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Hals über Kopf

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30.06.2018
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Hals über Kopf

"Hals über Kopf", sagt Yunus. "Das ergibt doch gar kein Sinn".

"Hm?", frage ich, mit dem Gedanken bei der Aufgabe, die wir bearbeiten sollen.

"Stell dir das mal vor", redet Yunus weiter und fängt an auf dem Arbeitsblatt zu kritzeln, "das hat doch überhaupt nichts mit der Bedeutung zu tun. Wie soll man denn so etwas schneller machen können, als ein nomaler Mensch?" Er hält mir seine Zeichnung hin. Es ist ein schlecht gezeichneter Mensch, dessen Kopf auf den Schultern liegt. Darauf ist der Hals durch zwei unproportional lange Striche dargestellt.

"Wenn du einen Kreis an den Hals dranmalst, hast du einen Zylinder", sage ich und wende mich wieder der Aufgabe zu.

"Damit hilfst du mir wirklich nicht weiter", verkündet Yunus, nachdem er aus dem Hals den Hut gemacht hat.

"Muss ich ja auch nicht. Ich muss diese blöde Aufgabe machen, so wie du auch."
Er blickt mich ausdruckslos an, wendet sich wieder seinem Blatt zu.

Eine Weile, in der ich mich frage, ob er wirklich die Aufgabe bedenkt oder nur das Männchen begutachtet, sagt Yunus nichts. Gerade als ich beschließe, dass wirklich Ruhe ist und mich der Fotosynthese zuwende, fängt er wieder an:
"Warum lernen wir nichts über Sprichwörter? Das wäre viel interessanter."

"Wir haben Bio, natürlich lernen wir hier nichts darüber."

"Ich meine ja auch in Deutsch", sagt Yunus und wirft mir einen Blick zu, der deutlich macht, wie entäuscht er darüber ist, dass ich nicht mitdenke.

"Da tust du der Schule mal wieder unrecht", versuche ich einzuwenden um diesen Blick loszuwerden. "In der Grundschule haben wir mal darüber gesprochen, oder eher, wir haben sie gemalt, so wie du eben. Meine Gruppe hatte Ruhe im Karton gemalt, eine andere einen tanzenden Bären, und noch eine hat der Spargel schießt genommen."

"Mit welcher Waffe der Spargel wohl schießt?", fragt Yunus völlig am Thema vorbei.

"Also die Gruppe hat..." setze ich an, aber werde von Yunus unterbrochen.
"Lass uns erstmal selbst überlegen, bevor wir die Masterantwort eines 6-10 Jährigen kennen."

"Okay", ich schaue ihn fragend an.

"Der Spargel entwickelt sich bestimmt immer weiter. Am Anfang schießt er noch mit Pfeil und Bogen, aber dann..."

"Dann kommt die Armbrust, dann diese Piratenpistolen, die man einzelnd stopfen muss, und am Ende das Maschinengewehr."

"Fast", sagt Yunus, darüber lächelnd, dass er mich von dem Interesse an der Fotosynthese befreit hat.
"Die Armbrust wird vom Spargel nicht benutzt, es ist ein sehr ehrenvolles Gemüse. Und die letzte Waffe ist nicht das Maschinengewehr, sondern der Phaser aus Star Trek."

"Piu Piu", mache ich, woraufhin Yunus mich zutiefst beleidigt anblickt.

"Das Geräusch ist aus Star Wars", sagt er.

"Oh", sage ich und tu so, als würde ich mich wieder meiner Aufgabe zuwenden. Statt weiter zu arbeiten, überlege ich mir einen neuen Aspekt.

"Könnte es nicht auch sein, dass der Spargel mit Bällen schießt?"

"So mit Fußbällen meinst du?"

"Ja, oder mit Basketbällen."

"Die wirft man doch."

"Man kann aber auch schießen sagen, kommt glaube ich aus dem Englischen", versuch ich zu erklären. Yunus denkt einen Moment nach, dann kritzelt er wieder.

"So ungefähr?", fragt er und hält mir das Blatt hin. Er hat dem Männchen eine große Pistole in die Hand gemalt, mit der es einen Basketball auf einen Korb schießt.

"Äh, jaa...genau so", antworte ich. Die Pausenglocke klingelt. Yunus grinst mich an.

"Komm", sagt er. "Lass uns Hals über Kopf zum Kiosk laufen, sonst ist die Schlange so lang."

 

Hallo DrRododendron,

tolle Geschichte. Sie ist kurzweilig und ganz witzig. Einges, das mir aufgefallen ist:

"Hals über Kopf", sagt Yunus. "Das ergibt doch gar kein Sinn".

"Hm?", frage ich, mit dem Gedanken bei der Aufgabe, die wir bearbeiten sollen.

"Stell dir das mal vor", redet Yunus weiter und fängt an auf dem Arbeitsblatt zu kritzeln. "Das hat doch überhaupt nichts mit der Bedeutung zu tun.


