt bin ich nicht besonders weit gekommen, dabei liegt mir Science Fantasy (den Fantasy-Part hierbei hab ich allerdings beim Lesen nicht erreicht) wesentlich mehr als reine Fantasy.
Ja, über die Tags lässt es sich streiten, weil eigentlich orientiert sich die Geschichte schon an einer Science Fiction Geschichte aus den 1920er Jahren und damals hat man noch nicht so sehr zwischen Fantasy / Science Fiction unterschieden. Ich habe den "Fantasy"-Tag aber trotzdem genommen, weil ich schon finde, dass es Fantasy-Aspekte hat und es eigentlich keine technische Science Fiction ist.

Wenn ein und dieselbe Figur etwas tut und dann weiter was tut oder dann was sagt u.u., kommt kein Zeilenumbruch. Der bereitet den Leser darauf vor: gleich geht es um jemand anderes. Dann liest man mit der Erwartung, aber dann geht es doch weiter um Arla. Sowas nervt mich total, weil es das Lesen erschwert, man muss dauernd im Kopf zurückspringen und nachjustieren und dann kann ich nicht in eine Geschichte einsteigen.
Vielleicht auch mal überlegen, ob "entsetzte Überforderung" eine adäquate Beschreibung ist, oder es nur das erstbeste, das dir unter die Tasten kam? Semantisch jedenfalls fragwürdig.
Immerhin: Der Rest gibt mir den Eindruck, du schriebst einen neutralen, übergeordneten auktorialen Erzähler - dass der sich hier mit einer Bewertung einmischt, fällt aus der Perspektive.
Ehrlich gesagt, habe ich das mit dem Zeilenumbruch schon extra gemacht, weil ich es mag, was das sozusagen wie auf einer "lyrischen" Ebene mit dem Text macht. Aber wie das bei dir ankommt ist für mich natürlich interessant und wertvoll, vielen Dank für deine genaue Beschreibung. Ich überlege es mir hier noch, wie ich weiterfahren will. Wenn das nur für Irritation sorgt, dann nützt es ja auch nichts...
Nein, die entsetzte Überforderung ist nicht das erstbeste, dass mir in den Sinn kam, aber ich überlege mir hier etwas.
Das "Immerhin" werde ich entfernen, da hast du natürlich recht.

Die Namen gefallen mir übrigens sehr gut, die sind ja beide finnisch (hier ist Malin nur weiblich, aber es passt ja super bei dir). <3 Sie klingen angenehm fremd und nicht zu überzogen auf SF/Fantasy gebürstet, wo alles mindestens drei Apostrophe und mehrere Konsonantenkombis haben muss. :D
Das wusste ich ehrlich gesagt gar nicht. Die Namen waren irgendwie immer schon (in meinem Kopf?) vorhanden, aber es gefällt mir, dass sie beide finnisch sind. Vielleicht suche ich für Arla auch noch einen finnischen Namen, dann haben wir ein finnisches Trio :)

Zudem: Einen Krieg in drei völlig lapidaren Sätzen, die nur das ganz Offensichtlichste anreißen, abzuhandeln, ist sträflich. Hier kann ich den Erzähler - und damit die Situation und die Figur - nicht ernst nehmen.
Es geht natürlich in der ganzen Geschichte um den Krieg, allerdings nicht direkt und abseits der Kampfhandlungen. Aber ja, du hast Recht, dass ist etwas gar kompakt abgehandelt und vielen Dank auch für deine Recherchetipp. Ich überlege es mir noch, wie ich das machen möchte, es gefällt mir so auch nicht so ganz, wie es ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie sehr ich dieses Thema wirklich in die Geschichte einbringen will, denn es verändert natürlich auch die ganze Geschichte und wie du ja geschrieben hast, ist es gar nicht so einfach überzeugend einem solchen Thema gerecht zu werden.
Ich habe, gerade auch beim Anfang, die Geschichte schon etwas kompakt schreiben wollen, damit sie nicht noch länger wird und dass die Handlung früher in die Gänge kommt. Nach meiner Einschätzung wird es auch erst spannender, wenn das Intro durch ist. Und übrigens hat sie kurz später schon noch Albträume von der Flucht und noch später gibt es auch immer wieder Bezüge zu der Flucht und dem Angriff - nur bei drei Sätzen bleibt es schon nicht.

