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Gottes Engel

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30.06.2009
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Gottes Engel

Was definiert den Charakter einer Stadt? Sind es die Sehenswürdigkeiten? Die Postkartenmotive, die die Scharen von Touristen in ihren Tourbussen abfotografieren, um sie dann zu Hause ihren Liebsten zu zeigen? Hier das Parlamentsgebäude, da das Einkaufszentrum, dann noch ein schnelles Familienfoto auf einem der großen Plätze. Oder sind es die besonderen Orte die so versteckt sind, oder oberflächlich betrachtet so gewöhnlich wirken, dass sie nur von den Einheimischen wirklich geschätzt und gewürdigt werden? Das kleine Café in einem Hinterhof, in dem der beste Tee der ganzen Stadt serviert wird? Der abseits gelegene Park, überwuchert und längst vergessen von der Stadtverwaltung und dennoch ein Ort voller unzähliger kleiner Wunder?
Ich persönlich habe immer geglaubt, dass beide Arten von Orten zu der Seele einer Stadt beitragen. Auch wenn die Einheimischen die Nase rümpfen über die Touristen, die wiederum auf ihren minutiös geplanten Wochenendtrips keine Zeit und keinen Platz für die vielen kleinen Wunder um sie herum haben und sich mit den sterilen, auf postkartenniveau herausgeputzten Sehenswürdigkeiten zufrieden geben. Doch was man auch immer denken mag, ich glaube, dass kaum ein Ort die Seele Londons so gut widerspiegelt, wie Piccadilly Circus um zwei Uhr an einem Dienstag morgen.
Ich stand mit dem Rücken an eine kalte Hauswand gelehnt, halb im Schatten verborgen und blickte hinüber auf die großen Leuchtbildschirme und Neonreklamen, die den Platz in ein wechselndes, künstliches Licht tauchen. Natürlich war auch dies ein Postkartenmotiv. Tausendfach abfotografiert von den unzähligen Touristen, die jeden Tag hier herströmten. Doch jetzt, in dieser frühen Morgenstunde gehörte der Platz mit den sternförmig zu allen Seiten abgehenden Straßen einer anderen Art Menschen. Jetzt war er das pulsierende Herz des Londoner Nachtlebens. Die teuren Nachtclubs von Mayfair im Westen, die Bars und verwinkelten Gassen von Soho im Osten, befand sich dieser Ort direkt an der Halsschlagader des nächtlichen Londons. Aus den Schatten der Häuserwand heraus verfolgte ich die Bewegungen der Menschen, die über den Platz eilten. Sie waren wie ein Querschnitt durch alle Bevölkerungsschichten der Stadt.
Eine Gruppe junger Frauen zog an mir vorbei. Die kurzen Röcke, knappen Tops und hochhackigen Schuhe zeigten jedem Beobachter, dass sie feiern gewesen waren. Genauso wie ihre lauten Stimmen, ihr heiteres Lachen und ihre unsicheren Schritte jedem verkündeten, dass sie getrunken hatten. Nicht, dass ich solche Hinweise gebraucht hätte. Der Alkoholgeruch hing wie eine dichte Wolke über ihnen und stach in meiner Nase.
Ich blickte einem schwarzhaarigen, zierlichen Mädchen nach das in der Mitte der Gruppe lief. Langsam streckte ich meine Gedanken aus und berührte ihren Geist. Eine Flut von Eindrücken stürzte über mich hinweg. Ihr Name war Amy und heute war ihr zwanzigster Geburtstag. Letzte Woche hatte sich ihr Freund von ihr getrennt und deshalb hatten ihre Freundinnen sie heute in einen Nachtclub geschleppt, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Ich spürte, wie sehr der Alkohol sie beeinträchtigte. Ihr Magen rebellierte und sie wusste, sobald sie in ihrem eigenen Bett lag, würde sie sich übergeben müssen. Dennoch war sie in diesem Augenblick glücklich. Denn die Mädchen, die sich links und rechts bei ihr eingehakt hatten und sie halb schoben, halb trugen, gaben ihr das Gefühl, nicht alleine auf dieser Welt zu sein.
Ich lächelte und blickte der jungen Frau namens Amy nach, während sie und ihre Freundinnen auf die Bushaltestelle zusteuerten, um den nächsten Nachtbus nach Hause zu nehmen. Dann schüttelte ich den Kopf und ließ meinen Blick wieder über den Platz streifen. Es war nicht Amy, weswegen ich hier war. Andere Menschen strömten an mir vorbei. Mal vereinzelt, meist in kleinen Gruppen. Männer in Hemden mit hochgestellten Kragen, ihren Arm eng um eine Nachtclubbekanntschaft gelegt und auf dem Weg nach Hause. Gegenüber von meiner Position, auf dem Boden vor der neu eröffneten Barclays-Filiale saß ein Obdachloser. In der Hand hielt er ein Schild, dem die vorbeilaufenden Passanten keinen Blick schenkten. Der Mann war gute dreißig Meter entfernt und doch hatte ich keine Schwierigkeiten, zu sehen was auf dem Schild stand. Es war von einem Galgenhumor, den nur der Schlag von Menschen aufbringen konnte, die alles verloren hatten. Frau und Tochter von Ninjas entführt. Brauche Geld, um Kung-fu Unterricht zu nehmen. Ich machte mir nicht die Mühe, in seinen Kopf hineinzusehen. Ich wusste, was ich dort finden würde.
