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Heldenschicksal

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10.02.2009
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Heldenschicksal

Marktplatz.

Der Ritter sah den alten Mann unter seiner Kapuze vorwurfsvoll an. "So ein Schwert willst du verkaufen?". Die Hand des Ritters fuhr über die schartige Schneide des reichlich abgenutzten Schwertes. "Was hast du damit gemacht? Schweine geschlachtet und gegen Steine geschlagen?". Fassungslos betrachtete der Ritter das Schwert. "Da ist ein gutes Schwert. Wenn man es richtig behandelt. Du hast es zu Grunde gerichtet, du Bauer. Das tut man nicht, verstehst Du? Ein Schwert so zu behandeln, eine Schande ist das." Der Ritter verfluchte weiterhin murmelnd den alten Mann unter seiner Kapuze aber das Schwert wechselte trotz des malträtierten Zustandes seinen Besitzer für ein paar Silberlinge.

Dungeon.

Schnaufend lehnte er sich an eine Holztür im untersten Geschoß eines verlassenen Klosters. Die Mönche mussten Zwerge gewesen sein, weil sie offenbar viel Spaß daran hatten, sich durch den halben Berg zu graben und ein Labyrinth aus Gängen und Räumen zu schaffen, in welchen sich kein normaler Mensch zurechtfindet. Dazu noch das ganze Viehzeug, das sich in vielen Jahren in solchen Räumen einnistet und jeglichen Besucher als willkommene Abwechslung auf ihrem Speiseplan betrachten.

Er hatte sich aber Recht erfolgreich durch einige übergroße Maden, eine Riesenspinne und eine Horde von Ratten gekämpft. Aber leider nichts Wertvolles gefunden. Wenn das Kloster wirklich Zwergen gehört hatte, dann musste es doch irgendwelche Schätze geben. Edelsteine, Gold oder wenigstens Fässer mit Bier. Zumindest wurde das unter Hand im nahe gelegenen Dorf erzählt. Das alte, verlassene Kloster oben auf dem Berg, voll gestopft mit Schätzen bis oben hin, hinterlassen von Zwergen, die sich in einer Blutnacht alle gegenseitig niedergestochen haben. Keiner der hineinging kam wieder heraus. Die übliche Gruselgeschichte, die einfältige Bauern von jedem verlassenen Ort erzählen, der ihnen Angst macht.

Ihm machte es keine Angst. Herumreisend, immer auf der Suche nach einem Abenteuer, war das die beste Gelegenheit den eigenen Münzbeutel wieder aufzufüllen oder vielleicht sogar richtig viel Gold zu machen. Aber bis jetzt war es ein Reinfall. Viele Stunden irrte er jetzt schon durch den Keller dieses Klosters, räumte ein ums andere Mal das Ungeziefer aus dem Weg nur um eine Treppe zu finden, die wieder ein Stockwerk tiefer ging und sich alles wiederholte. Und die ganze Zeit über nichts gefunden, zumindest wenn man keinen Wert auf abgehackte Spinnenbeine, herausgerissene Rattenaugen und aufgeschlitzte Madenmägen legt.

Aber vielleicht, hinter dieser letzten Holztür. Vielleicht die Schatzkammer der Zwerge! Er nahm sein Schwert fest in die Hand und holte aus um die Tür einzuschlagen, überlegte es sich jedoch anders, zog an dem Griff und öffnete die Tür einfach so. Stolz über seine eigene Schlauheit zog er die Tür ganz auf und sah sich um. Eine kleine Kammer, mehr nicht. Ein Tisch, ein Stuhl. Regale mit seltsamem Zeug. Eine Truhe. Ein Bett. Moment. Ein Bett mit jemand darin! Ein dürrer, kleiner, alter Mann, der gerade aufwachte, sich aufrichtete und ihn erstaunt ansah. Zu mehr kam er nicht. Geschulte Reflexe, ein gutes Auge und die tiefe Überzeugung, dass man manche Dinge besser schnell erledigte, trennten seinen Kopf von den Schultern bevor er "Ah" sagen konnte.

