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Jack Nicholsons Grinsen

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03.10.2020
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Anmerkungen zum Text

Ich stellte mir selbst die Aufgabe, eine Geschichte weit unter 1'000 Worten zu schreiben. Herausgekommen ist mein erster Gehversuch in Flash Fiction.

Jack Nicholsons Grinsen

Zuerst dachte ich, meine Mutter erleide wieder einen ihrer paranoiden Schübe. Doch sie sprach mit einer kräftigen, gehässigen Stimme, obwohl die sonst so belegt und undeutlich klingt, wenn sie ihre Medizin genommen hat. Das war das erste Zeichen, dass sich etwas verändert hatte.

Unten auf der Straße hupte ein Auto und die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation standen im Zimmer, durchbrochen von Sonnenstrahlen, die sich zwischen den Jalousien hindurchzwängten. Der Geruch von geschmolzenem Styropor und die Mittagshitze stauten sich unter der Decke. Eine stickige Wolke, die sich ausbreitete und mir den Atem auf ein kraftloses Pfeifen zusammenstauchte.
Ich war plötzlich zittrig und aufgekratzt. Zum Glück lief im Fernsehen ein Thriller mit Burt Reynolds, der mich ablenkte. Der Stoff meines Shirts klebte mir zwischen den Brüsten und scheuerte bei jeder Bewegung unter den Achseln. Ein ätzendes Kribbeln in den Stirnhöhlen ließ mich glauben, dass nicht nur die Wohnung, sondern auch mein Kopf zu eng geworden sei.

Als sie sagte, dass ich um ein Uhr sterben werde, trug Mutter ihr lebloses Gesicht. Früher konnte sie die Gesichter auftragen und abwaschen wie Make-up. Sie ist die berühmteste Schauspielerin der Stadt gewesen, aber mittlerweile fällt ihr jede Emotion schwer. Von ihrer einstigen Ausdruckskraft ist nur ein Netz aus tiefen Falten geblieben, der Trümmerhaufen ihres schillernden Talents, konserviert in diesem leblosen Gesicht. Ihr rechtes Auge zuckt, als fräße der graue Star am letzten, noch gesunden Nerv.
Sie deutete auf die Quarzuhr über dem Fernseher, mit einem gekrümmten Finger, der im rauchgeschwängerten Licht aussah wie skelettiert. Ich blickte auf das Ziffernblatt, obwohl die Uhr schon vor Monaten stehen geblieben war. Redete mir ein, dass sie das nur gesagt hatte, weil irgendeine Zwangsstörung sie dazu trieb.

Kaum hatte sie die Drohung ausgesprochen, fiel sie zurück in ihre Lethargie. Je länger wir nicht miteinander sprechen, desto stärker wird das Gefühl, etwas lauere. Verborgen in dieser Stille. Etwas, das auf meine Mutter überspringt, in ihr wächst und – so stelle ich es mir vor, um weniger Angst zu haben – sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird. Ich habe mir angewöhnt, über ihre Ausbrüche hinwegzuhören. So gut, dass ich mich dieser verletzenden Worte in meinem Hirn wieder entwinden kann, bevor sie Schaden anrichten.
Ihre Worte, um ein Uhr wirst du sterben, rollten zwischen den Wänden des Wohnzimmers hin und her. Ich begann auf der Couch herumzurutschen. Starrte auf die Zeiger. Drei vor eins.

Ich schaute Burt Reynolds angestrengt dabei zu, wie er die Außenmauern einer Gefängnisbastion erklomm. In einem Moment, da die Musik in den Hintergrund rückte, bemerkte ich, dass sich unter die übliche Stille ein Geräusch geschlichen hatte. Mutter atmete schwer, aber zwischen ihren Atemzügen war dieses andere Geräusch zu hören. Erst hielt ich es für einen Filmeffekt. Dann wanderte mein Blick zurück zur Quarzuhr. Ich wollte gar nicht hinsehen, wollte kein weiteres Zeichen erkennen.

Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass der Sekundenzeiger sich weiterbewegt. Und auf Mutters Gesicht breitet sich ein Grinsen aus, wie von Jack Nicholson.

 

Hallo @deserted-monkey,

eine wirklich verlassene, merkwürdige Geschichte. Ich lasse sie einfach auf mich wirken. Mehr kann ich nicht tun. Die Mutter liegt im Sterben, sie will ihren Sohn zum Mitsterben bringen. Aber die Sterbebatterie ist leer.

etwas lauere, verborgen in dieser Stille.
Komma weg
Etwas, dass auf meine Mutter überspringt,
das
Starrte auf die toten Zeiger
"toten" würde ich streichen.
dass der stehengebliebene Sekundenzeiger sich weiterbewegte.
dass der vorher stehengebliebene Sekundenzeiger sich weiterbewegte.
oder
dass der stehengebliebene Sekundenzeiger sich auf einmal weiterbewegte.

Viele Grüße
Fugu

 

Hallo @deserted-monkey,

Jack Nicholsons Lächeln, da wollte ich mal wissen, was dahintersteckt. Und hab jetzt doch ein paar Sachen aus diversen Bereichen zusammengetragen:

Deine Bilder, die du verwendest ...

Unten auf der Straße hupte ein Auto und die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation standen im Zimmer, unterbrochen von Sonnenstrahlen, die sich durch die Jalousien zwängten. Der Geruch von verbranntem Styropor und die Mittagshitze stauten sich unter der Decke
Inhalation = einatmen. Da sieht man erst mal keinen Rauch. Nach dem Ausatmen, okay. Dann Rauchfäden, meist sind es ja Rauchschwaden, so kennen wir es auch umgangssprachlich. Und die Sonnenstrahlen unterbrechen sie ja nicht, sie durchbrechen sie. Dann das Styropor, es brennt nicht, aber es schmilzt und schwelt.

Wahrscheinlich hatte ich die chemischen Bestandteile der Medizin passiv über Lungen und Haut aufgenommen, denn ich war plötzlich zittrig und aufgekratzt.
Das ist mir so in der Art nicht bekannt. Sie nimmt Tabletten. Im Magen werden sie aufgelöst und (leider) überall hin transportiert. Auch an die erforderlichen Stellen. Dort entfalten sie ihre Wirkung. Aber wie sie dann wieder rauskommen (außer auf die übliche Art) ... auf jeden Fall nicht durch Ausatmen oder Ausdünstung. DAS die Protagonistin vermutet, sie würde irgendwie ausgedünstete Medikamente passiv über Lunge oder Haut aufnehmen VON der Mutter, ist dann sicher eine Annahme der Protagonistin. Vielleicht verdeutlichen mit: hab ich mal gelesen oder so.

trug meine Mutter
Kann locker weg. Wurde ja vorher erwähnt.

Früher kannte sie viele Gesichter, die sie auftragen und abwaschen konnte wie Make-up. Sie war die berühmteste Schauspielerin der Stadt gewesen, aber mittlerweile fällt ihr jedwede Emotion schwer
Dazu komme ich weiter unten ...

der im rauchdurchfluteten Licht aussah
Hm, also lichtdurchflutet, okay und rauchgeschwängert, okay, also im lichtdurchfluteten Rauch oder im rauchgeschwängerten Licht.

etwas lauere, verborgen in dieser Stille
Komma kann weg. Prägnanter ist aber PUNKT nach lauere und GROß weiter.

wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird
Ist denn der männliche Kinski explodiert? Und was macht Kinski hier? Okay, er war ein verbaler Rüpel. Das explodieren lassen würde ich streichen. Wenn man Kinski bei YT sucht, weiß man nach nem halben Video Bescheid.

dass ich die verletzenden Worte meinem Gehirn innerhalb nur weniger Minuten wieder entwinden kann
Das ist verquer ... ich probiere es mal: Dass ich mich dieser verletzenden Worte in meinem Hirn wieder entwinden kann, bevor sie Schaden anrichten.
wie die Echos
Streichen was geht

Mutter atmete schwer, wegen der Medizin
Okay, hier wissen wir nicht, welche Medizin sie nimmt. Was uns zu einem anderen Punkt führt: der Authentizität. Die kann durchaus fehlen, wenn man am Baggersee mal ein Grillfeuer macht, aber bei Krankheitsbildern und deren Medikation/Behandlung, empfehle ich immer Genauigkeit, um Fake und Gerüchte und falsche Bilder zu vermeiden bei Leser*innen.

