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Kristalline Erschöpfung

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03.10.2020
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Kristalline Erschöpfung

Der Injektor befindet sich in einem zerfallenen Spitalkomplex, wo farbloses Unkraut durch die Risse wuchert und eine Antikriegsreklame hinter zerbrochenem Glas flackert. Die Haupthalle ist freigeräumt von Trümmern, die anderen Gebäudeteile liegen wirr und zerstört. Stimmen flüstern mit dem Wind, durch das zerbröckelnde Labyrinth aus Mauerwerk. Zwei Feuer malen Rußsäulen an die Wände, sie spiegeln sich im metallenen Tisch, in der Mitte des rechteckigen Raums. Die Decke ist eingestürzt und aschebedeckte Schutthaufen türmen sich unter gähnendem Himmel, ein schwarzes Loch, in dem die letzten Sterne verglimmen. Das Firmament liegt in der erlöschenden Glut des Kriegs.
Vor dem Tisch drängeln sie sich, müde und schlotternd vor Schwäche harren sie aus, um leben zu können. Eine Dosis Siliziumdioxid für erschlaffte Lungen, zermürbte Gehirne und blutleere Beine. Injektionen reizen ihre Synapsen an und Sauerstoff erfrischt altgewordenes Fleisch, neue Kraft strömt durch verbrauchte Leiber. Treibt voran das schwere Rad, überrollt die Gunst der Schwachen' Stunde. Ein dürrer Schatten schlurft auf ihn zu, gebeugt auf einen knochenweißen Stab. Vom Feuer starren sie herüber, Mumiengesichter im Flammenschein.
„Willst dich hinlegen, Lurch?“
„Unbedingt, ja.“
Der Geschmack von Rost belegt die Zunge und der Hals ist eingefallen. Die Speichelbildung hat längst ausgesetzt. Aufgeplatzte Lippen, gerissen in ein Gesicht, hinter dessen Haut der graue Schädel grinst. Die Haare sind ihm alle ausgefallen. Er senkt den Kopf und der Dürre legt ihm die Hand auf, streicht mit den Fingern über die vernarbte Haut. Blaue Kristallkronen schimmern darunter.
Eine heisere Stimme wimmert aus knöchernen Hohlräumen.
„Fühlt sich ausgewachsen an.“
„Wie viel willst du?“
„Wenn du mir drei Kronen gibst, kriegst die volle Ladung.“
„Drei sollen’s sein.“
„So jemand wie du ist lange nicht vorbeigekommen.“ In seinem Auge glüht ein Funke in schwarzpoliertem Glas, das andere ist mit verkrustetem Gazetuch bedeckt. „Dein Dinghi, das draußen steht?“
„Ist meins.“
„Gut in Schuss. Das Wappen auf dem Segel ... Woher stammt das?“
„Weiß ich nicht.“
„Weißt du denn, wohin?“
„Nein. Suche nach einem Ort. Jenseits der Asche.“
„Hier ist alles leer. Das ist zwecklos.“
„Ist egal. Muss in Bewegung bleiben, sei’s nur für das Gefühl, dass ich irgendwann ankomme.“
„Verstehe. Mir gings genauso. Bin immer weiter gesegelt.“
„Ja. Zu den unerreichbaren Farben am Horizont ...“
„Sie haben dich in unsere Arme geführt. Fatamorganen des endlosen Blau. Wir können helfen.“
„Es ist bitterkalt.“
„Ja, siehst ungesund aus. Unsere dicke Moja wird dir direkt ins Zentrum stechen. Aus dem Weg ihr Lechzer!“
Über dem Tisch krängt eine bizarre Apparatur. An ihr sitzen flimmernde Bildschirme, gleich Dutzenden Augen, rote Zeichen flackern als Hologramme davor, ein nervöses, warnendes Zwinkern. Dicke Kabelstränge stechen aus ihren kunststoffverkleideten Seiten wie Borsten. Gestützt von acht schwarzen Metallbeinen, die von einem trapezförmigen Leib ausgehen, erinnert sie an eine Spinne, geboren in den Alpträumen der Nadeldepression.
Unter der Maschine sind zwei Dutzend kleinere, spitzzulaufende Extremitäten rastlos in Bewegung, erzeugen ein mechanisches Summen in der Luft. Knisternde Funken sprühen aus geborstenen Kabelenden und regnen auf die blankpolierte Fläche des Tisches herab.
„Ein alter Injektor.“
„War mal ein Prototyp. Wir haben sonst nix.“
Aus dem Hinterteil der Maschine tropft ein bläulich-transparentes Sedativum, an dem sich die Gebrochenen laben, bis der Dürre sie mit einem Schwinger des dritten Beins verscheucht. Jemand aus den Reihen protestiert, die anderen weichen apathisch, die Blicke tot und blind. Kein Kristallwuchs, ihre Körper gebuckelt von der Armut. Es ist nur der Schmerz geblieben, gemeißelt in steinerne Gesichter. Bei den Injektoren sammeln sie sich, die vergessenen Opfer des Kristalls.
Einst führte er sie an, bevor das Leuchten sein Bewusstsein verbrannte und der verlorene Krieg die Überreste seiner Seele in Asche läuterte. Wiedervereint in Nichtexistenz, verdammt durch das gemeinschaftliche Verlangen, erwarten sie nun gutbrüderlich die Nadel, ihren federweichen Kuss, tief unter der Haut. Erlösung im Dasein des Elends. So lange seit der letzten Injektion ist es her. Er beugt sich vor, stützt sich mit den Händen ab und legt den Kopf auf kühlen Stahl.
Der Dürre holt das Werkzeug.

*​

Sonnenstrahlen fallen durch Staubwolken, ein Glitzern wie Sterne bei Tag.
Halfa steht an der Brüstung des Balkons, unter ihm speien die Kraftwerke Partikel aus den langen Schornsteinen, ihr intensivblaues Leuchten übermalt die Dächer und die Straßen und den Horizont. Alle anderen Farben sind verblasst, als hätten sie einfach aufgehört zu existierten. Selbst die mächtigen Bäume ersticken langsam unter dieser Schicht, fallen zu Boden und zersplittern in einem Regen aus totem Holz. Auf seinem Schlachtzug entgegen der Natur gilt sein Kampf allein der Ressource. Die Konsequenzen sind bedeutungslos geworden, solange die Förderung auf Hochtouren läuft.
Seine Lügen und Versprechen der Zukunft predigt er täglich von hier oben, ruft das Volk an, aus den schwindelerregenden Höhen seines Palastes. Doch niemand hört ihn, unten auf dem weitläufigen Platz vor dem Turm wirbelt nur einsam der Staub, die Arbeiter verlassen ihre Fabriken und die Stollen nicht mehr. Dem gemeinen Volk bleibt keine Zeit für solcherlei Annehmlichkeiten.
Stattdessen fahren sie hinunter durch enge Schächte, das vorher fruchtbare Land nun ausgehöhlt und wurmstichig, tausende Meter unter Boden, wo das blaue Glühen sie vom Ozean träumen lässt. Es hat seit Jahren keinen Regenfall mehr gegeben und dies trügerische Kristallschimmern ist das Einzige, was sie an ihre Jugend erinnert. Wer zu lange unten bleibt, wird regelmäßig von Schwindelattacken heimgesucht, der Staub verklebt die Lungenflügel und nicht selten erbricht einer blaue Masse und klappt ohnmächtig zusammen. Halfa wird täglich davon unterrichtet.
Die Flügeltür hinter ihm wird aufgeschlagen, er dreht sich um und einer seiner Generäle steht in verschwitzter Uniform da. Trägt blaue Abzeichen am Jackett.
„Autokrat. Sie müssen unbedingt mitkommen.“
„Was soll die Störung? Bemerken Sie nicht, dass ich mich sammle?“
„Sicher. Aber das müssen Sie sich ansehen.“
„Verschwenden Sie nur nicht meine Zeit. Bald habe ich die große Rede fertig und werde sie der Welt präsentieren.“

Der viereckige Blechkasten rast nach unten, in den Stollenmund, vorbei an offenen Rohren, aus denen Dunst aufsteigt, als würde der Planet schwitzen. Bis nur nacktes Gestein vorüberrauscht, durch das sich schwach leuchtende Adern in Wellenmustern ziehen. Der Autokrat und sein General tragen Atemmasken mit runden Luftfiltern.
Während der Fahrt sprechen beide kein Wort. Unten angekommen, führt ihn der General durch einen Tunnel, in dem sie nur gebückt gehen können. Das Licht ist diffus, in Abständen von zwanzig Schritt hängen Leuchten an Türstöcken, die Sicht ist eingeschränkt. Der Stollen mündet in einer Kammer, deren staubige Tiefen nicht zu schätzen sind.
„Wir sind da, Autokrat.“
„Verraten Sie mir, was uns hierhergeführt hat?“
„Sehen Sie.“
Arbeiter hantieren mit schwerem Schweißgerät. Schmelzen den blauen Schatz aus dem Gestein frei, Flammen zucken durch den schimmernden Nebel und Funken schlagen Räder, wenn der Brenner auf Kristall trifft.
„Ich verstehe nicht. Alles in bester Ordnung.“
„Beobachten Sie die Arbeiter. Schauen Sie sich ihre Köpfe an. Wir sollten etwas näher herangehen.“

Der General reißt den Erstbesten am Arm zu sich und zwingt ihn auf die Knie. Es ist ein ausgemergeltes Männlein, das kurze und abgerissene Hosen trägt, der Körper geschunden von der Peitsche des Vorarbeiters. Die scharfen Gesteinssplitter schneiden tief und entblößen das Rückenmark. Der General reißt ihm die dreckigen Lumpen vom Kopf.
„Sehen Sie hier, die Kristalle wachsen in seinem Schädel.“
„Tatsächlich.“
„Es steckt schon überall drin. Wer länger als zwanzig Tage hier unten verbringt, wird davon befallen. Scheint sie irgendwie willenlos zu machen, mit Neigung zur Apathie. Ständig das unreine Zeug hier unten zu atmen ... Gestern haben sie einen Vorarbeiter mit dem Schweißer gegrillt.“
„General, danke, dass Sie mich herumgeführt haben.“
„Was sollen wir tun?“
„Wir lassen weiterarbeiten, was sonst? Kommen Sie heute Abend zur Konferenzhalle, dann werden wir offene Fragen klären können.“
Halfa schreitet zurück zum Stollen, dreht sich noch einmal um.
„Und lassen Sie eines der Exemplare untersuchen. Ich will einen Bericht.“

