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Kristallgrün

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12.02.2016
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Kristallgrün

Nicht einmal zwei Schritte weit stehst du von mir entfernt. Angespannt, ein wenig verschämt und nervös mit den Fingern spielend. Allein deine Nähe ist es, die mir, wie schon so lange, ein angenehm warmes Kribbeln im Bauch beschert. Ich sehe dich an und du auf deine Hände, als eine warme Sommerbrise durch dein rotes Haar fährt und eine dezente Wolke deines Parfüms in meine Richtung trägt. Du trägst es, seit ich dich kenne, ein Jahr schon.
Es ist kein besonderes, extravagantes oder gar seltenes Parfüm, doch nur an dir riecht es nach … nach Sonne; nach Urlaub; nach Glück, Freiheit und Wohlgefühl. So sehr, dass mir beinahe schwindelig wird, dass das Bauchkribbeln meinen ganzen Körper durchfährt und mir schlussendlich wohlig in den Kopf steigt.

Dein Blick reißt sich von deinen Händen los und du siehst mir direkt in die Augen. Deine Augen! Immer wieder fällt mir erneut auf, wie schön sie sind, glasklar und kristallgrün. Und mich sehen sie jetzt an. Funkelnd, zärtlich beinahe, gespannt und ein wenig erwartungsvoll. So lange schon habe ich auf diesen Blick gewartet, ein Jahr schon.

So oft trafen sich unsere Blicke, doch dieser eine, besondere Ausdruck, der war noch nie in deinen Augen. Zumindest nicht, wenn wir uns angesehen haben. Doch jetzt, jetzt ist er da, dieser Blick in deinen kristallgrünen Augen. Ein sanftes Lächeln von dir, und plötzlich bin ich es, der verschämt nach unten sieht. Direkt auf deine abgewetzten, hellbraunen Kunstlederschuhe, halbhoch mit weißen Schnürsenkeln. 29;95 Euro haben sie gekostet, das weiß ich, denn ich war dabei als du sie gekauft hast.
Ein halbes Jahr erst sind sie alt. Ich erinnere mich noch daran, wie es war, mit dir Shoppen zu gehen. Stundenlang durch die Innenstadt zu ziehen, vorbei an vielen Schaufenstern, in all die Kleidungs- und Schuhläden bis die Füße wehtaten. Doch ich habe jede Minute genossen und es war die Blasen an den Füßen allemal wert.
Die Erinnerung zaubert mir ein sanftes, flüchtiges Grinsen auf das Gesicht und ich sehe wieder hoch, begegne wieder deinem Blick, noch immer funkelnd, beinahe zärtlich und kristallgrün, doch die erwartungsvolle Spannung ist einer festen Entschlossenheit gewichen.

„Hey!“ flüsterst du, fast schüchtern, mit deiner etwas zu tiefen Stimme in die Abenddämmerung. Dieses Wort alleine reicht aus um meinen Puls zum rasen zu bringen. Trotzdem schaffe ich es noch, mir ein unsicheres Lächeln aufzuzwingen während du weiterredest. „Ich muss dir etwas sagen…“ und urplötzlich wird mit diesem Satz dein fester, kristallgrüner Blick unsicher, beinahe ängstlich. Ganz sacht ziehen sich deine perfekt gezupften Augenbrauen zusammen und ich sehe deutlich, dass die Schlagader an deinem Hals aufgeregt pocht. Beinahe in einem Takt mit meinem Puls. Beinahe so harmonisch, wie wir gemeinsam Musik machen, du am Saxophon und ich am Schlagzeug.

In meiner Nervosität, zwischen dem warmen Gefühl und der Unsicherheit, werde ich ein ungewisses Deja-vú-Gefühl nicht los. Und all dies vereinigt sich als dicker Kloß in meinem Hals, der mir das Atmen schwer macht und meine Stimme erstickt. Also schweige ich und lasse dich weiterreden, so stockend und zittrig, wie ich mich fühle:

„Ich glaube … ich … ich hab mich in dich verliebt …“ flüsterst du mir entgegen, während das Licht der untergehenden Sonne dein rotes Haar aufleuchten lässt. Jetzt ist es raus!

Du atmest auf, die Anspannung fällt sichtlich von dir ab. Jetzt bin ich wohl am Zug.
Dein kristallgrüner Blick ist fordernd und unsicher zugleich. Meine Knie fühlen sich an wie Butter und mein Herz schlägt bis zum Hals, da, wo der dicke Kloß sitzt.

Und obwohl mein Herz am liebsten aussetzen will, war ich nie glücklicher als in diesem kurzen Moment. So sehr, dass ich mich eines verschämt gekrächzten Glucksens nicht erwehren kann: „Ähh-hä …“
Worte suchend senke ich den Blick und in diesem Moment wird das ungewisse Deja-vú-Gefühl zu einer Erinnerung.