Das mit den vielen Gesichtern könnte auf eine Paranoide Persönlichkeitsstörung hindeuten. Persönlichkeitsstörungen werden aber erst mal NICHT mit Medikamenten behandelt, denn sie sind Teil der Persönlichkeit. Damit kann man leben und andere müssen damit leben. Manifestieren sich die Dinger, kann es zu Folge- und Begleiterscheinungen kommen, die man dann behandeln/therapieren kann. Donald Trump nimmt sicher auch keine Medis und in Therapie geht er wohl nicht, aber seine - möglicherweise - Dissoziale Persönlichkeitsstörung ist weithin sichtbar (plus noch einiges andere). Eine Paranoia an sich gibt es nicht im ICD, aber es gibt Krankheiten wie Demenz oder Verhaltensstörungen oder Schizophrenie mit paranoiden Merkmalen bzw. Auswirkungen. Also wenn du zu Beginn einfließen lässt, dass deine Mum eine Paranoide Schizophrenie (F20.0) hat (liegt ne Diagnose auf dem Tisch mit Ketchupflecken drauf), dann kannst du alles andere darauf aufbauen. Symptome dazu wären:

Die paranoide Schizophrenie ist durch beständige, häufig paranoide Wahnvorstellungen gekennzeichnet, meist begleitet von akustischen Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen. Störungen der Stimmung, des Antriebs und der Sprache, katatone Symptome fehlen entweder oder sind wenig auffallend.

Am Ende bringst du dich ja mit dem Gedanken an eine Schizophrenie ein, was ich aber weglassen würde, denn möglicherweise würdest du dir nur die Frage stellen: Dreh ich jetzt durch? Ohne Fachbegriffe. Inwieweit jemand mit solch fortgeschrittener Krankheit wir die deiner Mum noch im eigenen Wohnzimmer hockt UND die Tochter seelenruhig daneben, ist eine weitere, die ich mir stelle. Theoretisch kannst du sie ja auch besuchen (Klinik) und in ihrem Zimmer steht nur diese Quarzuhr, was das noch klaustrophobischer werden lässt.

Alles in allem ist das gut geschrieben, aber je intensiver ein Thema wird, desto exakter muss die Basis sein. Gut recherchiert und entlang der tatsächlichen Symptomatik. Zumindest aus meiner Sicht.

Griasle
Morphin

 

Hallo @Fugusan

Danke Dir für deinen Kommentar.

eine wirklich verlassene, merkwürdige Geschichte.
Ja, eine merkwürdige Geschichte, was Du mit dem 'verlassen' meinst, weiss ich nicht so genau, aber denke, Du beziehst das auf meinen Nickname, deserted = verlassen, kann man so übersetzen, passt. Wenn ich einen deutschsprachigen Nickname hätte wählen müssen, wäre es was in die Richtung 'Der verwahrloste Affe' geworden :D
Aber spielt schlussendlich keine Rolle. Ja, verlassen, verwahrlost, das passt ja auch gut zur Story, die Prota sitzt mit ihrer Mutter in dieser Wohnung, vergessen und verlassen, ich lese da auch was von Verwahrlosung raus, aber vielleicht bin das nur ich.

Die Mutter liegt im Sterben, sie will ihren Sohn zum Mitsterben bringen. Aber die Sterbebatterie ist leer.
Interessant, dass Du es so liest, gefällt mir. Ausser das Du da was überlesen hast, weshalb bei Dir aus der Tochter ein Sohn geworden ist :schiel: Aber das ändert ja nix an der Geschichte oder deiner Lesart.

Die meisten deiner Korrekturen habe ich so übernommen. Danke Dir, Fugu.

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Hallo @Morphin

Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Gedanken zum Text. Du liest die Geschichte ganz anders als der Vorkommentator, für dich hat die Mutter eine paranoide Persönlichkeitsstörung und sie nimmt Tabletten, Medizin, um diese zu behandeln. Das ist sehr interessant für mich, dass Du es so gelesen hast.

Deine Korrekturvorschläge werde ich so oder in abgewandelter Form übernehmen, danke auch dafür, Du hast mir damit sehr weitergeholfen. Auf ein paar deiner Statements möchte ich näher eingehen:

Inhalation = einatmen. Da sieht man erst mal keinen Rauch. Nach dem Ausatmen, okay. Dann Rauchfäden, meist sind es ja Rauchschwaden, so kennen wir es auch umgangssprachlich. Und die Sonnenstrahlen unterbrechen sie ja nicht, sie durchbrechen sie. Dann das Styropor, es brennt nicht, aber es schmilzt und schwelt.
Danke Dir fürs Aufzeigen. Ja, da war in der Tat noch was schief. Habe die Stelle ein wenig abgeändert. Wegen des Styropors: Eigentlich wollte ich da brennendes Polystyrol nehmen, aber dachte, das kennt dann niemand. Polystyrol ist ein Thermoplast, Styropor einfach die aufgeschäumte Version davon, das war bisschen tricky, weil der Rauch sollte eben ursprünglich nach diesem verbranntem Polystyrol riechen, aber ich hab's dann der Verständlichkeit halber geändert.

Es gibt diverse chemisch bearbeitete Drogen, z.B. Crack, die beim Rauchen streng danach riechen. Ich lese es so, dass die Medizin nicht Medizin im eigentlichen Sinne ist, sondern eben eine Droge. Sie war Schauspielerin, die Mutter, und jetzt ist sie drogenkrank, vielleicht ist ihr der Ruhm zu Kopf gestiegen und sie ist abgestürzt, oder sie ist jetzt alt und die Leute haben sie vergessen und sie betäubt sich deswegen. Es gibt ja viele Suchtkranke, die ihren Stoff als Medizin bezeichnen, weil sie nach Einnahme wieder einigermassen klar kommen, weil das die Entzugssymptome verschwinden lässt. Gerade bei Drogen auf Kokainbasis sind paranoide Wahnvorstellungen nicht unüblich. Ich will Dir deine Lesart aber keinesfalls absprechen, ich gehe nachher nochmal darauf ein.

Das ist mir so in der Art nicht bekannt. Sie nimmt Tabletten. Im Magen werden sie aufgelöst und (leider) überall hin transportiert. Auch an die erforderlichen Stellen. Dort entfalten sie ihre Wirkung. Aber wie sie dann wieder rauskommen (außer auf die übliche Art) ... auf jeden Fall nicht durch Ausatmen oder Ausdünstung. DAS die Protagonistin vermutet, sie würde irgendwie ausgedünstete Medikamente passiv über Lunge oder Haut aufnehmen VON der Mutter, ist dann sicher eine Annahme der Protagonistin. Vielleicht verdeutlichen mit: hab ich mal gelesen oder so.
Ja, da stimme ich Dir voll zu. Allerdings, und das ist für mich der springende Punkt hier, nimmt sie keine Tabletten. Ihre "Medizin" ist eng mit dem Rauch im Zimmer verknüpft, das heisst, aus meiner Sicht kann sie sehr gut die Bestandteile dieser Medizin/Droge über ihre Haut und die Lungen passiv aufnehmen. Vielleicht muss ich da aber noch bisschen was beifüttern, dass die Mutter ihre "Medizin" halt mittels eines Pfeifchens inhaliert, oder sowas?

Ist denn der männliche Kinski explodiert? Und was macht Kinski hier? Okay, er war ein verbaler Rüpel. Das explodieren lassen würde ich streichen. Wenn man Kinski bei YT sucht, weiß man nach nem halben Video Bescheid.
Das mit Klaus Kinski sollte ein Zirkelschluss auf die Lethargie sein. Die Lethargie ist eine Bewusstseinsstörung, die mit Schläfrigkeit und einer erhöhten Reizschwelle einhergeht. Da dachte ich, das mit der Reizschwelle passt hervorragend zu Kinski, der war ja ein richtiger Psychopath, ein Tyrann, der beim kleinsten falschen Wort verbal vollkommen entgleist oder eben explodiert ist. So sollte das dann auch bei der Mutter sein. Ich überlege aber, das mit dem Explodieren rauszunehmen.

