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Helden des Amok

Seniors
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19.01.2004
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Helden des Amok

Amok: malaiisch; „wütend“; „Wut“; siehe auch:
Amoklaufen: „mörderische Raserei“; „mit einer Waffe umherlaufen und blindwütig töten“

Donner. Bleikugeln bahnen sich ihren Weg. Im Vorbeifahren zerbrechen Schaufensterscheiben, zerschlägt Putz an den Wänden. Menschen werfen sich zu Boden, schreien, bluten. Er rast vorbei, lächelt. An seiner Hand rüttelt die Uzi.

Ich fühle sie, die unbändige Kraft. Heute! Jetzt! Niemand soll mir entgehen. Ich werde sie alle richten. Bin Strafe Gottes. Bin Vergeltung.

Patronenhülsen klimpern über das Türblech. Er rast noch immer die Straße hinunter. Mit einem Mal herrscht Ruhe. Die Maschinenpistole ist leer! Er wirft sie zu den anderen Waffen.

Alle leer. Munition! Wo?

Eine große Leuchtreklame erscheint am Straßenrand. Der Name „Markethall“ ist darauf zu lesen.

Da! Genauso gut wie irgendwo sonst!

Die Räder rumpeln über die Bordsteinkante des Parkplatzes. Auf andere Autos wird keine Rücksicht genommen. Reifenquietschen. Vor einer Glaseingangstür kommt der Wagen zum Stehen. Er zieht den Schlüssel ab und atmet tief ein.
Das Handschuhfach verbirgt seine letzte Waffe: eine fünfundvierziger Magnum.

Sechs Schuss bis zum Waffenladen. Das muss reichen!

Er steigt aus, schließt nicht ab. Plötzlich surren die großen Glastüren. Eine junge Frau kommt herausgerannt. Sie schaut sich ängstlich um. Erneut lächelt er. Die Magnum zielt auf ihren Kopf. Der Frau sieht ihn ungläubig an. Schmale Lippen und große Augen. Wie ein Reh. Mit einem Mal springt sie durch die Hecke am Parkplatzrand. Eine Kugel fliegt ihr hinterher, verfehlt sie.

Soll ich ihr folgen? Nein.

Innen gefliester, kalter Boden. Weit hallen seine Schritte. Der Gang ist lang und leer. Die anliegenden Läden sind erleuchtet. Er kann niemanden darin entdecken. Nur fröhliche Gesichter auf Plakaten.

Flache Menschen ohne Leben mit inhaltslosem Lachen.

Er geht einfach weiter.

Wo ist das Waffengeschäft?

Durch das Deckenlicht dringt gefiltertes Sonnenlicht. Es beleuchtet sanft drei Stockwerke. Er steht jetzt in der Hallenmitte, im Atrium. Allein. Von allen Seiten grinsen die Schaufensterpupen.

Glücklich. Ausstaffiert. Hirnlos. Gedankenlos.

Erneut lächelt und zielt er, verschwendet aber keine Kugel. Dann geht er zum Etagenlageplan an der Rolltreppe.

Wo ist das Waffengeschäft?

Plötzlich Krachen. Schüsse im ersten Stock. Er lauscht aufmerksam. Ersticktes Schweigen! Er stellt sich auf die automatische Treppe, fährt hinauf. Knackend spannt sich der Hahn unter seinem Daumen. Die Magnum ist bereit.

An der rechten Seite erscheint entfernt ein Gesicht. Das Gesicht eines Mannes. Es lächelt ihn an. Die Treppe unter ihm fährt zügig nach oben. Er hebt erneut den Arm, zielt mit ausgestreckter Magnum auf den Mann. Dieser bewegt sich nicht, lächelt weiter, zielt selber - mit seiner Kalaschnikow in die Schulter gedrückt.

Wilde Schüsse zerreißen die Luft. Funken schlagen ringsum aus dem Treppenmetall. Zeitgleich sein Schuss in Richtung des lächelnden Mannes. Blut spritzt, befleckt rot die Decke. Das andere Lächeln verschwindet im Donner.

