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Kenny und sein Date oder (über die Notwendigkeit sozialer Masken)

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30.12.2015
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Anmerkungen zum Text

Kritik jeglicher Art ist erwünscht. Ich versuche gerade wieder ein bisschen ins Schreiben von Geschichten reinzukommen, da ich an etwas Großem arbeite :)

Kenny und sein Date oder (über die Notwendigkeit sozialer Masken)

Wieso sollte ich meinen Netflix Account nicht upgraden? Ich wette, ich erkenne den Unterschied durch die Ultra HD Auflösung. Die meisten sehen das nicht. Zumindest nicht so richtig. Hoffentlich bringt Eric etwas Gras mit. Wäre echt blöd wenn er es wieder zu Hause vergisst, angeblich. Was für ein Geizkragen. Aber so ist er eben. Ich muss ihm noch erzählen, dass ich ein Date mit Mia haben werde. Laut seiner Nachricht vor 15 Minuten sollte er gleich da sein. Ich mache so lang an meinem Beat weiter.

Kenny versinkt in den Sphären des Klangs. Ein gut klingendes Sample, ein rhythmisches Drum Pattern, eine passende Melodie auf dem Keyboard. Er vergisst die Welt um sich, die Last des Profanen reißt ab. All die artifiziellen Konzepte wie Raum, Zeit und Gesellschaft entfernen sich mit jedem Ton immer weiter. So ist es nicht verwunderlich, dass Eric ihn von hinten erschreckt.
"Ich wollte dich nicht erschrecken, tut mir leid."
"Halb so wild. Sag mal, hast du den Shit dabei?"
"Na klar, für was hältst du mich? Einen Amateur?"
Darauf sollte ich lieber nicht antworten. Und selbst wenn, er würde mir das nicht übel nehmen. Deswegen sind wir ja auch so gute Freunde.
Eric dreht sich und Kenny einen Joint, der vor allem von letzterem erwartungsvoll angesehen wird.
"Ich mag deinen neuen Beat, ehrlich. Nur die Snare ist unpassend, just saying." Eric weiß, dass Kenny insgesamt auf seine Kritik hofft. Ob er es ihm sagen würde ist eine andere Frage. Kommentarlos verfeinerte er sein Projekt und die beiden saßen Kopf nickend und Marihuana rauchend in Kennys studioartig wirkenden Zimmer.
"Hey Mann, ich habe Neuigkeiten. Das glaubst du mir nie." Seine Lippen formen sich zu einem Lächeln. Wahrscheinlich war es unkontrolliert. Seine Augen sind rubinrot, seine Gedanken kreisen nicht umher wie sonst. Einem verstopften Abfluss nicht unähnlich, sind auch Kennys Gedanken gemündet und gebremst.
"Na dann hau' mal raus", entgegnet er im Rausch. Vermutlich versteht er nicht, was Kenny ihm gleich sagen wird. Jedoch ist er mit dem Herzen dabei und das macht aus ihm einen guten Kerl.
"Mia und ich haben am Freitag ein Date. Bevor du was sagen willst - ich weiß, dass sie zu den beliebten Leuten gehört, warum auch immer diese Idioten beliebt sind."
Eric durchdringt plötzlich eine starkes Bedürfnis, seine Schlagfertigkeit zum Besten zu geben. "Niemand mag es, wenn seine Freunde im Unrecht sind. Deshalb umgeben sich Leute mit geringerem Selbstwertgefühl mit Ja-Sagern und Speichelleckern. So kommt es, dass diese Leute nie auf soziale Hindernisse stoßen, nicht mit konstruktiver Kritik umgehen können und letztendlich komplett verblöden. Ist nur meine Meinung. Deine eigentlich auch, aber egal."
"Warum erzähle ich dir sowas auch? Als hätte ich nicht genug bescheuerte Ideen gehabt."
Manchmal vergesse ich, dass er den gleichen Faible für Philosophie hat wie ich. Das macht eine Diskussion schwierig und auch irgendwie interessant. Trotzdem. So etwas vor meinem Date in den Raum zu werfen ist echt nicht hilfreich.
Seiner Mimik ablesbar, versucht Kenny die Wogen zu glätten. Die beiden reden noch ein wenig über die anstehende Verabredung. Ein dialektisches Fließen der Pros und Contras. Als würden Ebbe und Flut miteinander debattieren, für wen der Mond geeignet sei und für wen nicht.
"Sie hält uns doch für Freaks. Wie willst du dieses Bild loswerden?"
"Ich..ähm..ich weiß es nicht. Zurückhaltung ist der Schlüssel? Oder nicht über mich reden? Genau wegen sowas habe ich dich fragen wollen. Als eine Art Wingman und nicht als sokratischer Dialogpartner."
Eric weiß nicht wohin mit seinem Blick, seinen Gedanken. Also tut er das, was er für richtig hält.
"Okay, ich kann dir für jemanden wie Mia nur einen Tipp geben, leider." Euphorie macht sich in Kennys Augen breit.
"Immer her damit!! Ich wusste, ich kann auf dich zählen." Die beiden setzen sich gegenüber, Eric nimmt den Schneidersitz ein, Kenny macht die Musik aus und es herrscht absolute Stille im Zimmer. Nur Stille, keine Spannung. Durch den Rauch im Raum ist lediglich ein schweres Atmen zu vernehmen.


