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Hilfeschrei aus Österreich

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07.02.2002
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Hilfeschrei aus Österreich

Die Kette ergreifender Briefe reißt nicht ab. Diesmal erreichte mich ein Hilfeschrei aus dem Geburtsland unseres ehemaligen Reichskanzlers. Aber bitte lesen Sie selbst die bewegenden Zeilen einer jungen Österreicherin, die - von Ihrer Spielsucht getrieben - für die uneingeschränkte Globalisierung der Gewinnspielindustrie eintritt:

Werter Herr Zensor!

Ich bin zutiefst gerührt, wie Sie Sich immer der Sorgen Ihrer Mitbürger annehmen.
...
Viel lieber möchte ich Sie mit einem mir viel dringender und wichtiger erscheinenden Problem konfrontieren, das mir außerordentlich am Herzen liegt. Ich fühle mich so furchtbar diskriminiert, weil ich Österreicherin bin und deshalb an ausländischen Gewinnspielen nicht teilnehmen darf. Stellen Sie Sich vor, was hätte ich alles schon gewinnen können, wäre es mir nicht verboten. Ich darf zwar deutsche Zeitschriften kaufen und dafür mehr bezahlen als Deutsche, aber gewinnen darf ich nicht. Ist das nicht eine himmelschreiende Ungerechtigkeit?! Helfen Sie mir doch bitte....
Schauen Sie, was mein Finanzminister zum Beispiel zu Spielen im Internet sagt - abgesehen davon, daß ich gerade draufkomme:

ICH HABE MICH STRAFBAR GEMACHT, WEIL ICH NEULICH AN EINEM PREISAUSSCHREIBEN TEILNAHM!!!!

Mich würde interessieren: Was können Sie nun tun, um mich von meiner Schuld zu befreien und möglichst noch mein Problem zu lösen?
Ich zitiere den Finanzminister und verabschiede mich vorher, vielen Dank im voraus für Ihre Hilfe!

Hochachtungsvoll
Häferl-Susi

"Glücksspiele im Internet (Ausländische Glücksspiele) - Was ist zu beachten? Grundsätzlich gilt: was sonst nicht erlaubt ist, das ist auch im Internet verboten. Das Anbieten von ausländischen Glücksspielen in Österreich, wie auch die Teilnahme an ausländischen Glücksspielen vom Inland aus ist - auch auf elektronischem Weg - nicht zulässig! Besondere Vorsicht gegenüber nicht näher bekannten Veranstaltern sollte schon deshalb herrschen, weil gegen allfällige Vorenthaltung von Gewinnen oder im Betrugsfall rechtliche Schritte kaum möglich oder gar erfolgreich sein werden (Offenlegung der eigenen strafbaren Handlung). Die staatlich kontrollierten österreichischen Glücksspiele haben hingegen einen Sicherheitsvorsprung! Auch auf dem Daten-Highway."


Ja, liebe KG-Freunde, wie können wir der jungen Dame helfen? Was sollen wir ihr raten, damit sie endlich auch am niederländischen Cannabis-Cup-Contest teilnehmen kann?

Oder wäre es nicht an der Zeit, dem jungen, verirrten Menschen einen ganz anderen Weg aufzuzeigen, und zwar den Weg, der sie von ihrer schrecklichen Spielsucht befreit?

Ich muss gestehen, dass ich mir diesem Fall kein rechtes Urteil bilden kann, da ich in gewisser Weise voreingenommen bin. Das liegt daran, dass ich keine Kindheit hatte, und noch nie in meinem doch schon reichlich gelebten Leben in die Versuchung gekommen bin, zu spielen, geschweige denn zu zocken.

Wenn es nach mir ginge, würde ich das Spielen um Geld und Sachgewinne grundsätzlich ächten, und jeden Anbieter hinter Schloss und Riegel bringen.
Sind wir doch einmal ehrlich: Spielen ist nichts weiter als ein sinnleerer Zeitvertreib, der nicht wenige Leute in den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ruin treibt. Zocker sind einsame, gottlose Menschen, die ihr Glück im Glück suchen. Und das ist Kokolores!

Im Grunde ist das antiquierte Österreicherische Glücksspielgesetz hochmodern, und der Wegweiser in eine tugendhafte Welt - oder?

Also bitte, meine Damen und Herren, machen auch Sie sich die Mühe! Helfen Sie unserer fehlgeleiteten Nachbarin! Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, und suchen Sie mit nach einem vernünftigen Ausweg für unsere KG-Freundin Häferl.