*​

Der Dürre klappt die Schädeldecke zurück, entlang der Knochennaht. Verschafft sich mit geübten Fingern Zutritt zum Kortex, die Platte legt er auf den Tisch. Betrachtet die blauschimmernden Kristallkronen. Er leckt sich über die Zähne, setzt die Eisenzange an und reißt, stemmt sich mit dem Arm gegen seine Schulter, zerrt und dreht, bis er die erste Krone aus ihrer Wurzel bricht. Ein Krater bleibt, aus dem feines Rinnsal im blutigen Delta über das Gesicht hinunterfließt. Nach zwei weiteren Kristallen ist der Patient zu kraftlos, um seinen Kopf zu heben. Hängt am Tisch, zuckend wie ein zertretenes Insekt.
„Dein Name?“
„Halfa.“
„Gutes Material, Halfa.“
„Mir ging’s schon besser.“
Der Versuch zu lachen verendet in einem Raspeln. Unter verschrumpelten Hautlappen bebt der Kehlkopf, als der Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Wasser schnappt. Der Dürre setzt ihm den Stirndeckel zurück in den Schädel ein, wischt das Blut mit den Fingern aus seinen Augen.
„Gleich wird’s wieder. Komm.“
Er hilft ihm, seinen Körper hinzulegen, auf den Tisch unter die Spinne. Die steifen Beine auf die Platte zu schieben kostet Kraft, er stemmt sich gegen den Stab, bis es gelingt. Gestützt auf die Ellenbogen sinkt Halfa auf das Metall. In erstarrter Erwartung liegt er da, der Atem flach, auf seinem glänzend kalten Katafalk.
„Soll ich ein Gebet sprechen?“
„Nur wenn es meine Schmerzen lindert.“
„Nun ja, vielleicht taugt es nicht dafür. Willst Du’s trotzdem hören?“
„...“
„In frostigen Nächten schenkt der Kristall mir Träume von Farbe und an schwarzen Tagen wärmt er mein Blut. Lässt mich hinabgleiten in die Arme der Taubheit, mit zärtlichem Druck, schwebend am Grund eines tiefblauen Sees. Geborgen am Ort der Gnade, wo die Gedanken verstummen und keiner meine Schreie mehr hört. Feuerblumen erlöschen, Bilder von Asche und fallender Glut, die vor dem inneren Auge kreisen, sie verblassen in Bedeutungslosigkeit, wenn der Kristallcocktail das Herz berührt.“
Die Extremitäten der Spinne falten sich zusammen, die Apparatur rotiert um die eigene Achse, öffnet danach ihre Glieder zum kreisförmigen Nadelkranz, sinkt herab und der Dürre sticht ihm die spitzen Enden nacheinander durch die Haut. In die Hand- und Kniegelenke, in das Abdomen, das Letzte in Halfas Brustkorb, der sich hebt unter Protest, den Fremdkörper abstoßen will. Dann bleibt er regungslos und die Spinne pumpt, tastet sich durch seine Venen, erreicht das zentrale Nervensystem. Verbreitet ein Geflecht aus Sonnenstrahlen.

*​

Halfa hastet durch kunststoffverkleidete Gänge und erreicht die Forschungsabteilung.
„General! Status vom Projekt Spinne?“
„Die Entwicklung schreitet zwar voran, aber nicht so wie geplant. Es gibt erhebliche Verzögerungen.“
„Was Sie nicht sagen. Ständig gibt's Probleme! Was ist denn los?“
„Das Siliziumdioxid vermischt sich im großen Kreislauf nicht richtig mit dem Kristallpulver. Nach momentanen Schätzungen dauert die Züchtung mindestens vier Monate ... und die Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend.“
„Das ist zu lange, das wissen Sie.“
„Wir laufen an der Kapazitätsgrenze. Wenn Sie so weitermachen, opfern Sie einen weiteren Planeten.“
„Und wenn schon! Das Wichtigste haben wir mitgebracht und können es wieder mit uns nehmen. Nein, ich bin mir sicher, hier soll unser Reich erblühen.“
„Es wird niemand mehr älter als dreißig! Bereitet Ihnen das keine Sorgen? Selbst der kräftigste und tüchtigste Arbeiter stirbt, bevor er Kinder zeugen kann.“
„Dann machen Sie doch endlich ihre Arbeit! Alles würde nach Plan laufen, wenn Sie ein fähiger Architekt wären!“
Halfa schreit, bis der General die Hacken zusammenschlägt, salutiert und wegtritt. An schwarzen Schläuchen hängen Körper, ihre Enden stecken in Venen und pumpen langsam blaue Flüssigkeit in den Kreislauf. Die Köpfe glühen in zarten Lichtkronen, unter der Haut die scharfen Schatten des Kristalls. Die Forschungshalle fasst Hunderte dieser Einrichtungen. Wenn die Erntezeit kommt, schuften die Nachkommen der ehemaligen Minenarbeiter und bauen das Material ab. Eine Generation stirbt als Wirt, die andere ist gezwungen, das eigene Fleisch und Blut auszubeuten. Beide werden sie geopfert, auf dem strahlenden Thron der kristallinen Schöpfung.

Halfa hat aufgehört, Paläste errichten zu lassen. Seine Predigten sind verstummt. Die große Rede hat er nie fertiggeschrieben und sie ist lediglich eine verschwommene Erinnerung, eingeschlossen in einem Meer aus Eis. Unter der Kristallmaske schwärt nur mehr ein schwarzes Gedankenmoor und lässt ihn stundenlang ins Leere starren. Auf seinem Feldzug hat er Planeten zerstört, doch die Gier fand in ihm ein grenzenloses Gefäß. Er bettet sich auf einem meterhohen, in Stein gehauenen Altar, unten in einem kühlen Erdloch, damit er nicht mitansehen muss, wie eine weitere Landschaft zu Asche zerfällt.
An seinem Handgelenk krallt sich eine Spinne fest, ein bebendes, unförmiges Ding, der pumpende Rüssel im Handgelenk versenkt, versorgt ihn mit kristallener Energie. Kabelstränge hängen von der Decke, ein Baldachin aus Glasfasern, in dem die mit Siliziumdioxid angereicherte Flüssigkeit gluckst.
„Autokrat!“
Einer der Generäle stürmt seine schwarzen Traumgemächer.
„Wir können nirgends mehr hin. Hören wir auf!“
„Es gibt andere Galaxien.“
„Unsere Energie reicht niemals mehr aus, diese zu erreichen. Wir sind verloren, wenn Sie nicht unverzüglich das Programm stoppen.“
„Wollen Sie etwa, dass ich sterbe? Dass wir sterben?“
„Nein. So viele haben schon ihr Leben verloren.“
„Dann lassen Sie mich in Ruhe überlegen.“

„General, die Vorarbeiter haben mir schon lange nicht mehr Bericht erstattet.“
„Sie sind längst fort.“
„Wohin? Desertiert? Elender, nutzloser Haufen von Bastarden!“
„Kommen Sie mit. Ich habe das Dinghi fertiggebaut.“
„Was ist ein Dinghi?“
„Sie müssen fort von hier. Steigen Sie ein und fahren Sie über das Aschemeer.“
„Nein. Ich bin hier zuhause.“
„Sie dürfen nicht sterben! Deshalb müssen Sie unverzüglich weg von hier. Bitte!“
Kräftige Rucke an den Kabeln und der Glasvorhang fällt über dem Altar zusammen, zersplittert in blauem Sturm aus Lichtkristallen, sie hüllen die unterirdische Thronkammer in ihr erstickendes Kleid. Das Atmen fällt ihm schon schwer und Halfa bricht zusammen, stürzt hernieder von seinem Sitz, aufgefangen von den Armen seines Generals. Dieser packt die Spinne mit kalten Fingern, quetscht ihren künstlichen Leib und entfernt den Rüssel aus der Haut. Er zertritt das Gerät unter seinen Stiefeln.

*​

Halfa liegt auf dem silbernen Tisch, Arme und Beine hängen schlaff über dessen Kante hinab.
„Wo sind wir?“
„Du bist wach. Das ist gut.“
„Wer bist du? Und wo sind die ... Lechzer?“
„Du kannst mich nicht erkennen.“
„Etwas stimmt nicht.“
„Sieh her, die blauen Sterne an meinem Jackett. Ich trage es immer noch.“
„Wir sind nicht allein.“
„Doch. Es ist niemand außer uns beiden hier.“
„Wo ... sind die andern? Ich hab sie gesehen.“
„Die andern? Da sind keine andern, das bist alles du. Der Kristall muss Splitter in dein Hirn getrieben haben.“
„Was hat das ... zu bedeuten?“
„Du kennst mich als General Rhodan.“
„General ...“
„Autokrat. Hört mir zu. Ihr führt Krieg gegen euch selbst und habt dabei ganze Welten zerstört. Wir wurden nie angegriffen, Ihr selbst seid unsere Apokalypse. Die Sucht muss ein Ende haben. Eure Wahnvorstellungen bewegen sich ausserhalb jeder Dimension. Ihr seid eine Bedrohung für die Galaxie.“
„Was ... werfen Sie mir vor ...“
„Es geht zu Ende mit dir. Du reißt uns nicht nochmal in den Abgrund. Wach endlich auf! Das ist Wahnsinn. Wir wollen nicht mit dir sterben.“
„Was ist mit der Injektion ... Dem Kristall ...“
„Es gibt keinen Injektor und keinen Kristall. Nicht mehr.“
„Aber er muss doch mein Blut wärmen.“
„Wir haben den kristallinen Tumor entfernt. Brauchst jetzt Ruhe.“
„Den Tumor?“
„Alle Jahre tauchst du wieder auf. Mit demselben Leiden und denselben Wahnvorstellungen. Wir entfernen die frischgewachsenen Kristalle und für eine Zeit erlangst du Klarheit. Aber nicht lange und du fährst fort, Gott weiß wohin.“
„Ich habe es vergessen.“
„Du tust mir leid. Es schmerzt mich, dich so gebrochen zu sehen. Das ist Strafe genug. Für alle Verbrechen und dein ganzes Leben. Deine aufgeladene Schuld richtet dich jeden Tag.“
„Bitte ... gib mir was.“
„Wach endlich auf. Merkst du denn nicht, dass alles nur ein Hirngespinst ist? Allein mit deiner Macht kann die Welt in neuer Farbenpracht auferstehen, so versteh doch! Setz sie ein zum Guten! Dualität. In dir wohnt nicht nur das Schlechte. Wir haben lange genug gelitten.“
„Ich weiß nicht, wie.“
„Du brauchst dich nicht zu fürchten, wir haben dir längst vergeben.“
„Doch bin ich alleine.“
„Öffne deine Augen. Wir sind keine Feinde.“
„Sehe nur schwarz.“
„Ich hab dir ein Beruhigungsmittel gespritzt. Das sollte helfen.“
„Möchte schlafen.“
„Ja.“
„Ich kann die Farben zurückbringen?“
„Ja. Du musst uns helfen.“
„Ich werde sie sehen, wenn ich aufwache.“
„Das hoffe ich.“