Ich atmete tief ein, ließ meinen Hinterkopf gegen den kalten Stein sinken und lauschte für einen kurzen Moment den Geräuschen der Stadt, die auch um diese Uhrzeit niemals verklangen. Die lauten Stimmen, das Lachen, die Motoren der Autos, das Hupen der Taxis. Irgendwo etwas weiter weg spielte ein Mann Saxophon. Ich nahm alles in mir auf und verharrte für einen kurzen Augenblick. Ich zog an meiner Zigarette, dann schnippste ich den glühenden Stummel achtlos zur Seite und stieß mich von der Wand ab. Ich griff nach der braunen Ledertasche zu meinen Füßen. Es war Zeit.
Ich schritt über den Platz hinweg auf die großen Leuchtreklamen zu. Shaftesbury Avenue mit ihren vielen Musicals und Theaterhäusern lag zu meiner Rechten. Kaum war ich aus dem Schutz der Häuserwand herausgetreten, erwartete mich der scharfe Februarwind. Ich stellte den Kragen meines Mantels auf, zog den Kopf ein und fragte mich innerlich, wie die Gruppe junger Frauen von eben es wohl in ihren Miniröcken aushielt. Die Nacht war klar, es konnte nicht viel wärmer als fünf Grad sein. Ich sah kurz zu dem dunklen Nachthimmel hinauf. Sterne konnte ich keine ausmachen, zu hell brannten die Leuchtreklamen und Scheinwerfer auf dem Platz. Doch den Mond sah ich, der rund und voll am Himmel stand. Ein Jägermond. Wer hatte ihn immer so genannt? Ich wusste es nicht mehr. Es spielte auch keine Rolle. Und doch passte der Name. Denn auf der Jagd war ich.
Ich bog nach rechts in die Shaftesbury Avenue ein. Mehr und mehr Menschen kamen mir entgegen. Viele von ihnen strömten aus einem Nachtclub einige Schritte die Straße herunter. Ihr angetrunkenes Gelächter erfüllte die Luft. Schweigend schritt ich an ihnen vorbei, nur um mich etwas weiter erneut an die Wand zu lehnen und mir eine Zigarette anzuzünden.
Ich beobachtete die Taxis, die in die Straße einbogen. Sie fanden ihre Kunden unter den Reicheren der Nachtclubbesucher, die nicht die Muße hatten, auf einen der roten Doppeldeckerbusse zu warten, um nach Hause zu kommen. Es ist schon seltsam. Sogar tagsüber oder in den frühen Abendstunden hat man in vielen Teilen Londons das Gefühl, es wären weit mehr Taxis als andere Autos unterwegs. Nachts um zwei in der Shaftesbury Avenue sieht man nur noch einen Strom von charakteristischen schwarzen Wagen mit dem orange Leuchtzeichen auf dem Dach, nur selten einmal unterbrochen von der ein oder anderen Limousine.
Ich wusste nicht, wie lange ich gegen die Häuserwand gelehnt dastand. Meine Zigarette war längst aufgeraucht, der Wind zerrte an meinem Mantel und meine Finger waren eiskalt, obwohl ich sie tief in meinen Taschen vergraben hatte. Ein Penner trat an mich heran, um mich um ein wenig Wechselgeld zu bitten. Sein früh ergrautes Haar stand wirr zu allen Seiten ab, die Augen waren gerötet, die Pupillen erweitert. Die Bettelschale in seinen Händen zitterte. Ich wusste nicht, welches Gift er regelmäßig in seinen Körper pumpte, doch dass es ihn bald umbringen würde war für jeden klar zu sehen. Ich berührte seinen Geist und schickte ihn weg. Ich konnte ihn nicht retten. Er war schon viel zu weit auf seinem persönlichen Pfad der Verdammnis gegangen und hatte alle Brücken hinter sich abgebrochen. Ich sah dem Mann hinterher, wie er an mir vorbeiwankte, um ein paar andere Leute am Ende der Straße anzusprechen und verbannte ihn dann aus meinen Gedanken. Heute Nacht hatte ich wichtigeres zu tun.
Wieder bog ein Taxi in die Straße ein. Wieder leuchtete das Zeichen über der Windschutzscheibe in einem schwachen orange um anzuzeigen, dass es keine Fahrgäste hatte. Und obwohl das Taxi äußerlich genauso wirkte wie all die vielen davor, die in diese Straße eingebogen waren, spürte ich doch, dass es ganz anders war. Das Taxi verlangsamte sein Tempo. Ein Mann zu meiner Rechten, der eine junge Frau im Arm hielt, steuerte auf es zu. Eine kurze Berührung seiner Gedanken und er überlegte es sich doch anders. Ich trat an die Straße und streckte den Arm aus. Das Taxi blinkte und fuhr neben mir an den Bürgersteig. Ich beugte mich zum Fahrerfenster herunter.
Das Innere des Wagens lag im Dunkel. Auch den Fahrer konnte ich kaum ausmachen. Im schwachen Licht des Armaturenbretts sah ich eine Mann mittleren Alters, der mich anblickte. Seine Gesichtszüge blieben mir verborgen, doch das Licht spiegelte sich in seinen Augen wieder. Sie waren blau, entschied ich. Vielleicht auch grau. Kein Zweifel, er war es.
„Wo soll’s denn hingehen?“, fragte er.
„Battersea.“, war meine knappe Antwort.
Er nickte. „Steigen sie ein, Sir.“
Er betätigte einen Mechanismus und ich hörte, wie die Fahrgasttür von innen entriegelt wurde. Ich stieg ein, ließ mich auf dem Sitz auf der Rückbank links von dem Fahrer nieder und stellte meine Tasche neben mich. Der Mann blickte mich kurz im Rückspiegel an, nickte mir zu und gab dann Gas. Die nächtliche Stadt flog an uns vorbei. Ich lehnte mich zurück und entspannte mich.