Infodump. Gerade hier könnte das in eine Szene (innere oder äußere Handlung) gebettet werden: Eine Befürchtung, eine Hoffnung, ein kleines Hierarchiegerangel? Was ich jetzt immer noch nicht weiß: Sind die beiden gleichrangig oder ist sie höhergestellt als er? Ist das ein (potenzielles) Problem? Wenn ja, warum? Wenn nein: Was tut es dann hier im Intro zur Sache?
Der Satz lässt sich auch entknoten: Unter denen, die aus der zerstörten Hauptstadt [der Hauptstadt der Venus, oder was?] entkamen, waren Malin und Arla die ranghöchsten Offiziere. Auch nicht schön, aber irgendwie so.
Und gesehen, aber nicht beobachtet - was soll mir das sagen?
Das Gerangel kommt schon noch :) Aber es ist eine gute Idee, diese Infos szenischer zu vermitteln. Das ist halt die Frage, wer jetzt das Sagen hat: Der selbsternannte Führer des Militärs oder die Prinzessin, die letzte Überlebende des Königshauses, und wer sich bei Meinungsverschiedenheiten durchsetzt. Aber das ist einer der Konflikte, den ich zu Beginn dieses Posts angesprochen habe - der sich aufgrund der Grundstruktur des Originals gar nicht zur vollen Gänze entfalten kann. Und das bezieht sich gar nicht unbedingt auf die von dir zitierte Stelle, sondern auf das, was nachher kommt.
Es steht "beachtet" und nicht "beobachtet". :)

ließ
Es zeigte ihr [das / ein ...] Sonnensystem.
Hinter 'rot auf': Kein Zeilenumbruch. s.o.
Stimmt, danke.

Das ginge eleganter, weil sich ja nicht der Planet an sich verfärbt - allerdings ist super, dass du dich um Variation beim leuchtenden Punkt bemühst. (Ich sitz grad selbst an was, wo ich das musste, fiel mir gleich auf. :)) Vielleicht brauchst du das nicht jedes Mal zu schreiben? Das ist ja ein extrem gängiges Bild in SF-Filmen.
Auch das stimmt, danke. Ich denke, ich werde diese Szene sowieso noch stärker überarbeiten müssen, dann kann ich das gerne berücksichtigen.


Hast du mal überlegt, das hier als Hörspiel umzuarbeiten? Wir haben ja eine Rubrik Für die Bühne oder vielleicht sogar für Vertontes.
Nein, das habe ich noch nie überlegt. Wäre dann eine Space Opera. :) Ich weiss ehrlich gesagt auch nicht genau, warum es so dialoglastig geworden ist. Irgendwie ist es einfach aus dem Text heraus entstanden und mir hat es so gefallen. Vielleicht ist es auch von einem Extreme ins andere gekippt, weil ich beim Lesen des Originals immer wieder gedacht habe, dass die Charaktere wichtige Dinge gar nicht aussprechen und für sich behalten und dass ich das heute falsch finde.


Dann muss man bei SF oder Fantasy nicht unbedingt Worldbuilding tolkienschen Ausmaßes betreiben, aber ich erwarte in beiden Genre schon etwas Fremdes, Erstaunliches, Ungewohntes, Weirdes. Dazu gehören z.B. seltsame Strukturen, Gerüche, andere Gebräuche, Speisen ... keine Ahnung.
Das kommt alles noch. :) Gerade bei den Landschaftsbeschreibungen der fremden Welten habe ich versucht mich an Clark Ashton Smith zu orientieren, aber ja, das nützt halt auch nichts, wenn einem die Geschichte gar nicht erst so weit motiviert. Ich denke, dass ich den Anfang der Geschichte nochmal neu schreiben muss, weil diese unterirdische Mondbasis wohl zu wenig aufregend / exotisch ist, bzw. muss ich diese Infos halt vielleicht auch schneller oder anders bringen.


