Mitglied
- Beitritt
- 19.02.2008
- Beiträge
- 4
Hexe Hexe
Ich versuche nach oben zu blicken, damit ich die ersten Sonnenstrahlen des Tages sehen kann, aber es gelingt mir nicht. Mein gesamter Körper scheint schon in der Hölle zu schmoren, dort wo eigentlich auch meine Seele sein sollte. Ich weiß es klingt bitter, aber gegen diese Hassgefühle für die Menschen hier, kann ich nichts ausrichten.
Seit gestern lieg ich in dieser eigentlich unmöglichen Position und warte. Warte gespannt auf das was passieren wird. Seit gestern Abend sind keine betrunkenen Wächter mehr in die Zelle gekommen und haben mich vergewaltigt. Niemand hat auf mich wieder gespuckt oder uriniert. Liegt das daran, dass ich ihnen zu verkrüppelt bin und sie etwas frischeres wollen?
Plötzlich geht die Tür geht quietschend auf und herein kommen zwei maskierte Männer. Mit jedem Schritt, vibriert der ganze Boden und lässt mich zusammenzucken.
Einer der beiden Männer packt mich an meine Achseln und zieht mich mit einem Ruck hoch. Der Schmerz schießt elektrisch durch meinen ganzen Körper. Ich kann aber nicht schreien, da meine Kehle viel zu ausgedörrt ist, stattdessen lasse ich nur einen heiseres Krächzen von mir. Die Wächter oder was sie auch sind, scheinen überaus amüsiert davon zu sein und fangen lauthals an, mich in meiner jämmerlichen Gestalt auszulachen. Sie stellen mich auf meine eigenen Beine, lassen mich los, nur um dann wieder loszulachen, weil ich wie eine hilflose Puppe zusammenklappe. Ich weiß, dass ich nur noch ein Wrack bin, ich kann mich nicht mehr bewegen, nicht einmal mehr weinen. Schließlich erbarmen sich die zwei, nehmen mich wieder bei den Schultern und ziehen mich nach draußen.
Ich bin der Hexerei wegen angeklagt. Irgendein Idiot fand es wohl lustig ein Gerücht über mich zu verbreiten, denn wenn einmal so was im Umlauf ist, gibt es kein zurück mehr.
Man hatte mich schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt durch Verbrennung.
Während des Verhörs hatten sie mich körperlich und seelisch gefoltert. Angefangen hatten sie mit den Daumenschrauben. Danach steckten sie meine Beine in spanische Stiefeln. Diese Stiefel waren komplett aus Eisen und mit mehreren Löchern versehen. In diese Löcher wurden dann lange, dicke Nägel gesteckt und durch meine Unterbeine gebohrt. Meine Schien- und Wadenbeine waren zertrümmert; dass hatte zur Folge, dass ich nicht mehr laufen konnte. Ich erinnere mich, dass ich ohnmächtig geworden war, als ich sah wie das ganze Blut herausspritzte. Man spritzte mich allerdings mit Wasser wieder wach, damit sie noch mit weiteren Foltermethoden fortfahren konnten.
Unentwegt fragte sie mich aus, wollten wissen wie der Teufel denn aussieht, was er mit mir gemacht hatte, wie ich zu seinem Anhänger geworden bin und wer weitere Mitglieder waren. Ich konnte keine nennen, wollte keine nennen.
Vor einem Wagen bleiben die zwei Henker stehen und werfen mich dort rein. Der eine gießt Wasser über meinen Kopf und in meine vertrocknete Kehle, dann fahren sie los. Bei jeder Unebenheit des Bodens zucke ich vor Schmerzen zusammen. Mein Arm hängt ausgekugelt aus dem Viehwagen raus, aber das stört mich nicht wirklich. Unterwegs zu meinen Todesplatz sehe ich viele bekannte Menschen. In einigen Gesichtern kann ich Mitleid heraus lesen, in anderen wiederum aber auch Abscheu. Kleine Kinder rennen neben den Wagen her, stupsen mich mit ihren Stöcken an, die sie in der Hand halten und schreien die ganze Zeit über „Hexe, Hexe“!
Ich schließe die Augen und schweife wieder zurück zur Verhandlung.
Als ich immer noch nicht gestehen wollte, dass ich eine Hexe bin, klebten sie mir mit Schwefel getränkte Federn an den nackten Körper und ließen sie anbrennen. Sie peitschten mich mit einem nassen Reisighaufen aus und als sie noch drohten, mir die Augen auszubrennen konnte ich einfach nicht mehr. Es war schwach von mir gewesen, mich so unter Druck setzten zu lassen, aber ich wollte wenigstens mein Augenlicht behalten, damit ich die Sonne sehen konnte und andere Schönheiten der Natur, bevor ich starb.
Ich sagte dem Richter Dinge die nicht stimmten, ich erfand Geschichten, damit sie mich endlich in Ruhe ließen, nannte Namen von meinen Freunden, verriet alle Menschen, die mir wichtig waren. Alles nur aus Eigennutz, damit ich nicht mehr Leiden musste.
Mit einem Ruck bleibt der Wagen stehen. Ich öffne die Augen wieder und sehe in das hämische Grinsen der Menschenmasse.
Jetzt ist es soweit. Ich werde aus dem Wagen geholt und wie ein nasser Sack über die Schulter gelegt. Der Pfarrer liest schon die Anklage vor und nennt das Todesurteil. Ein Jubeln geht durch die Menge.
Ich werde mit schweren Stricken am Pfahl festgebunden gebunden, damit ich nicht herunterrutschen kann. Dann wird das Feuer angezündet.
Der beisende Rauch steigt in meine Lungen und lässt meine Augen tränen. Ich huste, denn das Atmen fällt mir schwer. Die erste Flamme leckte schon an meinem braunen Büßerkleid. Schnell erfasst das Feuer auch den Rest und greift nun meine ohnehin schon verbrannte Haut an. Mit aller Kraft fange ich an zu schreien. Ich schreie nicht weil das Feuer mich verbrennt.
Nein, ich schreie die Menschen an, die dort unten stehen und mir zusehen wie ich verbrenne. Ich schreie den Pfarrer an, der mich der Hexerei beschuldigt hat. Ich schreie die Männer an die mich hergebracht haben und sich über mich lustig gemacht hatten.
Ich spüre wie meine Wimpern angesenkt werden und meine Haare zu Asche zerfallen. Ich rieche mein eigenes angebranntes Fleisch und schreie immer noch. Ich schreie auch weiter, als ich schon längst tot bin. Ich schreie weiter in den Herzen der Menschen, die die Hölle auf die Erde geholt hatten.