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kg.de-frei
Letzte Nacht hatte ich einen ganz fürchterlichen Traum: Ich postete bei kurzgeschichten.de eine Humorgeschichte. Wie so üblich startete ich vor dem Zubettgehen kurz das Internet, in der Hoffnung auf eine schnelle Reaktion eines fleissigen Kritikers. Nichts. Nochmals schnell den Link „Wer ist online“ betrachten, nur ganz kurz anklicken. Könnte ja sein, dass sich soeben jemand meiner erbarmt. Nichts. Kurz auf „Heutige Beiträge“. Jetzt aber ab ins Bett. Nach dem fünfzigsten Wechsel zwischen den beiden Links gebe ich es auf und schlurfe etwas enttäuscht in Richtung Bad. Hab ich’s nötig? Ich doch nicht. Es wird wohl reichen, wenn ich morgen Abend nochmals kurz auf meiner Lieblingsseite vorbeischaue. Falls ich’s nicht vergesse. Wär ja durchaus möglich. Zwischen dem Zähneputzen und der Intimpflege starte ich das Internet ganz kurz und pendle die obligaten fünfzig Mal zwischen „Heutige Beiträge“ und „Wer ist online“. Na ja, da gibt’s ja noch die Null-Antworten-Inventur und überhaupt, es gibt Wichtigeres.
Die mahnenden Worte meiner Ehefrau erreichen mich gerade in dem Moment, als jemand meine Geschichte liest. Juhuu! Moment mal. Mist, es ist ein Gast. Was nützt mir ein Gast, der sich für meine Geschichte interessiert? Hat der nichts Besseres zu tun um diese Zeit? Geknickt folge ich der Aufforderung, endlich meinen ehelichen Verpflichtungen nachzukommen. Mein Alptraum geht weiter.
Schweissgebadet erwache ich mitten in der Nacht. Leicht zitternd, aber doch sehr erleichtert, nur geträumt zu haben, drehe ich mich in unserem Ein-Kammer-Wasserbett auf die Seite. Mit mir meine Frau.
Mein Alptraum erreicht den Höhepunkt: Um vier Uhr morgens erwache ich. Da der Weg zur Toilette eh am Büro vorbeiführt, starte ich nur mal kurz das Internet. Man möchte ja wissen, was auf der Welt so alles passiert. Vierzig Antworten! Mein Puls beschleunigt, das Herz rast, die Maus sprüht ob der feuchten Hände Funken. Ich versuche mich zu beherrschen und scrolle zur Übersichtsgewinnung kurz durch. Ausnahmslos etablierte „Ab 200-Beiträge“-Mitglieder und sämtliche Moderatoren haben geantwortet. Ich bete, dass die erste Kritik einigermassen wohlwollend ausfällt. Vielleicht beeinflusst das ja möglicherweise ...
Poncher, gefolgt von Zaza. Oh, mein Gott, ich bin verloren. Kein Gruss, kein besänftigendes Smiley ... nichts. Nur Verriss pur. Barde und Häferl finden nahezu mehr Fehler als die Geschichte Wörter hat. gnoebel findets kein Stück lustig und relativiert diesmal nicht mal mit Geschmackssache. Flashbak kann nicht darüber lachen und schon gar nicht schmunzeln oder gar grinsen. Megabjörnie erwartet sofortige Löschung dieses Mülls und für Tserk ist mein Geschreibsel nur noch peinlich und albern. Zurückkehrer Norther schämt sich, mein Landsmann zu sein, und selbst mat erwägt auszuwandern. Als dann auch noch die beiden kg.de-Urgesteine Horni und Rainer auf mich eindreschen und ich nach einem kurzen Statement der letzten Instanz „gesperrt“ unter meinem Nick entdecke, breche ich weinend zusammen. Ich erwache.
Ein paar Tage später, zurück im wirklichen Leben, verspüre ich den unwiderstehlichen Drang, meine schriftstellerischen Ambitionen weiter zu pflegen.
„Schatz, krieg ich heute Nachmittag kg.de-frei?“
„Gebügelt?“
„Erledigt!“
„Gekocht?“
„Erledigt!“
Fasziniert ob ihrer klaren, deutlichen Aussprache relativiere ich meine Bitte:
„Ein, zwei Stunden?“
Das Fehlen von rollenden Augen und seufzenden Lippen interpretiere ich als „ja“ und sitze deshalb kurze Zeit später vor meiner Tastatur.
Ich starte das Internet und befinde mich sofort auf der von mir bevorzugten Seite. Gleich in der Rubrik, wo all meine Geschichten zu finden sind, wenigstens die nächsten vier Wochen: im Korrekturcenter.