Der abgeschlagene Kopf kullerte auf den Boden und rollte unter den Tisch, der Körper des Alten klappte mit einem dumpfen "Ähhhpffzz" wieder nach hinten ins Bett. Eine kurze Phase der Aufregung wurde wieder durch die Ruhe eines tiefen Kellers ersetzt. Nur wenn man ganz genau hinhörte konnte man das aufgeregte Rascheln der Kakerlaken hören, die sich auf eine üppige Mahlzeit freuten. Und man hörte das Rumsen der zuschlagenden Holztür. Sein Blick streifte fragend zur Tür, musste wohl irgendwie schief sein, denn Wind gab es hier unten nicht. Egal.

Er durchsuchte das Zimmer von dem Kerl, aber es war nur voll gestopft mit wertlosem Kram. In der Truhe waren nur ein Plattenhelm und ein paar abgewetzte Lederhandschuhe. Irgendjemand hatte den Helm völlig sinnlos verbeult, so als ob der Träger mehrfach von großen Steinen getroffen worden wäre. Praktisch wertlos, in diesem Zustand. Das war's. Stundenlanges schleichen durch Dreck hatte ihm nichts Lohnendes eingebracht. Nur ein alter Penner, der sich hier eingenistet hatte, musste mit seinem wertlosen Leben bezahlen. Ärgerlich stapfte er zurück zu Tür und wollte den Raum und dieses ganze dreckige Kloster verlassen. Genug gearbeitet für heute, bestimmt war es draußen schon dunkel. Er würde zurück in das Dorf gehen, zur Schänke und erzählen, dass es hier nichts gab. Nein, er würde was von einem schrecklichen Monster erzählen, damit sich die blöden Bauern noch mehr erschreckten.

Er wollte die Holztür aufdrücken, aber diese gab nicht nach. Er versuchte es mit etwas mehr Kraft aber die Tür knarrte nicht einmal. Seufzend hob er sein Schwert und lies es gegen die Tür krachen. Es prallte unangenehm zurück, als ob er auf Eisen geschlagen hätte. Er versuchte es noch einmal, auf den Rückschlag vorbereitet, aber es gab einfach nur ein helles, schreiendes Geräusch als die Scheide des Schwerte an der Tür entlangschrammte ohne dieser auch nur den geringsten Schaden zuzufügen. Das war schlecht, noch ein paar Schläge und sein Schwert würde dauerhaft Schaden nehmen.

Also untersuchte er die Tür genauer. Aber sie schloss sich nahtlos an die Steinwand an. Kein Griff, kein Hebel, kein Schlitz um das Schwert hineinzustecken und die Tür auszuhebeln. Eindeutig hochwertige Zwergenarbeit. Scheiß Zwerge. Seufzend ging er zwei Schritte rückwärts und setzte sich aufs Bett. Auch das noch. Eingesperrt in einem finsteren Loch. Bestimmt gab es irgendwo einen geheimen Schalter um die Tür zu entriegeln. Der Wicht hätte bestimmt gewusst wo, aber den konnte er jetzt nicht mehr fragen. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Müde lehnt er sich zurück an die Wand. Schalter suchen. Hilft ja nichts.

Er lies seinen Blick über die Wände gleiten. Nur Steine, keine Fugen, keine Ritzen. Typische Zwergenarbeit. Auch keine Fackeln an der Wand, die man drehen konnte. Auch wenn ihm so was noch nie untergekommen war, er suchte dennoch immer wieder danach. Ammenmärchen. Die Lösung war bestimmt ganz einfach. Irgendwo direkt vor seiner Nase. Versteckt von ein paar Hutzelmännchen, die glaubten, sie wären schlauer als er. Nie und nimmer! Er wurde richtig wütend, je länger er auf dem Bett saß.