Ich fragte mich, wofür der Taxifahrer mich wohl hielt. Ein Blick auf die schwarzen Schuhe, die dunkle Stoffhose und meinen schwarzen Burberry-Mantel hatten sicherlich sofort ein Bild in ihm hervorgerufen. Ein aufstrebender Karrieremensch, vielleicht ein Banker. Jung, unverheiratet, Single. Der Typ Mensch, der eine der besten Universitäten des Landes mit Bestnoten verlassen hatte und nun unaufhaltsam die Karriereleiter hinaufkletterte. Der sechzehn-Stunden-Tage hatte und die Wochenenden durcharbeitete, nur um dann irgendwann spät in der Nacht in seine hundertfünfzig Quadratmeter Wohnung zurückzukehren. Eine Wohnung, in der außer seinen teuren Designermöbeln niemand auf ihn wartete. Vermutlich hielt der Mann mich für einen dieser Menschen, deren soziale Interaktionen sich auf den gelegentlichen Cocktail mit ein paar Kollegen nach Ende der Arbeit beschränkten. Einen Mann, der immer größere Mengen an Geld auf seinem Konto anhäufte, ohne wirklich zu wissen, wofür. Kurz gesagt, einen Menschen wie es hunderte in London gab.
Ich hatte nicht vor, irgendetwas an diesem Eindruck zu ändern. Mehr noch, er war beabsichtigt. Und richtig, während das Taxi sich durch die breiten Straßen von Westminster und Chelsea schlängelte und auf den Fluss zuhielt, ging der Fahrer auf mein Spiel ein.
„Sind sie feiern gewesen?“ Seine grauen Augen musterten mich durch den Rückspiegel.
Gespielt überrascht hob ich den Kopf, lächelte und schüttelte dann den Kopf.
„Nur ein paar Drinks mit den Kollegen. Morgen muss ich wieder um neun an meinem Schreibtisch sitzen.“
Mein Fahrer nickte verständnisvoll. Die Albert Bridge tauchte vor uns auf. Auf der anderen Seite lag das Südufer der Themse. Rechts von der Brücke erhoben sich dort die Wohnblocks mit ihren teuren, voll verglasten Apartments, die genau von dem Typ Menschen bewohnt wurden, den ich heute Nacht mimte. Die linke Seite des Südufers lag im Dunkeln. Dort erstreckte sich Battersea Park.
Der Fahrer fuhr über die Brücke. Links und Rechts von uns konnte ich die Lichter sehen, die sich im schwarzen Wasser der Themse spiegelten. Ich beugte mich nach vorne.
„Bitte fahren sie geradeaus, am Park entlang“, sagte ich. „Fahren sie bei der dritten Straße rechts rein. Dort können sie mich rauslassen.“
Wieder nickte mein Fahrer, zum Zeichen dafür, dass er mich auch durch die dicke Plexiglasscheibe, die den Fahrer- vom Fahrgastraum abtrennte, verstanden hatte. Das Taxi überquerte die Brücke und fuhr die Straße hinunter. Links von uns ragten die Bäume des Parks auf, rechts von uns reihten sich einige der teuersten Häuser südlich der Themse aneinander. Die Straßenbeleuchtung tauchte alles in ein schwaches, gelbliches Licht, doch kein Scheinwerfer eines anderen Autos war vor uns in Sicht. In diesem Teil der Stadt waren um diese Uhrzeit nicht viele Menschen unterwegs.
Mit einem Mal bremste mein Fahrer ab, blinkte und fuhr links an den Straßenrand. Wir waren noch einige hundert Meter von der Stelle entfernt, an der er mich eigentlich hätte absetzen sollen. Neben mir lag nur ein kleines Tor zum Battersea Park. Ich drehte den Kopf und warf einen schnellen Blick aus dem Rückfenster. Die Albert Bridge lag hinter uns, doch noch immer konnte ich keine Scheinwerfer eines anderen Autos ausmachen.
„Warum halten wir?“, fragte ich. Ich klang beunruhigt. Das war eine meiner Eigenschaften, auf die ich immer schon stolz gewesen bin. Ich kann jedes Gefühl in meine Stimme legen, das ich nur will. Vielleicht hätte ich Schauspieler werden sollen. Ich bin sicher, dafür hätte ich Talent.
Mein Fahrer stellte den Motor aus. Das Scheinwerferlicht erlosch. Dann drehte er sich auf dem Fahrersitz um und sah mich an. Seine Augen blitzten und er grinste.
„Keine gute Nacht für dich, mein Freund!“
Ich spürte, wie er seine Gedanken nach mir ausstreckte. Ich ließ den Strom von Einflüsterungen für einen kurzen Augenblick über mich hinwegspülen. Ruhig... keine Angst... bleib sitzen... beweg dich nicht... keine Angst... Geflüsterte Befehle in meinem Verstand, die mich wie ein glückliches Lamm zur Schlachtbank führen sollten. Ich schlug die Tür zu meinem Kopf mit solcher Gewalt zu, dass er zurück zuckte.
„Was...?“, fragte er.
„Ich bitte dich. Das kannst du doch sicherlich besser.“ Meine Stimme zeigte keinerlei Regung mehr.
Verstehen leuchtete in seinen Augen auf. „Du bist...!“
Ich schnitt ihm das Wort ab. „Wie lange glaubst du, hätte diese Masche noch funktioniert? Sieben verschwundene Menschen innerhalb von zwanzig Tagen. Bist du gierig geworden?“
„Was geht dich das an?“
„Irgendwann hätte selbst die Metropolitan Police den Zusammenhang hergestellt.“
„Das ist verdammt noch mal meine Sache!“ Seine Augen waren doch grau, entschied ich. Und gerade brannte heißer Zorn in ihnen. „Was steigst du auch zu mir in den Wagen? Mach dass du rauskommst! Du versaust mir die Jagd!“
Ich sah ihn an und dachte an all die ahnungslosen Menschen, die in diese Augen geblickt haben mussten, kurz bevor sie starben. Die irgendwo im nächtlichen London das Pech gehabt hatten, das falsche Taxi nach Hause zu nehmen. Für einen kurzen Augenblick fragte ich mich, was er wohl mit den Leichen gemacht hatte. Und wie er es jedes Mal geschafft hatte, das Blut aus seinem Wagen zu waschen. Früher hatte ich an diesem Zeitpunkt immer Hass verspürt. Etwas später, als ich so viel mehr gesehen hatte, war dieses Gefühl durch beinahe so etwas wie Mitleid ersetzt worden. Jetzt spürte ich nur noch Gleichgültigkeit.
