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Heila und der fette König
Vor langer, langer Zeit lebte einmal ein König, der sich selbst Gregor der Starke nannte, doch von seinem Volk Gregor der Dicke genannt wurde, da er so rund wie eine Kugel war.
Gregor liebte das Essen und das nicht in begrenzter Menge. Wenn es nach ihm ginge, so könnte er den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch essen.
Täglich feierte er berauschende Feste, an denen der ganze Adel des Landes zu Gast war. Doch zum Leidwesen der Handwerker und Bauern gingen diese Feste auf die Staatskasse, was also bedeutete, dass sie es bezahlen mussten.
„Der König will schon wieder die Steuern erhöhen“, brummten einige Gäste in einer Gaststube.
„Man sollte den ganzen Treiben Einhalt gebieten“, murmelten andere auf den Straßen und in den Häusern wurde gejammert, dass sie selbst kaum was zu essen hatten und trotzdem die Adligen durchfüttern mussten.
Die Flüche gingen durch die Stadt und erreichten sogar die umliegenden Dörfer, bis hin zu den kleinsten Siedlungen an den Grenzen des Landes.
Eines Tages kam eine alte Frau im Umhang in die Stadt und warnte die Menschen davor, einen Pöbel zu veranstalten, da dieses in vielen anderen Ländern oft in die Hose gegangen sei.
„Wer bist du, und woher willst du so etwas wissen?“, fragte einer der Bauern.
„Man nennt mich Heila, da ich mich gut mit Kräutern auskenne. Ich bin schon durch viele Länder gereist und in vielen herrschten ähnliche Umstände wie hier. Die Adeligen nutzen ihre Macht aus und versklavten ihre Bauern und ehrlichen Handwerker. Diese haben darauf Pöbel veranstaltet, wurden allerdings vorher verhaftet und streng bestraft. Ich wüsste für euch eine viel friedlichere Lösung, so dass ihr euren König behalten könnt und er dennoch aufhört, auf eure Kosten zu leben.“
Die Menschen hörten sich ihre Idee an und stimmten zu. Obwohl ihr Hass gegen die Adligen groß war, so wollten sie das Blut vergießen nur als letztes Mittel nehmen.
Heila hatte sich daraufhin im Schloss als Köchin beworben und versprach dem König recht mundende Gewürze und Kräuter, die das einfachste Essen zu einem Gaumenschmaus machen sollten. Natürlich willigte der König ein, da sehr bald eine neue Feier stattfinden sollte.
Die Oberköchinnen lobten Heilas Wissen im besten Sinne und am Tage des Festes tat Heila einige Beeren und Wurzeln in die Suppen und Soßen hinein.
„Was sind das für Beeren und Wurzeln?“, wollte eine Küchenmagd wissen.
„Ganz besondere“, antwortete Heila geheimnisvoll.
Nachdem der Nachtisch gedeckt war, beklagten sich einige Prinzessinnen über starke Bauchschmerzen und die Prinzen hicksten und mussten andauernd furzen.
Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten Frauen die Latrinen aufsuchten und die Männer schnell in die Schlossgärten verschwanden.
Einige schafften es nicht rechtzeitig und übergaben sich im Festsaal, oder versteckten sich in den dunkelsten Ecken. Als sie wieder in das Lampenlicht traten, waren ihre Gesichter vor Ekel verzogen und ihre Hosenböden trugen mit einem Male dunkelbraune Flecke.
Gregor der Große war außer sich.
„Das wird meinen Ruf ruinieren!“, rief er verzweifelt und sah sich das Dilemma so lange an, bis er selbst in die nächste Latrine verschwinden musste.
Es dauerte Stunden, bis sich die Mägen der Adligen beruhigt hatten und abreisen konnten.
Der König war zu beschämt, um Abschied von ihnen zu nehmen.
Natürlich fand man heraus, dass irgendjemand irgendetwas in irgendein Essen getan haben musste, auf dass die Leute alle Magenkrank wurden.
Natürlich ahnte man, dass es Heila gewesen sein musste, Heila die Kräuterfrau.
Doch die Frau war auf geheimnisvoller Weise verschwunden und auch die Bauern und Handwerker in den Dörfern hatten nichts mehr von ihr gesehen.
Doch des Königs Ruf war ruiniert. Nie wieder mochte jemand zu seinen Festen kommen und es wurden auch nie wieder welche veranstaltet. Doch er selbst hatte auch keine Lust mehr dazu, denn zu tief saß der Schrecken seines letzten Festes in den Gliedern.
Manchmal musste er aber aus politischen Gründen einige Gäste einladen. Doch er akzeptierte es, wenn diese auf ein Essen bei ihm verzichteten. Er selbst mochte ja am liebsten nichts mehr von dem essen, was in seiner Küche zubereitet wurde.
Seitdem werden in den Schenken des Landes die Becher erhoben und geprostet:
„Auf Heila die Kräuterfrau, die Retterin der Hilflosen.“