Er ging zur Tür und trat wütend dagegen. Im Bett kicherte jemand. Wieder waren die Reflexe schneller als der Kopf, das Schwert sauste in hohen Bogen auf das Bett nieder, dort hockte ein alter Mann, erstaunlicherweise wieder mit Kopf, was ihm nicht viel nützte, da er in diesem Moment in zwei Teile gespalten wurde. Das Schwert glitt noch tiefer und teilte auch fast den ganzen Körper in zwei Hälften, die wieder mit einem "Ähhhpffzz" aufs Bett zurücksanken. Eine erhebliche Menge an Blut sickerte ins Bett. Noch so einer? Wo kam der her? Er riss wütend die Bettdecke herunter, fetzte sie über den Tisch. Gläser klirrten, Bücher fielen um, Staub wirbelte auf.

Sein Blick glitt über das Bett. Nur ein alter, toter Mann. Wo war der andere, dessen Kopf er abgeschlagen hatte? Verdammt. Er schaute unter den Tisch. Da sollte ein Kopf liegen. Lag aber keiner. Da wurde ja immer lustiger hier. Er blickte sich gehetzt um. Löcher in der Wand! Geheimgänge! Er zog das Bett von der Wand. Kein Loch dahinter. Er riss das Regal um. Zerrte den Tisch in die Mitte. Nichts. Zumindest nichts zu sehen. Aber nicht untypisch. Nahtlose Türen in Felswänden waren eine Spezialität der Zwerge. Hier war keine Muskelkraft gefragt, hier musste man mit Köpfchen vorgehen.

Er setzte sich auf das Bett mitten im Raum, neben den Toten, dessen Blut alles vollgekleckert hatte und beobachtete die Wände. Irgendwann würde sich ein Stück Wand öffnen, so ein kleiner gemeiner Wicht würde seinen Kopf hereinstecken, dann war wieder für einen Moment Muskelkraft gefragt und anschließend war der Weg frei nach draußen. Ein Frage der Geduld, nur keine Panik. Und ein bisschen ausruhen war nach dem anstrengenden Tag sicher nicht verkehrt. So wartete er. Aber es tat sich nichts. Sein Blick wanderte müde umher. Blickte auf den halbierten Kerl im Bett.

War sein Schwert nicht viel tiefer eingedrungen? Er hätte schwören können, dass er einen Blick auf seinen Magen werfen konnte, bevor er umkippte. Jetzt war gerade noch sein Hals gespalten. Müde und überarbeitet lautete seine Selbstdiagnose. Weiter warten. Vor sich hinstarren und auf leise Geräusche achten, von welchen es nicht viel gab. Die Ruhe, die Düsternis, machte ihn schläfrig. Vielleicht etwas ausruhen. Er blickte wieder zur Leiche des Mannes. Was zum….

Erschocken sprang er auf. Der Hals war nicht mehr gespalten, der ganze Kopf war nicht mehr gespalten. Er wuchs wieder zusammen! Es gab hier nicht mehrere Kerle, die umherschlichen. Es gab hier nur einen Kerl, der sich wieder heilte. Verdammter magischer Dreck. Er wurde wütend, richtig wütend. Mit einem seitlichen Rückhandschlag trennte er wieder den Kopf ab, der über den Bettrand zu Boden rollte. Er sprang auf und begann auf das Bett einzuschlagen, immer und immer wieder. Er hieb den ganzen Körper in so viele kleine Stücke, dass das Bett aussah wie der typische Arbeitsplatz eines Metzgers, der seine Arbeit mit großer Hingabe erledigt.