Wer meine Forderung, sofort alle Gewinnspiele wie Pferdewetten, Roulette, Lotto, Toto, Preisskat etc., unter Strafe zu stellen, kann sich gerne hier an dieser Stelle namentlich dazu bekennen.

Ihr ergebenster Diener

Der Zensor

 

Werter Herr Zensor,

mit großer Entrüstung habe ich ihren Bericht gelesen und bin nun voller Furcht.

Auch ich bin Österreicher und ich habe von meinem kroatischen Freund vorgestern beim Kartenspielen 2 Euro gewonnen.

Bitte helfen sie mir; wie kann ich einer Haftstrafe entgehen!?

hochachtungsvoll,
ihr verängstigter franzl

P.S.: Was die eine eventuelle Nennung in einer 'Anti-Glücksspiel'-Liste angeht, so kann ich mich leider nicht anschließen. Denn obwohl Kartenspielen bei meinem Können nichts weiter mit 'Glück' zu tun hat, wurde meine diesbezügliche Klage beim Verfassungsgerichtshof abgwiesen.

[Beitrag editiert von: franzl am 28.03.2002 um 19:51]

 

Werter Herr Zensor!

Mein Herz tanzt vor Freude Walzer! Dass es sowas noch gibt, da nimmt sich tatsächlich jemand der Probleme von uns Österarmen an!

Nun, vorerst möchte ich das etwas entgleiste Bild, das Sie Sich von mir machen, ein wenig in den Rahmen rücken.

Sie müssen wissen, ich bin eine brave Hausfrau, die nur ein bisschen der Werkzeug-, Geld- und Küchengeräte-Sucht verfallen ist.
Eine meiner Lieblings-Lektüren ist "Selbst ist der Mann", oder auch "Selbermachen", wo es immer wieder sooo schöne Sachen zu gewinnen gibt, wie die ganz teure BOSCH-Oberfräse, oder dieser geniale Spanntisch für die Stichsäge.... Alles Dinge, die sich eine Hausfrau mit Kind, wie ich es bin, nicht so einfach kaufen gehen kann.... Da sehe ich mich doch wirklich krass benachteiligt, wenn ich das Kreuzworträtsel gelöst habe und dann steht unten:
"Nicht teilnahmeberechtigt sind die Mitarbeiter des Verlages und ihre Angehörigen sowie die Leser in Österreich."
Hier gäbe es gerade 500 Euro zu gewinnen. Damit ließe sich auch eine Oberfräse kaufen....

Also, ich glaube, das haben Sie dann wirklich in den falschen Hals bekommen...
Ich bin bei Gott nicht der Spielleidenschaft verfallen - wo denken Sie hin?!


Ich hoffe, ich konnte das Mißverständnis hiermit klären und bitte Sie inständigst - ich weiß nicht, wohin ich mich sonst wenden sollte, wenn nicht an Sie, werter Herr Zensor! - mir, und damit allen Österreichern, Ihre Anteilnahme und Hilfsbereitschaft zukommen zu lassen.

Wenn Sie denn in der Lage sind, bei unserer Regierung eine Gesetzesänderung bewirken zu können, dann steige ich auf den Dachstein und singe nur für Sie ein Lied.

Sollte sich unsere Regierung hingegen nicht umstimmen lassen, wäre es vielleicht eine Möglichkeit die Deutschen Gesetze dahingehend zu ändern, daß in Zeitschriften keine materiellen Werte zum Gewinn angeboten werden dürfen. Denn eine solche Ungleichbehandlung schürt doch nur Neid, Mißgunst und Haß.

Leider scheint doch die Sucht nach materiellen Dingen die größte und schlimmste zu sein. Zahlreiche Kredite und - noch schlimmer - eingeklagte Kreditforderungen - und noch viel schlimmer, Selbstmorde aus finanziellen Motiven! - belegen, wie sehr diese Sucht die Menschheit vernichtet!

Also lassen Sie uns vorerst gemeinsam gegen diese, zum Untergang der Menschheit führende Sucht kämpfen - für ein Verbot sämtlicher Gewinnspiele europaweit! Nur so kann man der Gier Herr werden!

Mit kämpferischem Gruß!
Häferl-Susi

 

Liebe Frau Häferl-Susi, lieber Franzl,

ich habe folgenden Brief an meinen alten Spezi Wolle, also Ihren Kanzler, geschrieben, dessen Inhalt ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringen will. Bedanken Sie sich nicht, es war mir eine Ehre, Ihr herzzerreißendes Anliegen ins Machtzentrum Ihres schönen Landes weiterzuleiten.
Vielleicht denken Sie ja mal an mich, wenn Sie eines Tages etwas gewonnen haben - und zwar auf legalem Wege gewonnen.