Okay, hier wissen wir nicht, welche Medizin sie nimmt. Was uns zu einem anderen Punkt führt: der Authentizität. Die kann durchaus fehlen, wenn man am Baggersee mal ein Grillfeuer macht, aber bei Krankheitsbildern und deren Medikation/Behandlung, empfehle ich immer Genauigkeit, um Fake und Gerüchte und falsche Bilder zu vermeiden bei Leser*innen.
Ich verstehe, dass das Thema 'psychische Krankheiten' sensibel ist und das letzte, was ich tun möchte, ist irgendwelche Falschinformationen darüber verbreiten, das musst Du mir einfach glauben, Morphin. Ich gebe unumwunden zu, vor Jahren dachte ich noch ganz anders über dieses Thema, für mich waren solche Dinge wie Depressionen und was es nicht alles gibt, Modeerscheinungen. Ich war so ignorant und habe gesagt: Ach, jeder weint jetzt einfach bisschen rum, die kommen doch alle nicht auf ihr Leben klar, Weicheier allesamt. So, aber dann, es ist erst ein paar Jahre her jetzt, kam dieser eine Lehrling zu mir in die Ausbildung. Ich merkte sofort, dass etwas nicht stimmte, weil er sehr oft krank war. Ich habe das Gespräch gesucht, als Ausbildungsleiter hatte ich mir angewöhnt, einfühlsam und empathisch auf meine Mitarbeiter zuzugehen und da öffnete er sich, erzählte mir von seiner schweren Depression. Von diesem Moment an, begann ich mich darüber zu informieren, was bedeutet das überhaupt, psychisch krank zu sein? In dieser Zeit lernte ich eine ganze Menge und änderte radikal meine Einstellung. Ich musste das tun, weil ich hatte zum ersten Mal mit jemandem zu tun, dem man seine Krankheit eben nicht ansieht. Er war äusserst kreativ und so versuchte ich sein Talent weiter zu fördern, es gab auch Leute, die mir sagten, dieser Lehrling sei unbrauchbar, aber sie kannten ja die Hintergründe nicht. Ich habe mich für diesen jungen Mann eingesetzt, es gab Höhen und auch viele Tiefen, aber schlussendlich haben wir gemeinsam gekämpft und er hat seine Ausbildung bestanden. Den Kampf gegen seine Dämonen musste er freilich selbst bewältigen, aber ich habe alles versucht, damit er seine Ausbildung schafft ... Puh, jetzt bin ich einiges abgeschweift, aber deine Aussage hat mich bisschen getriggert. Also, nochmal, das wirklich Letzte, was ich tun will, ist irgendwelche Fake-News zu verbreiten, falls das so bei dir angekommen ist, dann entschuldige ich mich dafür, Morphin.

Deine weiteren Ausführungen und auch das Zitat sind sehr interessant und wertvoll für mich, danke für die Erläuterungen dazu.

Am Ende bringst du dich ja mit dem Gedanken an eine Schizophrenie ein, was ich aber weglassen würde, denn möglicherweise würdest du dir nur die Frage stellen: Dreh ich jetzt durch?
Einverstanden. Werde es ändern.

Theoretisch kannst du sie ja auch besuchen (Klinik) und in ihrem Zimmer steht nur diese Quarzuhr, was das noch klaustrophobischer werden lässt.
Das ist eine gute Idee. Ich schaue mal, vielleicht ändere ich das noch ab, dass die Mutter eben nicht drogensüchtig ist, sondern wegen ihrer psychischen Krankheit in Behandlung. Du hast mich zum Überlegen gebracht.

Alles in allem ist das gut geschrieben, aber je intensiver ein Thema wird, desto exakter muss die Basis sein. Gut recherchiert und entlang der tatsächlichen Symptomatik. Zumindest aus meiner Sicht.
Das will ich gar nicht absprechen. Zum Drogenkonsum passen die Schilderungen meiner Meinung nach. Zur paranoiden Persönlichkeitsstörung als Krankheitsbild wohl weniger, das habe ich verstanden. Es kann gut sein, dass ich den Text dahingehend noch anpassen werde, muss ich erstmal drüber nachdenken.

Danke, dass Du es gut geschrieben fandest und danke allgemein für deinen reichhaltigen Input. Ich werde mich sicher auch noch zu deiner neusten Geschichte äussern, sie hat mir sehr gut gefallen. Bis dahin, Morphin.

Beste Grüsse an Dich und Fugu,
d-m

 
Zuletzt bearbeitet:

@deserted-monkey

Hallo deserted-monkey, Ich hab deinen Text eben zum zweiten Mal gelesen.
Die Situation wird schön klaustrophob dargeboten und der Text hat so einige starke Passagen. Die letzten Zeilen legen gut zu.
Dennoch, ein paar Sachen sind es in meinen Augen wert, dass du sie noch einmal anschaust.


Zuerst dachte ich, meine Mutter erleide nur wieder einen ihrer paranoiden Schübe.
Warum 'nur'? Und worin entdeckt er den 'paranoiden Schub'? In was?
Mir fehlt hier eine Handlung der Mutter vorher.
Oder der Satz sollte anders sein.

obwohl die sonst so belegt und undeutlich klingt, wenn sie ihre Medizin genommen hat.
Es kommt öfter im Text vor, dass du Aussagen im Präsens machst - über die Mutter und als Beobachterin auch als Tochter, das suggeriert allerdings, dass sie beide am Leben sind.
Die Handlung spielt aber in der Vergangenheit, sie wird im Präteritum erzählt.
Das heißt, es ist nichts passiert weiter?
Ist klar, worauf ich hinaus will?
Vielleicht wär es eine Lösung, alles im Präsens zu erzählen.
Oder aber der Effekt ist von dir beabsichtigt.
Da würd ich fragen, warum?


Unten auf der Straße hupte ein Auto und die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation standen im Zimmer, durchbrochen von Sonnenstrahlen, die sich zwischen den Jalousien hindurchzwängten.
Mir gefallen die Sonnenstrahlen, die sich durchzwängen.

mir das Atemvolumen auf ein kraftloses Pfeifen zusammenstauchte
Eine der Formulierungen, die mir schief erscheinen. Pfeift denn das Atemvolumen?


das mich glauben ließ, nicht nur die Wohnung, sondern auch mein Kopf sei zu eng geworden.
:thumbsup:


Als sie sagte, dass ich um ein Uhr sterben werde, trug meine Mutter ihr lebloses Gesicht. Früher kannte sie viele Gesichter, die sie auftragen und abwaschen konnte wie Make-up. Sie war die berühmteste Schauspielerin der Stadt gewesen, aber mittlerweile fällt ihr jedwede Emotion schwer.
Die abwaschbaren Gesichter finde ich stark. Der letzte Satz ist dann Präsens, siehe die Anmerkung oben.

Von ihrer einstigen Ausdruckskraft ist nur ein Netz aus tiefen Falten geblieben
Hm. Besteht die Ausdruckskraft eines Gesichts aus Falten oder aus dem Fehlen von Falten?
Das ist doch mehr eine Sache der Gesichtsmuskeln. Natürlich weiß ich wie du es meinst, nur macht es mich ein wenig zögerlich, so wie es da steht. Die Falten tragen nichts mehr bei, sie hängen, doch sind sie alles, was von ihrer Ausdruckskraft geblieben sind?


der Trümmerhaufen ihres schillernden Talents, konserviert in diesem leblosen Gesicht.
Ist hier der Trümmerhaufen konserviert? Oder der traurig misslungene Versuch, das Talent zu konservieren? Die Wörter transportieren mehrere Ideen; richtig ist wohl, das Talent ist konserviert im Gesicht, doch man muss mehrmals hinschauen. Und, eigentlich ist es ja auch nicht konserviert, sondern nur ein Trümmerhaufen ...

Redete mir ein, dass sie das nur gesagt hat, weil irgendeine Zwangsstörung sie dazu trieb.
Okay, hier hat die Tochter eine rationale Erklärung. Wieso also...
Doch diese Worte trafen mich mit ungeahnter Wucht, rissen die dicken Mauern meines wohlbehüteten Zentrums nieder.
... kommt dann so eine heftige Reaktion? Mir ist das zu "satt". Das 'Einreißen des wohlbehüteten Zentrums' -- weil es nicht herbeigeführt ist. Ich es nicht verstehen kann.
Wahrnehmungs- und Denkweise der Tochter bis dahin war recht 'normal'.
Ist sie nun psychisch instabil?

Kaum hatte sie die Drohung ausgesprochen, fiel sie zurück in ihre Lethargie.
Man könnte das auch als 'irre Prophezeiung' einer im Drogenrausch sich befindenden Person interpretieren. Wieso wird es als Drohung empfunden? Nur wegen des Tonfalls?


sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird
Weiß, was du damit meinst -- ruft allerdings erst mal das Bild einer tatsächlich explodierenden Frau in mir hervor (als ob sie auf eine Mine getreten wär) - zwar erklärst du das später weiter, aber in dem Moment...

da die Musik in den Hintergrund rückte, bemerkte ich, dass sich unter die übliche Stille ein Geräusch geschlichen hatte. Mutter atmete schwer, wegen der Medizin, aber zwischen ihren Atemzügen war dieses andere Geräusch zu hören. Erst hielt ich es für einen Filmeffekt, obwohl der Fernseher leise gestellt war.
Ja, hier legt die Geschichte zu, jetzt wird es spannend!