Schweiß strömte über sein Gesicht, überall war Blut, das Schwert triefte geradezu. "Los, steh wieder auf, steh wieder auf" brüllte er. Dann beruhigte er sich wieder, kickte noch den Kopf wütend gegen die nächste Wand, an der er knackend auftraf und zu Boden fiel. Ein Auge starrte ihn aus einem seltsamen Winkel heraus an. Er packte die Decke vom Tisch und warf sie über den Kopf. Dann stand er da, mitten in einem kleinen Raum, das er wie ein kranker Psychopath in eine Schlachtplatte verwandelt hatte. Das war eigentlich nicht seine Art. Schnaufend ging sein Atem, er wollte sich wieder aufs Bett setzten, überlegte es sich aber in letzter Sekunde anders und setzte sich lieber auf den Boden.

Seine Gedanken sortierten sich. Wenn es nur einer war, dann gab es wohl auch keinen Geheimgang. Dann blieb vielleicht doch nur die Tür. Die Tür und der geheime Schalter. Wo könnte er sein? Er hatte in seinem Blutrausch praktisch kein Teil unberührt gelassen. Also noch einmal alles gründlich absuchen. Jeden Quadratzentimeter der Wand abtasten, die Decke absuchen. Den Boden. Irgendwo musste was zu finden sein. Aber er war so Müde. Nur eine kurze Pause, nur etwas verschnaufen, bevor die Sucherei losging. Langsam fielen seine Augen zu. Nur nicht einschlafen. Nicht einschlafen.

Plötzlich zuckte er hoch. Eingeschlafen, bin ich eingeschlafen? Hatte sich etwas bewegt, im Bett? Er drehte sich um. Da lag er wieder. Der Körper des alten Mannes hatte sich fast vollkommen wiederhergestellt. Die ganzen kleinen Teile, das Blut, alles wieder angewachsen. Nur der Kopf fehlte noch. Wie macht der Kerl das, fragte er sich erstaunt. Andererseits, der Kopf wusste wie man hier herauskam. Wenn er wieder aufwachte, konnte er fragen, wie die Tür aufgeht. Allerdings, wer weiß, vielleicht würde er es ihm übel nehmen, dass er sein Zimmer verwüstet und ihm zweimal den Kopf abgeschlagen hat. Ein Versuch war es trotzdem Wert. Er konnte ihn ja fesseln bevor er wieder ganz aufwachte.

Ärgerlicherweise gab es in dem Raum zwar viel Gerümpel aber keinen brauchbaren Strick. Er behalf sich mit der in Streifen gerissenen Bettdecke und fesselte den Körper so gut es ging. Lange würde das aber nicht halten. Er setzte sich daneben, das Schwert auf dem Schoß. Langsam, Stück für Stück, wuchs der Kopf wieder an seine richtige Stelle. So als ob die Teilchen von dem Kopf an der Wand an die richtige Stelle zurückspringen. Unheimlich. Nach einer Weile war der Kopf wieder komplett. Unversehrt lag der Mann da und schlug plötzlich die Augen auf. Er erschrak und wich zurück. Der Alte starrte ihn erst verschlafen, dann zornig an. Blickte sich um und begann dann laut zu lachen. Er packte ihn. "Die Tür! Wie komme ich heraus! Sag es mir. Sag es mir und ich lasse dich am Leben".

Als er den Satz zu Ende gesprochen hatte, fiel ihm auf, wie sinnlos er in der momentanen Situation war. Aber so sagte man das eben immer, das war gut eintrainiert, er sagte so einen Satz nicht zum ersten Mal in seinem Leben. Doch der Alte lachte noch mehr. Mit einem schnellen Hieb trennte er ihm den linken Arm ab. Reflexe. Der Alte starrte auf seinen Arm, der nun ein Stück weiter weg auf dem Boden lag. Wenigstens lachte er nicht mehr. Nach eine kurzen Schockphase begann das Blut aus dem Armstumpf herauszusprudeln. "Ich kann noch ganz andere Dinge mit dir anstellen, wenn du mir nicht verrätst, wie ich hier herauskomme".