1.) Sehr toller Einstieg! Du stellst eine Frage, die sich wohl viele schon Mal gestellt haben (ich mir zumindest), und fängst den Leser damit sofort ein.
2.) Das Wort Aufgabe finde ich irgendwie irritierend. Ich kann nicht wirklich sagen wieso, ist wohl Geschmackssache. Ich würde ein Wort wie "Arbeitsauftrag" wählen.

Es ist ein schlecht gezeichneter Mensch, dessen Kopf auf den Schultern liegt. Auf dem Kopf ist der Hals durch zwei unproportional lange Striche dargestellt.

Wortwiederholung von Kopf. "Darauf" als Anfang für den zweiten Satz würde reichen.

wendet sich zurück seinem Blatt zu.

Das ist sprachlich falsch. Vielleicht einfach statt zurück "wieder".

Eine Weile, in der ich mich frage, ob er wirklich die Aufgabe bedenkt, oder nur das Männchen begutachtet, sagt Yunus nichts.

1.) Der Satz ist mir zu verschachtelt. Vielleicht kann man ihn teilen?
2.) Bedenkt ist hier das falsche Wort. "An die Aufgabe denkt", richtig.

Gerade als ich beschließe, dass wirklich Ruhe ist und mich der Fotosynthese zuwende, fängt er wieder an

Beschließentut man etwas, dass man beeinflussen kann. Vielleicht "entscheiden"?

"Mit welcher Waffe der Spargel wohl schießt?", fragt Yunus völlig am Thema vorbei.

Warum ist die Frage am Thema vorbei?

"Also die Gruppe hat..." setze ich an, aber werde von Yunus unerbrochen.

"Unterbrochen"

"Lass Uns erstmal selbst überlegen, bevor wir die Masterantwort eines 6-10 Jährigen kennen."

Zahlen werden zumindest bis zwölf ausgeschrieben!

"Fast", sagt Yunus, darüber lächelnd, dass er mich von dem Interesse an der Fotosynthese befreit hat.

Befreit klingt so falsch ...

So viel dazu.

Was mir an dem Text besonders gut gefällt, ist die Natürlichkeit des Dialogs. Die Sprache ist durchgehend authentisch, das ist wirklich gut gelungen!

Hat mir gut gefallen, ich werde mehr von Dir lesen!

LG
Alveus

 
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Hej DrRododendron,

herzlich willkommen und vielen Dank, dass ich endlich mal an einem Austausch zweier Schüler teilhaben darf. Ich hab mich schon immer gefragt, worüber die so Bewegendes reden, wenn die unter sich sind und der eine die Aufgabenstellung wichtiger nimmt als der andere. ;)

"Muss ich ja auch nicht. Ich muss diese blöde Aufgabe machen, sowie du auch."

so wie du auch - oder wahlweise auch einzeln: so wie du oder wie du auch :shy:

Ich meine ja auch in Deutsch", sagt Yunus und wirft mir einen Blick zu, der deutlich macht, wie entäuscht er darüber ist, dass ich nicht mitdenke.

lovely

"Mit welcher Waffe der Spargel wohl schießt?", fragt Yunus völlig am Thema vorbei.

Ich mag Yunus. ;)

"Lass Uns erstmal selbst überlegen, bevor wir die Masterantwort eines 6-10 Jährigen kennen.“

uns

"Komm", sagt er. "Lass uns Hals über Kopf zum Kiosk laufen, sonst ist die Schlange so lang."

Sehr söss.

Und ich bin froh, dass ich es nun weiß und mag die beiden Freunde richtig gern. Wenn Yunus weiter so Sachen denkt und in Frage stellt, bin ich zuversichtlich, dass er ein gutes Erwachsenenleben führen kann.

Ein Leseeindruck und freundlicher Gruß, Kanji

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Schöne KG, vor allem die Schusswaffen des Spargels in ihrer Entwicklung beschrieben.

Fazerpistole aus Star Trek

Die Knarre aus StarTreck heißt übrigens Phaser.

Gruß ulf1

Sollte Star Trek heißen, sorry.

 

Hallo DrRododendron

Nachdem mich die Geschichte von Tomoko verzaubert hat, dachte ich, ich schaue mir mal eine andere von dir an. Und siehe da: die ist wirklich total anders!

Grundsätzlich liest sich die Geschichte gut, sie ist lustig und kurzweilig. Man hat wirklich das Gefühl, man lauscht direkt in den Unterhaltung zweier Schüler hinein.

Aber der Text kommt mir eher vor wie eine kurze Szene, wie ein Teil einer längeren Geschichte. Sehr amüsant, aber ich würde gerne mehr darüber lesen, was die beiden so aushecken!