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass der vorher stehengebliebene Sekundenzeiger sich weiterbewegte.
:thumbsup: Ein sehr schöner Knallersatz - gut genug schon hier, als Schlusssatz stehen zu können!

Sind das die Anzeichen einer Schizophrenie? Ich hoffe es. Denn in der Uhr fehlt die Batterie, und auf dem Gesicht meiner Mutter breitet sich ein Grinsen aus, wie von Jack Nicholson.
... dann bekämen wir aber den guten Jack nicht :hmm:

Daher, der Nicholson-Satz ist auch gut. Was das Ende aber wässrig macht, ist die Sequenz zwischen den beiden starken Sätzen. Die Frage ob das jetzt Schizophrenie sei reißt mich raus aus der Szene und dass die Batterie eigentlich fehlt - das weiß ich an der Stelle schon.
Demnach sähe mein Schluss so aus:

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass der vorher stehengebliebene Sekundenzeiger sich weiterbewegte. Und auf dem Gesicht meiner Mutter breitete sich ein Grinsen aus, wie von Jack Nicholson.

Gruß von Flac

 

Hey @deserted-monkey ,

mir geht es ähnlich wie Morphin. Ich empfinde das auch als einen gut geschriebenen Text, dessen Basis hier und da ein bisschen wackelt. Ein paar Stellen, an denen ich noch schleifen würde gleich. Ansonsten mochte ich das Sinnliche des Textes (Gerüche, Haptik etc.) sehr.

und mir das Atemvolumen

Wortwahl oder anderes Pronomen

Früher kannte sie viele Gesichter

Wieder Wortwahl

Sie war die berühmteste Schauspielerin der Stadt gewesen, aber mittlerweile fällt ihr jedwede Emotion schwer.

ich glaube, Vorvergangenheit (PQP) brauchst du hier nicht. Ich würde das im Präteritum oder meinetwegen auch im Perfekt (ist gewesen) schreiben.

sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski

Fand ich zu speziell, zu konkret. Dann lieber Rumpelstilzchen oder so etwas Allgemeineres

herum zu rutschen

herumzurutschen, glaube ich.

Beste Grüße
Carlo

 

Zum Glück lief im Fernsehen ein Thriller mit Burt Reynolds.

Das wäre meine attack sentence. BÄM!
Als sie sagte, dass ich um ein Uhr sterben werde, trug Mutter ihr lebloses Gesicht. Früher konnte sie die Gesichter auftragen und abwaschen wie Make-up. Sie ist die berühmteste Schauspielerin der Stadt gewesen,
Kombiniere das mal zusammen in einem Absatz.

Als sie sagte, dass ich um ein Uhr sterben werde, lief zum Glück ein Thriller mit Burt Reynolds im Fernsehen.

Weltklasse.

Sie spricht wirr, wenn sie ihre Medizin genommen hat.

Das ist der Kern. Hier hätte ich mir gewünscht, du gehst rein. Du hast manchmal die Tendenz, um diesen Kern etwas herumzuschlendern, und dabei genau diesen Fokus etwas zu verlieren. Man spürt auch in all deinen Texten, dass du genau und präzise schreiben willst, dass du sorgfältig überlegst und dir deine Formulierungen zusammensuchst, um Atmosphäre zu schaffen, eine Bühne für deine Figuren, und dann denke ich mir, manchmal vergeudest du die Energie dabei und vergisst etwas die Figuren selbst, die du zwar ausführlich beschreibst, die aber nicht so richtig lebendig werden wollen.
– sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird.
DAS könnte er sich ja wirklich vorstellen. Nehmen wir mal an, seine Mutter wird für ihn in dieser Geschichte wirklich zu Kinski, oder so einem Kinski-Charakter. Du deutest das an, du behauptest das im Grunde, aber es wird nie wahr, du reißt diese imaginäre Wand nie ein, hinter der deine eigentliche Geschichte spielt.

Für mich ist das im Grunde ein Text, der sich um das Zusammenleben mit einem Menschen dreht, der auf irgendeine Art und Weise nicht mehr lebensfähig ist, der sich betäubt. Drogen, Psychose, egal - denn der Auslöser spielt hier keine Rolle. Man muss nicht genau wissen, was da passiert ist, aber genau wissen, was JETZT in diesem Moment passiert. Ich glaube, Präsens wäre hier besser. Radikaler reinkommen, nichts erklären - einfach diese Stimmung aufbauen, dass er Angst hat, seine Mutter bringt ihn um Punkt Eins um. Das würde ich mehr bare bones machen, karger, unheimlicher durch eben diese Redukation, und dabei aber auch langsamer, lass weniger passieren, aber mach dieses Weniger dann tiefer.

Gruss, Jimmy

 

Moin @deserted-monkey,

vielen Dank für diese Geschichte.

Da ich mir bereits selbst solche "Hausaufgaben" für KG mit limitiertem Umfang gestellt habe, war ich auf diese Flash Fiction gespannt.

Der Text hat mich stellenweise leicht an Passagen aus Darren Aronofskys "Requiem for a Dream" erinnert. Kennst Du den Film? Hab den Streifen zwar lange nicht mehr gesehen, aber irgendwie wollte mein Hirn die abgespeicherten Bilder mit Deinen verknüpfen. :susp:

Verbesserungsvorschläge hab ich nicht, da meine notierten Kleinigkeiten bereits in den Kommis genannt wurden. Für mich funktioniert das ganze als FF gut, vor allem das Ende und damit der Bezug auf den Titel.

Gerne gelesen,
beste Grüße
Seth

 

Hallo @deserted-monkey

Ich springe mal direkt rein.

Zuerst dachte ich, meine Mutter erleide wieder einen ihrer paranoiden Schübe. Doch sie sprach mit einer kräftigen, gehässigen Stimme, obwohl die sonst so belegt und undeutlich klingt, wenn sie ihre Medizin genommen hat. Das war das erste Zeichen, dass sich etwas verändert hatte.

Kein schlechter Einstieg, weckt an sich erstmal Interesse. Den letzten Satz könnte man mMn weglassen, das ist ja durch die zwei vorherigen schon klar, und wirkt dann etwas plump, etwas klischeehaft, und auch eher "tell" als "show" .

Unten auf der Straße hupte ein Auto und die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation standen im Zimmer, durchbrochen von Sonnenstrahlen, die sich zwischen den Jalousien hindurchzwängten. Der Geruch von geschmolzenem Styropor und die Mittagshitze stauten sich unter der Decke. Eine stickige Wolke, die sich ausbreitete und mir den Atem auf ein kraftloses Pfeifen zusammenstauchte.
Auch hier ist das Bild/die Atmosphäre für mich ohne den letzten Satz wirkungsvoller.
denn ich war plötzlich zittrig und aufgekratzt.
Vielleicht bietet sich hier auch an, das "aufgekratzt" eher zu zeigen als zu nennen. Oder vielleicht reicht sogar nur das "zittrig" (bzw "ich zitterte")?
Der Stoff meines Shirts klebte mir zwischen den Brüsten und scheuerte bei jeder Bewegung unter den Achseln. In den Stirnhöhlen spürte ich ein ätzendes Kribbeln, das mich glauben ließ, nicht nur die Wohnung, sondern auch mein Kopf sei zu eng geworden.
Auch dies hier könnte man finde ich etwas reduzieren, sind zu viele und zu wenig prägnante Details, bevor etwas passiert bzw etwas genannt wird, das wirklich heraussticht.

jedwede
Einfach "jede"? Das Wort wirkt etwas gestelzt, vor allem auch im Kontrast zum Rest
mit einem gekrümmten Finger, der im rauchgeschwängerten Licht aussah wie skelettiert.
Auch hier finde ich die Wortwahl ein ganz klein wenig - sorry - bedeutungsgeschwängert. Ein wenig zu gewollt, man spürt beim Lesen irgendwie zu sehr, wie du das Bild Baustein für Baustein zusammensetzt. Das funktioniert im Falle mancher Ich- Erzähler gut, beispielsweise dann, wenn die Konstruiertheit von Sprache und Identität auch Teil des Inhalts sind, aber hier finde ich es eher sperrig, trotz durchaus gut konstruierter Sätze.
Doch diese Worte trafen mich mit ungeahnter Wucht, rissen die dicken Mauern meines wohlbehüteten Zentrums nieder.
Auch hier, show don't tell. Was konkret macht es mit dem Erzähler? Was passiert mit ihm, nachdem die ungeahnte Wucht ihn trifft?
sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird.
Hier könnte man auch das "weiblich" weglassen, denn der Versuch, sich erstmal einen dezidiert weiblichen Kinski vorzustellen, wirkt mMn weniger direkt und stark, als erstmal Kinski als Personifikation neurotischer Eruption zu verstehen, das lässt sich dann auch so schön auf eine andere Person übertragen, egal ob Mann oder Frau.
Starrte auf die Zeiger, die eine Zeit anzeigten, die mir bis dato willkürlich und belanglos vorgekommen war: Drei vor eins.
Hier vielleicht auch unnötig dieser Fingerzeig, dass es keine belanglose Uhrzeit mehr ist. Das wissen wir ja schon.