Doch der Alte starrte ihn nur durchdringend an. "Wir sprechen uns später" sagte er mit einer rauen Stimme. Dann sagte er nichts mehr. Er sagte auch nichts, als der andere Arm in einer Blutfontäne davonflog. Stoisch nahm er es hin, als er ihm die Beine abschlug. Scheiße. Was hat jemand außer Schmerzen zu befürchten, wenn alles wieder anwächst? Er wollte ihm noch drohen, die Einrichtung zu zerschlagen, wenn er nicht antwortet, aber da kippte der Alte schon bewusstlos nach hinten. Der Blutverlust, der Schock, das kann einen schon umhauen.

Wieder stand er alleine da. Wieder stand er vor einem Bett, dass er in eine blutige Schlachtplatte verwandelt hatte. Wieder musste er sich auf den Boden setzten. Wütend sprang er auf, und schlug mit dem Schwert immer wieder auf die Tür ein. Immer wieder, bis ihn die Kraft verlies. Klirrend fiel das Schwert zu Boden. Die Tür hatte keinen einzigen Kratzer. Verfluchte Zwerge. Verdammter alter Sack. Er wütete und trat zornig noch eine Weile alles was er fand zusammen, bis er atemlos aufgab. Er setzte sich wieder auf den Boden. Müde. So Müde. Nur ein bisschen schlafen.

Aber wenn er einschlief und der Alte zuerst aufwachte? Das wäre schlecht. Er rappelte sich hoch, nahm sein Schwert und schlug dem Toten den Kopf ab. Wieder mal. Nur ein paar Minuten die Augen zumachen, nur eine Minute schlafen. Seine Augen fielen zu. Er ruckte wieder hoch. Eingeschlafen? Bin ich eingeschlafen? Aber es hatte sich nichts getan, der Kopf lag noch daneben. Die Nerven. Er nahm den Kopf legte in auf den Boden und setzte sich darauf. Knack machte es. Wenn der Kopf wieder anwuchs, so seine Theorie, würde er unter seinem Hintern verschwinden, er würde davon aufwachen und konnte ihm den Kopf wieder abschlagen. Und dann eine Lösung finden. Nach dem Schlafen.

Wieder zuckte er. Er erschrak. Wie lange habe ich geschlafen. Wo ist der alte Sack. Er wollte sich umdrehen, aber es ging nicht. Scheiße. Er lag auf dem Bett, gefesselt. Wo kamen die Stricke her? Er konnte den Kopf heben und zur Tür schauen. Sie war offen. Oberscheiße. "Guten Morgen, der Herr" keckerte der alte Mann plötzlich neben ihm. "Gut geschlafen?" kichernd setzte sich der Alte an seinen Tisch hinter ihm. Er hatte sogar Zeit gehabt um aufzuräumen. Von wegen nur ein paar Minuten schlafen. "Es ist ein Gas in einem meiner Kolben, den du zerbrochen hast. Ein Schlafmittel, das sehr Müde macht. Ich habe hier immer so eines herumstehen. Es wird eigentlich immer zerbrochen. Ihr Abenteurer seid so … berechenbar".

Er sagte nichts, starrte nur auf die offene Tür, konnte sich nicht viel bewegen. Nachdem was er hier angestellt hatte, befürchtete er nichts Gutes. "Es tut gut mal wieder mit jemanden zu reden. Wirklich wahr. Ich bekomme hier nicht oft Besuch, weißt du?" Der Alte klapperte und rührte auf seinem Tisch hinter ihm herum. Er konnte nicht sehen, was dort geschah. "Früher, als ich noch in der Stadt wohnte, bekam ich öfter Besuch. Aber das war ein Problem. Die Stadtwachen begannen sich irgendwann zu wundern, wieso ich soviel Besuch bekam, der nicht mehr ging." Der Alte kicherte. "Dabei mache ich nur meinen Job. Bei einem Metzger erwartet man ja auch nicht, dass die Schweine hinten wieder glücklich herauskommen. Aber bei einem Alchimisten sind die Leute empfindlich. Erfinde mir dies, mach mir Gold aus dem, aber bring dabei keinen um".