Ich grüße Sie, und wünsche allen Brüdern und Schwestern in Österreich ein Frohes Osterfest.


Hochgeschätzter Wolfgang,

wie gern möchte ich bei Dir und Deiner Familie Ostern verbringen, doch Du siehst, werter Freund, der Dienst zum Wohle des Deutschen Volkes kennt keine Feiertage. Während andere Ostereier suchen, sitze ich in meinem Arbeitszimmer, und denke über unsere Zukunft nach.
Da gibt's viel, sehr viel zu grübeln, das kannst Du mir glauben, mein lieber Wolle. Völker unter ein Dach zu bringen, war schon immer eine Aufgabe, die den ganzen Mann erfordert - und der bin ich ja nun mal.
Also, diesmal kein gemeinsames Osterfest in Deinem trauten Heim. Aber Ihr werdet auch sicher ohne Euren alten Weggefährten ein paar schöne Stunden verleben. Ich und meine neueste Frau sind in Gedanken bei Euch, und ich werde mir natürlich auch einen genehmigen - gemeinsam mit dem Chef, der wirklich alles, aber auch alles versucht, um Deutschland zu retten. Doch ob ihm das gelingen wird? Na ja, sieht nicht so aus.
Egal, mir soll's gleich sein, im Herbst kommt der Neue. Dann heißt's umdenken.

Wie geht's Deiner Gemahlin? Hat sie die kleine genitale Unpässlichkeit einigermaßen überstanden? Und was machen die Kinderchen? Hat Dein Jüngster den Drogenentzug erfolgreich hinter sich gebracht?
Ach, und grüße mir ganz recht herzlich Dein Fräulein Stieftochter von mir. Und sag ihr, dass die Sackläuse unmöglich von mir sein können, da ich sonst nur mit unserem Bürgermeister verkehre - und der ist sauber. Die Plage hat sie mir angehängt, nicht ich, sag ihr das. Von wem sie die wohl hatte? Also, ich würde ihr das viele Marathonlaufen und Bergsteigen mal langsam verbieten, teuerster Freund.

Aber nun zu einem ernsten Thema, mein Bester! Lies Dir mal fix den beigefügten Brief durch!

Und? Was sagst Du dazu, Volksgenosse! Dolles Ding, nicht wahr!
Also, so geht's ja nicht! Du weißt, es ist sonst nicht meine Art, mich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen, aber in diesem Fall, muss ich schon sagen, mein Teuerster, da habt ihr wohl a bisserl die Zeit verpennt, nicht wahr!

Wie heißt der Verantwortliche? Warum ist der noch nicht entlassen?
Wie kann so ein Mann in Deiner Regierung sitzen, und einen derartigen Bockmist verzapfen?
Wolfgang, erklär mir das!

Das ist eine unglaubliche Nachlässigkeit von Dir, mein Bester.
Du weißt ganz genau, dass Du damit die geplante Heimholung gefährdest. Willst Du wirklich nur wegen der persönlichen Eitelkeit eines drittklassigen Parteigenossen die Vollendung der Deutschen Einheit aufs Spiel setzen?
Bedenke doch: Gerade die österreichische Hausfrau wird das Zünglein an der Waage sein, wenn es darum geht, Euren Marathonläufer aus Kärnten in Berlin auf den Sessel zu hieven.
Was soll also die unzeitgemäße Trennung der österreichischen Hausfrau von der deutschen? Die Österreicherin will doch gleichberechtigt neben der großen Schwester stehen, ebenso teilhaben am großdeutschen Wohlstand - oder irre ich mich da?

Nein, mein Freund und Kanzler von Österreich, so geht's wirklich nicht!
Beende die Diskriminierung Deiner Volkgenossinnen! Gewähre Deinen Weibsbildern das Späßchen, an lächerlichen Preisausschreiben mitzuwirken. Säe doch keinen Unfrieden, sondern richte mit stolz erhobener Brust mahnend den Zeigefinger gen Berlin, das dringend mit Wiener Blut aufgefrischt werden will.
Gebt Eurer Elite eine Chance! Österreich - also das Reich - kann nur gewinnen.