Einige der Bilder sprechen mich durchaus an, doch viele sind zu bemüht, finde ich, vor allem in solch einem knappen Text. Auch bleibt irgendwie am Ende leider nicht sehr viel bei mir hängen - die Details waren vielleicht einerseits zu kleinschrittig beschrieben, andererseits zu wenig aufschlussreich/evokativ, als dass sich da am Ende viel bei mir zusammensetzen könnte. Dadurch geht auch das Grauen für mich verloren, das Leid der Mutter und das des Sohnes, am Ende lässt mich das Ganze ein wenig kalt, was ich schade finde, da das Thema und einige der Bilder und Ansätze doch mehr Potenzial andeuten.

Ich hoffe du kannst mit dem Feedback was anfangen.

Schönes Wochenende,
Paul

 
Zuletzt bearbeitet:

Danke erstmal für die vielen Kommentare! Habe mich sehr über alle Anregungen gefreut.

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Hallo @Morphin

Danke Dir noch einmal für deine vielen wertvollen Hinweise. Das mit der Medizin ist immer noch drin, aber alles andere, was Du vorgeschlagen hast, habe ich so oder so ähnlich übernommen. Du hast bestimmt gemerkt, ich bin da oben in meiner Antwort etwas emotional geworden, wegen der Aussage bezüglich dem Fake, Du hast da einen wunden Punkt bei mir getroffen, vielleicht liest es sich auch wie eine Rechtfertigung, kann gut sein. Aber alles gut, ich fand deine Einwände wichtig. Danke Dir.

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Hallo @FlicFlac

Danke für's Lesen und deinen Kommentar.

Die Situation wird schön klaustrophob dargeboten und der Text hat so einige starke Passagen. Die letzten Zeilen legen gut zu.
Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Warum 'nur'? Und worin entdeckt er den 'paranoiden Schub'? In was?
Mir fehlt hier eine Handlung der Mutter vorher.
Oder der Satz sollte anders sein.
Ja, ich verstehe deinen Einwand bezüglich des Anfangs. Vielleicht müsste ich den Text bisschen anders aufziehen, direkter auch. Aber was vorher war, das klärt sich ja dann später im Text: Die Mutter hat der Prot gesagt, dass sie um ein Uhr sterben wird. Ich wollte da zu Beginn schon noch etwas ein Geheimnis draus machen.

Es kommt öfter im Text vor, dass du Aussagen im Präsens machst - über die Mutter und als Beobachterin auch als Tochter, das suggeriert allerdings, dass sie beide am Leben sind.
Die Handlung spielt aber in der Vergangenheit, sie wird im Präteritum erzählt.
Kann ich nachvollziehen. Ich habe jetzt mal das Ende geändert, also das ins Präsens gesetzt, denn dort ist klar, dass beide noch am Leben sind, was danach passiert, wenn die Uhr auf eins springt, das bleibt im Dunkeln. Aber Du bist nicht der Einzige, der was dazu angemerkt hat, auch Jimmy meinte ja, Präsens wäre besser. Ich schaue es mir nochmal an und überlege, ob ich es umschreibe. Danke für den Hinweis.

Eine der Formulierungen, die mir schief erscheinen. Pfeift denn das Atemvolumen?
Ist jetzt geändert. Vielleicht nehme ich es aber auch noch komplett raus, mal schauen.

Hm. Besteht die Ausdruckskraft eines Gesichts aus Falten oder aus dem Fehlen von Falten?
Das ist doch mehr eine Sache der Gesichtsmuskeln. Natürlich weiß ich wie du es meinst, nur macht es mich ein wenig zögerlich, so wie es da steht. Die Falten tragen nichts mehr bei, sie hängen, doch sind sie alles, was von ihrer Ausdruckskraft geblieben sind?
Auch hier: Verstehe, was Du meinst. Wäre vielleicht eine Kombi besser? Also sowas: Von ihrer einstigen Ausdruckskraft ist nur der Trümmerhaufen ihres schillernden Talents geblieben, konserviert in diesem leblosen Gesicht. Mmmh, muss ich mir überlegen, ist auf jeden Fall guter Input.

... kommt dann so eine heftige Reaktion? Mir ist das zu "satt". Das 'Einreißen des wohlbehüteten Zentrums' -- weil es nicht herbeigeführt ist. Ich es nicht verstehen kann.
Wahrnehmungs- und Denkweise der Tochter bis dahin war recht 'normal'.
Ja, es ist eben ein weiteres Anzeichen, dass sich etwas verändert hat. Vorher konnte die Tochter das ja gut verdrängen, beiseiteschieben, es wieder vergessen, dass diese Worte eben tiefer einsinken, soll zeigen, dass etwas nicht mehr normal ist, insofern beim Zusammenleben mit einer psychisch labilen Person, einer drogenkranken Person, überhaupt so etwas wie Normalität existiert. Ich hatte da auch zuerst was drin, so in die Richtung Das war das zweite Anzeichen oder so, aber das klang mir dann zu plump, deshalb fiel es raus.

Man könnte das auch als 'irre Prophezeiung' einer im Drogenrausch sich befindenden Person interpretieren. Wieso wird es als Drohung empfunden? Nur wegen des Tonfalls?
Wegen der Artikulation dieser Worte, die Stimme der Mutter klingt ja in diesem Moment ganz anders als gewohnt, weil die Prot von den Worten getroffen wird, anders als sonst, und eigentlich ist ja die Aussage Um ein Uhr wirst du sterben bereits eine Drohung, oder nicht? Das wäre zumindest meine Erklärung dazu ... :D

Das Ende habe ich wie von Dir vorgeschlagen zusammengestrichen und es eigentlich fast direkt so übernommen. Ich finde es jetzt viel runder, hat echt was bewirkt, denke ich. Vielen Dank für deine Hilfe FlicFlac! Bis bald.

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Hallo @Carlo Zwei

Einen Dank auch an dich für's Lesen und das Dalassen deiner Eindrücke.

Ich empfinde das auch als einen gut geschriebenen Text, dessen Basis hier und da ein bisschen wackelt. Ein paar Stellen, an denen ich noch schleifen würde gleich. Ansonsten mochte ich das Sinnliche des Textes (Gerüche, Haptik etc.) sehr.
Danke Dir, die von Dir vorgeschlagenen Stellen habe ich etwas abgeschliffen. Nur hierzu noch kurz was:
Fand ich zu speziell, zu konkret. Dann lieber Rumpelstilzchen oder so etwas Allgemeineres
Kennt man den Klaus Kinski heutzutage nicht mehr?? :D Da sind ja so einige Leser gestolpert. Das erstaunt mich etwas. Dieser Kinski ist oder war ja schon auch ziemlich berühmt, oder nicht? Ich glaube, es ist noch gar nicht so lange her, da hatte er posthum einen unrühmlichen Auftritt, weil seine Tochter ein Buch rausgebracht hat, wo sie ihn beschuldigte, sich im Kindesalter sexuell an ihr vergangen zu haben. Aber ja, das nur nebenbei, mich hat's aber wie gesagt etwas erstaunt, dass der Mann und seine berühmten Wutausbrüche nicht bekannter sind.

Danke nochmal an dich für den Input.

