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Gesenkte Köpfe

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03.08.2018
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Gesenkte Köpfe

Eine Familie steht vor ihrem geparkten Auto. Im Hintergrund erstreckt sich die traumhafte Kulisse des weißen Sandstrandes und des türkisblauen Meeres, das sich heute in schäumenden weißen Wellen ans Ufer schlägt.

Die drei jugendlichen Mädchen stehen, in ihre Handtücher gewickelt, da und warten, bis ihr Vater das Auto aufgeschlossen hat. Die Parkleuchten des Wagens blinken kurz orange auf und die drei öffnen mit der einen Hand die Tür, während sie mit der anderen das Handtuch festhalten. Ihr etwas jüngerer Bruder steht noch immer wie angewurzelt auf der Stelle, mit starrem Blick auf das Handy in seiner Hand, deren Daumen sich zuckend über das Display bewegt.

Die Mädchen setzen sich, ihre Köpfe senken sich sofort. Man hört ein gedämpftes Ploppen und Plingen. Ansonsten rauscht nur das Meer, der Wind pfeift und die Schritte des Vaters knirschen auf dem Schotterboden.
Der Hitzeschutz hinter der Windschutzscheibe beginnt glitzernd zu flattern. Der Vater hat die Fahrertür offen gelassen und verstaut nun die vielen Badetaschen im Kofferraum.

Plötzlich wird die metallfarbene Matte von einem Windstoß erfasst und schlägt dem ältesten Mädchen auf dem Beifahrersitz mitten ins Gesicht. Sie wickelt sich um ihren Kopf und das Mädchen beginnt, panisch zu schreien und wild mit den Armen zu fuchteln.
Ihr Bruder schaut geschockt auf, beobachtet dann kurz laut lachend die Szene und steigt, seinen Blick wieder aufs Display gerichtet, ins Auto.
Die Mädchen auf der Rückbank lachen schadenfroh, während sie zusammenrücken und widmen dann auch ihre Aufmerksamkeit wieder den Smartphones.
Während die Älteste die lästige Alumatte genervt zusammenfaltet, steigt ihr Vater neben ihr ein und wirft ihr einen amüsierten Blick zu, bevor er den Motor startet.

Wortlos hält seine Tochter ihm das schimmernde Päckchen vor die Nase, den Blick schon wieder fest aufs Handydisplay geheftet.
Während der Vater seufzend die Matte neben sich verstaut, ist seine Älteste längst wieder zurück in der virtuellen Welt der Geschichten und Augenblicke Anderer. Ein wohlig-warmes und sehr zufriedenes Gefühl keimt in ihr auf, während sie die sekündlich steigende Like-Anzahl ihres neuesten Urlaubs-Selfies beobachtet. Sie lächelt, lehnt sich zurück und genießt den Augenblick.

Und während der Vater ausparkt, nicken die gesenkten Köpfe seiner Kinder gleichmäßig im Takt.
Tick-Tack-Tick-Tack.

 
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Hallo Mieke und willkommen im Forum! :)

Ein paar Dinge sind mir aufgefallen:

des weißen Sandstrandes und das türkisblauen Meeres

"des"

und die Drei öffnen mit der einen Hand die Tür,

"die drei"

Man hört ein gedämpftes Ploppen und Plingen.

Was meinst du hier genau? Das Wort "Plingen" kenne ich nicht.

Und während der Vater ausparkt, nicken die gesenkten Köpfe seiner Kinder gleichmäßig im Takt. Tick-Tack-Tick-Tack.

Was mit diesem letzten Satz gemeint ist, erschließt sich mir auch nicht ganz. Vielleicht ist mir hier auch etwas entgangen? Ist mit "Tick-Tack-Tick-Tack" die verlorene Zeit gemeint? Klär mich hier gerne auf.

Anmerkungen zum Text :
Als ich heute eine Familie beobachtete, inspirierte mich das Szenario zu dieser kleinen Geschichte...

Genauso liest sich dieser Text auch. Wie eine teils sehr nüchterne Beschreibung einer Situation aus der Sicht der Beobachterin. Natürlich weiß ich nicht, ob das so von dir gewollt ist. Aber damit das Ganze wie eine richtige Geschichte wirkt, müsstest du die Figuren auch miteinander sprechen lassen, da mehr Dynamik reinbringen usw.

Hier zum Beispiel sehe ich durchaus Potential:

Während der Vater seufzend die Matte neben sich verstaut, ist seine Älteste längst wieder zurück in der virtuellen Welt der Geschichten und Augenblicke Anderer.