Ein Ruck in der Schulter reißt ihn rum. Der Atem versagt. Warme Flüssigkeit breitet sich unter seiner Jacke aus. Er sackt zusammen, stützt sich auf die Stufen. Die Treppe ruckelt beharrlich weiter.

Nein! Noch nicht jetzt. Es waren so wenige. Viel zu wenige! Schwach! Bin so...

Langsam rutscht ihm die Magnum vom Finger, holpert klackend die Stufen hinunter.
Oben angekommen fällt er auf den Fliesenboden, bleibt starr liegen. Er sieht Leichen und Verletzte, neben ihm, vor ihm, hinter ihm. Schwärze breitet sich aus. Ihm friert. Jemand kommt näher. Fürsorgliche Worte klingen in seinen Ohren. Dann wird es still.


„Jetzt bei den Achtzehn-Uhr-Nachrichten auf CSN: Ein bisher unbekannter Mann stoppt im Alleingang den Amoklauf eines Wahnsinnigen in einem örtlichen Kaufhaus. Mit seiner heldenhaften Tat rettet er vierundvierzig Eingeschlossenen - davon dreizehn schwer verletzt - das Leben und wird selber lebensgefährlich verwundet. Für vierzig weitere kommt leider jede Hilfe zu spät. Unser Berichterstatter vor Ort, Dante Hicks, wird Ihnen gleich...“

 
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Anmerkung

Im obrigen Beitrag von Marius Mantis befand sich eine von ihm korrigierte Version der vollständigen Geschichte Hagens.

Dieses Verfahren erleichtert Kritikern zwar eine umfassende Kritik, muss aber, falls dies Wunsch des Autors ist, von der Moderation gelöscht werden, Eigentumsrechte und so.

Wenn auch ihr eine fremde Geschichte vollständig überarbeitet habt, um dem Autor zu helfen, dann bitte:
- vorher beim Autor nachfragen, ob es in Ordnung ist, sie in seinem Thread zu posten
- oder das Ganze per PN etc. abwickeln

So machens Marius und Hagen jetzt auch, seine Vorschläge sind also nicht verloren gegangen.

Sollten zu diesem Fall oder einem ähnlichen Fall Fragen oder Nachfragen bestehen, wendet euch bitte an die zuständigen Moderatoren.

 

Hi Mantis.
natürlich musste ich ein wenig über meine Zeilen grübeln und finde, dass sich hinter dem Vorgang viel Diskussions(zünd)stoff befindet, eben weil man es so oder so machen / auslegen kann, es immer mit unterschiedlichen Menschen zu tun hat, die unterschiedlich reagieren, noch dazu die Juristerei hinzu kommt...
Das ist ein (zu?) weites Feld, würde der Theodor Storm wohl schreiben :)

Die Diskussion wird bereits intern geführt, und eure Standpunkte, Hagen und Mantis, werden dabei hilfreich sein. Schaun wird mal, was bei rauskommt.

Bitte zurück zur Geschichte an sich.

Liebe Grüße,
...para

 

Der andere Weg ist so umständlich und zeitraubend, dass ich mir die Mühe nicht mehr machen würde.
@Marius, es ist doch kein Aufwand, die Stellen, wo Du nichts korrigierst, durch drei Punkte zu ersetzen, sodaß nur das stehen bleibt, wo sich auch Deine Vorschläge befinden, oder? :shy:
Bzw. kannst Du doch anstelle der bis zu vier Klammern um Deinen Vorschlag mit dem selben Aufwand zwei Anführungszeichen um das Zitierte machen. ;)
Der Unterschied ist nur das Entfernen dessen, was ohne Änderungsvorschlag bleibt.

Weil es vielleicht so klingt, als wäre das eine Laune von Paranova: Das wurde bereits 2002 so gehandhabt, daß man keine "Fullquotes" posten sollte. ;)

 

Hallo Para, Häferl und Marius :dozey:

Sorry, Hagen, dass das ganze hier so nicht viel mit Deiner Geschichte zu tun hat... Bringt zumindest "Punkte".
Tja, davon hab ich aber nichts. Zumindest nicht wirklich viel. Mir wären weniger Kommentare mit mehr kritsichem Inhalt und Meinungen zu meiner Geschichte lieber.