„Ich soll aussteigen?“, fragte ich. „Ich fürchte, das wird nicht möglich sein.“
Ich stieß mich von meinem Sitz ab und sprang nach vorne. Meine Hände brachen durch das Plexiglas, das mich von meinem Fahrer trennte. Die Splitter zerschnitten mir die Finger, doch ich achtete nicht darauf. Mein Gegenüber sah den Angriff kommen und versuchte ihm auszuweichen. Er war jung, seine Reflexe waren dennoch bereits geschärft. Doch verglichen mit mir war er beinahe lächerlich langsam. Meine Hände gruben sich in seine Haare und schmetterten seinen Kopf gegen das Seitenfenster. Glassplitter flogen in die Nacht hinaus.
Erst jetzt bemerkte er, was für einen Fehler er begangen hatte. Verzweifelt tasteten seine Hände nach dem Türgriff. Ich packte ihn im Nacken und schlug seinen Kopf gegen das Lenkrad. Einmal, zweimal, dreimal. Beim letzten Mal hörte ich Knochen splittern. Stöhnend sank der Mann über dem Lenkrad zusammen. Ich ließ ihn los und zog meine Hand zurück. Ich ignorierte den pochenden Schmerz in meinen Armen, überall wo die Splitter meine Haut aufgeschlitzt hatten und griff in meine Manteltasche. Meine Finger schlossen sich um das Springmesser und zogen es heraus.
Manche Menschen mögen der Meinung sein, Messer seien völlig überholt in den Zeiten von Schusswaffen. Diese Menschen haben niemals ein Wort mit einem Arzt in der Notfallaufnahme eines Londoner Krankenhauses gewechselt. Eine Pistolenkugel hinterlässt einen sauberen Einschusskanal. Der Blutverlust ist minimal. Solange du früh genug in ein Krankenhaus geschafft wirst, hast du eine gute Überlebenschance. Doch wenn dir jemand eine fünfzehn Zentimeter lange Messerklinge in den Bauchraum rammt, dann bist du Geschichte.
Wieder stießen meine Hände in den Fahrerraum hinein. Ich packte meine Fahrer an den Haaren und riss seinen Kopf zurück. Mit der anderen Hand drückte ich ihm das Messer an die Kehle. Er wehrte sich immer noch. Der letzte Schlag gegen das Lenkrad musste seinen Schädel gerochen haben und doch wehrte er sich immer noch. Natürlich. Seinesgleichen stirbt nicht leicht. Vor allem, wenn sie ihr Ende kommen sehen.
Ich schüttelte seine Hände ab, die nach meinem Arm griffen. Mit einer schnellen Bewegung schnitt ich ihm die Kehle durch. Warmes Blut ergoss sich in einem Strom über meine Hand und ein durchdringender kupferner Geruch erfüllte den ganzen Wagen. Mein Fahrer röchelte, während seine Lungen sich mit Blut füllten. Ich stieß ihn nach vorne gegen das Lenkrad, wo er nun endgültig zusammengesunken liegen blieb.
Ich stieß einen Fluch aus, zog meine Hände zurück und wischte das Messer am Sitz ab, bevor ich es zurück in meine Jackentasche gleiten ließ. Man sollte meinen, dass es mit der Zeit einfacher wurde. Doch so funktionierte es nicht. Es war doch immer das gleiche. Langsam kehrte der Schmerz in mein Bewusstsein zurück, den ich die ganze Zeit ausgeblendet hatte. Ich betrachtete meine Hände, die mit blutigen Schnitten übersäht waren. In vielen der kleine Wunden steckten Splitter von dem Plexiglas. Mein Mantel war ruiniert. Die Ärmel waren zerfetzt und in Blut getränkt. Das mit dem Mantel ärgerte mich mehr als die Schnitte in meinen Händen. Die würden in wenigen Stunden der Vergangenheit angehören. Doch der Mantel war teuer gewesen.
„So eine Schweinerei“, murmelte ich.
Die Scheinwerfer eines Autos tauchten hinter mir auf und machten mir deutlich, dass ich mich beeilen musste. Ich öffnete meine Tasche, zog einen Plastikkanister heraus und schraubte mit zitternden Händen den Verschluss ab. Der kupferne Blutgeruch im Auto wurde sofort ersetzt durch den scharfen Benzingeruch.
„Nicht dein Tag heute“, sagte ich zu meinem Fahrer, während ich den Benzinkanister über ihm ausleerte. Den leeren Kanister warf ich in den Fahrerraum. Dann griff ich nach meiner Tasche, öffnete die Tür und stieg hinaus in die kalte Februarnacht. Ich lehnte mich an die Seite des Taxis und zündete mir eine Zigarette an. Ich nahm zwei, drei tiefe Züge und wartete, bis das Pochen in meinen zerschnittenen Händen nachließ. Dann ging ich langsam zu dem zersplitterten Seitenfenster hinüber und sah meinen Fahrer ein letztes Mal an.
Der Mann lag immer noch gegen das Lenkrad gelehnt und ein stetiger Blutstrom durchnässte sein Hemd und seine Hose. Und dennoch regte er sich. Sein Todeskampf war noch nicht vorbei. Seinesgleichen sterben nicht leicht. Es sei denn man hilft nach.
„Wirklich nicht dein Tag heute“, sagte ich und warf den glühenden Zigarettenstummel durch das zersplitterte Fenster in den Fahrerraum. Die in Benzin getränkte Kleidung des Mannes ging sofort in Flammen auf. Ich bekreuzigte mich. „Ruhe in Frieden, armer Teufel.“ Mit diesen Worten wandte ich mich ab, schlug den Kragen meines Mantels hoch und ging davon. Es war Zeit, nach Hause zu kommen.
Während ich die Straße verließ und links in das Dunkel des Battersea Parks hineinging, weit weg von neugierigen Blicken anderer Menschen, da sah ich noch einmal zum Himmel hinauf. Der Mond stand voll und rund über mir und leuchtete mir den Weg. Der Jägermond. Nur manchmal waren es die Jäger, die zu Gejagten wurden.