Wie wir, verschämt wie Teenager, voreinander stehen, nicht einmal zwei Schritte voneinander entfernt.
Wie ich dich ansehe mit kristallblauen Augen, unsicher, verschämt und doch fest entschlossen!
Wie ich, stockend und zittrig, meinen Satz aufsage: „Hey! Ich muss dir etwas sagen…“
Das Wort „Freundschaft“ blinkt brennend in meinen Gedanken, dann tauchen Erinnerungen an einen gutaussehenden, adretten jungen Mann in einem Ford Mondeo auf.

Der Kloß aus Nervosität und Wärme verflüchtigt sich und rutscht als verletzter Stolz in den Brustkorb. Ich begegne wieder deinem kristallgrünen, unsicher fordernden Blick und bringe nur ein Flüstern raus.
„Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann …“

Einen winzigen Augenblick nur weicht jeder Ausdruck aus deinem Gesicht. Ich beiße die Zähne zusammen und starre dir angestrengt in die Augen, bemüht, deinem ungläubigen Blick standzuhalten. Dann rutscht der verletzte Stolz wieder hoch in meinen Hals, um dort als traurige Wut zu verharren.
Dein ungläubiger Blick wird traurig, verletzt und nass. Mein Hals will zerspringen und ich presse die Kiefer fester aufeinander. Es ist raus.
Ich kann es nicht zurücknehmen, selbst wenn ich wollte.

Dein kristallgrüner Blick gewinnt seine Sicherheit zurück, doch er bleibt verletzt und traurig. Einen Moment lang wartest du, ob ich noch etwas sage, vielleicht das Gesagte zurücknehme oder zumindest etwas Erklärendes hinzufüge. Doch ich kann nichts mehr sagen, der Kloß aus trauriger Wut erstickt meine Stimme und meine zusammengepressten Kiefer kriege ich nicht mehr auseinander, selbst wenn ich wollte.

Dein Blick senkt sich und streift meine Hose, die du mir letzten Monat ausgesucht hast, 49;99 Euro.

„Ich verstehe …“ murmelst du leise. Dann treffen sich unsere Blicke, deiner verletzt und kristallgrün, meiner eiskalt und kristallblau.

Du drehst dich um und gehst, zu anmutig um Trauer und verletzten Stolz preiszugeben, in deinen abgewetzten, hellbraunen Schuhen, deiner hellblauen Jeans und dem grünen Shirt.

Ein Windhauch weht dein Haar auf und den flüchtigen Duft deines Parfüms zu mir herüber. Und mit ihm ein ganzes Jahr voller Erinnerungen.

In meinem Hals und meinem Brustkorb ist kein Hauch mehr von Wut, Nervosität, Scham, Unsicherheit, nicht mal mehr Trauer. Nur noch ein Gefühl …
Ich sehe dir nach, bis du aus meinem Blickfeld verschwunden bist, dann bleibe ich noch lange stehen und versuche, dieses Gefühl in Worte, in Gedanken zu fassen. Es gelingt mir nicht ganz, und ich frage mich warum das so ist. Aber vielleicht habe ich mir auch die falschen Fragen gestellt. Hastig ziehe ich mein Handy aus der Tasche, atme tief ein und schreibe eine Nachricht: „Hey! Ich muss dir etwas sagen, seit einem Jahr schon …“

 

Hallo Konfusius,

erstmal vornweg: Ich antworte, weil es immer schwierig für mich ist, eine Geschichte zu sehen, die noch keine einzige Rückmeldung bekommen hat. Das ist immer wieder schade. Oft, wenn ich hier zwischen den verschiedenen Seiten herumstöbere, suche ich mir die Geschichten nach den Titeln und spannungsgeladenen Anfängen ist. Ich denke, da lagst du mit deinem Titel sehr gut, auch wenn er sicher etwas ungewöhnlich ist - schön. Zu deinem Stil fällt mir so spontan auf, dass du ihn leider nicht auf einem besonders konstanten Niveau halten kannst; so ist die Spannung etc., die die anfangs aufbaust, leider nicht flächendeckend vorhanden. Aber daran lässt sich arbeiten, wie ich selber immer wieder bei mir merke.
Rechtschreibung korrigiere ich grundsätzlich nicht, da es mir primär auf den Inhalt der Geschichte ankommt.

Im Großen und Ganzen eine schöne Geschichte, die du uns da präsentierts - vielen Dank!
SCFuchs

 

Hallo SCFuchs,
danke dir für dein Feedback, mit den Geschichten ohne Rückmeldung geht es mir übriges genauso.