Lieber Freund, ich weiß sogar, wie Du das problemlos hinkriegst: Statt "ausländische" schreibt Ihr einfach "nichtdeutsche Gewinnsspiele". Klingt doch viel besser, oder? Im Grunde geht's den Mädels ja nur um die Preisausschreiben deutscher Frauenzeitschriften. Gönnen wir ihnen doch den kleinen Traum, eine Reise nach Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenberg zu gewinnen.

Abschließend noch ein Wort zu unserer letzten Unterhaltung im Skilift, Du erinnerst Dich.
Du weißt, dass ich ein Verfechter des Glücksspielverbots bin. Die Gründe sind Dir ja hinlänglich bekannt. In Absprache mit meinem Chef schlage ich nun vor, die Sache als Pilotprojekt in Österreich durchzuziehen. So weit ich informiert bin, haben wir volle Rückendeckung durch die katholische Kirche und den Landeshauptmann. Die Umwandlung der Casinos in Spitäler für Spielsüchtige soll laut Aussage des Architekturbüros Albert & Spähr jun. ebenso reibungslos verlaufen wie die Währungsumstellung. Die Bundesanstalt für Arbeit wird die benötigten Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte umgehend in Marsch setzen, allerdings müssten die Beförderungkosten von Eurem Finanzministerium übernommen werden. Im Gegenzug würde sich der Bundesverband Fairer Deutscher Croupiers & Spielhallenbesitzer bereit erklären, die bei Euch in Österreich freigesetzten Arbeitskräfte auf Leiharbeiterbasis kurzfristig zu beschäftigen.
Du siehst, mein allerbester Freund, wir haben alles bis ins kleinste Detail geplant. Österreich wird ein Land der Tugend, während Deutschland im Morast des Sittenverfalls versinkt. Und Du weißt ja, Wolle, Morast ist der beste Nährboden für kräftige und schöne Pflanzen; da wächst sich ein Edelweiß glatt zur Deutschen Eiche aus.

Nun will ich Dich aber nicht weiter mit diesen leidigen Dienstangelegenheiten belästigen und mich höflichst zurückziehen. Wir sehen uns dann beim nächsten EU-Gipfel in Amsterdam. Da zeige ich Dir dann mal ein paar Örtchen, die es in sich haben. Du wirst staunen, mein Lieber.
Und denk daran, Wolle, das Gesetz muss umgehend geändert bzw. umgeschrieben werden. Und schmeiß diesen Trottel von Minister raus, aber schleunigst! Sonst kriegen wir hier noch eine zweite Waldheim-Affäre.

In alter Freundschaft und mit herzlichen Empfehlungen an die Deinigen verbleibt Dein treuer Kamerad aus dem noch nicht richtig vereinten Deutschland

Zensorchen

Grüße mir unseren Landeshauptmann, und sag ihm, dass sich die alte Garde dieses Jahr beim CSD in Kabul trifft.

[Beitrag editiert von: Zensor am 29.03.2002 um 10:42]

 

Werter, lieber und geschätzter Herr Zensor!

Ich bin Ihnen meinen aufrichtigen Dank für Ihr uneigennütziges Engagement schuldig!
Ich bete zu Gott, daß Ihre Worte auf fruchtbaren Boden treffen!

Ich bin ganz unheimlich berührt, daß jemand wie Sie Sich um uns arme österreichische Hausfrauen kümmert....
Wie gesagt, wenn es durch Sie zu einer Veränderung der Gesetze kommt, singe ich vom Dachstein - nur für Sie!

Aber ich werde dann noch viel mehr tun:
Es ist ja so, daß wir seit der neuen Regierung keine Frauenministerin mehr haben, sondern dieses Amt von einem Mann bekleidet wird. Damit müssen wir uns wohl abfinden, sollten jedoch versuchen, mitzureden, welcher Mann Frauenminister ist.
Ich werde allen Frauen sagen, mit welch kämpferischem Mut Sie Sich für unsere dringendsten Anliegen einsetzen und werde Ihnen, werter Herr Zensor, zu dem Ruhm und der Ehre verhelfen, welche Ihnen gebührt. Mit meiner Initiative "Frauen für Zensor!" werden Sie sicher der nächste Österreichische Frauenminister!

Vielen Dank nochmals und ich hoffe, Sie melden Sich, sobald Sie eine Antwort von Ihrem lieben Freund Wolfgang erhalten haben?

Mit freudigen Grüßen
Häferl-Susi

[Beitrag editiert von: Häferl am 07.04.2002 um 04:26]

 

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