*​

Beim Verlassen der eingestürzten Gebäude sieht er Veilchen durch den Ascheteppich sprießen, tritt er mit dem Fuß darauf, zerfallen sie in tausend graue Flocken. Wärmendes Licht legt sich auf sein ausgehöhltes Antlitz. Der Regen hat aufgehört, nur vereinzelt fallen bunte Blätter, lösen sich auf, bevor sie den Boden berühren. Das Dinghi steht an seinem Ankerplatz, die hölzernen Räder eingesunken, stützen den schiffsartigen Rumpf. Mit kräftigen Schritten teilt er die Menge, sie weichen ihm wie einem König. Aufgescheucht von seiner zurückgewonnenen Energie humpeln sie von dannen und zerstreuen sich in den Ruinen. Er löst die Verankerung am Boden und steigt die kurze Leiter hoch.
Kein Blick zurück in die Klinik, die Farbe leitet ihm jetzt den Weg, irgendwann wird sie verblassen, wie so viele Male zuvor und er wird wiederkehren, bis er nicht mehr weiterkann. Der Wind legt sich in die Segel, bauscht sie auf, Halfa rollt fort, hinweg über die Asche, alsbald nur noch ein einsamer Punkt am Horizont. Segelnd dahin, wo die kristallene Zukunft stirbt.

 

Hallo @deserted-monkey,

ich hatte Schwierigkeiten mit dem Text. Er hat mich mehr ratlos als zufrieden hinterlassen, doch ich glaube, dass darin eine gute Geschichte und eine reichhaltige Fantasiewelt steckt. Wenn alles möglichst geheimnisvoll und mysteriös bleiben soll, dann ist das eindeutig gelungen. Vielleicht bin ich auch einfach nicht der richtige Leser dafür.

Das Paradoxe ist ja, dass es hier einen richtig langen Infodump gibt:

„Irgendwann haben wir den Kristall entdeckt, die steinerne Energie. Erst wärmte sie unsere Häuser, versorgte den Alltag und die Fahrzeuge mit Strom, dann setzten wir sie ein, um immer komplexere Maschinen zu erfinden. Förderkraftwerke wurden aus der Erde gestampft, sprossen wie giftige Pilze, versorgten uns im Überfluss und überzogen die Welt mit blauem Staub. Eine kurze Phase der Energiesicherheit, nachdem die anderen Quellen im Sand der Zeit versiegten. Doch niemand in Verantwortung wollte bemerken, dass der Staub sich in die grünen Lungen ablagerte, und so war es bald zu spät und wir drohten am eigenen Fortschritt zu ersticken. Nicht lange, und diese neuartige Methodik geriet vollkommen außer Kontrolle, befeuerte neue Industriezweige und schuf einen hochtechnologischen Wandel, der über jede Gesundheitsbedenken hinweg fortgesetzt wurde. Führte zu Aufständen und korrumpierte die Führung, krempelte dadurch die Weltordnung um. Der große Umsturz. Im Chaos dieser Zeit entdeckte einer der damaligen Autokraten – durch reinen Zufall, wie er erst glaubte – die Möglichkeit, den Kristall nicht wie bisher der Erde zu entreißen, sondern ihn zu züchten.“
[...]
„In seinem Land litt die Bevölkerung an zahlreichen Gebrechen. Selbst die Elite war nicht gefeit davon. Durch die hohe Fördermenge wurden immense Volumen an Schadstoffen freigesetzt, das brachte einerseits Geld für die Verjüngung der Menschheit, aber man wurde bald nur noch halb so alt wie andernorts. Da kam dem Autokraten die Idee, die Altersschwäche mit der neuen Energie zu bekämpfen. Das zeigte erfreuliche Wirkung, die Tabletten linderten den Schmerz, körperlich wie geistig, und das Herz der Vergreisten pochte mit jugendlichem Elan. Doch für wie lange? Bald verstummte das Grollen der Kraftwerke, der Rohstoff war nicht unerschöpflich. Man bemerkte, dass der Kristall sich auf der Hirnrinde ablagerte und dort kleine Kronen bildete. Was mit den Alten nach der Bergung des Kristalls geschah, interessierte keinen und der Autokrat verschloss seine Augen vor der schleichenden Degeneration, entwickelte die Methode wahnhaft weiter. Injektionen von Siliziumdioxid erfolgten bald im gesamten Land. Jeder Wachstumszyklus bedeutete Material von verminderter Qualität, aber die menschliche Gier fand in ihm ein grenzenloses Gefäß. Er baute die stillliegenden Kraftwerke zu Extraktionslagern um, erntete unermüdlich den Kristall der Armen, erschuf sich so sein krankes Imperium, eine Utopie auf Blut und Stein. In diesen Jahren begann die uneingeschränkte Erforschung der Kristallzucht in menschlichem Gewebe.“
[...]
„Sobald das Potential des Kristalls vom Autokraten vollends genutzt werden konnte, erreicht durch jahrelange Forschung und unterstützt von den Errungenschaften des großen Umsturzes, dauerte es nicht lange und Krieg zog brandschatzend durch die Welt. Alle Völker wollten der entfesselten Macht des Kristalls habhaft werden, koste es auch den höchsten Preis. Der Krieg verschlang in seinen gierigen Feuern die Farben, tötete erbarmungslos in zorniger Glut, übrig blieb ein Teppich aus Asche. In den Ruinen ihrer Zivilisation blieb den Menschen einzig das Gefühl, für den eigenen Untergang gekämpft zu haben. Der Autokrat jedoch hatte die Macht seiner Gegner unterschätzt. Sein Imperium zerfiel und er selbst geriet im Pandämonium des brennenden Planeten in Vergessenheit. Die kristalline Erschöpfung hatte eingesetzt und er war für viele hundert Jahre nicht mehr gesehen. Ein blaues Funkeln im trüben Licht der Mitternachtssonne, ist alles, was blieb von ihm.“
So etwas kann schnell belehrend wirken, es pausiert das Erzähltempo und ermüdet mich als Leser. Um das zu verhindern (oder zumindest abzuschwächen), verteilst du die Infos auf mehrere Abschnitte mit Atempausen dazwischen. So wird der Infodump aber nicht weniger. Dagegen hilft auch diese absichtlich humorvolle "self-aware"-Äußerung nicht:
„Wie kannst du so lange sprechen …“
Ich weiß nicht, was ich in deiner Situation machen würde, diese Hintergrundinfos will ich dir nicht einfach wegnehmen. Es ist nur so: Über die Hintergründe der Welt wird extrem viel erklärt, aber das Unmittelbare, das in der Geschichte passiert, bleibt zum Großteil rätselhaft. Ist es so gedacht, dass ich mir die Puzzleteile selbst zusammensuchen muss, um die Handlung vollständig zu verstehen? Das ist mir leider nur teilweise gelungen. Du springst hier zwischen mehreren Welten, ich weiß gar nicht, was die Wirklichkeit ist oder ob die überhaupt beschrieben wird.

Die Charaktere sind mir außerdem sehr fremd geblieben. Diese Distanz wird besonders dadurch erzeugt, dass sie Dialoge nicht mit den jeweiligen Sprechern gekennzeichnet sind. Man muss aus dem Kontext herausfinden, wer gerade spricht. Das zieht sich durch die ganze Geschichte, kann also nur Absicht sein. Es gibt kein einziges „...“, sagt Halfa oder dergleichen. Das hat einen wirkungsvollen Effekt, den ich respektiere, aber ich weiß nicht, was ich persönlich davon halten soll.

Noch ein paar Kleinigkeiten:

Der Injektor befindet sich in einem zerfallenen Spitalkomplex, wo farbloses Unkraut durch die Risse wuchert und eine Antikriegsreklame hinter zerbrochenem Glas flackert. Die Haupthalle ist freigeräumt von Trümmern, die anderen Gebäudeteile liegen wirr und zerstört.
Vielleicht ist zerfallen hier ein zu starkes Wort. Ich habe mir das Gebäude erst wirklich zusammengefallen vorgestellt, also mit ruinenartigen Mauerresten und komplett ohne Dach. Auch wenn das Dach nicht erwähnt wird, habe ich später nicht den Eindruck, dass sich die Szenen auf dem Tisch unter freiem Himmel abspielen.

Zwei Feuer malen schwarze Russsäulen an die Wände.
„Ich weiss es nicht, ehrlich. Schon so oft haben wir es versucht.“
Im ganzen Text wird konsequent das scharfe S verwendet, nur hier nicht.

