I'm sorry
"I’m sorry
Wieder eine Englisch-Stunde… Frau Ziegler kommt rein.
„Good morning everybody.“
„Good morning Miss.Ziegler.“
„Ich habe euch heute ein Bild mitgebracht, wir werden gleich darüber diskutieren.“ „Bastian, baust du bitte in der Zwischenzeit den Overhead-Projektor auf?“
Bastian steht auf, macht die Tasche die Frau Ziegler mitgebracht hat auf und wurstelt am Projektor.
„Have you finished?“
„Yes.“
Sie schaltet ihn ein, doch nichts passiert…
„Komisch es ist doch alles richtig angeschlossen, müsste eigentlich gehen…“
Sie steckt das Kabel in eine andere Steckdose… nichts passiert.
„Na gut dann werde ich euch die Folie eben so Zeigen.“
Da ich in der ersten Reihe sitze erkenne ich sofort um was es geht. Mit einem für mich üblichen Reinreden störe ich die Ruhe:
„Hey I know it! This is Ernie with Osama Bin Laden!“
Sie sagt etwas… ich hab’s nicht verstanden.
Frau Ziegler geht durch die Reihen und zeigt jedem das Bild.
Außer mir.
„Miss Ziegler, ich hab’s nicht gesehen könnten sie es mir vielleicht noch mal zeigen?“
Sie ignoriert mich.
Ich bin ziemlich beleidigt und eigentlich möchte ich mich aufregen aber ich bleibe ruhig.
„Now I want to ask you some questions.”
Einige Leute aus den hinteren Reihen sagen dass sie nicht alles auf dem Bild richtig gesehen haben.
Ich beschwere mich auch dass sie einfach so an mir vorbeigelaufen ist.
„Alexander, du hast doch gesagt dass du das Bild schon kennst!“
Sie geht wieder durch die Reihen, an mir vorbei ohne mir das Bild zu zeigen.
Jetzt werde ich richtig wütend, ich stehe auf und gehe ohne ein Wort zu sagen raus.
Manche Leute schauen verwundert, keiner sagt was.
Ich gehe direkt zum Sekretariat. Dort steht auch der Mann den ich gesucht habe: Herr Heger, der Rektor.
Die Sekretärin, Frau Kassler, fragt mich was ich will ich zeige auf Herrn Heger und sage dass ich mit ihm sprechen möchte. Er ist beschäftigt, ich warte.
Außerdem ist noch Herr Butz, mein Bio-Lehrer da.
Während ich warte strömt eine Fünfer Klasse ins Sekretariat und gratuliert Herrn Butz zum Geburtstag. Die Szene ist peinlich, ich habe nicht gewusst dass er heute Geburtstag hat… als die kleinen verschwinden gratuliere ich auch.
Herr Heger kommt:
„Na Müller, was gibt’s für ein Problem? Sie sind doch wohl nicht etwa schon wieder rausgeflogen oder?“
Der Mann kann Gedanken lesen.
„Ja sie haben Recht. Aber diesmal habe ich mich sozusagen selbst rausgeschmissen.“
Ich erzähle ihm die Geschichte
„Naja aber Sie sind auch selbst schuld wenn sie solche Dummheiten machen, sie sind doch erst letztens bei Frau Ziegler rausgeflogen nachdem sie gesungen haben.“
„Das stimmt schon aber ich hab erst gesungen nachdem ich rausgeflogen bin und nicht schon während dem Unterricht.“
„Herr Müller für `nen Oberstufenschüler ist das aber schon ein komisches Verhalten. Oder finden sie nicht Frau Kassler?“
„Provokativ.“
Obwohl seine Argumente richtig sind und mich eigentlich runtermachen könnten schafft er es, alles so zu sagen dass ich nicht beleidigt bin.
„Sie gehen jetzt hoch in die Klasse und wir reden später unter sechs Augen darüber.“
Ich gehe. Eigentlich will ich gar nicht zurück in die Klasse, ich denke mir dass ich gar keine Lust habe mich von Frau Ziegler zur Sau machen zu lassen und mir ihr ganzes Gespräch anhören aber ich zwinge mich und gehe trotzdem rein.
Als ich die Tür aufmache schaut mich jeder an auch Frau Ziegler, ich gehe ohne ein Wort zu sagen zu meinem Platz keiner sagt was noch nicht einmal Frau Ziegler. Ich setze mich, auf dem Tisch liegt eine Kopie des Bildes, jeder hat es, ich auch. Mir wird klar dass sie es gar nicht böse gemeint hat und mich erst recht nicht benachteiligen wollte… der Unterricht wird ganz normal weitergeführt. Damit habe ich nicht gerechnet, mit allem möglichen aber nicht damit. Mir geht es plötzlich ganz schlecht, schlecht weil ich mich in letzter Zeit immer so schlecht verhalten habe, schlecht weil ich einfach aus dem Unterricht gegangen bin, schlecht weil ich mich über Frau Ziegler beschwert habe.
In dieser Stunde bin ich außergewöhnlich still, ich möchte einfach nicht viel reden.
Die Stunde ist rum und ich bereue dass ich zu Herrn Heger gegangen bin, ich bereue dass ich so schnell und ohne Nachzudenken aus Wut gehandelt habe.
Wir haben jetzt Sport, ich verdränge meine Gedanken, heute machen wir Reckturnen eine meiner beliebtesten Übungen. Nach der Stunde gehe ich zum Bahnhof, meine Sorgen scheinen für einen Augenblick lang weg zu sein. Ich komme heute zwei Minuten später zum Bahnhof mein Zug ist abgefahren, dass ist mir noch nie mit diesem Zug passiert.
Ich setze mich zu Romina ein Mädchen aus der Parallelklasse, wir plaudern ein bisschen. Dann sehe ich wie Frau Ziegler an den Bahnhof kommt als Sie um die Ecke biegt und mich sieht geht sie sofort wieder Zurück und setzt sich auf eine Bank außerhalb meines Blickfeldes.
Das war diesmal zu viel für mich. Die ganzen Schuldgefühle vor der Sportstunde holen mich wieder ein und diesmal sind sie tausendmal schlimmer als vorher. Sie meidet mich, mich den bösen der eigentlich zu viel Unsinn gemacht hat aber zu wenig dafür gestraft worden ist. Das war’s, während ich auf meinen Zug warte kreisen alle meine Gedanken um diesen einen Augenblick an dem ich in die Klasse komme, mir keiner einen Vorwurf macht, wo sogar schon mein Arbeitsblatt eingeheftet in meinem Ordner liegt und der Unterricht einfach weitergeführt wird. Die Gedanken und die Bilder vom heutigen Tag bleiben mir auf dem ganzen Heimweg erhalten. Normalerweise pfeife ich fröhlich vor mich hin oder rede Stundenlang mit meinem kleinen Bruder wenn ich zu Hause bin aber heute ist es anders, das einzige was ich heute sagen will ist: "I’m sorry Miss Ziegler.""