An sich gefällt mir gut, dass du einen unaufgeregten, nicht künstlich überdramatischen Tonfall gewählt hast; dass du an einer guten Stelle in der Handlung mit der Erzählung beginnst (früh genug, nicht zu spät) und mit einem Konflikt einsteigst. Dass es mit den Nachwirkungen eines Krieges beginnt, anstatt mit Chaos und Action.
Beim Runterscrollen sah ich auch, dass viele Dialoge schön lebendig sind, die Geschichte hat zwischendrin durchaus Flow - das ist alles gutes Potential.
Danke, das freut mich. Das ist auch das, was ich erreichen wollte. Den Tonfall habe ich bewusst so gewählt, damit das dann im Kontrast zu der späteren Handlung steht beziehungsweise glaube ich, dass es diesen Teil der Geschichte unterstützt.


Kapitelüberschriften können bei Novelettes durchaus sinnvoll sein (auch, wenn ich sehr gut ohne leben kann), aber vielleicht die Nummerierungen raus und nur Zwischentitel? Interssante, aussagekräftige, teasernde? Ich meine, klar, nach drei kommt vier ... Ehrlich gesagt entgeht mir vollkommen der Sinn davon, Abschnitte für den Leser durchzunummerieren.
Ja, zwingend nötig ist es nicht, aber zwingend unnötig auch nicht. Im Original und in der ersten Fassung des Remakes gab es sie noch nicht. Ich habe sie eingefügt und einerseits nummeriert, damit ich beim letzten Kapitel "Letzter Teil" schreiben kann um auf das kommende Finale hinzudeuten und andererseits weil sich die Geschichte formal auch etwas an einer Science Fiction-Geschichte aus dem 19. Jahrhundert orientiert, die wunderbar nicht gut gealtert ist und von einer Reise zum Mars und seiner überlegener Zivilisation handelt. Das ist auch nur eine so kurze Geschichte und sie ist ebenfalls in Kapitel gegliedert und nummeriert. Ich habe in dieser Geschichte versucht altertümliches und modernes zu mischen, daher halte ich das mit den Kapiteln auch für passend. Ausserdem denke ich schon, dass sie teasernd sind, wenn man den Kontext der Geschichte kennt, ausser bei den ersten zwei, da sind sie nur teasernd, wenn man lateinisch kann. Das kann zugegebenermassen nicht vom Leser erwartet werden, aber dafür enthalten sie dann schon ziemliche Spoiler. Und lateinisch ist das Ganze, weil sich die Welt nicht an unseren Planeten Venus, Jupiter und Mars orientiert, sondern an der römischen Mythologie.

Vielleicht kannst du ja mit meinen Anmerkungen was anfangen. Ich kann dir auch nur dringend ans Herz legen, dich mehr mit Komms im Forum zu beteiligen, grad, wenn du einen langen Text einstellst - Geben & Nehmen und so, dann bekommst du selbst mehr Rückmeldungen und vor allem: du musst nicht alle Fehler selbst machen.
Ja, das werde ich. Vielen Dank nochmal dafür. Ich werde in den nächsten Wochen glücklicherweise etwas mehr Freizeit haben und daher ist es durchaus auch mein Ziel hier etwas mehr zu geben, denn ich denke auch, dass man auch vom Kommentieren viel lernen kann und es ein Geben und ein Nehmen ist. :)

Liebe Grüsse
Lazar

 
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Hallo @Lazar ,

vielen Dank für deine Antwort, dann bin ich gespannt, wie sich das mit dem Text noch entwickelt.