Er konnte sehen, dass der Alte neben ihm auftauchte und ein Fläschchen in der Hand hielt. "Aber irgendwann kommt man mit Tierversuchen nicht mehr weiter. Ein paar meiner Tierchen hast du beim herein gehen bestimmt getroffen. Aber keine Sorge, ich bin nicht beleidigt, dass du sie erschlagen hast. Sie gehören nur irgendwie dazu finde ich. Trink das!". Das Fläschchen mit dem Elixier drückt sich an seine Lippen, irgendeine bittere, schleimige Substanz gluckerte in seinen Hals. Widerlich, er wollte spucken aber das Zeug rann bis hinten in seine Kehle. Atmen oder schlucken. Atmen oder schlucken. Das Atmen gewann, er schluckte das Zeug hinunter.

Der Alte zog derweil einen Strick fest um seinen Oberarm. Dann packte er das Schwert und schlug ihm unterhalb des Stricks den Arm ab. Es blutete kaum. "Abbinden nennt man das. Es erlaubt einem mehr Experimente zu machen, bevor das Opfer stirbt. Etwas, das du übrigens vergessen hast.". Erst spürte er gar nichts. Nur eine Art Schock zog sich durch seinen Körper, die Nerven zogen sich zusammen, entspannten sich dann, wollten bluten aber es ging nicht. Stattdessen beschloss sein Magen zu kotzen. Er würgte und spie, das eklige Zeug von vorhin kam wieder hoch, lief wieder in seine Kehle, er schluckte es erneut.

"So, nun wollen wir mal sehen, ob der Arm wieder anwächst. Vielleicht bis du ja ein Siegertyp. Einer bei dem es klappt. Vor Jahren, bei einem wagemutigen Selbstversuch, habe ich ein Elixier getrunken, das dafür sorgte, dass ich immer wieder zusammenwachse. Egal was ich mit meinem Körper anstelle. Aber das hast du ja gesehen. Wie oft hast du mir den Kopf abgeschlagen? Dreimal, Fünfmal? Ist nicht angenehm, wirklich nicht." Er konnte nichts sagen, lag nur da. Was für eine Scheiße man erleben kann, das glaubt man nicht.

"Und schon was angewachsen?" plauderte der Alte und blickte prüfend auf seinen Armstumpf. Dann hob er den Arm auf und wedelte damit vor seinem herum. "Sieht nicht gut aus! Den kannst du wohl vergessen". Der Arm flog in hohem Bogen in die Ecke. "Aber wir haben ja noch ein paar Versuche, nicht wahr? Es kommen immer wieder welche, die nach Schätzen suchen. Manchmal erwischen sie meine Tierchen, manchmal erwische ich sie und manchmal werde ich überrascht. Es kommt zum Glück nicht so häufig vor. Alles in allem ist es hier viel angenehmer als in der Stadt. Man muss die Leute nicht entführen, die andere Leute dann vermissen und suchen. Hier kann ich einfach warten bis ein Abenteurer kommt, ungestört meine Experimente ausführen und niemand stellt anschließend komische Fragen. Abenteurer kommen nun mal um, so ist das eben."

Wieder ging der Alte an seinen Arbeitstisch. "Ein bisschen hiervon, etwas davon." Kam wieder zurück und kippte ihm im Prinzip noch einmal das gleiche bittere Zeug in den Mund, band seinen anderen Arm ab und schlug das untere Stück ab. Diesmal musste er nicht kotzen, dafür pisste er sich in die Hosen. "Weißt du was ich gut finde? Dass du dein Schwert nicht total zerstört hast. Ich hatte hier schon welche, die haben so randaliert, man glaubt gar nicht zu was Menschen fähig sind. Dabei sind wir doch zivilisiert! Hast du den Helm gesehen? Der Idiot hat sich solange den Kopf an die Wand gehauen, bis er gestorben ist. Gestorben für nichts. Nicht einen Versuch konnte ich ausführen. Ja, nicht einmal den Helm kann ich verkaufen. Das war ein Scheißtag, den möchte ich nicht noch einmal erleben, das kann ich dir sagen. Und, schon was angewachsen?".