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Mein erster Post hier auf KG.de. Ich wusste nicht genau, wie ich die Geschichte einordnen sollte. Sie hat Horrorelemente, aber ich war hin- und hergerissen zwischen Horror und Fantasy. Naja, ich hoffe hier ist sie richtig. Ich würde mich sehr über eure Anregungen freuen. Ich schreibe schon seit einiger Zeit, aber nur sehr hobbymäßig. Ich hoffe, ein paar von den Experten hier können mir Tipps geben wie ich daraus eine brauchbare Geschichte machen kann. Vielen Dank schonmal im Voraus.

 

Hallo Skie, willkommen bei Kurzgeschichten.de

Mir hat die Erzählweise an sich ganz gut gefallen und auch die Ruhe, die in der Geschichte liegt, doch das Ganze wird durch haufenweise unnötige Informationen in die Länge gezogen, wodurch sie, wahrscheinlich aufgrund der ruhigen Erzählweise, doch langweilig wird. Du erzählst von hartem Stein, kurzen Moment, kalten Februarnächten, gelblicher Straßenbeleuchtung, tief in Taschen vergrabenen Händen, usw. und so fort. Alles offensichtliche Dinge, die es nicht braucht. Stein ist meistens hart, im Februar sind die Nächte immer Kalt, Hände vergräbt man immer tief in Taschen und Straßenbeleuchtung hat meistens eine gelbliche Färbung. Das wäre gar nicht so schlecht, weil es ja eine Stimmung erzeugt, aber das passiert in deiner Geschichte am laufenden Band und zieht sie dadurch ganz schön in die Länge.

Fällt mir noch ein, dass der Protagonist die aufgerauchte Zigarette achtlos wegwirft. Ja wie denn sonst? Soll er jetzt ein großes Spektakel darum herum machen?

wie gesagt, zu viele völlig unnötige Details/Informationen. In Anbetracht der Länge wird dann die erzählte Geschichte eigentlich ganz schön klein. Da wartet jemand auf ein Taxi, fährt damit irgendwohin und ermordet den Fahrer, der auch ein Mörder ist. Spannend? Geht so. Ja, ziemlich verkürzt, aber so wird klar, was ich meine.

Welcher Gott? Was hat der Taxifahrer, der anscheinend auch ein solcher Engel ist, angestellt, dass er den Zorn des Protagonisten auf sich zieht? wonach war er gierig? Da bleibt mir zu viel unbeantwortet. Als Einstieg in einen Roman, eben etwas längeres, wäre das meiner Ansicht nach etwas anders zu bewerten, aber so bleiben mir zu viele Fragen offen.

Georg

 

Hey. Danke erstmal für deine Antwort. Ja, das mit dem Titel stammt noch aus der Zeit, wo ich mal geplant hatte, da was längeres draus zu machen. Eventuell auch ne Kurzgeschichtenserie oder eben einen Roman. Deswegen habe ich diesen Charakter, den Protagonisten, auch schon sehr viel weitergeplant, als das hier gezeigt wird. Das ist wohl beim Schreiben zu krass durchgekommen, deswegen deute ich viele Sachen nur an, die ich entweder rausnehmen müsste, oder besser erklären müsste. Mir selbst ist das beim Schreiben kaum aufgefallen, aber jetzt wo du es sagst, merke ich es auch.

Mal weg vom Inhalt. Ja, das mit diesen Beschreibungen (harter Stein, kurzer Moment usw.) ist ein ziemlich großes Problem von mir. Ich streiche eigentlich nach jeder Seite die ich schreibe erstmal einen Haufen solcher Ausdrücke raus. Und trotzdem sind immer noch viel zu viele drin. Ich werde mich dann mal ans Kürzen machen.

Und ja, ich weiß was du meinst. Der Kern der Geschichte ist relativ unspektakulär. Mir gefiel die Idee des mordenden Taxifahrers ziemlich und ich dachte ich seh mal, wohin mich die Geschichte führt. Wie gesagt, ursprünglich hatte ich das hier als Auftakt für mehrere Kurzgeschichten über den Protagonisten im Kopf. Ich wollte aber sehen ob sie auch alleine einigermaßen funktioniert. Was anscheinend nicht der Fall ist ;-). Danke auf jeden Fall für deine Anregungen.

 

Hallo Skie,

zu deinem Text möchte ich sagen, dass er lesenswert ist. Du hast es verstanden, deine Eindrücke in Worte zu fassen. Dein Text ist ruhig geschrieben, aber mich störte unheimlich, dass du beinahe jeden Satz mit "Ich" angefangen hast´.

Auch sind einige Passagen drin, die mir so nicht gefallen haben. Für ein Erstlingswrk aber eine durchaus ansprechende Leistung.

Die Fehler im Einzelnen:

1. Sind es die Sehenswürdigkeiten? Die Postkartenmotive, die die Scharen von Touristen in ihren Tourbussen abfotografieren, um sie dann zu Hause ihren Liebsten zu zeigen?

Die Postkartenmotive sind in aller Regel Sehenswürdigkeiten. Gut, du hast ein anderes Wort gesucht, aber dadurch wird die Erklärung des zweiten Satzes zu lang.
"Abfotografieren", hört sich bei mir so an, als würde die Sehenswürdigkeit mit jedem Bild ein wenig mehr verschwinden.
Das mit dem Liebsten würde ich komplett streichen, da es absolut überflüssig ist.

2. Hier das Parlamentsgebäude, da das Einkaufszentrum, dann noch ein schnelles Familienfoto auf einem der großen Plätze. Oder sind es die besonderen Orte die so versteckt sind, oder oberflächlich betrachtet so gewöhnlich wirken, dass sie nur von den Einheimischen wirklich geschätzt und gewürdigt werden? Das kleine Café in einem Hinterhof, in dem der beste Tee der ganzen Stadt serviert wird? Der abseits gelegene Park, überwuchert und längst vergessen von der Stadtverwaltung und dennoch ein Ort voller unzähliger kleiner Wunder?