Viele Grüße
Michael

 

Hallo, @deserted-monkey

Ich finde deine Erzählweise durchaus beachtlich, deine Wortwahl ist kräftig und blumig. Die vielen Metaphern gefallen mir ebenso, hier möchte ich wirklich loben.
Jedoch bremst dies leider auch den Erzählfluss enorm. Ich hatte oft vergessen, was genau sich gerade wo abspielt, weil die Sätze sehr lang und verschachtelt sind, zudem die Wortwahl sehr exzentrisch. Das klingt natürlich schön, keine Frage, jedoch bremst es das Erzähltempo enorm und nimmt der Geschichte viel Wind aus den Segeln. Bis zu einem Punkt, an dem der Leser verwirrt ist.
Noch ein Lob möchte ich allerdings an deine Fantasywelt aussprechen, die hinter dieser Geschichte steht. Man merkt, dass hinter diesem Text etwas Großartiges steckt.
Auch viel Freude hatte ich mit den Dialogpassagen. Die Personen haben knapp und mager gesprochen, was der beschriebenen Welt noch mehr Glaubwürdigkeit verliehen hat.

War aber auf jeden Fall eine schöne Erfahrung

 

Moin @deserted-monkey,

ist ein interessanter Ansatz und mir hat der Twist am Ende mit dem entfernten Tumor gut gefallen. Allerdings bin ich nicht gut in deinen Text reingekommen. Wenn ich dein Konzept richtig verstehe, dann willst du den Tumor erlebbar machen und gleichzeitig durch möglichst wenig eindeutige Informationen, Spannung erzeugen. Für mich hat sich das allerdings etwas zu überladen gelesen, mir war nicht genau klar, wo die Geschichte hin will und musste mich gerade am Anfang anstrengen, um folgen zu können. Dazu kommen in meinen Augen etwas zu viele blumige Formulierungen, die die Komplexität weiter erhöhen, obwohl ich als Leser dafür noch gar nicht bereit war. Ich wollte erst einmal wissen, um was es genau geht und wie die Welt funktioniert.

Was mir dann nicht so gut gefallen hat, waren die ganzen erklärenden Infos in dem Dialog. Das hat mich schnell gelangweilt und ist in meinen Augen auch gar nicht nötig. Viel spannender wäre es für mich, wenn ich die Regeln deiner Welt durch Szenen erleben kann. Durch die Erklärungen ist bei mir Distanz entstanden und ich konnte mich nicht so richtig darauf einlassen.

Ich gehe im Detail auf meinen Leseeindruck ein:

In frostigen Nächten schenkt der Kristall ihm Träume von Farbe und an schwarzen Tagen wärmt er sein Blut. Lässt ihn hinabgleiten in die Arme der Taubheit, mit zärtlichem Druck, schwebend am Grund eines tiefblauen Sees. Geborgen am Ort der Gnade, wo die Gedanken verstummen und er keine Schreie mehr hört. Feuerblumen erlöschen, Bilder von Asche und fallender Glut, die vor dem inneren Auge kreisen, verblassen in Bedeutungslosigkeit, wenn der Kristallcocktail das Herz berührt.
Ich bin nicht so gut in den Text reingekommen. Hier könnte ich mir vorstellen, dass weniger mehr ist. Ich habe noch keinen Kontext, kann noch nicht wissen, dass er einen Tumor hat und fühle mich überladen, was auch an den markierten Formulierungen liegt.

Der Injektor befindet sich in einem zerfallenen Spitalkomplex, wo farbloses Unkraut durch die Risse wuchert und eine Antikriegsreklame hinter zerbrochenem Glas flackert. Die Haupthalle ist freigeräumt von Trümmern, die anderen Gebäudeteile liegen wirr und zerstört. Stimmen flüstern mit dem Wind, durch das zerbröckelnde Labyrinth aus Mauerwerk.
Wie wäre es, wenn du damit anfangen würdest?

Zwei Feuer malen schwarze Russsäulen an die Wände. Sie spiegeln sich im metallenen Tisch, in der Mitte des rechteckigen Raums. Vor ihm drängeln sie sich, müde und schlotternd vor Schwäche harren sie aus, um leben zu können. Eine Dosis Siliziumdioxid für erschlaffte Lungen, zermürbte Gehirne und blutleere Beine.
Das erzeugt Spannung, ich will wissen, was da vor sich geht. Allerdings ist es für mich ein schmaler Grad, was das Zurückhalten von Informationen angeht. Einerseits erzeugt es diesen Sog, dass ich wissen will, was da passiert, andererseits kommt in mir schnell das Gefühl hoch, dass hier gerade eine Technik angewandt wird. Sobald ich merke, was hier passiert und ich aus dem inneren Erleben rauskomme, verpufft die Wirkung. Was ich damit sagen will: Möglicherweise kannst du das etwas sanfter dosieren, ab und an schon Informationen preisgeben, um mich als Leser stärker in die Story zu ziehen.

Der Geschmack von Rost belegt die Zunge und der Hals ist eingefallen. Die Speichelbildung hat ausgesetzt, der verkümmerte Kehlkopf hebt und senkt sich unter verschrumpelten Hautlappen. Zwischen den Lippen wimmert ein heiseres Stimmchen.
Ich finde "der Geschmack von Rost belegt die Zunge und der Hals ist eingefallen" einen starken Satz, der allerdings in seiner Wirkung für mich abgeschwächt wird, weil es dann mit "verkümmerte Kehlkopf", "verschrumpelten Hautlappen" weitergeht und mir das dann schnell zu übertrieben vorkommt. Mein Eindruck wäre auch hier, dass weniger mehr sein könnte.

„So jemand wie du ist lange nicht vorbeigekommen.“
Gefällt mir, wie du den Dialog einsetzt und ich mich so frage, wer er genau ist. Ja, gefällt mir.

Über dem Tisch krängt eine bizarre Apparatur, wie eine funkelnde, langbeinige Spinne, mit einem trapezförmigen Leib aus Metall. Sie singt, ihre zwei Dutzend spitzzulaufenden Extremitäten rastlos in Bewegung, erzeugen ein mechanisches Summen in der Luft.
Das ist mir hier wieder zu viel. Die bizarre Apparatur wird zu einer "funkelnden, langbeinigen Spinne", die singt.

Bevor die Gier seine Seele zerfraß, gehörte er einst zu ihnen. Doch nun, ewig verdammt zur Nichtexistenz, wiedervereint allein durch das gemeinschaftliche Verlangen, erwarten sie zitternd den Schlaf, seinen federweichen Kuss, Erlösung im Dasein des Elends.
Liest sich auch hier für mich überladen, das sorgt bei mir dafür, dass ich nicht so richtig in die Geschichte reinkomme.

„Dein Dinghi, das draußen steht?“
„Ist meins.“
„Gut in Schuss. Das Wappen auf dem Segel ... Woher stammt das?“
„Weiß ich nicht.“
„Weißt du denn, wohin?“
„Nein. Über die Asche.“
Starker Dialog, mochte, dass es nicht für mich als Leser geschrieben ist, sondern ein gewisser "Code" zwischen den beiden herrscht.

In die Hand- und Kniegelenke, in den Abdomen, das Letzte in Halfas Brustkorb, der sich hebt unter Protest, den Fremdkörper abstoßen will. Dann bleibt er regungslos und die Spinne pumpt, tastet sich durch seine Venen, erreicht das zentrale Nervensystem. Verbreitet ein Geflecht aus Sonnenstrahlen.
Das mochte ich und ich glaube, dass du gut mit deiner Sprachgewalt spielen könntest, wenn du es mit etwas klareren Sätzen abwechseln würdest. Durch den Kontrast könntest du genau die Stellen betonen, die dir am wichtigsten sind für die Geschichte.

„Irgendwann haben wir den Kristall entdeckt, die steinerne Energie. Erst wärmte sie unsere Häuser, versorgte den Alltag und die Fahrzeuge mit Strom, dann setzten wir sie ein, um immer komplexere Maschinen zu erfinden.
Das hat mich rausgeworfen, die ganzen Informationen fand ich langweilig und hat in mir Unmut ausgelöst. Hätte mir das lieber in einer Szene gewünscht. Außerdem hätte ich die ganzen Erklärungen nicht gebraucht, dein Wordbuilding hat das in meinen Augen gar nicht nötig, hier kannst du dir selbst mehr vertrauen. Kleine Details reichen für mich schon, damit die Welt nach und nach lebendig wird. Eine vollständige Erklärung ist wohl eher eine Orientierung für dich als Autor, aber mich konnte das nicht packen.

„Wieso erzählst du mir das alles?“
„Ich bin es nicht, der spricht. Es ist deine Erinnerung.“
Das hat mich dann leider nicht überzeugen können. Liest sich so, als würdest du um das Problem des Infodumps wissen und würdest dem gerne vorbeugen. Glaube, dass du das gar nicht brauchst.

„Wir haben den kristallinen Tumor entfernt. Brauchst jetzt Ruhe.“
„Den Tumor?“
„Alle Jahre tauchst du wieder auf, mit demselben Leiden und denselben Wahnvorstellungen. Wir entfernen die frischgewachsenen Kristalle und für eine Zeit erlangst du Klarheit. Aber nicht lange und du fährst fort, Gott weiß wohin.“
Schöne Wendung, so ergibt dann auch der Anfang Sinn und erklärt mir auch, warum es am Anfang so unzugänglich ist. Ich hätte mir allerdings gewünscht, zunächst ins Geschehen reingezogen zu werden, mir hat die Identifikation zum Prota gefehlt. Vielleicht kannst du das besser in einen größeren Kontext einbetten? Das war jedenfalls das Gefühl, was ich beim Lesen hatte. Hat mir den Zugang zum Text schwer gemacht, was ich schade finde, weil da so viele gute Ideen drin sind. Denke, dass da einiges an Potential drin ist. Gerade auch durch deine blumige Sprache, die seine Wahnvorstellungen schön zum Ausdruck bringen kann.

Bin gespannt, was du aus dem Text machst und nimm dir, was du brauchen kannst.