Er hingegen erlebte gerade seinen Scheißtag. Als der Alte das dritte Mal mit seinem Gesöff ankam, war er gierig es zu trinken. Schlimmer kann es ja nun wirklich nicht mehr kommen. Er hoffte, dass es wirkt. Wenn es wirkt, wächst alles wieder an. Dann wäre er … unsterblich. Er könnte dann Leute überfallen und es musste ihn nicht mehr kümmern, ob er verletzt würde oder nicht. Er könnte dann rauben und plündern wie es ihm gefiel. Er spürte noch, wie ihm der Alte ein Bein abschlug. "Oh bitte, mach dass es wirkt. Mach, dass es wirkt.". Schleier tanzten vor seinen Augen. Müde. So kalt.

"So schauen wir mal. Ach übrigens, Körperteile die fehlten bevor man das Elixier genommen hat, wachsen nicht mehr nach." Er hielt ihm die Hand vors Gesicht. "Siehst du. Die Spitze des Ringfingers fehlt. Ist nie wieder nachgewachsen. Schon komisch oder." Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. "He, nicht schlafen. Das sind wichtige Experimente."

Marktplatz.

Der Ritter sah den alten Mann unter seiner Kapuze wieder vorwurfsvoll an. "Habe ich Dir nicht erklärt, dass man auf Schwerter gut aufpassen muss? Was hast du mit diesem da angestellt? Felsen gespalten? Manche Leute sind wirklich unbelehrbar."

 

Hallo Reiswind und willkommen auf kg.de!


"So ein Schwert willst du verkaufen?". Die Hand des Ritters fuhr über die schartige Schneide des reichlich abgenutzten Schwertes. "Was hast du damit gemacht? Schweine geschlachtet und gegen Steine geschlagen?". Fassungslos betrachtete der Ritter das Schwert. "Da ist ein gutes Schwert.
Du siehst, worauf ich hinaus will? Vorschlag: 2. Schwert durch Waffe, 3. durch Klinge ersetzen, damit nicht so viele Wiederholungen vorkommen.

abgehackte Spinnenbeine, herausgerissene Rattenaugen und aufgeschlitzte Madenmägen
Ieh ... Der hat noch Zeit, den Ratten die Augen raus zu reißen? :D

Seufzend hob er sein Schwert und lies es gegen die Tür krachen. Es prallte unangenehm zurück, als ob er auf Eisen geschlagen hätte.
Hach, wie logisch bei einer Holztür ...

Seufzend ging er zwei Schritte rückwärts und setzte sich aufs Bett.
Ieh, der setzt sich auf das Bett, das noch voll ist vom Blut des alten Mannes, und dessen Körper, und es macht ihm nichts aus ...

Auch keine Fackeln an der Wand, die man drehen konnte.
Aber der Prot braucht ja keine Fackeln, der kann ja anscheinend auch im Dunkeln ganz gut sehen. :D

Er hätte schwören können, dass er einen Blick auf seinen Magen werfen konnte, bevor er umkippte.
Oh, ich glaube, dein Prot könnte einen Namen gut vertragen ... Oder du musst deutlicher machen, welches 'er' wann gemeint ist. So ist das etwas verwirrend.

Unversehrt lag der Mann da und schlug plötzlich die Augen auf. Er erschrak und wich zurück.
Wieder so eine Stelle.