Hier führt deine Beschreibung etwas zu weit. Nach "gewürdigt werden", würde ich die Beschreibung abschließen. Beispiele bringen deine Geschichte nicht weiter. Sie treiben den Text nur ünnötig in die LÄnge.

3. Ich persönlich habe immer geglaubt, dass beide Arten von Orten zu der Seele einer Stadt beitragen.

Das ist eine subjektive Empfindung, die nur deine Meinung spiegelt. Ob du sie bringen musst, bezweifle ich. Deshalb würde ich dir raten, dass du sie nicht schreibst.

4. Auch wenn die Einheimischen die Nase rümpfen über die Touristen, die wiederum auf ihren minutiös geplanten Wochenendtrips keine Zeit und keinen Platz für die vielen kleinen Wunder um sie herum haben und sich mit den sterilen, auf postkartenniveau herausgeputzten Sehenswürdigkeiten zufrieden geben.

Das ist auch kein Abschnitt, der unbedingt geschrieben werden müsste. Er bringt weder deinen Prot noch den Fahrer näher. Deine Beschreibungen sind gut zu lesen, aber das ändert leider nichts an der Tatsache, dass sie überflüssig sind.

5. Doch was man auch immer denken mag, ich glaube, dass kaum ein Ort die Seele Londons so gut widerspiegelt, wie Piccadilly Circus um zwei Uhr an einem Dienstag morgen.

Gut, schon wieder glaubst du etwas. Dieser Satz würde besser zur Geltung kommen, wenn er ein Motiv enthalten würde. Wirf dem leser etwas vor, beschfeib, warum er das so denkt.

6. Bis hierher nur Beschreibung, was wäre wenn.

Den teil bis zu Punkt 5 könntest du straffen, ohne wirklich viel von deinem Sinn zu verlieren. Die Beschreibungen sollten so knapp wie möglich sein, deshalb habe ich mich gefragt, wann dein Text endlich losgeht.

7. Ich stand mit dem Rücken an eine kalte Hauswand gelehnt, halb im Schatten verborgen und blickte hinüber auf die großen Leuchtbildschirme und Neonreklamen, die den Platz in ein wechselndes, künstliches Licht tauchen.

Zwei Uhr nachts und halb im Schatten verborgen. Das solltest du näher erklären. Versteckt er sich, ist er in einer dunklen Ecke, an der er nicht egsehen wird. Das Wort "wechselndes" würde ich so nicht schreiben. Es wirkt so, als würde sich ständig etwas verändern.

8. Tausendfach abfotografiert von den unzähligen Touristen, die jeden Tag hier herströmten.

Auch hier wieder abfotografiert. Entweder abgelichtet oder fotogrofiert. Das "den" vor unzähligen würde ich streichen und den Nebensatz nach dem Komma brauchst du überhaupt nicht.

9. Aus den Schatten der Häuserwand heraus verfolgte ich die Bewegungen der Menschen, die über den Platz eilten.

Es ist zwei Uhr Nachts, welche Schatten meinst du? Das solltest du klar stellen.

10. Sie waren wie ein Querschnitt durch alle Bevölkerungsschichten der Stadt.

Dieser Satz wirkt viel zu umständlich. Wie wäre es mit: Sie gehörten sämtlichen Bevölkerungsschichten an. Aber dann würde ich mich fragen, keine Touristen? Warum hast du sie vorher erwähnt?

11. Die kurzen Röcke, knappen Tops und hochhackigen Schuhe zeigten jedem Beobachter, dass sie feiern gewesen waren.

Hättest du hier nicht geschrieben, was sie jedem Beobachter zeigten, dann hätte ich darauf wetten können, dass sie am Straßenrand standen und auf Kundschaft warteten. Solch eindeutige Kleidung könnte man mit einem Berufsstand verwechseln.

12. Der Alkoholgeruch hing wie eine dichte Wolke über ihnen und stach in meiner Nase.

Weil du direkt neben ihnen bist? So habe ich das nicht gelesen. Wenn der Alkohol direkt bis zu dir geht, dann werden sie davon umgeben. Andernfalls ist das nicht möglich.

13. Ihr Magen rebellierte und sie wusste, sobald sie in ihrem eigenen Bett lag, würde sie sich übergeben müssen.

Dann legt sie sich am besten nicht hin. Nein, im Ernst. Diese genaue Zeitangabe würde ich nicht schreiben. Sie fühlt sich schlecht und weiß, dass sie sich bald übergeben muss.

14. Denn die Mädchen, die sich links und rechts bei ihr eingehakt hatten und sie halb schoben, halb trugen, gaben ihr das Gefühl, nicht alleine auf dieser Welt zu sein.

Du hast vorher schon geschrieben, dass sie sich in der Mitte befindet, deshalb ist der Wortlaut links udn rechts überflüssig. Nicht allein auf dieser Welt ist zu umfassend und bezieht sich kaum auf die gebotene Situation, deshalb würde ich es streichen.

15. Ich lächelte und blickte der jungen Frau namens Amy nach, während sie und ihre Freundinnen auf die Bushaltestelle zusteuerten, um den nächsten Nachtbus nach Hause zu nehmen.

Was sollen sie denn sonst an der Bushaltestelle machen? Auf der Parkbank werden sie in dieser Kälte kaum übernachten. Das mit dem Nachtbus kannst du wieder streichen.

16. Der Mann war gute dreißig Meter entfernt und doch hatte ich keine Schwierigkeiten, zu sehen was auf dem Schild stand.

Du beschreibst deine übersinnlichen Fähigkeiten, deshalb sollte das Schild für dich absolut kein Problem darstellen. Dass du etwas Humor in den Text bringen möchtest, ist gut, aber hier solltest du auf deine Fähigkeiten vertrauen.

17. Ich machte mir nicht die Mühe, in seinen Kopf hineinzusehen. Ich wusste, was ich dort finden würde.

Ich und ich. Dabei ließen sich die beiden Sätze problemlos in einen verwandeln.