Beste Grüße
MRG

 

Hallo @deserted-monkey,


ich habe zweimal gelesen, damit ich ein bisschen mehr hinterlassen kann als ein paar Satzbausachen oder so, die mir aufgefallen sind, aber die Geschichte macht es mir echt nicht leicht. Erstmal das Genre, Fantasy, da denke ich an Orks, Zwerge und Zauberer, und auch nicht völlig zu unrecht, meine ich. Das hier ist rätselhaft und mitunter etwas schwer zu schlucken wie 2001, Seltsam und Science Fiction wären glaube ich nicht völlig verkehrt.

Worum geht’s? Das ist jemand krank. Braucht regelmäßig eine Ladung irgendwas. Liegt da auf der Bare und der Nachbar holt ganz weit aus, erzählt, wie wir dahin kamen, wo wir heute sind. Große Entdeckung, Umweltzerstörung. Endzeit, Kristalle im Hirn. Tumor. Ich kann glaube ich noch fünfmal lesen, so ganz werde ich nicht dahintersteigen.

Gestützt wird dieses Geheimnisvolle von der Sprache. „Feuerblumen erlöschen, Bilder von Asche und fallender Glut, die vor dem inneren Auge kreisen, verblassen in Bedeutungslosigkeit, wenn der Kristallcocktail das Herz berührt.“ Guten Morgen. Oft verstecken Leute ja mangelnden Inhalt hinter so pompös anmutenden Sachen, ich hab aber gar nicht unbedingt das Gefühl, dass das hier der Fall ist. Ich glaube auch zu verstehen, was hier beschrieben wird: Ein Schuss. Schlimme Bilder im Kopf, und wenn er wirkt, gehen sie weg. Aber da muss man sich halt immer erst zu vorkämpfen.

Ist doof, einen Autor zu fragen, worum es in einer Geschichte geht, aber ich komme nicht recht weiter.


wie eine funkelnde, langbeinige Spinne, mit einem trapezförmigen Leib aus Metall.
Das „wie“ brauchst du hier nicht.

Bevor die Gier seine Seele zerfraß, gehörte er einst zu ihnen.
„Einst“ muss nicht.

in den Abdomen
das (oder meinst du Plural?)

Förderkraftwerke wurden aus der Erde gestampft, sprossen wie giftige Pilze, versorgten uns im Überfluss und überzogen die Welt mit blauem Staub.
(Wie Pilze aus dem Boden sprießen) Ich find’s schwierig, dass es zwischen Erzählerstimme und wörtlicher Rede fast überhaupt keinen Unterschied gibt.

Was ist mit der Spinne … Dem Kristall …
Hier auch: Der Vergleich mit der Spinne am Anfang stammt vom Erzähler, hier sagt es die Figur. Hat die das gehört?

nicht gefeit davon
davor


Viele Grüße und frohe Ostern
JC

 

Moin @deserted-monkey,

vielen Dank für diese Geschichte.
Ich habe sie mehrfach gelesen, allerdings in größerem zeitlichen Abstand. Dein düsteres, von einer deprimierenden Schwere erfasstes Worldbuilding in Kombination mit der Erzählstimme hat mich beeindruckt zurückgelassen, wobei es mir an ein paar Stellen fast schon zu viel des Guten war:

Bevor die Gier seine Seele zerfraß, gehörte er einst zu ihnen. Doch nun, ewig verdammt zur Nichtexistenz, wiedervereint allein durch das gemeinschaftliche Verlangen, erwarten sie zitternd den Schlaf, seinen federweichen Kuss, Erlösung im Dasein des Elends.
Sätze wie diese haben mich erstmal ein wenig ratlos gemacht, unsicher, ob ich das hier alles richtig verstehe.


„Irgendwann haben wir den Kristall entdeckt, die steinerne Energie. Erst wärmte sie unsere Häuser, versorgte den Alltag und die Fahrzeuge mit Strom, dann setzten wir sie ein, um immer komplexere Maschinen zu erfinden. Förderkraftwerke wurden aus der Erde gestampft, sprossen wie giftige Pilze, versorgten uns im Überfluss und überzogen die Welt mit blauem Staub. Eine kurze Phase der Energiesicherheit, nachdem die anderen Quellen im Sand der Zeit versiegten. Doch niemand in Verantwortung wollte bemerken, dass der Staub sich in die grünen Lungen ablagerte, und so war es bald zu spät und wir drohten am eigenen Fortschritt zu ersticken. Nicht lange, und diese neuartige Methodik geriet vollkommen außer Kontrolle, befeuerte neue Industriezweige und schuf einen hochtechnologischen Wandel, der über jede Gesundheitsbedenken hinweg fortgesetzt wurde. Führte zu Aufständen und korrumpierte die Führung, krempelte dadurch die Weltordnung um. Der große Umsturz. Im Chaos dieser Zeit entdeckte einer der damaligen Autokraten – durch reinen Zufall, wie er erst glaubte – die Möglichkeit, den Kristall nicht wie bisher der Erde zu entreißen, sondern ihn zu züchten.“
Bei diesem und dem folgenden Infodump habe ich mich gefragt: Warum macht er das? (s.u.)
„In seinem Land litt die Bevölkerung an zahlreichen Gebrechen. Selbst die Elite war nicht gefeit davon. Durch die hohe Fördermenge wurden immense Volumen an Schadstoffen freigesetzt, das brachte einerseits Geld für die Verjüngung der Menschheit, aber man wurde bald nur noch halb so alt wie andernorts. Da kam dem Autokraten die Idee, die Altersschwäche mit der neuen Energie zu bekämpfen. Das zeigte erfreuliche Wirkung, die Tabletten linderten den Schmerz, körperlich wie geistig, und das Herz der Vergreisten pochte mit jugendlichem Elan. Doch für wie lange? Bald verstummte das Grollen der Kraftwerke, der Rohstoff war nicht unerschöpflich. Man bemerkte, dass der Kristall sich auf der Hirnrinde ablagerte und dort kleine Kronen bildete. Was mit den Alten nach der Bergung des Kristalls geschah, interessierte keinen und der Autokrat verschloss seine Augen vor der schleichenden Degeneration, entwickelte die Methode wahnhaft weiter. Injektionen von Siliziumdioxid erfolgten bald im gesamten Land. Jeder Wachstumszyklus bedeutete Material von verminderter Qualität, aber die menschliche Gier fand in ihm ein grenzenloses Gefäß. Er baute die stillliegenden Kraftwerke zu Extraktionslagern um, erntete unermüdlich den Kristall der Armen, erschuf sich so sein krankes Imperium, eine Utopie auf Blut und Stein. In diesen Jahren begann die uneingeschränkte Erforschung der Kristallzucht in menschlichem Gewebe.“

„Wieso erzählst du mir das alles?“
„Ich bin es nicht, der spricht. Es ist deine Erinnerung.“
Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich die Auflösung der Dumps genial oder faul (bitte nicht falsch verstehen) finden soll.

Das Ende interpretiere ich so, dass Halfa selbst der Autokrat ist, der damals die Züchtung des Kristalls und damit einhergehend auch den Untergang der Zivilisation überhaupt erst ermöglicht hatte.

Sehr gerne gelesen,
beste Grüße
Seth

 

Hallo @Michael Weikerstorfer

Vielen Dank für das Lesen der Geschichte und dein Feedback. Freut mich sehr. Entschuldige, dass ich Dich so lange auf eine Antwort hab warten lassen, aber über die Ostertage musste ich etwas an der Sonne/in den Bergen ausspannen, digital detox sozusagen. Du bringst einige Kritikpunkte zur Sprache, auf die ich gerne eingehen möchte:

ich hatte Schwierigkeiten mit dem Text. Er hat mich mehr ratlos als zufrieden hinterlassen, doch ich glaube, dass darin eine gute Geschichte und eine reichhaltige Fantasiewelt steckt. Wenn alles möglichst geheimnisvoll und mysteriös bleiben soll, dann ist das eindeutig gelungen. Vielleicht bin ich auch einfach nicht der richtige Leser dafür.
Ich glaube schon, dass Du der richtige Leser für die Geschichte bist, immerhin war sie Dir einen Kommentar wert und Du hast eine gewisse Zeit dafür investiert und dich mit dem Text beschäftigt. Vielmehr habe ich als Autor wohl einiges falsch gemacht, dass die Geschichte zu kryptisch und nicht wirklich zufriedenstellend bei Dir angekommen ist. Ich hatte schon mit kritischen Rückmeldungen gerechnet, mir war klar, dass das nicht jedermanns Ding sein wird und das Ganze zu geheimnisvoll bzw. wohl zu wenig klar ist, oder Leute Schwierigkeiten mit dem Stil haben könnten. Haderte auch damit, dass Ding zu posten, habe es dann aber doch gemacht, weil ichs nicht lassen konnte und doch wissen wollte, ob mein Gefühl mich vielleicht trügt. Du bestätigst meine Zweifel mit der Geschichte. Doch auch das hilft mir sehr weiter, denn Du erläuterst weitere Dinge, die Dir aufgefallen sind.

