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Gutnacht, mein Engel

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18.11.2001
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Gutnacht, mein Engel

Wenn du nachts schlafend in meinen Armen ruhtest, spürte ich nicht, wie die Welt sich dreht. Ich spürte nicht, wie sich alles verändert, wie etwas zerbricht und anderes aufersteht, wie das eine wächst und das andere verfällt. Aller Lärm war verstummt, alles war friedlich, nur dein kaum hörbarer Atem existierte für mich, nur deine Wärme, das regelmäßige sich Heben und Senken deines Brustkorbes. Deine zierliche Hand lag auf meiner Brust, dein Kopf auf meiner Schulter. So war es jede Nacht. Manchmal berührte ich leicht dein Gesicht, dessen Züge im Schlaf immer ernst waren, und streichelte dich. Auch nahm ich hin und wieder deine warme Hand in meine und ließ sie darin verschwinden. Ob du das bemerkt hast? Sicher, doch nicht immer; und wenn, dann schmiegtest du deinen Körper noch ein wenig näher an meinen und den Kopf an meinen Hals. Die Augen öffnetest du nie. Erst, wenn dich morgens die Sonnenstrahlen weckten, schlugst du sie auf und blicktest mich verschlafen an. Wenn ich erwachte, schliefst du noch. Ich legte dann die Arme um dich und zog dich, warst du von mir weggeträumt, zurück zu mir, um dich festzuhalten und zu denken: Prinzessin, du weißt gar nicht, wie sehr ich dich liebe. Alles würde ich für dich tun, mein Engel.
Warst du erst wach, erzähltest du mir von deinen Träumen und lachtest, wenn ich dir von meinen rosa Elefanten berichtete. Ich hörte dich gern lachen.
Wenn draußen der Weltuntergang tobte – so nanntest du die Herbststürme – sahst du vom Fenster aus zu, wie die Blätter von Wind und Regen getrieben wurden. Es gab auch einmal eine Zeit, eine frühe, gute Zeit, in der wir dann spazieren gingen und uns ganz fest hielten. So fest, dass selbst der Sturm uns nicht entzweien konnte. Dein Haar war zerzaust, triefend nass deine Kleidung trotz großem Schirm für zwei, dein Gesicht feucht von all den Regentropfen, die darauf gefallen waren; du warst so lebendig. Wie du so hinausschautest, hast du sicher auch hin und wieder an diese Zeit, die gute, unendlich ferne, zurückgedacht; immer dann, wenn deine unergründlichen Augen abwesend wurden, wehmütig und sehnend und sehr, sehr traurig. Ich wagte es nicht, dich dann zu berühren. Es war dein Schmerz, auch wenn ich ihn gern mit dir geteilt hätte.
Wie ich hier bin, sind meine Gedanken immer bei dir. Du bist für mich gegenwärtig in diesen Räumen, die wir teilten, dein Liebreiz, deine Stimme, dein Lachen. Deinen wunderschönen Körper, immer hätte ich ihn berühren können. Dich streicheln, deine warmen Lippen küssen und deine sanften Hände auf meiner Haut fühlen. Mich mit dir über unser Bett wälzen, dich in die Kissen zurückdrücken, mit meinen großen Händen deine schmalen, weißen Schultern festhalten, deinen Hals küssen, deinen schnellen Atem an meinem Ohr und deine zarte Haut unter mir spüren.
Ich liebte deine zerbrechliche Statur und du meine breiten Schultern, an die du deinen Kopf legtest, wenn ich dir dein Schlaflied sang, vom Leben. Du warst das Gegenstück, das sanfte Du zum kantigen Ich. Du kanntest mich, du sahst mich an und verstandest. Wenn ich meine Liebe zu dir hinüberschwieg, hörtest du sie und oft dachte ich, zeichnete ich Linien auf deinen bloßen Rücken, dass dort weiße Schwingen, weißer noch als deine Haut, existierten, sie nur unsichtbar waren, weil du ein bescheidener Engel warst. Dass Gott dich geholt hat, kann ich ihm nicht verdenken. Ich hätte es ihm gleich getan. Ich weiß, wie du warst. Selbst, als deine Lippen beinah farblos waren und deine Augen jene Müdigkeit sehen ließen, die solche haben, die wissen, was geschieht, die wissen, dass die Welt nie stillsteht, selbst als dein dunkles Haar nie wieder im von dir so sehr geliebten stürmischen Herbstwind würde wehen können und du es wusstest, schenktest du mir in all meinem Kummer dein Lächeln und warst so wunderschön.
Ich weiß, Prinzessin, ich sollte nicht weinen, doch meine Tränen gehorchen mir nicht.