Zu deinem Stil fällt mir so spontan auf, dass du ihn leider nicht auf einem besonders konstanten Niveau halten kannst;
Eigentlich suche ich noch ein wenig nach meinem Stil, ich schreibe noch nicht besonders lange. Mein größtes Problem ist, du hast es bemerkt, Spannung zu erzeugen und zu halten.
Da macht es mir Mut, wenn du sagst daran lässt sich arbeiten.
Es freut mich wirklich, dass du die Geschichte schön fandest, hab mich schon auf vernichtendste Kritiken eingestellt (schon allein wegen Ich-Form und Präsens).
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag,
Konfusius

 
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Hallo Konfusius

beim Lesen deiner Geschichte hatte ich den Eindruck, dass du großen Wert auf die Darstellung der Gefühle deines Protagonisten legst. Solche Sachen lese ich sehr gerne – ich mag es, mich mit schönen Worten und Bilder einlullen zu lassen. Wenn es dann auch noch ein Happy End für die beiden gibt, ist mein Tag gerettet.
Mit deiner Geschichte hatte ich jedoch Probleme. Diese angenehme Stimmung stellte sich leider nicht ein. Das mag vielleicht an mir liegen. Womöglich bin ich heute Morgen noch nicht empfänglich genug für Zwischenmenschliches. Doch beim Analysieren deines Textes, stellte ich fest, dass du sehr viel erklärst aber wenig zeigst. Du schreibst sehr viel von kristallgrünen Augen, klar, das ist auch dein Titel, doch für meinen Geschmack war das zu viel. Auch die Blicke aus eben diesen Augen die hin- und hergehen, empfand ich als too much.

Hier habe ich dir ein paar meiner Eindrücke aufgeschrieben, in der Hoffnung, dass sie verdeutlichen was ich meine:

Nicht einmal zwei Schritte weit stehst du von mir entfernt. Angespannt, ein wenig verschämt und nervös mit den Fingern spielend stehst du vor mir.
Das nervös mit den Finger spielend, zeigt mir ihre Anspannung gut.
Ich denke, das letzte "stehst du vor mir" kann man getrost weglassen.

naturrotes Haar
Sorry, aber daran habe ich mich gestört. Ich denke, der Leser muss da nicht unbedingt darauf gestoßen werden. Wenn du keinen andersfarbigen Haaransatz erwähnst, geht er davon aus, dass die Haarfarbe "natürlich" ist.

dieser eine, besondere Ausdruck …
der leider nicht genauer beschrieben wird. Was ist das für ein Ausdruck?

Doch ich habe jede Minute genossen und es war die Blasen an den Füßen allemal wert.
das gefällt mir, hier erfahre ich durch "show", was sie ihm bedeutet.

Ganz sacht ziehen sich deine perfekt gezupften Augenbrauen zusammen und ich sehe deutlich, dass die Schlagader an deinem Hals aufgeregt pocht. Beinahe in einem Takt mit meinem Puls. Beinahe so harmonisch, wie wir gemeinsam Musik machen, du am Saxophon und ich am Schlagzeug.
Meine Knie fühlen sich an wie Butter und mein Herz schlägt bis zum Hals, da, wo der dicke Kloß sitzt.
Auch diese Aussagen mag ich sehr.

„Ähh-hä …“Worte suchend senke ich den Blick und in diesem Moment wird das ungewisse Deja-vú-Gefühl zu einer Erinnerung.
Du erwähnst das Deja-vu zum zweiten Mal – doch ich erfahre nicht mehr darüber.

Nur noch ein Gefühl …
dieses Gefühl in Worte, in Gedanken zu fassen. Es gelingt mir nicht ganz …
auch hier hätte ich mir mehr über diese "Gefühl" gewünscht. Auch wenn es dem Protagonisten nicht gelingt es in Worte zu fassen – vielleicht ein paar Andeutungen, was gemeint ist?

„Hey! Ich muss dir etwas sagen, seit einem Jahr schon …“
der Schluß lässt mich verwirrt zurück.

Lieber Konfusius, leider ist der Funken nicht auf mich übergeschlagen. Ich hätte mir etwas mehr Tiefe gewünscht. Weniger Beschreiben der Situationen, mehr Aufzeigen, was die beiden in diesem Jahr verbunden hat. Mir ist auch nicht klar, was es mit dem adretten jungen Mann im Ford Mondeo auf sich hat. Gab es da mal einen Seitensprung?

Einen schönen Tag und liebe Grüße
Tintenfass

Nachtrag:

mir geht deine Geschichte nicht aus dem Kopf. Ich denke, wenn du der anderen Person einen Namen gäbst, käme vielleicht mehr rüber. Statt: "Nicht einmal zwei Schritte weit stehst du von mir entfernt.", "Nicht einmal zwei Schritte steht XYZ von mir entfernt ... Allein ihre Nähe ist es, die mir, wie schon so lange, ein angenehm warmes Kribbeln im Bauch beschert."
War nur so ein Gedanke - doch vielleicht hast du ja gerade diese Form als besonderes Silmittel verwand - ich will dir da natürlich nicht reinreden.