Einiges wurde schon von meinen Vorkommentatoren rausgefischt, nur eines noch:

"Stell dir das mal vor", redet Yunus weiter und fängt an auf dem Arbeitsblatt zu kritzeln. "Das hat doch überhaupt nichts mit der Bedeutung zu tun.

Ich würde nach kritzeln ein Komma setzen und den Lesefluss weiterlaufen lassen.

Bin schon gespannt auf deine nächsten Texte.

gruss
P.

 

philipp

Ich würde nach kritzeln ein Komma setzen und den Lesefluss weiterlaufen lassen.

Danke für den Hinweis, ich wusste gar nicht, dass das geht. Wobei ich mir jetzt auch nicht sicher bin, ob ich die wörtliche Rede dann nicht mit dem Ende des Satzes beenden müsste?

http://www.wörtlicherede.de/regeln-zeichensetzung.htm
beim eingeschobenen Begleitsatz steht: "Der zweite Teil der wörtlichen Rede ist dagegen zwingend mit einem Satzzeichen, gefolgt vom schließenden Anführungszeichen zu beenden."

Aber es ist nicht so wichtig, denn mit Komma finde ich es auch schöner.

VG

DrRododendron

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, DrRododendron,

keine bange, es kommt nicht Mutter Theresa, die sich Deiner erbarmt, aber es wimmelt noch von Schnitzern. Aber die Scherze mit den Redensarten werden wohl in jeder Generation neu ausgegraben (und auch andere entdeckt, wie der Kinderwitz in der Tageszeitung), und - um ernsthaft anzufangen, "Hals über Kopf" lässt sich empirisch mit jedem Kopfstand, Radschlag und selbst mit dem einfachsten "Kusselkopp" empirisch nachweisen.

Also in der Reihenfolge ihres Auftritts

Also nicht über Trivialitäten erschrecken, geht ja sofort los mit dem ersten Satz und dem flüchtigen, abschließenden Punkt

"Hals über Kopf", sagt Yunus. "Das ergibt doch gar kein Sinn[.]"[...]
- der gehört vors auslaufende Gänsefüßchen

..., redet Yunus weiter und fängt an[,] auf dem Arbeitsblatt zu kritzeln, ...
(Komma, denn Infinitivgruppe ist vom Substantiv abhängig
Dafür hier das KOmma weg beim bloßen Vergleich

Wie soll man denn so etwas schneller machen können[...] als ein nomaler Mensch?"

Zwischenfrage: Wie darf ich mir einen Hals in zwo "unproportionalen" Strichen angedeutet vorstellen? Müsste dann der Kopf nicht zur kürzeren Seite kippen/gehalten werden? Der Zylider anschließend verlangt doch einig Proportionalität ... Oder?

..., versuche ich einzuwenden[,] um diesen Blick loszuwerden.
hier ibt's zwo Gründe fürs Komma: Schon das "um" zu Anfang des Infinitivsatzes erzwingt es und - selbstverständlich - die Abhängigkeit vom Substantiv ...

"In der Grundschule haben wir mal darüber gesprochen[...] oder eher, wir haben sie gemalt, so wie du eben.
Konjunktionen wie z. B. oder oder und ersetzen ein Komma ganz hervorragend (versuch mal am nächsten Satz selber ...

"Also die Gruppe hat[...]..." setze ich an, aber werde von Yunus unterbrochen.
Auslassungspunkte immer mit Leertaste zwischen letztem Wort und Punkten, andernfalls behaupten sie, es fehle zumindest ein Buchstabe an dem Wort - da wäre doch ein Apostroph einfacher und kürzer, gelle? Kommt nachher nochma'

... eines 6-10 Jährigen kennen."
Korrekt "eines 6- bis 10-Jährigen"

Hier würd' ich dann doch mal fragen - wie kommstu aufs Pseudo-Partizip?

"Dann kommt die Armbrust, dann diese Piratenpistolen, die man einzelnd stopfen muss, und am Ende das Maschinengewehr."
, wo "einzeln" reicht?
"So mit Fußbällen[,] meinst du?"

(Statt Basket-, Rugbybälle als Allzweckwaffe ...)

"Man kann aber auch schießen sagen, kommt[,] glaube ich[,] aus dem Englischen", versuch ich zu erklären.

Von Danksagungen bitt ich abzusehen. Zieh Dir eine PDF mit den Kommaregeln runter (zum größten Reil von Unis eingestellt), Verknüpfung herstellen und bei Bedarf anklicken.
Bei Unsicherheit mit Wörtern und Zeichensetzung, Duden.de anklicken und Problem Wort oder Zeichen eingeben. Mit dem Wort erhältstu i. d. R. nicht nur die korrekte Schreibweise, sondern auch Bedeutung, oft auch Antonyme, eine kleine Etymologie und - bei Präpositionen wichtig - eine kleine Grammatik der Flle.

Wird schon werden, behauptet der

Friedel, der noch ein herzlich willkommen hierorts wünscht!

 

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