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Hallo @jimmysalaryman

Das wäre meine attack sentence. BÄM!
Ich meine das keinesfalls despektierlich, aber ich musste hier echt grinsen und dachte mir so: Ach, der Jimmy wieder, mit seiner Attack Sentence :D Aber geiler Ausdruck auch, attack sentence, gefällt mir. Das muss ich jetzt nur noch lernen, besser umzusetzen. Ich gebe Dir schon recht, mit deinen Anmerkungen bezüglich des Einstiegs. Danke Dir auch für's Lesen und die guten Eindrücke an dieser Stelle, das hilft mir sehr weiter.

Du hast manchmal die Tendenz, um diesen Kern etwas herumzuschlendern, und dabei genau diesen Fokus etwas zu verlieren.
Ja, ich habe oft das Gefühl, so im Nachhinein und auch nach den Kommentaren, dass ich zwar ein Bild der Geschichte vor Augen habe, aber mir irgendwie noch die Details fehlen, ich bastel das immer direkt während des Schreibprozesses zusammen. Auch die Charaktere entstehen laufend, vielleicht muss ich da besser planen, weil mir halt einfach noch die Übung und die Routine fehlt. Ich habe mir das wirklich fest vorgenommen, auch nachdem was mir Achillus unter einer meiner Geschichten vor Kurzem geschrieben hatte. Ich denke auch, die Geschichten wandern zu schnell von meinem Kopf hier ins Forum. Da bleibt dann einiges an Potential auf der Strecke, dass ich vielleicht noch ausschöpfen könnte, wenn ich mir da mehr Zeit lasse. Ich arbeite dran! Die nächste Geschichte werde ich mal sorgfältiger angehen, bisschen plotten, so der Grundkonflikt, die Charaktere auch, all das detaillierter entstehen lassen in meinem Schädel oder auf dem Papier, bevor ich in die Tasten hämmere und dann einfach rausballere. Mal schauen, vielleicht ist das für mich die bessere Art zu schreiben, zumindest am Anfang, bis ich eben da bisschen sicherer bin.

Danke für deinen guten Input.

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Hallo @Seth Gecko

Danke für deine Eindrücke und für's Lesen.

Der Text hat mich stellenweise leicht an Passagen aus Darren Aronofskys "Requiem for a Dream" erinnert. Kennst Du den Film?
Ja, kenne den Film, habe ich vor gefühlten Ewigkeiten mal gesehen. Da gings um die Tablettensucht der Mutter, wenn ich mich recht erinnere. Hat mich gefreut, dass dich mein kleines Textlein an den Film erinnert hat.

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Hallo @paul98

Einen Dank auch an dich für's Lesen und deinen kritischen Blick. Über deine Streichungsvorschläge denke ich noch nach. Man könnte da wohl schon den ein oder anderen Satz noch rausnehmen. Habe ich jetzt noch nix dran geändert, aber kann gut sein, dass ich da noch bisschen schrauben werde.

Einfach "jede"? Das Wort wirkt etwas gestelzt, vor allem auch im Kontrast zum Rest
Ja, dein Vorschlag passt besser.

Auch hier, show don't tell. Was konkret macht es mit dem Erzähler? Was passiert mit ihm, nachdem die ungeahnte Wucht ihn trifft?
Naja, was mit ihr passiert, das erzählt ja die Geschichte, nicht? Aber kann sein, vielleicht war Dir das zu wenig. Für dich scheint die Geschichte ja allgemein zu wenige prägnante Bilder zu wecken, wenn ich das mit dem evokativ richtig verstehe. Ist natürlich schade, kam das bei Dir nicht vollends an und das es Dich dann am Ende eher kalt lässt.

Danke für deine Kritik, deine Sichtweise hat mir weitergeholfen, auch wenn ich jetzt nicht allzu viel verändert habe im Text, aber auch für zukünftige Geschichten nehme ich mir da paar Sachen aus deinem Beitrag mit.

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Grüsse an alle, wünsche ein schönes Wochenende,
d-m

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @deserted-monkey,
ich komme mal auf einen Gegenbesuch und sehe, du hast auch einen Flash Fiction Text gepostet, kein Horror, super, wobei Jack Nicholsons Grinsen im Titel auf anderes schließen lässt, aber gut ... Jedenfalls hatten wir ja bisher noch nix miteinander zu tun und um Horror mache ich tatsächlich einen großen Bogen. Nach Stranger Things Folgen (gehört das im Weitestens Sinne zu Horror?) hab ich mich nicht mehr getraut abends allein aufs Klo zu gehen. Sowas beeindruckt mich nachhaltig und ich muss dann auch alles gucken, weil ich brauche, dass es am Ende alles gut ist, was bei Stranger Things ja leider dann aber nicht so war :sealed:

Egal, jedenfalls ist dieser Text kein Horrortext und ich komme mal zum Kommentieren rum. Ich finde vieles gut, aber auch wackelig hier und da, wie Carlo schrieb. Darum weiß ich jetzt gar nicht, ob dir mein Kommentar noch so besonders hilft, aber ich leite dich mal ein bisschen durch meinen Leseeindruck, das ist ja meistens doch ganz spannend für den Autor.

Zuerst dachte ich, meine Mutter erleide wieder einen ihrer paranoiden Schübe. Doch sie sprach mit einer kräftigen, gehässigen Stimme, obwohl die sonst so belegt und undeutlich klingt, wenn sie ihre Medizin genommen hat. Das war das erste Zeichen, dass sich etwas verändert hatte.
Der erste Satz funktioniert für mich gut, aber dann komme ich auch schon ins Straucheln. "Zuerst dachte ich" ... Mutter ... Paranoia, die aber keine Paranoia ist - das alles im ersten Satz. Ok, das verspricht spannend zu werden, bin dabei. Aber dann kommt das "Doch" --> Also, dass die Stimme kräftig und gehässig ist, spricht dafür, dass es keine Paranoia ist? Und dann kommt da noch dieses Wort, obwohl: Also, wenn die Mutter ihre Medizin nimmt, klingt ihre Stimme normalerweise (sonst so) belegt und undeutlich. Ich lese das so, dass die Mutter ihre Medizin genommen hat, aber eben anders spricht als sonst, nämlich mit kräftiger Stimme. Dass sich die Stimme von belegt und undeutlich zu kräftig geändert hat, ist das erste Zeichen, dass sich etwas verändert hatte. Ob sie sonst auch gehässig spricht, weiß ich nicht, vermute aber mal, dass das auch neu ist.

Unten auf der Straße hupte ein Auto und die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation standen im Zimmer, durchbrochen von Sonnenstrahlen, die sich zwischen den Jalousien hindurchzwängten. Der Geruch von geschmolzenem Styropor und die Mittagshitze stauten sich unter der Decke. Eine stickige Wolke, die sich ausbreitete und mir den Atem auf ein kraftloses Pfeifen zusammenstauchte.
Unten auf der Straße hupte ein Auto - schöne Nebensächlichkeit, schönes Detail. Die Rauchfäden ihrer letzten Inhalation - da kam ich auch kurz ins Trudeln. Also Rauchfäden heißt ja, dass irgendetwas verbrannt wird, also kein Dampf, sondern Rauch. Bei Inhalation und im Absatz zuvor Medizin bin ich aber unsicher, ob sie die Medizin inhaliert hat. Also raucht sie irgendwas? Oder inhaliert sie mit so einem Gerät? Wäre etwas verloren, dass genauer zu beschreiben, damit der Leser nicht hängenbleibt? Der Geruch von geschmolzenem Styropor - damit konnte ich gar nichts anfangen, aber du hast irgendwo geschrieben, dass manche Drogen, die man raucht, so riechen? Wäre vielleicht auch ein Überlegung, dass dem Leser auch mitzuteilen. Ich wusste nicht, was das bedeuten soll.

Wahrscheinlich hatte ich die chemischen Bestandteile der Medizin passiv über Lungen und Haut aufgenommen, denn ich war plötzlich zittrig und aufgekratzt. Zum Glück lief im Fernsehen ein Thriller mit Burt Reynolds, der mich ablenkte. Der Stoff meines Shirts klebte mir zwischen den Brüsten und scheuerte bei jeder Bewegung unter den Achseln. In den Stirnhöhlen spürte ich ein ätzendes Kribbeln, das mich glauben ließ, nicht nur die Wohnung, sondern auch mein Kopf sei zu eng geworden.
Ok, also sie raucht die Medizin, die nach Styropor riecht, was aber eigentlich ein Hinweis auf bspw Crack ist? Also das sollte meiner Meinung nach auch Leuten, die keine Ahnung haben, wie Crack riecht, klar werden. Ich finde aber in diesem Zusammenhang ganz spannend, dass ich nicht genau weiß, spätestens hier, ob Medizin = Medizin ist oder ob sie das nur so nennen. Deine Ich-Erzählerin wirkt ein wenig naiv, wenn sie von den Drogen der Mutter als Medizin spricht, zumindest frage ich mich hier wie alt sie ist bzw. wieviel sie versteht. Den letzten Satz könntest du auch kürzen: Ein ätzendes Kribbeln in den Stirnhöhlen, ließ mich glauben, dass ... Mir gefällt aber, wie du ihre Eindrücke schilderst, das hat irgendwie etwas Surreales, was ich sehr mag, als sei das Ich auch unter Drogen.

