Was ist neu

Komplett verkekst

Mitglied
Beitritt
21.05.2003
Beiträge
210
Zuletzt bearbeitet:

Komplett verkekst

Komplett verkekst

Draußen vor dem Fenster erstrahlten die Tannenbäume in hellstem Lichterschein und aus dem Wohnzimmer klang fröhlich festliche Weihnachtsmusik. In der Küche dagegen war der Teufel los.
Ganz hinten aus der Ecke des Hochschrankes tönte ein wutzänkerischer Wortwechsel aus dem Inneren eines Backbuches. Anstatt sich friedlich singend auf die Adventszeit und den Heiligen Abend einzustimmen, stritten die verschiedenen Weihnachtskeks-Backrezepte darum, wer von ihnen die schönste Sorte sei.
„Keiner von euch knuspert so köstlich wie wir!“, kommentierten die Spekulatien den Streit.
Darüber lachten die Vanillekipferl nur hämisch und erwiderten:
„Pah! Mit uns kann es doch keiner aufnehmen!“
„Mit euch krummen, flachen Bananenformkeksen?“, witzelten die Kokosmakronen, „Schaut uns nur an, wie unsere schönen Spitzen hoch in den Himmel sprießen. So sieht ein wahrer Weihnachtskeks aus“.
Und auch all die anderen Weihnachtsgebäcke hielten sich für die einzig wahre Leckerei. Die Zimtsterne meinten, dass sie die schönste Form hätten, die Lebkuchenherzen, dass sie den Kindern am meisten Freude bereiten würden, der Christstollen, dass er sowieso der größte und das Spritzgebäck, dass es bei weitem das abwechslungsreichste sei. Ununterbrochen plapperten und stritten, zankten und diskutierten sie, bis es mit einem Male taghell in der Küche wurde, obwohl es schon spät am Abend war. Heimlich schlich sich Opa Schulte in die Küche und schloss die Schiebetür geräuschlos hinter sich. Er murmelte etwas wie: „Na, da wird sie aber Augen machen“ und zog mit ausgestrecktem Arm das dicke Weihnachtsbackbuch aus der Hochschrankecke. Er blätterte in den Seiten des Backbuches herum, holte Eier, Butter und Milch aus dem Kühlschrank, Mehl und Zucker aus der Kammer, rührte in verschiedenen Töpfen mit dem Mixer umher, formte und knetete und schob alles in den Ofen.
Kurze Zeit später waren seine Werke fertig und er holte sie zum Abkühlen wieder heraus.
Die gebackenen Kekse guckten sich verwundert an, betrachteten sich und die anderen genau und mussten dann heftig grinsen. So etwas hatten sie ja noch nie gesehen, aber irgendwie war es auch lustig. Und nicht nur das. Dadurch, dass Opa Schulte nicht so ganz genau in das Backbuch geblickt und einiges verwechselt hatte, gab es auch keinen Grund mehr zum Streiten. Gemeinsam reihten sie sich aneinander auf einen festlich geschmückten Weihnachtsteller und warteten darauf, was Oma Schulte zu ihnen sagen würde.
Und als diese dem köstlichen Duft von frischem Gebäck in die Küche folgte, staunte sie nicht schlecht:
„Welch eine Überraschung!“, rief sie erfreut und guckte sich die Kekse genauer an. Sie probierte hier und da ein Stück und lächelte. Dann sagte sie:
„Solch ein Weihnachtsgebäck habe ich ja noch nie gesehen. Das sind ja Zimtkuchenkipferl und Spekunilleherzen. Und da sind Spritzsternstollen, Christlatiussterne, Kokoskuchengebäck und Makronenspritzstipferl!“
Oma grinste, weil ihr Opas neue Kekssorten so gut schmeckten und Opa grinste, weil er so toll gebacken hatte. Aber am meisten grinsten die Kekse, weil sie durcheinander gewürfelt zu ganz neuen Sorten geworden waren und zusammen viel besser schmeckten und aussahen, als jede einzelne Sorte zuvor alleine. Sie freuten sich, keinen Grund mehr zum Streiten zu haben und stattdessen ein einmaliges, lecker duftendes Weihnachtskekse-Knusperteam zu sein.

 

Hallo Sumsebiene
Vielleicht sollten es dir Bäcker und Konditoren gleich tun, obwohl mir alle üblichen, weihnachtlichen Kekssorten auch schmecken.
Nette Grüße von Powerweck:-)

 

Hi Sumsebiene!

Eigentlich wollte ich dir schon längst was zu der Geschichte geschrieben haben, nur irgendwie hab ich das immer vor mir hergeschoben, weiß nur nicht warum, denn ich fand deine Geschichte gut.

