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Haustier
Neun Uhr in der Frühe. Aufstehen. Frühstücken, um anschließend zum Metzger fahren. Denn der Große hat ja schließlich auch Hunger. Einmal hat er mich geärgert , da hab ich ihn zur Strafe ein Woche lang nicht gefüttert. Das war ein Fehler. Er ist auf das Nachbarhaus geklettert, hat es angezündet und die verkohlten Leichen der Nachbarn gefressen. Nun gut, ich hab der Polizei erklärt, dass es eine Gasexplosion war, während Roger im Wald Rehe gejagt hat. Die haben mir das zum Glück abgekauft. Halb Zehn, Schlange stehen. `Was der wohl gerade wieder anstellt`, frage ich mich im Stillen. Ich bin endlich dran: „Guten Tag, ich hätte gern ein halbes Schwein, roh im Ganzen“. Alle Leute starren mich an, wie von einem anderen Stern. Die verstehen das nicht.
„Für Erntedank“, versuche ich die Situation zu retten. Allgemeines Gemurmel. Ich sehe zu, dass ich aus dem Laden raus komme und fahre schleunigst nach Hause. Ach du Scheiße! Er hat in den Rasen ein fünf Meter tiefes Loch gegraben, aber ich kann ihm trotzdem nicht böse sein. An die 10 bis 15 Meter groß, liegt er nun friedlich im Loch und schläft. Ein Traum von einem Tier. Weinrot mit schwarzen Klauen, einem gehörnten Schädel und mächtigen blutroten Schwingen. „Hier Großer“, ich werfe ihm das Schwein hin. Langsam öffnet er die Augen, fängt an zu schnuppern und sieht mich ungläubig an `Was soll das`, lese ich aus seinem Blick. Doch er bewegt sich – wie es sich für eine Riesenechse gehört - auf die Beute zu schnuppert noch einmal skeptisch und schnappt zu. Nicht einmal 2 Minuten, dann ist das Schwein weg.
Ich hatte ihn schon als Baby. war dabei als er geschlüpft ist. Das weiß er auch. In seinen Augen bin ich wohl so etwas wie sein Vater, obwohl ich ein Mensch bin. So jetzt muss ich zur Arbeit, aber nicht mit dem Auto. Ich hole den selbst gebastelten Sattel aus der Garage und klettere über seinen Schwanz auf seinen gezackten Rücken. Wer einen Drachen hat braucht weder Flugzeug, noch Auto oder Zug.
Manchmal glaube ich wirklich, er röstet und frisst mich nur deshalb nicht, weil ich ihm freiwillig Futter besorge!
Was nun geschieht ist reine Magie. Er richtet sich auf, streckt zuerst sein mächtiges Haupt in die Höhe und breitet seine Flügel aus. Das ist besser als jedes Kino, denn das passiert, gerade jetzt.
Während des Fluges überlege ich mir wo ich Roger zurück lasse, denn so eine Riesenvieh zieht jede Menge panischer Blicke auf sich.
Zum Glück gibt’s in der Nähe meiner Arbeit einen Park da kann er dann schlafen oder ein oder zwei Passanten verspeisen. Das merkt doch niemand…
„Herr Habicht, warum sind sie schon wieder zu spät?“ Der Chef ist genervt.
„Weil ich heute früh noch zum Metzger musste und eine halbe Stunde angestanden habe“, kontere ich.
„Können
Sie das nicht, am Abend vorher machen?“ - `Typisch Bürohengst’
Stunden voller langweiliger Büroarbeit später, kehre ich zu Roger zurück. Der hat in der Zwischenzeit den halben Park entbaumt und spielt mit den Stämmen herum. Ich deute auf den Holzhaufen den er fabriziert hat und er versteht sofort. Wir fliegen gemeinsam nach Hause, während im Hintergrund ein überdimensionales Feuer den Park frisst.
„Wenn du das noch mal machst dann kommst du in den Zoo verstanden?“, schimpfe ich mein Riesenkind aufgebracht. Roger schaut mich traurig an.
Er kann nicht sprechen, doch er versteht tatsächlich jedes Wort das ich sage. Endlich daheim angekommen, schmeiße ich gut 5 Kilo Fleisch in mehrere Pfannen und brate es an. Das ist besser für ihn und für mich. ICH habe zwar nichts dagegen wenn er nervtötende Vertreter an der Tür schnappt und runter würgt, aber wenn er das zu oft macht fällt es irgendwann auf. Und von den Steaks kann ich mir wenigstens was abschneiden.
Der Rote trinkt inzwischen aus dem Wasserfass, welches ich ihm extra hingestellt habe. Wenn ich in seine Schwarzen Augen sehe, bin ich jedes Mal hypnotisiert. Ja, ich gebe im Monat bestimmt 500 € nur für Fleisch und Wasser aus, aber das ist es mir wert!
Einmal habe ich versucht in zu dressieren, aber es hat nicht geklappt. Ich wollte dass er in der Luft einen Fleischbrocken für mich grillt. Stattessen hat er das Feld hinterm Haus angezündet. Der Landwirt hätte mich am liebsten in der Luft zerrissen. Wenn ich ihm die Wahrheit sage, glaubt er das sowieso nicht.
Abends machen wir uns dann ein Lagerfeuer im Garten, was uns beide enstpannt. Dabei leckt er immer meine Haare ab. Obwohl mir das immer etwas unangenehm ist – ich denke immer ich werde gleich gefressen – habe ich mich daran gewöhnt. Es ist eben seine Art zu zeigen, dass er mich mag.
Wenigstens habe ich das Wochenende frei. Da fliegen wir dann schnell mal nach Paris. Roger ist schneller als jedes Flugzeug. ER ist auch in nur einem Jahr ausgewachsen, danach war er so groß wie er nun ist.
Die Leute starren uns schon wieder an. Ja klar, einen Mann mit Anzug und Studentenbrille, der seinen Hausdrachen, durch die Fußgängerzone führt, sieht man nicht alle Tage, oder?
„Est-ce que tu as une problem avec cet animal?“ - “Non, je suis content!”
“Est-ce que je peux faire une photo, de Vous deux?” - “Bien sûre!”
Ich bin die Hauptattraktion vor dem Notre Dame.
Die Leute stehen Schlange, nur um ein Foto zu machen. Ja klar, genieße ich das. Roger liebt das auch.
Er richtet sich auf, streckt seine mächtigen Schwingen aus und speit einen riesigen Feuerball in die Luft. Puh das war knapp! Fast hätte er den Heißluftballon getroffen, welcher gerade über dem Notre Dame schwebt.
Ich hole eine Polaroid Kamera heraus und halte das epische Bild fest. Roger wird unruhig, er mag keine Technik.
Plötzlich schaut er den Gendarmen böse an und beginnt nach ihm zu schnappen.
„NEIN, DEN FRISST DU JETZ NICHT, BLEIB HIER ICH BEOSRGE DIR EINEN RIESENDÖNER!“
Ein verständnisloser Blick, doch er gehorcht.
`Ich muss ihm abgewöhnen, dass er ständig nach Leuten schnappt und sie fressen will` nehme ich mir leise vor….
Wie ein Verrückter renne ich durch die franz. Fußgängerzone und suche eine Metzgerei oder einen Dönerladen.
Gefunden.
„Bonjour, je vous-drais, und Döner pour 50 € si-vous-plait“, Bringe ich gerade noch heraus.
Wieder dieser Blick. Der Dönerladenbesitzer drückt mir stumm den ganzen Dönerspieß in die Hand und schaut mich an, als hätte ich ihm gerade seine Existenz geraubt.
„Monsieur, vous-etes fou!“ - „Peut-être“ Ich grinse.
Wieder bei Roger angekommen, lege ich ihm vorsichtig, den Fleischspieß hin. Er schaut mich an, als ob er lieber mich fressen würde.
„Ich kann auch nix dafür, dass es gebraten ist!“ verteidige ich mich. Natürlich mag er es lieber roh, aber ich konnte einfach keine Metzgerei finden. Diesmal schaut er mich böse an, schnaubt gehässig Rauch aus den Nüstern, frisst das Fleisch aber schließlich doch genüsslich auf.
`Ich sollte ein Buch schreiben, über Drachenpsyche` witzle ich heimlich im Kopf.
Mein Drache ist im Grunde vom Verhalten her wie ein großer Hund, mit dem Unterschied, dass er fliegen kann! Doch es gibt gewisse Parallelen. Beide mögen am liebsten rohes Fleisch, beide schnappen gerne nach Sachen – oder auch Menschen…
… und beide spielen gerne!
16:00 Samstag, Nachmittag.
„Komm Großer, wir fliegen wieder nach Hause. Ich bemerke nebenbei beim Aufsteigen, dass im ganzen Park, die Vögel fehlen.
„Hast du etwa…..?“ Diesmal grinst Roger. Mir fehlen die Worte! `Naja muss ich ihm eben nächstes Mal statt des Dönerspießes ein ganzes Rind besorgen, am Besten frisch lebend von der Kuhweide. `Im Grunde bist du selbst schuld` kommt die Erkenntnis.
Ungefähr 1,5 Std. später sind wir wieder zu Hause. Ich richte sein Nest für die Nacht her, denn da es ein männlicher Drache ist, hat er damit so seine Probleme. Außerdem ist das MEINE ART, zu zeigen, dass ich IHN mag.
Nach dem gemeinsamen Abendessen am Lagerfeuer, legen wir uns beide in die Kuhle im Rasen und legen uns schlafen. Behutsam deckt er mich mit seinen Flügeln zu. Er ist einfach sehr gut zu mir, was ich auch schätze. Tja ich habe eben ein außergewöhnliches, einmaliges Haustier, das zudem äußerst praktisch ist. Man kann sich wirklich glücklich schätzen, wenn man bei den heutigen Spritpreisen kein Auto mehr braucht!