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Künstlerkarriere

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23.08.2008
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Künstlerkarriere

Künstlerkarriere
Heinz Körber
Kategorie : Humor


John war dazumal das, was man einen Total-Aussteiger nannte.
Sogar seinen Taufnamen Hans ließ er in der Welt der Etablierten zurück und verlangte von
allen, fortan nur mehr mit John angesprochen zu werden.
John dichtete, musizierte und malte, und dies schon eine Zeit lang vor dem Beginn seines Aussteigerdaseins.
Er schrieb Oden, Einakter, Dramolette, vor allem aber viel Aphoristisches. Sentenzen, die
ihn oft weit über das Verständliche hinaustrugen.
Er empfand sich als James J. der Metaphysik, als Weichensteller gleich einem Immanuel K.
Geige spielte er mit einer Inbrunst, die einem manchmal Angst machen konnte. Hauptsächlich
Selbstkomponiertes – und das bis in die frühen Morgenstunden.
Gemalt hat er während all der Jahre in der Arbeitswelt aber bloß ein einziges Aquarell :
Einen dunkeblauen Baum mit blattlosen violetten Ästen, schattenlos vor einem feuerrotem Hintergrund.
„Eine Muse inspiriert die andere“, pflegte er vor sich hinzumurmeln, wenn er vom Schreib-
tisch aufstand und auf dem Weg zu seinem heiß geliebten Streichinstrument vor dem
aus dem Feuer aufsteigenden Baume verharrte.

Pipi und ich wussten es schon immer – unser Freund John wird es schaffen !
Entweder als alle übertreffender Literaten-Philosoph oder als begnadeter Komponist und
Virtuose. Nur für einen Durchbruch aufgrund des Erstlingswerkes, des blau-violetten Baumes,
gab ich – bis zur Wende in seinem Leben – gar nichts.
Nicht so Pipi, eine Kumpanin mit Sinn für das Außergewöhnliche, die die wahren Aktionen
des Lebens nur in den Extremen angesiedelt wissen wollte.
Somit ist es einzig und alleine ihrer Idee zuzuschreiben, dass John heutzutage schreiben und
komponieren kann, was er will. Und dies in der vollen Gewissheit, dass dies alles dank seines
bekannten Namens einem breiten Publikum zugeführt wird.

Wir waren unser fünf damals, als wir das Museum der Modernen Kunst an einem regnerischen Donnerstag-Nachmittag betraten. Ich trug wohlverpackt, wie ich ihn aus John´s
Wohnung rausgeschmuggelt hatte, den violetten Baum unterm Arm, nebst einem Hammer
sowie Nägeln und einem extra angefertigten Namensschild an einer Kette. Und das alles in der Brusttasche. Pipi hatte ihren Hals dick umschalt, um damit eine Verkühlung vorzutäuschen. Zwei gute Bekannte spielten blauhaarige amerikanische Witwen mit starkem Texas-Akzent. Georg löste sich schließlich einen Foto-Ausweis.
Das Manöver startete mit einem Hustenanfall von Pipi in einem der Nebenräume der Galerie.
Der Museumswärter kümmerte sich auch gleich um die Arme – und war damit in der Folge
von seiner Pflicht sosehr abgelenkt, dass ich im rhythmischen Gleichklang mit Pipis Husten
den ersten Nagel einschlagen konnte, jenen Nagel, der die Kette mit dem violetten Baumbild
tragen sollte. Mit dem zweiten, dem für das Namensschild, musste ich mich beeilen, um den
gespielten Hustenanfall nicht noch in einen natürlichen übergehen zu lassen.
Dann war es aber soweit. Wir standen alle vor John´s Baum im Hauptsaal des Museums.
Wohlweislich hatten wir ihm neben einem wenig eindrucksvollen Picasso-Epigonen
einen markanten Platz ausgesucht.