Im nächsten Absatz wird etwas über die Mutter erklärt, dass sie Schauspielerin war. Für mich braucht es das nicht. Für mich liegt nach den ersten Absätzen der Fokus klar auf dem Ich und weil eh alles etwas surreal ist, traumhaft irgendwie, brauche ich eigentlich keine Erklärungen, ich fände es schöner, wenn es mehr in der Luft hinge, also so:

Als sie sagte, dass ich um ein Uhr sterben werde, trug Mutter ihr lebloses Gesicht. Sie deutete auf die Quarzuhr über dem Fernseher, mit einem gekrümmten Finger, der im rauchgeschwängerten Licht aussah wie skelettiert. Ich blickte auf das Ziffernblatt, obwohl die Uhr schon vor Monaten stehen geblieben war. Redete mir ein, dass sie das nur gesagt hatte, weil irgendeine Zwangsstörung sie dazu trieb. Sie spricht wirr, wenn sie ihre Medizin genommen hat. Doch diese Worte trafen mich mit ungeahnter Wucht, rissen die dicken Mauern meines wohlbehüteten Zentrums nieder.
Ich glaube, da muss PQP hin beim Fetten. Obs den letzten Satz hier braucht? Mir reichte auch, dass das Ich sich einredet, dass es irgendeine Zwangsstörung ist, dass das Ich auf die Uhr schaut, obwohl die Uhr schon lange steht. Für mich schwächt der letzte Satz eher das was vorher an Spannung aufgebaut wird. Das mit dem Sie spricht wirr... macht einen Raum auf, den du nicht füllst. Für mich führt das vom Text weg oder vom Eigentlichen des Textes, vielleicht lese ich aber auch nicht so wie gewünscht.

Kaum hatte sie die Drohung ausgesprochen, fiel sie zurück in ihre Lethargie. Meist versuche ich, die Stille zu genießen. Aber je länger wir nicht miteinander sprechen, desto stärker wird das Gefühl, etwas lauere. Verborgen in dieser Stille. Etwas, das auf meine Mutter überspringt, in ihr wächst und – so stelle ich es mir vor, um weniger Angst zu haben – sie irgendwann wie einen weiblichen Kinski explodieren lassen wird. Ich habe mir angewöhnt, über ihre Ausbrüche hinwegzuhören. So gut, dass ich mich dieser verletzenden Worte in meinem Hirn wieder entwinden kann, bevor sie Schaden anrichten.
Hier struggel ich wieder ein bisschen, muss mir das so ein bisschen hin- und herschieben. Den ersten Satz finde ich super, der bringt da wieder so Spannung rein. Wie sie "aufwacht" und sagt: Um ein Uhr wirst du sterben und dann wieder zurück in die Lethargie fällt und jetzt diese Drohung im Raum steht. Ich weiß gar nicht, ob du hier wieder die Anleihe auf das "meist" brauchst (macht auch wieder einen Raum auf, wie oben das mit dem wirr reden, den du nicht füllst), du könntest auch einfach bei diesem Moment bleiben. Sie fällt zurück in die Lethargie und da steht jetzt diese Drohung im Raum und das Gefühl, da lauert etwas in der Stille, etwas, dass auf die Mutter überspringt und ... keine Ahnung, warum sie explodieren soll, ich dachte, etwas, dass auf die Mutter überspringt und ihn dann tötet --> um ein Uhr. Aber ok, das mit der Explosion ist wohl metaphorisch gemeint, sie hat einen Ausraster wie Kinski, darum wohl auch das mit dem angewöhnt, über Ausbrüche hinwegzuhören. Für mich führt das vom Text weg wie das "meist versuche ich ...". Keine Ahnung, ob ich schon anfange meinen eigenen Text zu fabrizieren, so soll das natürlich nicht sein. Das passiert, glaube ich, gerne mal, wenn ich als Leserin nicht genau weiß, worum es geht. Wie gesagt, ich lese den Text als Momentaufnahme dieser surrealen Situation, das Jetzt dieser Situation und ja, manchmal ist da auch ein Rückgriff auf Vorerfahrungen wichtig, weil sie etwas erklären oder einordnen oder noch mal einen Raum öffnen oder so, aber all das scheint mir hier nicht der Fall zu sein. Also, vielleicht lese ich den Text auch ganz anders, als du ihn angelegt hast/haben wolltest, dann ignoriere, was ich geschrieben habe.

Diese trockenen, im Nachhinein fast nüchtern klingenden Worte jedoch, um ein Uhr wirst du sterben, rollten zwischen den Wänden des Wohnzimmers hin und her, wie Echos von Kanonenschüssen. Ich begann auf der Couch herumzurutschen. Starrte auf die Zeiger, die eine Zeit anzeigten, die mir bis dato willkürlich und belanglos vorgekommen war: Drei vor eins.
Das hin und herrollen im Wohnzimmer der Worte gefällt mir. Das ist ja eine starke und aussagekräftige Metapher. Ich meine, da braucht es nicht noch direkt einen Vergleich hinterher. Also ich würde mich hier entscheiden, Vergleich oder Metapher, so ists a bissl viel. Ich würde auch insgesamt ausdünnen, dann kommt der Absatz mir stärker vor, aber du guckst für dich.

Nachdem ich keinen Weg gefunden hatte, die aufkeimende Panik niederzuringen, schaute ich Burt Reynolds angestrengt dabei zu, wie er die Außenmauern einer Gefängnisbastion erklomm. In einem Moment, da die Musik in den Hintergrund rückte, bemerkte ich, dass sich unter die übliche Stille ein Geräusch geschlichen hatte. Mutter atmete schwer, wegen der Medizin, aber zwischen ihren Atemzügen war dieses andere Geräusch zu hören. Erst hielt ich es für einen Filmeffekt, obwohl der Fernseher leise gestellt war. Dann wanderte mein Blick zurück zur Quarzuhr. Ich wollte gar nicht hinsehen, wollte kein weiteres Zeichen erkennen. Aus dem Augenwinkel bemerke ich, dass der vorher stehengebliebene Sekundenzeiger sich weiterbewegt.

Und auf Mutters Gesicht breitet sich ein Grinsen aus, wie von Jack Nicholson.

Gerade hier am Ende würde ich weniger erklären, das sollte sich von selbst erklären, dass die Panik niederzuringen nicht geklappt hat, auch dass sie es mit Hilfe des Films versucht. Wie heißt es immer so schön: Vertrau deinen Lesern! Dann wandert der Blick zur Uhr, aber aus dem Augenwinkel bemerkt er, dass der Sekundenzeiger (dass die Uhr eigentlich still steht, wissen wir schon) sich weiterbewegt hat? Ist irgendwie seltsam. Außerdem wechseltst du dann auf einmal die Zeit und gehst ins Präsens. Klar, genau für diesen Effekt, aber es wäre doch eine Überlegung, den gesamten Text ins Präsens zu setzen, dann bist du ganz unmittelbar in dem Moment und am Ende ist es dann offen, was passiert. Jetzt ist es ja in der Vergangenheit erzählt, als erzählt sie im Augenblick des Grinsens was davor passiert ist ...

Du hast gut diese unheimliche Stimmung rübergebracht, kannst meiner Meinung nach noch einiges ausdünnen und hier und da für mehr Klarheit beim Lesen sorgen. Alles in allem hab ich es gerne gelesen. Ich hoffe, es ist ok, dass ich so wild in deinem Text herumgestrichen habe, macht es manchmal einfacher. Du schaust einfach für dich, was du brauchen kannst und was nicht.

Viele Grüße
Katta

 

Hallo @Katta

Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Sorry, hat jetzt etwas gedauert, ist aber gar nicht schlecht, denn nun habe ich mich genügend Abstand zum Text und mich durchgerungen, da nochmal radikal durch den Text zu gehen und zu kürzen. Ich dachte wirklich, da kann nichts mehr weg, sonst versteht man das nicht mehr, aber ist schon krass zu sehen, wie viel Balast selbst in einem so kurzen Textlein noch abgeworfen werden kann. Ich habe praktisch alle deine Kürzungsvorschläge umgesetzt.