So etwas kann schnell belehrend wirken, es pausiert das Erzähltempo und ermüdet mich als Leser. Um das zu verhindern (oder zumindest abzuschwächen), verteilst du die Infos auf mehrere Abschnitte mit Atempausen dazwischen. So wird der Infodump aber nicht weniger.
Genau bei dem Infodump sehe ich auch das Hauptproblem des Textes. Wie Du schreibst, habe ich versucht, das ein wenig aufzulockern, aber das hat wohl nicht (so) geklappt. Ich dachte einfach, die ganzen Infos seien wichtig, um diese Welt zu verstehen, in der die Geschichte sich abspielt, aber besser wäre es wohl gewesen, dass in Szenen zu zeigen, anstelle einfach alles zu erklären. Dann wäre die Geschichte aber enorm länger geworden und ich wollte es dann doch relativ kurz halten. War wohl ein Fehler ;-) Ich bin sowieso noch so ein wenig am Rausfinden, was denn alles in eine Kurzgeschichte rein muss, damit die wirklich aufgeht und genau die richtige Menge an Informationen den Leser erreichen, damit er/sie ein rundes Erlebnis hat. Hier ist mir das wohl nicht so recht gelungen. Ich muss endlich mal Wonderbook von Jeff Vandermeer lesen, welches hier schon seit Ewigkeiten rumliegt, vielleicht erlange ich dann Erleuchtung (oder zumindest eine Vorstufe davon) :-)

Ich weiß nicht, was ich in deiner Situation machen würde, diese Hintergrundinfos will ich dir nicht einfach wegnehmen. Es ist nur so: Über die Hintergründe der Welt wird extrem viel erklärt, aber das Unmittelbare, das in der Geschichte passiert, bleibt zum Großteil rätselhaft.
Die kannst Du mir auch gar nicht wegnehmen :P Nein, weiss natürlich, was Du mir sagen willst. Siehe oben. Ich habe das Problem erkannt bzw. es war mir eigentlich schon vorher bewusst, aber ich habs gekonnt ignoriert ... Du bist der erste Kommentator und sprichst es auch gleich an, also funktioniert es so definitiv nicht. Ich muss mir überlegen, ob ich die Geschichte ausdehne und die Informationen über die Welt geschickter vermittle, oder ob mir noch eine andere Möglichkeit einfällt. Vielleicht kürzen? Oder einen Dialog daraus machen, keinen Monolog? Mal schauen.

Die Charaktere sind mir außerdem sehr fremd geblieben.
War schon so das Ziel. Sehe aber das Problem, dass Du damit hast. Vielleicht hab ichs ein wenig übertrieben und muss die Chars etwas greifbarer gestalten.

Diese Distanz wird besonders dadurch erzeugt, dass sie Dialoge nicht mit den jeweiligen Sprechern gekennzeichnet sind. Man muss aus dem Kontext herausfinden, wer gerade spricht. Das zieht sich durch die ganze Geschichte, kann also nur Absicht sein. Es gibt kein einziges „...“, sagt Halfa oder dergleichen. Das hat einen wirkungsvollen Effekt, den ich respektiere, aber ich weiß nicht, was ich persönlich davon halten soll.
Genau. Ich selbst fand es eigentlich gut erkennbar, wer wann spricht, aber das Du damit Mühe hast, ist natürlich nicht so cool. Verstehe schon, dass es irritierend bzw. verwirrend sein kann, wenn nirgends ein sagte Halfa oder krächzte der Dürre vorkommt. Mir gefällt das aber ziemlich gut ... Mal sehen, vielleicht passe ichs noch an. Danke jedenfalls für deine Anmerkungen diesbezüglich.

Im ganzen Text wird konsequent das scharfe S verwendet, nur hier nicht.
Gut erkannt, habe ich korrigiert.

Danke nochmal sehr für deinen Beitrag. Werde mir deine neuste Geschichte auch mal zu Gemüte führen.

Alles Gute & bis bald,
d-m

Hallo @Mehms

Und willkommen im Forum! Habe mich sehr über deine Zuschrift gefreut. Danke Dir fürs Lesen und deinen Kommentar.

Ich finde deine Erzählweise durchaus beachtlich, deine Wortwahl ist kräftig und blumig. Die vielen Metaphern gefallen mir ebenso, hier möchte ich wirklich loben.
Vielen Dank, das nehme ich natürlich gerne entgegen. Aber ebenso deine Kritikpunkte:

Jedoch bremst dies leider auch den Erzählfluss enorm. Ich hatte oft vergessen, was genau sich gerade wo abspielt, weil die Sätze sehr lang und verschachtelt sind, zudem die Wortwahl sehr exzentrisch. Das klingt natürlich schön, keine Frage, jedoch bremst es das Erzähltempo enorm und nimmt der Geschichte viel Wind aus den Segeln. Bis zu einem Punkt, an dem der Leser verwirrt ist.
Ja, ich glaube, Michael Weikerstorfer hatte ähnliche Probleme beim Lesen des Textes. Du bestätigst das also weiter, dass der Text zu überladen ist und den Leser wohl einfach überfährt bzw. Verwirrung hinterlässt. Ich versuche das etwas klarer zu machen, sodass man es hoffentlich versteht ;-) Danke für die Hinweise!

Noch ein Lob möchte ich allerdings an deine Fantasywelt aussprechen, die hinter dieser Geschichte steht. Man merkt, dass hinter diesem Text etwas Großartiges steckt.
Auch viel Freude hatte ich mit den Dialogpassagen. Die Personen haben knapp und mager gesprochen, was der beschriebenen Welt noch mehr Glaubwürdigkeit verliehen hat.
Super, danke dass Du die Dialoge ansprichst, da bin ich mir jeweils sehr unsicher, obs funktioniert. Vielen Dank dafür. Ja, ich habe mir schon ein paar Gedanken zur Backgroundstory gemacht. Ich muss nun nur noch einen Weg finden, die auch zu vermitteln, ohne Leser zu langweilen ... Wird schon werden!

War aber auf jeden Fall eine schöne Erfahrung
Das ist doch ein erbauendes Fazit! Merci :-)

THX & viel Spass hier noch,
d-m

@MRG @Proof @Seth Gecko
Schonmal herzlichen Dank für eure Zeit und Mühe! Ich melde mich in Kürze.

 

@MRG

Hallo MRG, ich habe jetzt gefühlt hundert Jahre gebraucht, um auf deinen sehr hilfreichen Kommentar zu antworten ... Bitte entschuldige, ich hatte gerade etwas viel um die Ohren und das Wetter hat mich auch wieder vermehrt nach draussen gelockt. Für ein paar kurze Rückmeldungen zu anderen Texten hat's gerade noch gereicht, aber zu viel mehr bin ich echt nicht gekommen. Gedanken zu meiner Geschichte habe ich mir aber gemacht und schreib nun den verbleibenden Kommentatoren zurück.

Dir also erstmal herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren!

ist ein interessanter Ansatz und mir hat der Twist am Ende mit dem entfernten Tumor gut gefallen. Allerdings bin ich nicht gut in deinen Text reingekommen.
Danke erstmal fürs Lesen und das kleine Lob vorneweg. Das Du nicht gut in den Text reingekommen bist, kann ich nun - mit etwas Abstand - gut nachvollziehen. Ich wollte den Einstieg möglichst "kunstvoll" halten, aber das hat dann bei Dir nicht gezündet, weil's wohl direkt zu Beginn schon überladen wirkt und dich als Leser eher überfährt als was anderes. Werde deinen Tipp zu Herzen nehmen und erst mit dem zweiten Absatz einsteigen. Den Anfang möchte ich nicht verlieren, werde den aber nach hinten schieben und ihn erst bringen, wenn man als Leser bereits mehr Kontext hat und die Stelle somit (hoffentlich) besser versteht. Insgesamt ist es auch mein Ziel, die blumigen Formulierungen deutlich zu reduzieren und sie nur an bestimmten Stellen zu bringen, um wie Du so schön schreibst, diese Sätze/Szenen damit abzurunden und zu betonen:
Das mochte ich und ich glaube, dass du gut mit deiner Sprachgewalt spielen könntest, wenn du es mit etwas klareren Sätzen abwechseln würdest. Durch den Kontrast könntest du genau die Stellen betonen, die dir am wichtigsten sind für die Geschichte.

Was ich damit sagen will: Möglicherweise kannst du das etwas sanfter dosieren, ab und an schon Informationen preisgeben, um mich als Leser stärker in die Story zu ziehen.
Das ist ein guter, nachvollziehbarer Punkt. Die Handlung ist eher geheimnisvoll angelegt, nicht direkt klar, aber da habe ich übertrieben. Ist mir bewusst geworden, nach den anderen Kommentaren aber vor allem auch nach deinem. Ich bin die Geschichte momentan von Grund auf am Überarbeiten (wird noch etwas dauern ...) und habe diesen Punkt bereits berücksichtigt. Auch die Handlung wird ausgebaut, denn ansonsten ist da etwas wenig Fleisch am Knochen, denn diesen ganzen Infodump, den Du ebenfalls - wie praktisch alle andern auch - angekreidet hast, werde ich komplett entfernen. Teile daraus versuche ich in Szenen widerzugeben, aber einiges wird auch komplett gekillt.

Ich finde "der Geschmack von Rost belegt die Zunge und der Hals ist eingefallen" einen starken Satz, der allerdings in seiner Wirkung für mich abgeschwächt wird, weil es dann mit "verkümmerte Kehlkopf", "verschrumpelten Hautlappen" weitergeht und mir das dann schnell zu übertrieben vorkommt. Mein Eindruck wäre auch hier, dass weniger mehr sein könnte.
Danke für das Detail, welches mir sehr weiterhilft. So erkenne ich direkt, wo das Problem liegt und wie ich vorgehen muss, um diesen Overload in den Griff zu kriegen. Ist bei fast allen meinen Texten so, dass ich irgendwie zu viel will und der Schuss dann nach hinten losgeht. Leider bin ich jeweils betriebsblind dafür, obwohl Du bei weitem nicht der Erste bist, der mich darauf hinweist ... Danke auf für deine weiteren Hinweise und Anschauungsbeispiele diesbezüglich!

Starker Dialog, mochte, dass es nicht für mich als Leser geschrieben ist, sondern ein gewisser "Code" zwischen den beiden herrscht.
Danke, das bedeutet mir was. Dialoge waren nämlich auch immer eine Baustelle bei mir. Schön, dass es hier für dich so gut funktioniert hat.