Nun kam auf seinem Rundgang also der Museumsaufseher angeschlendert.
Auffallend rasch schoss seiner verschlafenen Figur Leben ein, als er das Exponat
erspähte, das zuvor noch nicht da war. Es begann ihm nach Skandal zu riechen.
Für Fälle zur Verhinderung von Art-napping war er ja ausgiebig trainiert worden, aber
Art-smuggling-in war ihm fremd und deshalb in höchstem Maße anrüchig.
Quallenartig drängte er sich zwischen uns durch und zuckte dabei mit den Armen aus
den Schultergelenken, die Pupillen stark geweitet. Was er da sah, musste er sofort an
oberster Stelle berichten. Dann kam er schon angekeucht mit dem Museumsdirektor.

Die beiden amerikanischen Damen ergingen sich in einem „wonderful“ nach dem anderen,
aus Georgs Kamera ging ein Blitzlicht-Gewitter auf John´s Baum nieder. Die Amerikanerinnen monokelten sich – noch immer in Verzückung – ganz nahe heran
„Oh – John R. never heard before !”, was Pipi und ich mit einem gelassenen“Young talent”
quittierten.
Nun kam es, schrittweise verfolgbar, auch im Kopfe des Museumsdirektors zu einer Wende.
Hatte er vorerst ein „Frechheit“ und „Polizei“ vor sich hingezischelt, ließ er sich zusehends
bereitwilliger von Georg interviewen.
Was er denn dazu meint, dass er als einziger Direktor der Welt einen John R. in seinem
Hause ausgestellt hat...
Der gute Mann spürte langsam einen ungeheuren Aufwind in sein Dasein fahren – und
plusterte sich auch bald auf mit wonniglichen Formulierungen wie :
„Naja, heutzutage muss man halt einen sechsten Sinn für das Besondere haben – und auch
ein gerüttelt Maß an Mut, der erste zu sein, der sich dazu offen bekennt “...

Wie es mit John weiterging ?
Ein p.r. Agent, mehrere personal coaches , jede Menge Presse-Einschaltungen – und schon war er als Multitalent entdeckt und auch bald zur Symbolfigur für eine Reihe von Kunstrichtungen geworden.
Gemalt hat er auf Anraten seiner Öffentlichkeits-Manipulanten nur sehr wenig :
Alle ein bis zwei Jahre einen andersfarbigen Baum, der jeweils auf Auktionen zur heiß erwarteten Sensation wurde. Der Wiedererkennenswert des Künstler ist doch das wichtigste
Kriterium am Markt.
Somit konnte John fortan nur mehr Kraft aus der gegenseitigen Inspiration von Dichtung
und Musik erfahren.
Nur manchmal bleibt er heute noch - Jahre danach – wehmütig vor dem leeren Platz an der Wand stehen, an dem dereinst der violette Baum zu sehen war.
Von Pipi bisweilen auf das einstige „product placement“ angesprochen, antwortet er stets mit einem hochgeistigen, aber absolut nicht zum Thema passenden Aphorismus und kratzt weiterhin auf seiner Lieblingsgeige.

 

Hallo Heinzkoerber.

Das Manöver startete mit einem Hustenanfall von Pipi in einem der Nebenräume der Galerie.
Juchu, ich wollte schon fragen, wo du den Humor versteckt hast. Bis hier war ja alles noch so lala, trockenes Erzählen, wo ich doch wegen besagter Kategoriebezeichnung etwas mehr erwartet hatte.
Jetzt verspricht die Geschichte endlich, spannend zu werden.


So, viel mehr habe ich dann doch nicht zitiert, wie ich das sonst mache, ist ja auch recht kurz, die Geschichte.

Hm, was soll ich sagen? Absurd finde ich die Geschichte, aber witzig? Nee ... Ein paar satirische Anklänge meine ich herausgelesen zu haben, von wegen Hauptsache Wiedererkennungswert des Künstlers.

Sonst muss ich leider sagen ... Vermutlich habe ich in einigen Monaten sowieso vergessen, dass ich dies gelesen habe. Schade, ist im Endeffekt nicht besonders eindrucksvoll geworden.

(Doch im Moment steht ohnehin noch in den Sternen, ob du diese Kritik jemals lesen wirst.)


Grüße von Jellyfish

 

Hi,
Leider verliert deine Geschichte durch die allseits bekannte art-smuggling-in Aktion des berühmten Londoner Künstlers Banksy alles, was du ihr an Humor zugeschrieben hättest.

deine Vanessa

 

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