Das war auch einer der Gründe, warum ich das Fullquote(obwohl die Hinweise ja gut und richtig waren) raushaben wollte. Um nämlich die themenspezifische Informationsdichte des Threads hoch zu halten.
Aber der Schuss is wohl voll nach hinten losgegangen.

@Marius
Du hast mir doch schon früher solche Gesamttextanmerkungen per PN zukommen lassen? Wollen wir das nicht so weiter beibehalten?
Ich denke das wäre im Interesse des Mods, Autors und Lesers ;)

Danke :D und jetzt bitte zurück zum Text

mfg
Hagen

 

Noche ma ich

Hi Hagen,

kurz zu Deiner Überarbeitung:

Flache Menschen ohne Leben mit inhaltslosem Lachen.
bzw.
Glücklich. Ausstaffiert. Hirnlos. Gedankenlos.

Diese Beobachtungen und Interpretationen wirken künstlich. Selbst ich, der ich als Normalo durch die Botanik tigere, schau mir selten Plakate an und Puppen an und schließe auf die Gesellschaft.
Realistischer ist.

1. Wo ist der Waffenladen?
2. Verdammt, wo ist der verfluchte...
3. Ich pack´s ni, sind die etwa pleite?

Der hat doch ´n Ziel, der guckt sich doch nicht die Gegend an. Auch wenn er den Laden sucht, so nimmt er doch nicht die Details war.
Stell Dir vor, Dein Schlüssel fliegt im Dunkeln runter und Du versucht mit dem Licht, das Dein Handy abstrahlt, ihn zu finden, da geht´s doch auch nicht:

"Oh eine Ameise- Sind die etwa noch wach um diese Zeit?"
"Ein Kaukummi, der könnte der vom Schubertjungen sein, der war es bestimmt auch, der mir neulich das Briefkastenschloß zugeklebt hat."
"Ein grüner Grashalm - ja wie lange wird´s wohl noch grünes Gras geben. Diese ganze Betonierung in den Großstädten. Das Wasser kann gar nicht mehr natürlich versickern, das gibt ne Katastrophe im Wasserzyklus. Und es interessiert keinen."

Sondern eher:
"Verdammter Hühnerkot! Wo ist denn der verdammte...Iee...ein Kaugummi, shit das ist eklig. Ich krieg hier noch Aids. Gleich ist die Batterie alle und ich komm´ nicht rein. Wo ist das Teil, überall Gras, warum können die nicht auch unterm Briefkasten betonieren. Verdammte Axt aber auch!"

Oder so...

Insofern kannst Du es in der Passage dichter machen und muß nicht unbedingt Gesellschaftkritik (so wirkt´s auf mich) reinpappen.

So jetzt nochmal zu Gesamtwerk. Wirkt auf mich, wie ein Video-Clip. Aber eben nicht, wie eine Geschichte, die sich mit einem Thema auseinandersetzt oder die die Intention vom Autor rüberbringt.
Oder eben der Anfang von etwas längerem z.B. einem angeschossenem Opfer oder 2 Opfer, die sich im Krankenhaus verlieben etc.

Also nur für sich stehend aus meiner Sicht zu wenig.

Zu deinem Hinweis:

Schade deshalb, weil wirklich Redundanz aufgetreten ist. Die Motiv-des-Täters-Diskusion hatte ich schon weiter oben mit Häferl geführt und dabei klarzumachen versucht, dass es mir nicht darum ging und auch nie gehen wird.
Ich werde die Geschichte nicht in diese Richtung umstellen und verändern.
Ich dachte, ich habe die Motivdiskussion von Euch weitergeführt und Dir daraus resultierend meine Folgerungen und daraus meine Vorschläge unterbreitet, was man noch draus machen könnte.
Ob Du was aufnimmst oder nicht, ist ja Deine Sache. Wollte es nur noch mal aus meiner Sicht bestätigen und so eine Geschichte der Pointe wegen, dazu habe ich ja auch schon geschrieben, daß man da weniger heikle Themen nehmen sollte, die Filmwelt ist voll von solchen Gags von Gangstern, die sich gegenseitig erschießen, verletzen, eine reinhauen (Slapstik).