Goodnight, my angel
Time to close your eyes
And save these questions for another day
I think I know what you’ve been asking me
I think you know what I’ve been trying to say
I promised I would never leave you
And you should always know
Wherever you may go
No matter where you are
I never will be far away

Goodnight, my angel
Now it’s time to sleep
And still so many things I want to say
Remember all the songs you sang for me
When we went sailing on an emerald bay
And like a boat out on the ocean
I’m rocking you to sleep
The water’s dark
An deep inside this ancient heart
You’ll always be a part of me

Goodnight, my angel
Now it’s time to dream
And dream how wonderful your life will be
Someday your child may cry
And if you sing this lullabye
Then in your heart
There will always be a part of me

Someday we’ll all be gone
But lullabyes go on and on…
They never die
That’s how you
And I
Will be

(Billy Joel)

 

..das eindringlichste was du mit einer geschichte erreichen kannst ist jemanden zum weinen zu bringen und ich muss mir grad ein paar tränen abtupfen.. wunderschön geschrieben, todtraurig aber in keiner weise kitschig..kurz: tief berührend..

 

Eine Geschichte, die so wunderschoen ist, dass ich sie drei mal hintereinander gelesen habe...Vielen Dank, dass du sie mit uns teilst...

 

Mir gefällt die Geschichte auch sehr gut, da in ihr Bilder erzeugt werden, die man sich verdammt gut vorstellen kann.
Leider wirkt die Optik ein wenig unübersichtlich, da Absätze fehlen...

MFG,
René

 

Hallo Ally!

Sorry, aber mir hat die Geschichte nicht so zugesagt.

Die Geschichte wird von einem Ich-Erzähler erzählt. Aber sie wirkt nicht erzählt. Das liegt vorallem daran, dass Du im Imperfekt schreibst. Um das Erzählen besser rüber zu bringen, solltest Du lieber im Perfekt schreiben.

[Beitrag editiert von: Abraxas am 23.01.2002 um 19:40]

 

wunderschoen geschrieben.

Abraxas: aehm, kann das sein, dass Du da was verwechselst? Ich denke, der Ich-Erzaehler ist maennlich?!?!

Gruss
Dany

 

Vielen Dank für die nette Kommentierung erstmal an alle! Und, ja, der Ich-Erzähler ist ein Mann, ganz unzweifelhaft war es meine Absicht, ihn zu einem zu machen.
Zu den Absätzen ist zu sagen, dass sie mir persönlich so gefallen, wie sie sind, da die Sinnzusammenhänge gekennzeichnet sind durch sie und eine Geschichte meiner Meinung nach zerstückelt wirkt, wenn man hinter jedem zweiten Satz, übertrieben gesagt, einen Absatz macht.Der Ich-Erzähler spricht im Imperfekt zu seiner Prinzessin; er erzählt ihr, welche Gedanken er hatte, welche Gefühle, welche Zuneigung und welche Ehrfurcht. Da es an sie gerichtet ist und sie nicht mehr ist, nicht auf dieser Welt, nur noch für ihn, in seiner Erinnerung, die er während des Erzählens partiell durchlebt, fand und finde ich das Imperfekt in Ordung an dieser Stelle.
Ganz allgemein ist zu dieser Geschichte zu sagen, dass sie einfach Geschmacksache ist. Man mag sie, oder man mag sie nicht. Mir ist beides recht. - Jedenfalls Danke für jede Kritik!
Ally

 

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