Das hat mich dann leider nicht überzeugen können. Liest sich so, als würdest du um das Problem des Infodumps wissen und würdest dem gerne vorbeugen. Glaube, dass du das gar nicht brauchst.
Da kann ich nur sagen: Voll erwischt. Ich werde das komplett abändern bzw. bin schon dran :-)

Ich hätte mir allerdings gewünscht, zunächst ins Geschehen reingezogen zu werden, mir hat die Identifikation zum Prota gefehlt. Vielleicht kannst du das besser in einen größeren Kontext einbetten?
Kann ich absolut verstehen, dass es Dir so ergangen ist. Ich denke, teilweise versuche ich zu viele Dinge in eine kurze Geschichte hineinzukomprimieren, wenn eigentlich was Längeres sinnvoll(er) wäre. Vielleicht so auch hier. Also die überarbeitete Version wird um einiges länger sein als das, was jetzt hier steht. Ausserdem lese ich mich momentan mit diversen Büchern und Webseiten genauer ein, wie eine (Kurz-)Geschichte aufgezogen werden muss/soll. Das wird mir - neben den vielen hilfreichen Tipps hier im Forum - sicherlich auch noch weiterhelfen und mich auf die Spur bringen sozusagen. Sorry nochmal, dass ich solange nicht auf deinen Beitrag geantwortet habe. Muss sagen, ist für mich eine der besten und fundiertesten Rückmeldungen, die ich bisher hier bekommen habe (ohne die anderen Komms schlecht reden zu wollen!). Danke nochmals für deine Mühe und deine Zeit! Wenn ich die Geschichte innerhalb der nächsten Äonen überarbeitet kriege, werde ich dich gerne taggen. Hoffe, das ist OK :-)

So long,
d-m

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Moin @Proof

Auch Dir danke fürs Lesen und deinen Komm. Die Tags habe ich nun geändert zu Seltsam und Science Fiction, macht mehr Sinn :thumbsup:

Ich glaube auch zu verstehen, was hier beschrieben wird: Ein Schuss. Schlimme Bilder im Kopf, und wenn er wirkt, gehen sie weg. Aber da muss man sich halt immer erst zu vorkämpfen.
Genau, das hast Du absolut richtig erfasst. Aber ich verstehe deinen Einwand absolut: Es ist zu wenig klar und dies gleich zum Einstieg ist nicht so glücklich gewählt. Gibt noch weitere solche Stellen im Text. Ich habe mir da schon zu allen was überlegt, aber ist auf die kurze Strecke zu viel. Bin am entschlacken und andernorts am ausbauen ... :-) Hoffe, das wird!

Deine Hinweise habe ich alle übernommen. Danke auch dafür. Ist natürlich doof, wenn ich Dir jetzt die Geschichte/Handlung erklären muss, da habe ich dann definitiv was falsch gemacht. Ich bin die Story momentan am Überarbeiten, vielleicht magst Du ja dann nochmal lesen, wenn ich die verbesserte Version am Start habe :-)

Danke nochmals für deine Zeit.

Beste Grüsse,
d-m

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Hi @Seth Gecko

Hat mich gefreut, dich unter meiner Geschichte zu sehen! Danke vielmals fürs Lesen und deine Zeit :-) Dein Beitrag ist gefühlt weniger kritisch als die anderen, was ich interessant finde (die Wirkung des Textes auf andere).

Dein düsteres, von einer deprimierenden Schwere erfasstes Worldbuilding in Kombination mit der Erzählstimme hat mich beeindruckt zurückgelassen
Danke für das Lob! Düster und deprimierend und schwer sind ganz sicher so Stichworte, die ich während dem Schreiben im Kopf hatte. Schön, dass Du das direkt so benennst. Das freut mich.

Sätze wie diese haben mich erstmal ein wenig ratlos gemacht, unsicher, ob ich das hier alles richtig verstehe.
Absolut verständlich. Ist alles so ein wenig "over the top" geraten. Also too much. Werde solche Dinge im Text reduzieren und nur noch spärlich einsetzen. Habe das verstanden :-)

Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich die Auflösung der Dumps genial oder faul (bitte nicht falsch verstehen) finden soll.
Nee, alles gut, kriege das schon nicht in den falschen Hals ;-) Aber ja, ich war faul :D Das darf schon direkt so benannt werden. Bin dran, dass auszubessern. Der Dump soll komplett wegkommen und das Wichtigste daraus in verschiedenen Szenen untergebracht werden.

Das Ende interpretiere ich so, dass Halfa selbst der Autokrat ist, der damals die Züchtung des Kristalls und damit einhergehend auch den Untergang der Zivilisation überhaupt erst ermöglicht hatte.
Absolut richtig.

Ich würde Dich nochmal taggen, wenn ich die Story komplett überarbeitet habe :-)

Danke Dir, bis bald und viele Grüsse,
d-m

 

Servus,
ich finde die verwendendete Sprache geil. Du hast damit bestimmt so einige Zeit verbracht. Ich selbst gehöre auch zu Jenen, die Pathos mögen. Leider verrätst Du in Deiner Geschichte so wenig, dass es manchmal aber doch ein wenig zu aufgesetzt wirkt. Ich persönlich finde, dass gerade starke Story und Handlung, auch durch entsprechende Wortgewalt untermalt werden darf.
Leider erkenne ich aber gerade in Deinem Werk wegen der starken Sprache manche Abschnitte nicht als eindeutig. Also manche Stellen verwirren mehr, als sie dienen. Ich denke mal das ist dieser an manchen Stellen sehr poetisch, beinahe etwas bizarren Ausdrucksweise geswchuldet und dadurch wird die Story eher verschleiert als preisgegeben.

Aber eines weiß ich....Dir hat das Schreiben dieses Textes viel Spaß gemacht und das ist im Endeffekt das Wichtigste an der Sache.

Greets

 

Hey @deserted-monkey,

Danke nochmals für deine Mühe und deine Zeit! Wenn ich die Geschichte innerhalb der nächsten Äonen überarbeitet kriege, werde ich dich gerne taggen. Hoffe, das ist OK :-)
Sehr gerne und du kannst mich gerne taggen, wenn die Überarbeitung fertig ist. Bin gespannt, was du daraus machst.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

@Michael Weikerstorfer @Mehms @MRG @Proof @Seth Gecko @CharlieBrown

Vielen Dank nochmal für eure Kritiken! Ich habe die Story grösstenteils umgeschrieben, der ganze Ballast des Infodumps abgeworfen und aus 1'900 Wörten der Ursprungsversion sind nun 2'830 geworden. Hat der Geschichte echt gut getan. Die Sprache ist etwas reduzierter, naja vielleicht nicht sehr, aber gewisse Stellen sind ausgebaut und sollten eindeutiger sein. Andere sind nach hinten gerutscht, Darlings musste ich nur wenige killen :D Habe die alte Version mal hier in einen Spoiler gesetzt, weil ich die gerne behalten möchte und eure Kommentare sich ja auch darauf beziehen.

Das Ganze sollte nun klarer verständlich sein (Grundidee ist geblieben, allerdings erweitert). Hat echt Bock gemacht. Würde mich irre freuen, wenn's nochmal jemand liest!

In frostigen Nächten schenkt der Kristall ihm Träume von Farbe und an schwarzen Tagen wärmt er sein Blut. Lässt ihn hinabgleiten in die Arme der Taubheit, mit zärtlichem Druck, schwebend am Grund eines tiefblauen Sees. Geborgen am Ort der Gnade, wo die Gedanken verstummen und er keine Schreie mehr hört. Feuerblumen erlöschen, Bilder von Asche und fallender Glut, die vor dem inneren Auge kreisen, verblassen in Bedeutungslosigkeit, wenn der Kristallcocktail das Herz berührt.

Der Injektor befindet sich in einem zerfallenen Spitalkomplex, wo farbloses Unkraut durch die Risse wuchert und eine Antikriegsreklame hinter zerbrochenem Glas flackert. Die Haupthalle ist freigeräumt von Trümmern, die anderen Gebäudeteile liegen wirr und zerstört. Stimmen flüstern mit dem Wind, durch das zerbröckelnde Labyrinth aus Mauerwerk. Zwei Feuer malen schwarze Rußsäulen an die Wände. Sie spiegeln sich im metallenen Tisch, in der Mitte des rechteckigen Raums. Vor ihm drängeln sie sich, müde und schlotternd vor Schwäche harren sie aus, um leben zu können. Eine Dosis Siliziumdioxid für erschlaffte Lungen, zermürbte Gehirne und blutleere Beine. Ein dürrer Schatten schlurft auf ihn zu, gebeugt auf einen Stab. Vom Feuer starren sie herüber, Mumiengesichter im Flammenschein.
„Willst dich hinlegen, Lurch?“
„Ich brauch unbedingt was.“
Der Geschmack von Rost belegt die Zunge und der Hals ist eingefallen. Die Speichelbildung hat ausgesetzt, der verkümmerte Kehlkopf hebt und senkt sich unter verschrumpelten Hautlappen. Zwischen den Lippen wimmert ein heiseres Stimmchen.
„Siehst ausgewachsen aus.“
„Wie viel willst du?“
„Wenn du mir drei Kronen gibst, kriegst die volle Ladung.“
„Drei sollen’s sein.“
„So jemand wie du ist lange nicht vorbeigekommen.“ In seinem Auge glüht ein Funke in schwarzpoliertem Glas, das andere ist mit verkrustetem Gazetuch bedeckt. „Unsere dicke Moja wird dir direkt ins Zentrum stechen. Aus dem Weg ihr Lechzer!“
Über dem Tisch krängt eine bizarre Apparatur, wie eine funkelnde, langbeinige Spinne, mit einem trapezförmigen Leib aus Metall. Sie singt, ihre zwei Dutzend spitzzulaufenden Extremitäten rastlos in Bewegung, erzeugen ein mechanisches Summen in der Luft. Knisternde Energie sprüht Funken und erfüllt den Raum mit ekstatischer Reibung, und die Spinne tanzt, ein Wirbeln der lebensspendenden Entropie. Aus ihrem Hinterteil tropft ein bläulich-transparentes Sedativum, an dem sich die Gebrochenen laben, bis der Dürre sie mit dem dritten Bein verscheucht.
„Ein alter Injektor.“
„War mal ein Prototyp. Wir haben sonst nix.“
Die Spinne stoppt und faltet sich zusammen. Jemand aus den Reihen protestiert, die anderen stehen jetzt apathisch, die Blicke tot und blind. Kein Kristallwuchs, ihre Körper gebuckelt von der Armut. Es ist nur der Schmerz geblieben, gemeißelt in steinerne Gesichter. Bevor die Gier seine Seele zerfraß, gehörte er einst zu ihnen. Doch nun, ewig verdammt zur Nichtexistenz, wiedervereint allein durch das gemeinschaftliche Verlangen, erwarten sie zitternd den Schlaf, seinen federweichen Kuss, Erlösung im Dasein des Elends. So lange seit der letzten Injektion ist es her. Er beugt sich vor, stützt sich mit den Händen ab und legt den Kopf auf kühlen Stahl. Der Dürre holt das Werkzeug.