"Sei nicht du selbst! Unter keinen Umständen."

Er verkündet dies, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Es blieb vollkommen ernst. Kenny hingegen ist verwundert. Er verspürt keine Wut, keine Angst oder sonstige negative Affekte. Jedoch bringt der seine Verwunderung unwillentlich mit seinem Gesichtsausdruck zur Sprache.
"Wieso? Was ist falsch an mir?" Er weiß gar nicht, wie er diesen Tipp aufnehmen soll. "Ich meine, ja, ich bin sicher kein Sport-Ass und unbeliebt. Vielleicht sind meine Hobbys auch schräg. Aber mich selbst zu verleugnen? Das ist nicht die Art von Hilfe, die ich mir erhofft habe.."
"Leider ist es die Art von Hilfe, die du hierbei brauchst. Und nein, an dir ist weder was falsch noch sonst irgendwas, wirklich."
Es herrscht Stille. Es herrscht Spannung. Keiner weiß so richtig, was er sagen kann, um die Situation voranzutreiben oder zu beenden.

Freitag Nachmittag. Noch 3 Stunden bis zum Date. Kenny packt die Angst. Er ist im Begriff, einen zweiten Deoroller zu benutzen, da der erste ihm heute den Dienst quittiert hat. Wohlgemerkt, er hat beide heute gekauft und sie sollten eine gewisse Zeit lang halten. Die Nervosität der Jugend macht sich bei ihm bemerkbar. Schweißausbrüche, Lippenkauen und ein stetiges Auf- und Abgehen. Die Zeit läuft gegen ihn. Zumindest fühlt es sich so an.
Ich glaube nicht, dass ich das schaffe. Verdammte Scheiße! Vielleicht sollte ich es absagen. Soll ich es absagen? Ich sollte es absagen! Was? Nein! Es ist doch nur eine Verabredung mit einem Mädchen. Nichts Wildes! Warum stelle ich mich so an? Der Eisbrecher könnte ein Witz sein. Lieber nicht, das klingt doof. Wie würde eine Anekdote über Edgar Allan Poe rüberkommen? Wahrscheinlich schlecht. Warum bin ich nur so schlecht in sowas? Ich bin viel zu aufgeregt für ein Date!!

Vor dem Focus, eine örtliche Bar, wartet Kenny auf Mia, nervös umherlaufend, in der Hoffnung, einen guten Einstieg in den Abend zu schaffen. Er zittert am ganzen Körper. Ob es die abendliche Kälte oder die Aufregung ist weiß er nicht. Er weiß, dass er nichts weiß. Zumindest nichts über Dates. Und hier sieht er sich ganz klar im Nachteil. Bevor er sich in der Kaskade seiner Gedankenwelt verlieren kann, taucht Mia auf.
Pünktliche Unpünktlichkeit oder unpünktliche Pünktlichkeit? Ach, gehüpft wie gesprungen. Sie ist da. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren. Bleib cool!
Sie begrüßen sich. Peinlichkeiten treten nicht auf. Eine Erleichterung sondergleichen für ihn. Mia wirkt sehr entspannt. Als wäre der heutige Abend ein Teil ihrer Routine. Die beiden setzen sich, bestellen sich etwas zu trinken und unterhalten sich einige Zeit lang über die verschiedensten Sachen. Die Schule, Freizeit, Hobbys und Zukunftspläne. Der übliche Kram eben. Small Talk und Kleingeistigkeit. Sachen, die er eigentlich nicht mag. Hier macht er eine Ausnahme. Er ist ausnahmsweise nicht er selbst, so wie Eric es ihm empfohlen hat. Es klappt und Erics Tipp trägt Früchte, was allerdings einen fahlen Beigeschmack mit sich bringt. Es scheint alles gut zu laufen, bis Kenny eine Frage stellt, die ihn seit seiner Unterhaltung mit Eric beschäftigt..