Wieder zuckte er. Er erschrak. Wie lange habe ich geschlafen. Wo ist der alte Sack. Er wollte sich umdrehen, aber es ging nicht. Scheiße. Er lag auf dem Bett, gefesselt.
Oh, oh, pöhse. :D

Atmen oder schlucken.
Netter Versuch, aber so ist das unlogisch. Wie wäre es mit 'schlucken oder ersticken'?

So, bin am Ende angelangt und ich muss sagen, dass mir die Geschichte doch ganz gut gefallen hat. Ich war vor Spannung gefesselt, fast wie der Abenteurer. :D Wie der alte Mann unten lebt, wieso er sich regenerieren konnte und so, hast du letztendlich enthüllt und sogar einen Bogen zurück zum Anfang gespannt. Toll. :)

Nur wie es sein kann, dass die Holztür nicht zerstört werden konnte, das fehlte mir.

Ich hoffe, bald noch mehr von dir zu lesen. :)


Grüße von Jellyfish

 
Zuletzt bearbeitet:

Ieh ... Der hat noch Zeit, den Ratten die Augen raus zu reißen? :D

Das war eine Anspielung auf diverse Computerspiele, in welchem man massenhaft solches Zeug sammelt. Ohne den Zusammenhang zu solchen Spielen wirkt es natürlich etwas komisch.

Hach, wie logisch bei einer Holztür ...

Stimmt! Ich wollte ja noch darauf eingehen, dass die Tür von dem Alchimisten mit speziellen Zeug behandelt worden ist, erstens, damit sie zugeht, zweitens, damit keiner einfach ausbricht. Und bei einer mit Eisen beschlagenen Steintür wäre man wohl vorsichtiger, als bei einer Holztür, die leicht zerbrechlich ausschaut.

Aber der Prot braucht ja keine Fackeln, der kann ja anscheinend auch im Dunkeln ganz gut sehen. :D

Dachte ich mir auch. Wo kommt das Licht her? Soll ich ihn eine Fackel herumschleppen lassen. Was stellt er damit an? Im Dunkeln sehen? Oder magische Leuchtsteine! Glühende Würmer. Seufz. Dann habe ich es weggelassen, in der Hoffnung, dass es niemanden aufällt.

Ich hoffe, bald noch mehr von dir zu lesen. :)

Vielen Dank.

 

Hallo Reiswind.

Kleiner Nachtrag: Es bleibt auch die Frage offen, wieso der Prot vom Schlafgas einschläft, der Alchemist aber quietschfidel bleibt.

Du kannst natürlich alle Fragen hinterher in einem Kommentar beantworten, aber besser ist es, wenn die Geschichte für sich selbst spricht.

Vorschlag für die Holztür: Schreib doch, dass sie nur von außen wie eine Holztür aussah. Im Innern kann sie ja aus Stahl bestehen, der durch die Befreiungsversuche anderer Abenteurer innen schon freigeschabt wurde.

Vorschlag für das Licht: Eine Fackel würde ich dem Prot nicht geben. Der hat schon ohne genug Blödsinn gemacht. :D Was hältst du davon, wenn das Kloster unterirdisch von Leuchtstoffröhren an den Wänden erleuchtet ist? Würde irgendwie passen, immerhin waren solche auch in den Zwergenruinen aus Morrowind zu finden, und für den Alchemisten dürfte sowas kein Problem sein.

Ich hoffe, ich kann dir damit weiterhelfen.

Grüße von Jellyfish

 

Du kannst natürlich alle Fragen hinterher in einem Kommentar beantworten, aber besser ist es, wenn die Geschichte für sich selbst spricht.

Ich kopiere die Kommentare unter den Text und hebe sie auf. Wenn ich die Geschichte überarbeite, werde ich das sicher aufgreifen.

Im Moment treibt mich aber etwas anderes um und mein Kopf dreht sich dann immer solange um diese Idee, bis ich sie aufschreibe. Erst dann bin ich das Thema los und kann mich wieder um was anderes kümmern. Zum Beispiel um meinen Chef der gerade zu Tür reinkommt...

 

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