Nach Stranger Things Folgen (gehört das im Weitestens Sinne zu Horror?) hab ich mich nicht mehr getraut abends allein aufs Klo zu gehen.
Das weiss ich ehrlich gesagt nicht, da ich die Serie nicht kenne (also ich hab schon davon gehört, leb ja nicht hinterm Mond, aber eben noch nie angeschaut). Generell schaue ich eher keine Serien. Das hat zwei Gründe: 1) Das braucht viel zu viel Zeit. 2) Ich habe schon mit Serien begonnen, die einfach nach der ersten oder zweiten Staffel eingestampft wurden und somit keinen Abschluss hatten, was doch ziemlich frustrierend ist. Also schaue ich mir eigentlich nur Filme an.

Darum weiß ich jetzt gar nicht, ob dir mein Kommentar noch so besonders hilft
Hat mir auf jeden Fall geholfen. Gerade die Kürzungsvorschläge fand ich sehr gut und ich bin da meist auch mitgegangen. Habe das umgesetzt. Es ist deshalb auch vollkommen OK das Du da in meinem Text rumgestrichen hast. Ist doch völlig legitim. Mache ich auch oft so bei meinen Kommentaren.

Also, dass die Stimme kräftig und gehässig ist, spricht dafür, dass es keine Paranoia ist? Und dann kommt da noch dieses Wort, obwohl: Also, wenn die Mutter ihre Medizin nimmt, klingt ihre Stimme normalerweise (sonst so) belegt und undeutlich. Ich lese das so, dass die Mutter ihre Medizin genommen hat, aber eben anders spricht als sonst, nämlich mit kräftiger Stimme. Dass sich die Stimme von belegt und undeutlich zu kräftig geändert hat, ist das erste Zeichen, dass sich etwas verändert hatte. Ob sie sonst auch gehässig spricht, weiß ich nicht, vermute aber mal, dass das auch neu ist.
Du schreibst zwar, dass Du da bisschen gestrauchelt bist, aber genau so war es eigentlich gedacht. Ich habe da nichts hinzuzufügen.

Also raucht sie irgendwas? Oder inhaliert sie mit so einem Gerät? Wäre etwas verloren, dass genauer zu beschreiben, damit der Leser nicht hängenbleibt? Der Geruch von geschmolzenem Styropor - damit konnte ich gar nichts anfangen, aber du hast irgendwo geschrieben, dass manche Drogen, die man raucht, so riechen? Wäre vielleicht auch ein Überlegung, dass dem Leser auch mitzuteilen. Ich wusste nicht, was das bedeuten soll.
Ok, ja, bist nicht die Erste, die dort hängenbleibt bzw. es nicht ganz versteht. Ist wohl sehr spezifisch mit dem Styropor (bzw. ist ja das schon vereinfacht, siehe Kommentar an Morphin) ... Ich möchte nicht zu viel verraten, aber den Leser/die Leserin natürlich auch nicht zu sehr struggeln lassen. Ich überlege noch, wie ich es eindeutiger machen kann, ohne gleich direkt alles auf dem Silbertablett zu servieren. Mir fällt bestimmt noch was ein!

Mir gefällt aber, wie du ihre Eindrücke schilderst, das hat irgendwie etwas Surreales, was ich sehr mag, als sei das Ich auch unter Drogen.
Danke Dir! Das freut mich. Ich finde es auch schön, dass Du immer wieder von surreal und traumhaft schreibst, denn genau so sollte es ankommen. Ich finde solch eine Stimmung zu etablieren recht schwierig (soll jetzt keine Selbstbeweihräucherung sein, weil's mir hier offenbar gelungen ist, zumindest bei Dir) und will bei weiteren Geschichten verstärkt in diese Richtung gehen, weil ich das einfach spannend finde und sowas selbst sehr gerne lese.

Im nächsten Absatz wird etwas über die Mutter erklärt, dass sie Schauspielerin war. Für mich braucht es das nicht. Für mich liegt nach den ersten Absätzen der Fokus klar auf dem Ich und weil eh alles etwas surreal ist, traumhaft irgendwie
Ja, es lenkt etwas ab, da gebe ich Dir recht. Ich brauchte das in erster Linie, um das mit ihrem 'leblosen' Gesicht zu bringen. Hat aber noch einen anderen Grund, siehe unten. Muss ich mal schauen, ob ich das auch noch irgendwie rauskürzen kann (ist wohl so ein Darling von mir). Vielleicht haue ich das auch noch raus, kann gut sein, momentan ist es aber noch drin.

Für mich führt das vom Text weg oder vom Eigentlichen des Textes, vielleicht lese ich aber auch nicht so wie gewünscht.
Mmmh, ich finde, Du hast es sehr genau gelesen und schon auch so, wie es ungefähr intendiert war. Es war sehr spannend für mich, deine Gedanken dazu zu lesen.

Aber ok, das mit der Explosion ist wohl metaphorisch gemeint, sie hat einen Ausraster wie Kinski, darum wohl auch das mit dem angewöhnt, über Ausbrüche hinwegzuhören.
Korrekt. Ich glaube, deswegen fällt es mir auch schwer, rauszukürzen dass die Mutter Schauspielerin war, denn das hat ja schon einen Zusammenhang: Kinski und Jack machen der Prot Angst, als Gegensatz dazu Burt, der sie eher beruhigt. Sie denkt halt die Mutter explodiert wie Kinski und grinst wie Jack, eben genau weil diese Schauspielerin war und sie als Tochter diesen Stars vielleicht etwas "näher" war als andere Kinder, deren Eltern einem eher gewöhnlicheren Job nachgehen. Deshalb denkt sie überhaupt so, sonst hätte sie bspw. von Kinski vielleicht gar nie gehört.

Klar, genau für diesen Effekt, aber es wäre doch eine Überlegung, den gesamten Text ins Präsens zu setzen, dann bist du ganz unmittelbar in dem Moment und am Ende ist es dann offen, was passiert. Jetzt ist es ja in der Vergangenheit erzählt, als erzählt sie im Augenblick des Grinsens was davor passiert ist ...
Verstehe das mit dem Präsens. Werde ich ausprobieren. Meine Überlegung war folgende: Die Uhr zeigt ja drei vor eins, als sie hinblickt. Um die Geschichte (in ihrer Ursprungsform) zu lesen, braucht man ungefähr drei Minuten, dachte ich mir. Also man liest eigentlich mit dem Countdown mit, bis die Uhr eins zeigt. Aber ich schaue mir das definitiv noch einmal genauer an, bist auch da nicht die Erste, die das mit dem Präsens anmerkt.

Du hast gut diese unheimliche Stimmung rübergebracht, kannst meiner Meinung nach noch einiges ausdünnen und hier und da für mehr Klarheit beim Lesen sorgen.
Danke Dir. Ausgedünnt habe ich bereits einiges, wegen der Klarheit muss ich noch bisschen überlegen, wie ich das mache, weil ich eben auch nicht zu viel verraten will. Es würde für mich etwas die Stimmung kaputt machen, aber vielleicht täusche ich mich. Jedenfalls waren deine Anmerkungen wertvoll und spannend für mich und ich ging praktisch überall mit deiner Lesart mit. Danke nochmals!

Beste Grüsse,
d-m

 

Generell schaue ich eher keine Serien. Das hat zwei Gründe: 1) Das braucht viel zu viel Zeit.
Oh, das ist wahr. Am schlimmsten ist es aber, wenn man dann binge watchen muss, weil man sonst nicht schlafen kann :drool:

Also schaue ich mir eigentlich nur Filme an.
Ich finde toll an den Serien heutzutage, dass die so viel Zeit haben, etwas zu erzählen. Früher waren Serien ja eigentlich immer Episoden der immer gleichen Geschichte. Heute finde ich sind Serien oft wie Romane und Filme eher wie Kurzgeschichten. Darum mag ich Serien gerne. Aber das mit dem Einstampfen stimmt ... und manchmal verfalle ich so einem Komplettationszwang und "muss" die Serie zu Ende schauen, d.h. auch die nächste Staffel, wenns eine gibt oder gar mehrere, obwohl es immer und immer schlechter wird.

Freut mich, wenn mein Kommentar, dir weitergeholfen hat.

Viele Grüße und gute N8!
Katta

 

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