18. Die Nacht war klar, es konnte nicht viel wärmer als fünf Grad sein.

Ist das eine gefühlte Temperatur? Warum beschreibst du nicht die kondensierende Luft. Außerdem ist dein Mann ein Held und sollte wissen, wie kalt es wirklich ist.

19. Meine Zigarette war längst aufgeraucht, der Wind zerrte an meinem Mantel und meine Finger waren eiskalt, obwohl ich sie tief in meinen Taschen vergraben hatte.

obwohl ich sie tief in meinen Taschen vergraben hatte.
Das ist eine Information, die nicht erwähnt werden braucht. Solche Sätze ziehen deinen Text nur unnötig in die Länge und machen den Text langweiliger, als es nötig sein müsste.

20. Wieder leuchtete das Zeichen über der Windschutzscheibe in einem schwachen orange um anzuzeigen, dass es keine Fahrgäste hatte.

Wie man sieht, dass dieses Taxi keine Fahrgäste hat, hast du schon beschrieben, es ein weiteres Mal zu erwähnen ist nicht sinnvoll.

21. Sie waren blau, entschied ich. Vielleicht auch grau. Kein Zweifel, er war es.

Erst entzscheidest du etwas udn dann überlegst du es dir noch einmal. Warum? Lass die Augen doch sein wie sie wollen. An dieser Stelle würde ich gerne etwas spüren. Irgendwie die Verbinung, dass edr merkt, dass es die richtige Person ist. Das kommt ein wenig zu kurz. So kurz, dass man die innere Spannung vermisst.

22. Er betätigte einen Mechanismus und ich hörte, wie die Fahrgasttür von innen entriegelt wurde.

Ob du das hörst oder nicht, ist völlig unerheblich. Wichtig ist, dass die Tür geöffnet wird.

23. Ich stieg ein, ließ mich auf dem Sitz auf der Rückbank links von dem Fahrer nieder und stellte meine Tasche neben mich.

Du hältst ein Taxi an, der Fahrer öffnet die Verriegelung und du gehst weiter. Stimmt, das kann ich mir auch nicht vorstellen. Dass du dich hinten hinsetzt und die Tasche neben dich stellst dagegen schon. Auch wenn ich immer noch nicht weiß,welchen Sinn die Tasche besitzt.

24. Die nächtliche Stadt flog an uns vorbei.

Der Fahrer ein richtiger Raser oder was. Ich glaube, man muss sich festhalten. Geht das nicht ein wenig besser?

25. Ich fragte mich, wofür der Taxifahrer mich wohl hielt. Ein Blick auf die schwarzen Schuhe, die dunkle Stoffhose und meinen schwarzen Burberry-Mantel hatten sicherlich sofort ein Bild in ihm hervorgerufen. Ein aufstrebender Karrieremensch, vielleicht ein Banker. Jung, unverheiratet, Single. Der Typ Mensch, der eine der besten Universitäten des Landes mit Bestnoten verlassen hatte und nun unaufhaltsam die Karriereleiter hinaufkletterte. Der sechzehn-Stunden-Tage hatte und die Wochenenden durcharbeitete, nur um dann irgendwann spät in der Nacht in seine hundertfünfzig Quadratmeter Wohnung zurückzukehren. Eine Wohnung, in der außer seinen teuren Designermöbeln niemand auf ihn wartete. Vermutlich hielt der Mann mich für einen dieser Menschen, deren soziale Interaktionen sich auf den gelegentlichen Cocktail mit ein paar Kollegen nach Ende der Arbeit beschränkten. Einen Mann, der immer größere Mengen an Geld auf seinem Konto anhäufte, ohne wirklich zu wissen, wofür. Kurz gesagt, einen Menschen wie es hunderte in London gab.

Eine tolle Beschreibung. Nur leider hypothetisch. Spielt das so eine große Rolle, für wen dich der Fahrer hält. Du vergisst das Spannungsgefühl. Beide Personen mit den gleichen Fähigkeiten. Irgendwie muss dort etwas geschehen. Das hast du bisher leider nicht erwähnt.

26. Ich hatte nicht vor, irgendetwas an diesem Eindruck zu ändern.

Warum auch, schließlich nimmst du es nur an. Du schweifst vom eigentlichen Thema ab. Solltest vielleicht ein wenig näher am geschehen bleiben.

27. Mehr noch, er war beabsichtigt. Und richtig, während das Taxi sich durch die breiten Straßen von Westminster und Chelsea schlängelte und auf den Fluss zuhielt, ging der Fahrer auf mein Spiel ein.

Wie macht sich das bemerkbar? Du versuchst im Moment mit Beschreibungen zu glänzen, das bringt dich aber nicht weiter.

28. „Sind sie feiern gewesen?“ Seine grauen Augen musterten mich durch den Rückspiegel.

Dieser Satz war so klar, dass er beinahe schon überflüssig ist. Die braunen Augen mustern dich. An dieser Stelle würde ich sagen, spürt er etwas, von dem er nicht weiß, ob es wahr ist. Lass den anderen auch etwas spüren und du schreibst einen tollen Roman.

29. Mein Fahrer nickte verständnisvoll.

Du bist auf der Suche nach genau diesem Fahrer. Es wundert mich, dass du seinen Namen nicht kennst. Außerdem sollte es ein Fahrer sein, eine Bestimmung ist etwas hoch gestochen, weil es sich um ein Taxi handelt.

30. Die Straßenbeleuchtung tauchte alles in ein schwaches, gelbliches Licht, doch kein Scheinwerfer eines anderen Autos war vor uns in Sicht.

Ist es ein besonderfes gelbliches Licht? Irgendwie scheint bei der Laterne alles in gelbliches Licht zu tauchen. Kein Scheinwerfer ..., sag doch einfach, dass die Straße vollkommen leer ist. Das Anhand von Scheinwerfern zu deuten halte ich für unglückich.