Dein Werk zeugt von Kreativität und lässt sich, auch wenn das jetzt ein wenig zu weit hergegriffen ist, auf die Menschheit übertragen - es gibt verschiedene Völker, die sich z.T. bekriegen / nicht mögen. Das ist Realität. Die Rolle des alten Mannes, der die alle neu zusammenwürfelt, wobei was viel besseres bei entsteht, wäre dementsprechend eine Art Wunschtraum. Aber ich mag jetzt nicht so viel in deine Geschichte reininterpretieren.

Vom Stil her war deine Geschichte leicht verständlich. Ich weiß nicht, ob es die Tatsache ist, dass du ziemlich viel in Kinder veröffentlichst, aber der Eindruck, den dein Werk hinterlassen hat, ist, dass sie für Kinder gedacht ist.

Auf jeden Fall eine schöne Geschichte.

Greetinx
Alisha

 

Vielen Dank für Dein Urteil!
Die Geschichte ist, wie schon vermutet, eine Kindergeschichte. Eigentlich veröffentliche ich nur in der Rubrik "Kinder". Meine Weihnachtsgeschichten sind jedoch hierher verschoben worden.

Grüsse
Sabine

 

Hallo sumsebiene!
*seufz* süüüüß :)
Hat mir sehr gut gefallen, deine kleine Geschichte.
Eine niedliche Geschichte, die, wie fast jede deiner Geschichten, eine Aussage hat. Die kann man ganz allgemein sehen, wie älly, oder spezieller für die Kinder.
Dass man etwas bestimmtes gut oder sehr gut kann/beherrscht, anderswo allerdings Schwächen hat oder nicht so gut ist.
Und wenn gerade diese Fähigkeiten zum Beispiel bei einem Projekt/Unternehmen gebraucht werden, sollte man sich jemanden suchen, der das gut kann, und es mit ihm gemeinsam machen. Man ergänzt sich gegenseitig, unterstützt und hilft einander. Man sollte von der Hilfe anderer Gebrauch machen, aber nicht vergessen, die eigene Hilfe anzubieten.
Ich möchte gar nicht mehr so viel dazu sagen. Jeder sieht es anders, ich sehe es so.

Stilistisch gewohnt kindgerecht. Leicht verständlich und locker geschrieben.
Ich habe auch nur eine einzige Bemerkung ;)

Draußen vor dem Fenster erstrahlten die Tannenbäume in hellstem Lichterschein und aus dem Wohnzimmer tönte fröhlich festliche Weihnachtsmusik. In der Küche dagegen war der Teufel los.
Ganz hinten aus der Ecke des Hochschrankes tönte ein wutzänkerischer Wortwechsel aus dem Inneren eines Backbuches.
In beiden Sätzen „tönen“. mMn nicht so schön. Warum nicht beispielsweise das zweite „tönen“ durch „klang“ oder „erscholl“ oder „drang“ ersetzen?

Das wars dann auch schon von mir.
bye

 

Hi Moonshadow!
Wie schön, dass die Geschichte Dir gefallen hat. Es ist wirklich nicht leicht, sich immer was Originelles einfallen zu lassen.
Mit deiner Anmerkung hast Du natürlich recht. Das ist mir noch gar nicht aufgefallen, werde es aber gleich ändern. Schön, dass Du die Geschichten immer so gründlich liest!

Grüsse

SAbine

 

Liebe Sabine,

wieder einmal eine Geschichte, die die Kinder sicher zum Lachen bringt. Allein die verqueren Kekssorten, die Opa Schulte herstellt, werden den Kindern gefallen. Und der Streit im Kochbuch - "Ich bin besser! - Nein, ich bin der Wichtigste!" - wird vielen sehr bekannt vorkommen.

Ich mag ja Geschichten, in denen (angeblich) Lebloses lebendig wird, sowieso sehr!

Ein "Fehler" ist mir aufgefallen: Du schriebst "Chistlatiussterne", aber ich glaube, Du meinst "Christlatiussterne", nicht wahr? Die anderen gibt es doch gar nicht! :D

Dein erster Satz hat es mir auch nicht so besonders angetan. "erstrahlten in hellstem Licht" - das fand ich ein kleines bisschen zu schwülstig. Ich würde versuchen, die Weihnachtsstimmung, die Du mit diesem Satz einfangen willst, etwas schlichter zu beschreiben, oft wirkt das dann viel mehr! :)

Liebe Grüße
Barbara

 

Vielen Dank, Barbara!
Manche Sachen sieht man ja einfach nicht. Ich werde das gleich mal korrigieren und mir den ersten Satz nochmal durch den Kopf gehen.

Vielen Dank

Sabine

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom