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Kleine Kartoffeln
Farblos war sie.
Grau, farblos und hatte schon viel durchgemacht. Sie hatte einen Krieg überstanden, aber musste stätig um ihren Erhalt kämpfen. Früher hatte sie ein buntes Muster und Charakter. Sie sprühte vor Lebenslust, selbst mit steigendem Alter. Vor ihr standen Menschen und bewunderten sie, wie sie geschmückt war und es gefiel ihr. Bestückt mit Erinnerungen. Es kamen viele Leute zu Besuch. Schöne rote Blumen standen auf der Fensterbank. Die Leute aßen Kuchen, führten Gespräche. Gingen wieder. Kamen, lachten und tranken eine Tasse Kaffee. Bei ihr gab es immer viel zu tun.
Heute kamen keine Leute mehr.
Es lebte nur noch die ältere Frau bei ihr.
Heute war sie farblos, jeder Glanz war von ihr gegangen. Aufgeweicht von der Humidität von der sie umgeben war. Aufgeweicht von der fehlenden Humanität, die noch in ihr vorhanden war.
Niemand kümmerte sich um sie. Jetzt war sie unwichtig.
Es gab keinen Kuchen mehr.
Die ältere Frau kochte häufig Suppe zum Abendessen, bestehend aus einer Steckrübe,
welche sie in ihrem kleinen Gärtchen anbaute und zwei geschnittene Kartoffeln.
Es waren kleine Kartoffeln.
Die Frau sah sie inzwischen auch nur manchmal. Selten kam jemand vorbei.
Manchmal hörte sie Musik aus dem kleinen Radio, was früher immer auf dem Tischchen platziert war. Das Tischchen stand jetzt an einem anderen Ort. Manchmal war es für Tage still.
Die Blätter der Steckrüben im Garten verwelkten.
Die Blumen sahen traurig aus. Das Gärtchen sah traurig aus. Die Blumen hatten Durst.
Der Topf für die Suppe stand im Spülbecken. Die Kuchenform lag im oberen, rechten Regal. Das Regal, wofür man auf den kleinen Schemel steigen musste. Sie hoffte auf Veränderung.
Sie wollte neue Farbe.
Irgendwann sah sie die ältere Frau nicht mehr.
Die Musik war verstummt.
Es war still.
Nun kamen wieder Leute. Es waren andere Leute. Es waren keine Leute, die Kaffee trinken oder ein Stück Kuchen essen wollten. Sie nahmen Sachen mit. Den Suppentopf. Das kleine Radio. Den Schemel und räumten alles aus dem Raum.
Als sie fertig waren rissen die Leute sie von der Wand.