"Warum hast du dich auf ein Date mit mir eingelassen? Versteh' mich nicht falsch, es gefällt mir sehr. Aber ich bin doch etwas verwundert darüber."
"Naja, das klingt jetzt vielleicht blöd", entgegnet Mia ihm, sichtlich angestrengt von der Suche nach einer guten Antwort, "aber es war nicht meine Idee mit dir auszugehen. Es war eine Wette, die ich gegen meine Freunde verloren habe. Der Verlierer sollte mit einem der Versager ausgehen, um euch auf einer Ebene begegnen zu können. Ist zwar ziemlich fies, aber Wette ist Wette, richtig?"
Eine Abrissbirne hat Kenny erfasst. Er versteht nun, was es heißt, wenn jemandem das Herz gebrochen wird. Nicht wissend, wie er angemessen darauf reagieren soll, verabschiedet er sich von Mia und versucht dabei, seine Fassung zu bewahren und ihr einen gut gemeinten Tipp mit auf den Weg zu geben.
"Nur weil ich nicht so bin wie deine Freunde und du habe ich sowas nicht verdient. Gefühle sind nichts, womit ihr nach Lust und Laune spielen könnt!"
Seiner Trauer ausgesetzt, begibt er sich zu Eric, den einzigen Menschen, den er im Moment sehen kann und will.

Sie reden über den Abend und Eric erkennt, dass sein Freund ihn braucht. Er fühlt Mitleid und einen Hauch von Schuld. Schuldig, ihm geraten zu haben, sich zu verstellen. Schuldig, ihn nicht von dieser emotionalen Hölle ferngehalten zu haben. Denn auch wenn er es nicht zeigen will, erkennt Eric: Kenny braucht Zeit.
"Waren die Drinks so gut wie man sich erzählt?"
"Weiß ich leider nicht mehr so genau. Tut mir leid." Kenny meidet den Blick seines besten Freundes. "Du hattest recht! Mit ihr und dem Verstellen. Wäre ich nicht aus meiner Rolle gefallen, hätte das ein wirklich cooles Kapitel für mich werden können."
"Falls es dich tröstet, ich hab' deinen Beat fertig gemacht. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob es gut geworden ist, aber die Mühe lässt sich hören."
"Danke, weiß ich zu schätzen! Denkst du, ich finde jemanden, der so toll ist, wie ich es mir von Mia erhofft habe?
"Dass du einem Trugbild hinterher jagst muss ich dir aber nicht noch sagen, oder?"

Was hat mich der Abend gelehrt? Liebe als zweischneidiges Schwert? Auf jeden Fall! Sind beliebte Menschen Arschlöcher? Nicht unbedingt, aber tendenziell. Wahrscheinlich bin ich noch nicht bereit für die ganze Beziehungs- und Datinggeschichte. Nicht zuletzt, weil das dann doch eine sehr schmerzliche Erfahrung war, und dass, obwohl ich mich sogar verstellt habe. Immerhin kann ich jetzt voll und ganz ich selbst sein! Was ich wohl heute Abend auf Netflix anschaue?

 

Hallo OriginKnight, die Geschichte überzeugt mich nicht, da sind auf der handwerklichen Ebene zu viele Schwächen. Fangen wir mal mit der wahrscheinlich offensichtlichsten an: Die Pointe mit der Wette ist dürftig. Zum einen hat man das als Gag zu oft gehört, zum anderen lässt sich daraus in keiner Weise die Schlussfolgerung der Notwendigkeit sozialer Masken ableiten. Und damit gleich zur Empfehlung, Pointen-Geschichten entweder grundsätzlich zu meiden oder wesentlich sorgfältiger zu konstruieren.