Eine Aussage bekommst Du aber so nicht rein.

Das ist wie:

Du beschreibst eine Vergewaltigung und dann der letzte Satz:" Er ging ins Kino und schaute sich "Wunderbare Welt der Amelie" an.

Und alle schreien rum:"Was Du sagen willst" oder "Was das soll, häh?"
Und Du sagst:" Ich wollte damit nur zeigen, daß so ein Täter durchaus auch solche Filme schauen kann. Auch nach solch einer Tat."

Ich glaube, das ist zu wenig. Manche Geschichten gewinnen durch den letzten Abschnitt so viel dazu, daß sie gut sind, andere eher nicht. Und gerade bei Gewaltthemen erwartet man vom Autor irgendeine Auseinandersetzung.
Wenn dies Dir hier nicht so wichtig ist, so kann man das verstehen, aber dann wird´s (zumindest bei mir) keine Zufriedenheit geben. Siehe oben, ist mir a bissle zu wenig, selbst oder gerade für ne Kurzgeschichte.

Gut, genug der Redundanz ;)

bis später

mac

 

Hier konnte man einmal miterleben wie aus einer, eigentlich uninteressanten und botschaftslosen Geschichte, mit Hilfe von Komentaren, Reden und Gegenreden doch noch ein einigermaßen lesenswerter Stoff geworden ist.

Wobei die Triebfeder der Diskussion, der Autor selbst, diese Geschichte aufwerten konnte.
:D

 

Ups, an der Stelle hab ich ja noch ein paar Antworten vergessen. Sorry ihr beiden.
Ohne jetzt die Diskussion von neuem aufflammen zu lassen, nur der Freundlichkeit halber noch eine Antwort auf eure Kommentare.


@macsoja

Der hat doch ´n Ziel, der guckt sich doch nicht die Gegend an. Auch wenn er den Laden sucht, so nimmt er doch nicht die Details war.
Sein Hauptziel ist ja die Ermordung der Schuldigen aus welchen Gründen auch immer. Mit seinen "tieferen Einsichten" in sonstawas verurteilt er alles, was ihm oberflächlich erscheint. Dazu muss er aber aktiv suchen. Außerdem stellt diese in deinen Augen "künstliche" Beobachtungsweise den Unterschied des Amokläufers zum Normalo heraus. Das wollte ich zumindest teilweise damit erreichen.


Insofern kannst Du es in der Passage dichter machen und muß nicht unbedingt Gesellschaftkritik (so wirkt´s auf mich) reinpappen.
Das könnte sogar stimmen :D

daß man da weniger heikle Themen nehmen sollte,
Wieso? Angst? Oder nur ein falsches Gefühl von Pietät? :dozey: Heikle Themen sind die interessantesten. Auch wenn man sie nicht gut umsetzt, lohnt sich doch zumindest der Versuch ;)

Und gerade bei Gewaltthemen erwartet man vom Autor irgendeine Auseinandersetzung.
Wieso? Das würde bedeuten, dass man mit Gewalt als inhaltliches Mittel keine anderen Themen mehr bearbeiten dürfte, wenn sich ständig alles um eben diese verwendete Gewalt drehen müsste.


Falls du diese Diskussion vielleicht gerne weiterführen würdest, oder dich vielleicht eine andere auch recht gewaltorientierte Geschichte mit ebenfalls diskussionswürdigem Hintergrund interessiert, dann schau dir doch bitte
Pure Langeweile an. ICh weiß, so ne Selbstempfehlung ist nicht die feine englische, aber da mich deine Meinung interessiert, ich diesen Thread aber gerne abgeschlossen hätte, ist es mal ne Ausnahme.

@Jiri
Äh, :hmm: danke Jiri für den letzten Satz.

Obwohl ich aus verständlichen Gründen dem ersten (und dort vor allen Dingen dem Anfangsteil) nicht zu stimmen kann :D


fnJ
Hagen

 

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