31. In diesem Teil der Stadt waren um diese Uhrzeit nicht viele Menschen unterwegs.

Mittlerweile weiß der Leser,m wie spät es ist. Es ständig zu wiederholen ist langweilig.

32. Die Albert Bridge lag hinter uns, doch noch immer konnte ich keine Scheinwerfer eines anderen Autos ausmachen.

Wenn du das in Verbindung zu deinem Plan stellst wird es wichtig. So ist es nur ein Satz, der sich wiederholt.

33. Das war eine meiner Eigenschaften, auf die ich immer schon stolz gewesen bin. Ich kann jedes Gefühl in meine Stimme legen, das ich nur will. Vielleicht hätte ich Schauspieler werden sollen. Ich bin sicher, dafür hätte ich Talent.

Deine Eigenschaft oder dein Talen ist in diesem Zusammenhang nicht wichtig. Wichtig erscheint mir nur die Tatsache, dass diese Sätze für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht notwendig sind.

34. „Keine gute Nacht für dich, mein Freund!“
Anschließend sollte eine Geste kommen. Etwas, was seine Überlegenheit ausdrückt.

35. „Das ist verdammt noch mal meine Sache!“ Seine Augen waren doch grau, entschied ich.

Während deine Aufgabe ihren Höhepunkt erreicht entscheidest du dich für seine Augen. Das halte ich für unglaubwürdig.

36. Die irgendwo im nächtlichen London das Pech gehabt hatten, das falsche Taxi nach Hause zu nehmen.

Aus welchem Grund schreibst du hier in der vollendeten Vergangenheit. Für mich würde die einfache Vergangenheit ausreichen.

37. Und wie er es jedes Mal geschafft hatte, das Blut aus seinem Wagen zu waschen.

Du machst dir hier Gedanken über Dinge, die in diesem Moment vollkommen unlogisch sind. Du konzentrierst dich auf deine Aufgabe, hast wahrscheinlich schon gespürt, was vor dir liegt. Deine Alarmglocken sollten klingeln.

38. Früher hatte ich an diesem Zeitpunkt immer Hass verspürt.

Müsste es nicht "zu" diesem Zeitpunkt heißen?

39. Etwas später, als ich so viel mehr gesehen hatte, war dieses Gefühl durch beinahe so etwas wie Mitleid ersetzt worden.

Du erklärst, was früher gewesen ist. Ich glaube, du solltest dich wesentlich mehr deiner Aufgabe widmen.

40. Er war jung, seine Reflexe waren dennoch bereits geschärft.

Diesen Satz würde ich umstellen, vielleicht in: Obwohl er noch sehr jung war, hatte er sehr gute Reflexe. oder so ähnlich.

41. Er wehrte sich immer noch. Der letzte Schlag gegen das Lenkrad musste seinen Schädel gerochen haben und doch wehrte er sich immer noch.

Er hat seinen Schädel nicht gerochen, sein Schädel war gebrochen.

42. Ich stieß einen Fluch aus, zog meine Hände zurück und wischte das Messer am Sitz ab, bevor ich es zurück in meine Jackentasche gleiten ließ.

Das Messer in die Jackentasche gleiten zu lassen würde bedeuten, entspannt zu sein. Das traue ich deinem Prot aber nicht zu.

42. In vielen der kleine Wunden steckten Splitter von dem Plexiglas.

Ich habe keine Ahnung, wie Plaxiglas bricht, sollte es überhaupt brechen. Demzufolge bin ich mir auch nicht sicher, ob es splittern könnte. Bist du dir sicher?

43. Die Ärmel waren zerfetzt und in Blut getränkt. Das mit dem Mantel ärgerte mich mehr als die Schnitte in meinen Händen.

Du machst dir Gedanken über deinen Mantel? Das ist interessant, denn eigentlich hättest du wissen müssen, dass dein Gegner über die gleichen Fähigkeiten verfügt und so etwas geschehen könnte. Das würde aber bedeuten, dass deine eigene Vorstellung, wie er dich sieht in ein falsches Licht rückt.

44. Ich öffnete meine Tasche, zog einen Plastikkanister heraus und schraubte mit zitternden Händen den Verschluss ab.

Du bist also ein anderes Wesen. Wahrscheinlich ein Vampir oder so etwas. Glaubst du dann, dass deine Hände zittern würden?

45. „Nicht dein Tag heute“, sagte ich zu meinem Fahrer, während ich den Benzinkanister über ihm ausleerte.

Dein Fahrer sollte einen Namen bekommen, damit er näher an den Leser herankommt.

46. Dann ging ich langsam zu dem zersplitterten Seitenfenster hinüber und sah meinen Fahrer ein letztes Mal an.

Also hattest du doch Gefühle für ihn. Ich finde es wäre passender gewesen, wenn du einfach gegangen wärest, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

Im Großen und Ganzen ein gutes Erstwerk. Du brauchst nicht alle Fehler zu korrigieren, denn ich habe dir nur geschrieben, was ich empfunden habe. Durchaus möglich, dass andere das anders sehen.

Gruß
Kyrios

 

Hey!

Die anderen haben ja bereits einiges vorweg genommen, deswegen nur kurz. Grundsätzlich finde ich das Teil nicht schlecht, teilweise sogar sehr stimmungsvoll. Was mir daran ein bisschen fehlt, ist ein Element, dass die Geschichte ein wenig individueller gestalten könnte. Im Grunde ist es ein Mix aus Storys a'la Gods Army, Constantine, Wächter der Nacht ect. Das sind aber keine Plagiatsvorwürfe - es ist wirklich schwer, etwas neues auf die Beine zu stellen. Unterm Strich bleibt aber eine nette Horror/Fantasygeschichte, die ich gerne gelesen habe. Allerdings haben die anderen recht; ein bisschen mehr Feinschliff hier und dort, wäre bestimmt nicht verkehrt.

Jägermond? Irgendwie erinnert mich das an den Predator:).

Gruß,
Satyricon

 

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