Ein weiterer Problempunkt ist das Wechseln der Perspektive. Deine Geschichte wird im Wechsel in Ich-Perspektive und dann wieder aus der Sicht eines außenstehenden Erzählers entwickelt. Diese Wechsel, auch wenn kursiv betont, bringen keinen erkennbaren Mehrwert, verwirren aber beim Lesen.

Drittens wirkt der Text geschwätzig. Das passt zwar zu den bekifften Philosophen, macht die Sache aber deshalb nicht besser. Insbesondere, weil einige dieser Geistesergüsse ziemlich fragwürdig klingen:

Niemand mag es, wenn seine Freunde im Unrecht sind. Deshalb umgeben sich Leute mit geringerem Selbstwertgefühl mit Ja-Sagern und Speichelleckern.

Wirklich? Da habe ich erhebliche Zweifel, sowohl, was die Behauptung, als auch was die Begründung betrifft. Oder soll das absichtlich so unsinnig klingen.

Ich finde gut, dass die Geschichte zunächst ein Geschehen ankündigt (das Date), das eine Herausforderung darstellt. Das macht es spannend, denn als Leser wollen wir natürlich wissen, wie die Sache ausgehen wird. Die Auflösung sollte besser durchdacht werden. Ich finde, Du machst es Dir mit der aktuellen Fassung zu leicht.

Gruß Achillus

 

Hallo Achillus, sorry für die verspätete Antwort und vielen Dank für dein Feedback.

Die Pointe mit der Wette ist dürftig. Zum einen hat man das als Gag zu oft gehört, zum anderen lässt sich daraus in keiner Weise die Schlussfolgerung der Notwendigkeit sozialer Masken ableiten. Und damit gleich zur Empfehlung, Pointen-Geschichten entweder grundsätzlich zu meiden oder wesentlich sorgfältiger zu konstruieren.

Die Wette sollte auch ziemlich alltäglich und abgenutzt klingen, um die Situation so wiederzugeben, wie sie im Jugendalter vorkommen kann. Aber ich setze das auf meine Liste.

Ein weiterer Problempunkt ist das Wechseln der Perspektive. Deine Geschichte wird im Wechsel in Ich-Perspektive und dann wieder aus der Sicht eines außenstehenden Erzählers entwickelt. Diese Wechsel, auch wenn kursiv betont, bringen keinen erkennbaren Mehrwert, verwirren aber beim Lesen.

Meine Intention war es, der Geschichte eine gewisse Dynamik zu verpassen und das Bild des verkopften Teenager zu verstärken, jedoch kann ich verstehen, inwieweit dies beim Lesen stört.

Drittens wirkt der Text geschwätzig. Das passt zwar zu den bekifften Philosophen, macht die Sache aber deshalb nicht besser. Insbesondere, weil einige dieser Geistesergüsse ziemlich fragwürdig klingen:

Niemand mag es, wenn seine Freunde im Unrecht sind. Deshalb umgeben sich Leute mit geringerem Selbstwertgefühl mit Ja-Sagern und Speichelleckern.

Wirklich? Da habe ich erhebliche Zweifel, sowohl, was die Behauptung, als auch was die Begründung betrifft. Oder soll das absichtlich so unsinnig klingen.


Ich persönlich mag angeregte Dialoge sehr, vielleicht zu sehr :) dementsprechend gefällt es mir, wenn die Figuren viel miteinander kommunizieren, und ja, es passt auch zu den kiffenden Philos. Zu den fraglichen Gedanken: Diese Behauptung ist nun mal nicht mehr als das. Eine Behauptung. Das an einer Behauptung Zweifel gehegt werden ist (für mich) selbstverständlich, für Freunde im Jugendalter aber nicht unbedingt immer gegeben.

Ich finde gut, dass die Geschichte zunächst ein Geschehen ankündigt (das Date), das eine Herausforderung darstellt. Das macht es spannend, denn als Leser wollen wir natürlich wissen, wie die Sache ausgehen wird. Die Auflösung sollte besser durchdacht werden. Ich finde, Du machst es Dir mit der aktuellen Fassung zu leicht.

Ich werde bei zukünftigen Geschichten besser auf die Auflösung solcher Herausforderungen achten.

Gruß OriginKnight

 

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