Ein Vater, der sich vielleicht etwas anderes vom gemeinsamen Familienurlaub erhofft hat? Sehnsüchte und Erwartungen, eine vermeintliche Idylle, die beginnt zu bröckeln? Angespannte Beziehungen? Das sind alles Dinge, die mich interessieren würden und zu denen ich als Leser einen emotionalen Bezug haben könnte. Und deine Beobachtung, mit den Mädchen, die in ihrer virtuellen Welt leben, könntest du da trotzdem noch einbauen.

Ich finde, du hast mit deinem Text durchaus bewiesen, dass du mit Sprache umgehen kannst. Formulierungen wie diese...

Im Hintergrund erstreckt sich die traumhafte Kulisse des weißen Sandstrandes und das türkisblauen Meeres, das sich heute in schäumenden weißen Wellen ans Ufer schlägt.

...finde ich durchaus gelungen, nur erscheint mir das Gesamtbild nicht stimmig, wenn dann wieder solche nüchternen Beschreibungen auftauchen:

Die drei jugendlichen Mädchen stehen, in ihre Handtücher gewickelt, da und warten, bis ihr Vater das Auto aufgeschlossen hat.

So. Das wars erstmal von mir. Ich hoffe, du kannst mit meiner Kritik etwas anfangen.

Noch ein schönes Wochenende,


LG, Markus

 

Hallo Markus,

vielen Dank für Deine Kritik, die ich mir gerne annehme.

Deine Korrekturen sind natürlich vollkommen richtig.

Mit "Plingen" meine ich diesen ganz typischen Sound, wenn bei z. B. Facebook eine Nachricht, ein Kommentar o.ä. eingeht. Ich wusste, ehrlich gesagt, kein anderes Wort für dieses Geräusch. Es hört sich für mich irgendwie an, wie eine Mischung aus Klingen und Piepen. Also ein "Plingen" ;-) Ea macht dieses: "Pliing"...

Mit dem "Tick-Tack-Tick-Tack" sind mehrere Dinge gemeint. Bzw. da haben sich in meinem Kopf mehrere Sachen abgespielt: Die schöne Urlaubs-Familien-Zeit, die so unbeachtet dahin zieht, aber auch die tatsächliche Körperhaltung der Kinder: Die Köpfe gesenkt, die Augen fest fixiert nur auf dieses kleine "Fenster zur anderen Welt" - so eingenommen, mitgerissen und konzentriert, aber eben auch so abwesend und nicht in der Lage, die Umgebung wahrzunehmen und die Balance zu halten.

Ich habe das Ganze tatsächlich mit Absicht aus der Sicht der Beobachterin, die ich eben war, geschrieben.

Aber irgendwie ist es dadurch auch gar nicht so spannend und mit Deiner Kritik hast Du auch da vollkommen recht. Ich sollte vielleicht weniger Spielraum für Interpretationen lassen und die Figuren zum Leben erwecken ;-)

Danke aber auch für Dein Lob. Ich kann auch, glaube ich. Training und das Geschriebene später nochmal zu überdenken, sollten helfen.

Ich versuche es einfach bei gegebener Zeit nochmal!

LG Mieke

 

Hey @Mieke!

Mit "Plingen" meine ich diesen ganz typischen Sound, wenn bei z. B. Facebook eine Nachricht, ein Kommentar o.ä. eingeht. Ich wusste, ehrlich gesagt, kein anderes Wort für dieses Geräusch. Es hört sich für mich irgendwie an, wie eine Mischung aus Klingen und Piepen. Also ein "Plingen" ;-) Ea macht dieses: "Pliing"...

Also ich hatte beim Lesen keine Ahnung, was da gemeint ist. Habe "Plingen" umgangssprachlich auch eher noch nicht gehört. Aber vielleicht ging es an der Stelle auch nur mir so :)

Freut mich, wenn dich meine Kritik weitergebracht hat!

LG und bis bald,

Markus

 

Und während der Vater ausparkt, nicken die gesenkten Köpfe seiner Kinder gleichmäßig im Takt.