Ehrlich gesagt, habe ich das mit dem Zeilenumbruch schon extra gemacht, weil ich es mag, was das sozusagen wie auf einer "lyrischen" Ebene mit dem Text macht. Aber wie das bei dir ankommt ist für mich natürlich interessant und wertvoll, vielen Dank für deine genaue Beschreibung. Ich überlege es mir hier noch, wie ich weiterfahren will. Wenn das nur für Irritation sorgt, dann nützt es ja auch nichts...
Naja, das mit den Zeilenumbrüchen ist weniger mein Tick, als eine Konvention (damit Leser besser eintauchen können und nicht dauernd wegen Unklarheiten rausgekegelt werden). Findet sich z.B. auch in den Vorgaben zur Manuskripterstellung bei Verlagen, da würde das ggfs. sogar ohne Rücksprache um-editiert, weil das als eine Formsache und keine 'künstlerische Freiheit' begriffen wird.

Die Namen waren irgendwie immer schon (in meinem Kopf?) vorhanden, aber es gefällt mir, dass sie beide finnisch sind. Vielleicht suche ich für Arla auch noch einen finnischen Namen, dann haben wir ein finnisches Trio
Hehe, cool. Ich meinte: Malin und Arla sind finnisch. Um ein Trio zu bekommen, solltest du dann nicht grad Arla umnennen.
Das ist übrigens bei mir um die Ecke, die musste leider letzten Monat schließen.
Es geht natürlich in der ganzen Geschichte um den Krieg, allerdings nicht direkt und abseits der Kampfhandlungen. Aber ja, du hast Recht, dass ist etwas gar kompakt abgehandelt und vielen Dank auch für deine Recherchetipp. Ich überlege es mir noch, wie ich das machen möchte, es gefällt mir so auch nicht so ganz, wie es ist. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie sehr ich dieses Thema wirklich in die Geschichte einbringen will, denn es verändert natürlich auch die ganze Geschichte und wie du ja geschrieben hast, ist es gar nicht so einfach überzeugend einem solchen Thema gerecht zu werden.
Ich sehe das so:
- Man verwendet das Thema 'Krieg' in einer KG, weil es ja etwas im Leser auslösen soll und damit für die Figuren mehr auf dem Spiel steht, alles eine ungeheure Tragik hat (über das Leben eines einzelnen hinaus) etc. Dann muss es aber auch entsprechend auserzählt oder - wenn subtil / im Off / verdrängt etc. - mit einer Intensität, einem Einblick und einer Schärfe/Härte behandelt werden, die es auch möglich macht, eben diesen Schrecken ansatzweise nachzuvollziehen. Zu sagen: "Hey, Krieg!" löst an sich ja nix aus.
- Wenn du es nur am Rande erwähnst, um einen dramatischen Backdrop zu schaffen, den aber nicht gefüllt bekommst, das also angeteasert wird und mehr so ein Stichwortgeber ist, dann hat das Thema eigentlich gar nix mit deiner Geschichte zu tun, denn dann könnte alles weitere auch ohne Krieg so laufen wie es läuft. In dem Fall lässt du eine Tragik billig wirken, und wenn sie nicht die emotionale Grundlage einer/einiger Figuren bildet, sollte das ganze Thema vllt. besser komplett gestrichen werden.
Ich habe, gerade auch beim Anfang, die Geschichte schon etwas kompakt schreiben wollen, damit sie nicht noch länger wird und dass die Handlung früher in die Gänge kommt. Nach meiner Einschätzung wird es auch erst spannender, wenn das Intro durch ist.
Naja, warte: Die Handlung beginnt, wann sie beginnt - am Anfang. Also schon im Intro. Wenn du das stiefmütterlich runterreißt, damit du schneller zum Wasauchimmer kommen kannst, tust du dir imA keinen Gefallen. Denn Leser entscheiden ja am Anfang, ob sie weiterlesen, nicht in der Mitte. Dann lieber umdrehen: Kopple eine Szene aus, die spannend ist, von mir aus was mit Action oder was mit Drama ("in die Gänge kommt" eben), irgendwas Signifikantes. Und dann kannst du im folgenden Kapitel alles in Ruhe aufrollen, weil du dann den Leser schon an der Angel hast und der dann vllt. mehr Lust auf bissl Backstory, Verortung und Erklärung hat?