 

Hallo Tintenfass,
vielen Dank fürs lesen und vor allem für die ausführliche Rückmeldung. Ein wenig Schade natürlich, dass der Funken nicht übergesprungen ist, aber dass ist es ja, was ich zu üben versuche, von daher sind deine Anmerkungen wichtig und hilfreich für mich.
Die zwei ersten Dinge hab ich gleich ausgebessert (naturrot wird zu rot und das letzte "stehst du vor mir" fliegt raus), zu dem Ausdruck feile ich noch an einer Formulierung.

Du erwähnst das Deja-vu zum zweiten Mal – doch ich erfahre nicht mehr darüber.
Mh, eigentlich sollte die darauffolgende Szene dieses Deja-vú sein, das wird wohl nicht deutlich. Ich überleg mir da mal was.
Auch der Schluss ist, da hast du recht, etwas undurchsichtig. Die Beziehung werde ich versuchen, näher darzustellen, immerhin schreib ich ja von den beiden als Musikern. DA mehr reinzubauen hab ich tatsächlich versäumt, hole ich unbedingt nach.
Ich denke, wenn du der anderen Person einen Namen gäbst, käme vielleicht mehr rüber.
Ist für mich schwierig, weil ich in der persönlichen Ansprache bleiben möchte, der Atmosphäre der Geschichte wegen. Was, wenn ich näher drüber nachdenke, nicht ausschließt, der Person einen Namen zu geben. Mh, da geh ich nochmal in mich und schaue wie ich das anbringen kann. Und dann auch gleich die Augen und Blicke reduzieren.
Vielen, vielen Dank dir und liebe Grüße,
Konfusius

 

Hallo Konfusius,

„Ich weiß nicht, ob ich dir das glauben kann …“
läßt du den Protagonisten sagen und mich als Leser im Regen stehen. Ich bin nach der Geschichte nicht viel schlauer als vorher.
Das läßt mich unbefriedigt zurück. Ich möchte doch wissen, wieso er hadert.

Das Wort „Freundschaft“ blinkt brennend in meinen Gedanken, dann tauchen Erinnerungen an einen gutaussehenden, adretten jungen Mann in einem Ford Mondeo auf.

Ja und? Was war mit dem jungen Mann? Hat er vor dem Zebrastreifen gehalten, als sie die Straße überqueren wollte? Verstehst du, was ich sagen will? Du bist viel zu vage, da komme ich als Leser nicht mit.
Vielleicht hast du auch zeitliche Abläufe, falls es eine Rückschau gab, auch nicht konkret genug aufgezeigt. Ich jedenfalls sehe hier einiges angerissen und nichts richtig auserzählt.

Ganz komisch fand ich:

Direkt auf deine abgewetzten, hellbraunen Kunstlederschuhe, halbhoch mit weißen Schnürsenkeln. 29;95 Euro haben sie gekostet, das weiß ich, denn ich war dabei als du sie gekauft hast.
und

Dein Blick senkt sich und streift meine Hose, die du mir letzten Monat ausgesucht hast, 49;99 Euro.

Wieso erzählst du uns, wieviel Euro das gekostet hat? Das würde ich streichen.

Das mal als ersten Eindruck von mir.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Bernadette,

Ich jedenfalls sehe hier einiges angerissen und nichts richtig auserzählt.
stimmt, ich wollte es zwischen den Zeilen andeuten, sodass der Leser sich die Geschichte denken kann, die Geschichte aber in diesem doch recht kurzen Augenblick bleibt. War wohl doch zu gewagt, zumal mit weniger Erfahrung.
Ich setze mich nun daran (da auch Tintenfass das angemerkt hat) die Hintergründe einzubringen, sodass ein deutlicheres Bild entsteht.

Wieso erzählst du uns, wieviel Euro das gekostet hat? Das würde ich streichen.
*seufz* ein Darling. Es steht seit dem ersten Schreiben dort und ich denke immer wieder, ob das nicht doch eher stört. Das ist so ein Bild, das wohl außer dem Autor kaum jemand blickt, für mich das Symbolbild, dass der Prot im Endeffekt mehr gibt als die andere Person. Ich weiß, das ist weit hergeholt, aber mir hat es so gut gefallen. Ich hadere noch. Ich setze mich zuerst an die anderen Sachen und entscheide dann.

Ich danke dir sehr für deinen Eindruck,
Liebe Grüße,
Konfusius

 

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