Anstelle des nickenden Hundes oder der freundlich nickenden und mit der Rechten grüßenden Queen die eigenen Kinder als Wackelkopffiguren im Auto, hat was, das eigentlich nach Satire auf die heutige Zeit schreit, wenn jeder in seiner eigenen Welt versinkt und sei sie noch so wirrtuell,

liebe Mieke -

und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Eigentlich – ein Wort, das ich an sich selten verwende wie andere Adjektive etwa ehrlich, wahr usw., denn dass sie schon vermeintlich erwähnt werden müssen, macht sie verdächtig, dass es gar nicht so ehrlich oder wahr gemeint sei, wie getan wird. Und schon sind wir beim grundlegenden Problem Deines Debuts hierorts – das sich schom im ersten Absatz zeigt

Eine Familie steht vor ihrem geparkten Auto. Im Hintergrund erstreckt sich die traumhafte Kulisse des weißen Sandstrandes und des türkisblauen Meeres, das sich heute in schäumenden weißen Wellen ans Ufer schlägt.
Die Flut der Adjektive
... geparkten ... traumhafte ... weißen ... türkisblauen ... schäumenden weißen …
an die sich die Possessivpronomen anlehnen und später selber zu Adjektiven werden
Die drei jugendlichen Mädchen stehen, in ihre Handtücher gewickelt, da und warten, bis ihr Vater das Auto aufgeschlossen hat.
Wessen Vater könnte da noch erwähnt werden? Und die Handtücher sollten kein Diebesgut sein – oder?

Warum erwähn ich diese Adjektivitis?

Sie bringt Dich in die Nähe der Gartenlaube und des Kitsches. Ein Sandstrand ist i. d. R. in der Farbe des Sandes, das Meer blau und Schaum weiß. Interessant wären allein Abweichungen, etwa wenn das Gewässer von Blaualgen geprägt würde und Plastik den Strand beherrschte ...

Diese knappe Verwendung von Adjektiven und Possessivpronomen liegt in der Natur der Kurzgeschichte begründet, sich aufs Notwendige zu beschränken. Gleichwohl widerfährt Dir einmal eine – eher ungewollte, extreme Reduzierung der Attribute, wenn es heißt

… und die drei öffnen mit der einen Hand die Tür, während sie mit der anderen das Handtuch festhalten
ein Satz, der zumindest bei mir die Frage aufwirft: Wessen Hand öffnet die Tür? Drei Hände werden es nicht sein ...

Um auch das anzusprechen: Lautmalerei (ploppen, plingen) ist legitim, so weit sie nicht im comichaften landen – ganze Arten sind lautmalerisch benannt worden wie Krähe und Kuckuck, aber auch Verben wie klirren, peitschen, rauschen, rumpeln, tropfen u. a.

Trivialeres

Plötzlich wird die metallfarbene Matte von einem Windstoß erfasst und schlägt dem ältesten Mädchen auf dem Beifahrersitz mitten ins Gesicht. Sie wickelt sich um ihren Kopf und das Mädchen beginnt, panisch zu schreien und wild mit den Armen zu fuchteln.
„Das Mädchen“ und „die Matte“ treten in einen ungewollten Konflikt, wenn sie - die Matte – sich um ihren Kopf – den Kopf des Mädchens – wickelt. Besser und korrekt „sie wickelt sich um seinen (des Mädchens) Kopf“

Die Mädchen auf der Rückbank lachen schadenfroh, während sie zusammenrücken[,] und widmen dann auch ihre Aufmerksamkeit wieder den Smartphones.
Wie im richtigen Leben haben Sätze einen Anfang und ein Ende – seien es Haupt- oder Nebensätze. Hier hastu den Anfang des Nebensatzes (…, während …) angezeigt, aber nicht sein Ende

Während der Vater seufzend die Matte neben sich verstaut, ist seine Älteste längst wieder zurück in der virtuellen Welt der Geschichten und Augenblicke Anderer.
Hier seh ich „anderer“ im Gegensatz zu seiner Ältesten als Attribut „anderer (fremder) Menschen/Teilhaber“ der wirrtuellen Welt an. Also besser mit Minuskel statt der Majuskel.

Aber keine bange: Ich guter Dinge, dass es was wird. Das verraten schon Sätze wie diese:

Die Mädchen setzen sich, ihre Köpfe senken sich sofort. Man hört ein gedämpftes Ploppen und Plingen. Ansonsten rauscht nur das Meer, der Wind pfeift und die Schritte des Vaters knirschen auf dem Schotterboden.

Statt der Adjektive übernehmen Verben (s. o. zur Lautmalerei) das Kommando.

Tschüss und ein schönes Wochenende wünscht der

Friedel,
der auf Dein nächstes Werk gespannt ist!

 

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