weil sich die Geschichte formal auch etwas an einer Science Fiction-Geschichte aus dem 19. Jahrhundert orientiert, die wunderbar nicht gut gealtert ist und von einer Reise zum Mars und seiner überlegener Zivilisation handelt.
Ja, ich lese auch gern alte SF, auch die zw. 1900-1925 ist oft sehr frisch, weitsichtig und macht Spaß. Diese Verbindung hätte ich bei deinem Text aber nicht bemerkt, weil deine Sprache eindeutig ins 21. Jh. gehört.

Dir noch eine schöne Woche, herzlichst,
Katla

 

Hallo @Lazar ,

ich will dir gerne mal ein kurzes Feedback geben, gerade weil ich leidenschaftlich alle möglichen Formen von Science-Fiction lese. Von Hard-SciFi über epische, bis hin zu schrägen Sachen à la Douglas Adams.

Trotzdem habe ich es nicht geschafft, deine Novelle zu Ende zu lesen. Ich habe dreimal angefangen und dann wieder aufgegeben. Das sage ich nicht, um dich grundsätzlich zu kritisieren. Im besten Fall, hilft es dir, deine Texte zu verstehen und zu verbessern.

Zum einen geht es mir, auch so, dass ich dialog-lastige Geschichten eher ungern lese. Und dann wirkt die Geschichte an vielen Stellen auf mich wie eine Nacherzählung, anstelle einer Erzählung. Dadurch fesselt mich der Text zu wenig.

Und auch da, wo konkrete Handlung oder Dialoge eine Rolle spielen, gibt es wenig, das mich fesselt.

Ein Beispiel:

«Der Mars liegt zurzeit hier», fuhr er fort und ein Punkt auf der Karte leuchtete rot auf.
«Und hier ist Venus.» Ein Planet, etwas vom Mars entfernt, färbte sich gelb.
«Und an diesen Stellen vermuten wir Mars-Truppen.» Einige weitere Punkte verfärbten sich rot.
«Der Mars hatte in den letzten Jahren verstärkt Kolonien gegründet. Unter anderem sogar hier», erklärte Malin und deutete auf den Planeten am nächsten zu der Sonne.

Hier im Text bräuchte es vermutlich Reaktionen der Anwesenden, damit ich mit gehe (von den Zeilenumbrüchen einmal abgesehen).

Ich habe mal versucht, den Text so zu formulieren, wie er mich eher packen würde.

«Der Mars liegt zurzeit hier», fuhr er fort und ein Punkt auf der Karte leuchtete rot auf. Seine Stimme klang rau. (oder: Die Projektion flimmerte leicht.)
«Und hier ist Venus.» Ein Planet, etwas vom Mars entfernt, färbte sich gelb.

Arla wurde schwer zumute. Hinter diesem kleinen gelben Punkt verbargen sich so viele Tote der letzten Wochen.

«Und an diesen Stellen vermuten wir Mars-Truppen.» Einige weitere Punkte verfärbten sich rot.
«Der Mars hatte in den letzten Jahren verstärkt Kolonien gegründet. Unter anderem sogar hier», erklärte Malin und deutete auf den Planeten am nächsten zu der Sonne. Ihre Stimme klang belegt und sie schien in sich zusammen zu sinken.

Meine Ergänzungen (fett) sind nicht wirklich gelungen, aber vielleicht verstehst du, worauf ich hinaus will. Das ist natürlich nur meine ganz persönliche Wahrnehmung als Leser. Ich bin kein Fachmann.

Ich hoffe, dass ich dich damit nicht entmutige sondern eher motiviere, weiter an den Geschichten zu arbeiten.

Liebe Grüß
Gerald

 

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