„Dein Dinghi, das draußen steht?“
„Ist meins.“
„Gut in Schuss. Das Wappen auf dem Segel ... Woher stammt das?“
„Weiß ich nicht.“
„Weißt du denn, wohin?“
„Nein. Über die Asche.“
„Da wirst du nichts finden. Alles leer, hab’s selbst versucht.“
„Ist egal. Muss in Bewegung bleiben, sei’s nur für das Gefühl, irgendwo anzukommen.“
„Verstehe. Mir gings genauso. Halt still.“

Er klappt die Schädeldecke zurück, entlang der Knochennaht. Verschafft sich mit geübten Fingern Zutritt zum Kortex, die Platte legt er auf den Tisch. Betrachtet die blauschimmernden Kristallkronen. Der Funke jetzt entfacht zum Feuer, leckt er sich über die Zähne, setzt die Eisenzange an.
Er reißt, stemmt sich mit dem Arm gegen seine Schulter, zerrt und dreht, bis er die erste Krone aus ihrer Wurzel bricht. Ein Krater bleibt, aus dem feines Rinnsal im blutigen Delta über das Gesicht hinunterfließt. Nach zwei weiteren Kristallen ist der Patient zu kraftlos, um seinen Kopf zu heben. Hängt am Tisch, zuckend wie ein zertretenes Insekt.
„Dein Name?“
„Halfa.“
„Gutes Material, Halfa.“
„Mir ging’s schon besser.“
Der Versuch zu lachen verendet in raspelnden Lauten. Der Dürre setzt ihm den Stirndeckel zurück in den Schädel ein, wischt das Blut mit den Fingern aus seinen Augen.
„Gleich wird’s wieder. Komm.“
Er hilft ihm, seinen Körper hinzulegen, auf den Tisch unter die Spinne, die steifen Beine auf die Platte zu schieben, stemmt sich gegen den Stab, drückt mit all seiner Kraft, bis es gelingt. Gestützt auf die Ellenbogen sinkt Halfa auf das Metall. In erstarrter Erwartung liegt er da, der Atem flach, auf seinem glänzend kalten Katafalk.
„Du solltest nicht unter diesem Banner fahren.“
„Das bedeutet nichts mehr.“
„Es zeugt von der alten Welt, vor dem Krieg. Der Baum und die Wolke.“
„Von den Farben.“
„Es erinnert sie daran. Eine ganze Horde hat sich um dein Dinghi geschert.“
„Ich vertreibe sie, sobald der Schuss gesetzt ist.“
„Das wird noch eine Weile dauern.“
„Was tust du?“
„Ich weiß, wer du bist. Nur du hast es vergessen.“
Die Spinnenbeine falten sich zusammen, die Apparatur rotiert um die eigene Achse, öffnet danach ihre Glieder zum kreisförmigen Nadelkranz, sinkt herab und der Dürre sticht ihm die spitzen Enden nacheinander durch die Haut. In die Hand- und Kniegelenke, in den Abdomen, das Letzte in Halfas Brustkorb, der sich hebt unter Protest, den Fremdkörper abstoßen will. Dann bleibt er regungslos und die Spinne pumpt, tastet sich durch seine Venen, erreicht das zentrale Nervensystem. Verbreitet ein Geflecht aus Sonnenstrahlen.

„Schieß mir endlich die ganze Ladung rein ...“
„Du brauchst das nicht. Bist nur müde und lügst dir was vor.“
„Hör auf zu sprechen.“
„Du erinnerst dich immer noch nicht. Kannst es gar nicht.“
„Mach jetzt … Bitte. Muss ich flehen?“
„Erst hörst du zu.“
„Sonst was?“
„Ich weiß es nicht, ehrlich. Schon so oft haben wir es versucht.“

Halfa liegt gebettet auf einem Feld aus weichem Gras, Veilchen blühen, malen violette Mandalamuster ins Grün, der zärtliche Wind trägt den Duft von Regen heran. Wolken türmen sich am Horizont, noch ist der Himmel so blau, dass er auf der Netzhaut verschwimmt. Unter den Augenringen glitzern Tränen.
„Irgendwann haben wir den Kristall entdeckt, die steinerne Energie. Erst wärmte sie unsere Häuser, versorgte den Alltag und die Fahrzeuge mit Strom, dann setzten wir sie ein, um immer komplexere Maschinen zu erfinden. Förderkraftwerke wurden aus der Erde gestampft, sproßen wie giftige Pilze aus dem Boden, versorgten uns im Überfluss und überzogen die Welt mit blauem Staub. Eine kurze Phase der Energiesicherheit, nachdem die anderen Quellen im Sand der Zeit versiegten. Doch niemand in Verantwortung wollte bemerken, dass der Staub sich in die grünen Lungen ablagerte, und so war es bald zu spät und wir drohten am eigenen Fortschritt zu ersticken. Nicht lange, und diese neuartige Methodik geriet vollkommen außer Kontrolle, befeuerte neue Industriezweige und schuf einen hochtechnologischen Wandel, der über jede Gesundheitsbedenken hinweg fortgesetzt wurde. Führte zu Aufständen und korrumpierte die Führung, krempelte dadurch die Weltordnung um. Der große Umsturz. Im Chaos dieser Zeit entdeckte einer der damaligen Autokraten – durch reinen Zufall, wie er erst glaubte – die Möglichkeit, den Kristall nicht wie bisher der Erde zu entreißen, sondern ihn zu züchten.“
„Wie kannst du so lange sprechen …“
Halfa hustet, der Körper verkrampft. Er dreht sich auf die Seite, würgt glänzenden Teer hervor, bei jedem Atemzug verlassen glimmernde Partikel den Mund. Ein erster Regentropfen berührt seine Nase und er streckt die Zunge aus.
„In seinem Land litt die Bevölkerung an zahlreichen Gebrechen. Selbst die Elite war nicht gefeit davor. Durch die hohe Fördermenge wurden immense Volumen an Schadstoffen freigesetzt, das brachte einerseits Geld für die Verjüngung der Menschheit, aber man wurde bald nur noch halb so alt wie andernorts. Da kam dem Autokraten die Idee, die Altersschwäche mit der neuen Energie zu bekämpfen. Das zeigte erfreuliche Wirkung, die Tabletten linderten den Schmerz, körperlich wie geistig, und das Herz der Vergreisten pochte mit jugendlichem Elan. Doch für wie lange? Bald verstummte das Grollen der Kraftwerke, der Rohstoff war nicht unerschöpflich. Man bemerkte, dass der Kristall sich auf der Hirnrinde ablagerte und dort kleine Kronen bildete. Was mit den Alten nach der Bergung des Kristalls geschah, interessierte keinen und der Autokrat verschloss seine Augen vor der schleichenden Degeneration, entwickelte die Methode wahnhaft weiter. Injektionen von Siliziumdioxid erfolgten bald im gesamten Land. Jeder Wachstumszyklus bedeutete Material von verminderter Qualität, aber die menschliche Gier fand in ihm ein grenzenloses Gefäß. Er baute die stillliegenden Kraftwerke zu Extraktionslagern um, erntete unermüdlich den Kristall der Armen, erschuf sich so sein krankes Imperium, eine Utopie auf Blut und Stein. In diesen Jahren begann die uneingeschränkte Erforschung der Kristallzucht in menschlichem Gewebe.“
„Ich erinnere mich.“
Die Wolken drängen dichter heran, treiben feines Nieseln vor sich her, kühle Salbung der heißen Haut. Wurzeln brechen durch die Erde, ranken sich ihnen entgegen, verschlungen und verknotet wachsen sie zu Bäumen. Heben ihn auf ihren Ästen empor und Halfa liegt in den goldenen Kronen, kredenzt dem Firmament mit gefalteten Händen. Der Wind brüllt zum Sturm.
„Sobald das Potential des Kristalls vom Autokraten vollends genutzt werden konnte, erreicht durch jahrelange Forschung und unterstützt von den Errungenschaften des großen Umsturzes, dauerte es nicht lange und Krieg zog brandschatzend durch die Welt. Alle Völker wollten der entfesselten Macht des Kristalls habhaft werden, koste es auch den höchsten Preis. Der Krieg verschlang in seinen gierigen Feuern die Farben, tötete erbarmungslos in zorniger Glut, übrig blieb ein Teppich aus Asche. In den Ruinen ihrer Zivilisation blieb den Menschen einzig das Gefühl, für den eigenen Untergang gekämpft zu haben. Der Autokrat jedoch hatte die Macht seiner Gegner unterschätzt. Sein Imperium zerfiel und er selbst geriet im Pandämonium des brennenden Planeten in Vergessenheit. Die kristalline Erschöpfung hatte eingesetzt und er war für viele hundert Jahre nicht mehr gesehen. Ein blaues Funkeln im trüben Licht der Mitternachtssonne, ist alles, was blieb von ihm.“
Regen fällt in dichten Strängen, überflutet die Stämme unter ihm. Das Wasser tost höher, Wellen brechen über den Kronen zusammen und verschlucken ihn. Der Druck gegen seinen Körper fühlt sich so sanft an, die mächtigen Bäume zerfallen zu Sediment. Dort schwebt er dann, geborgen in seiner schwerelosen Blase, am Boden des stillen, allumfassenden Sees.
„Wieso erzählst du mir das alles?“
„Ich bin es nicht, der spricht. Es ist deine Erinnerung.“

Viel später.
„Was ist mit der Injektion … Dem Kristall …“
„Du bist wach, das ist gut. Es gibt keinen Injektor und keinen Kristall.“
„Aber ich muss doch mein Blut wärmen.“
„Wir haben den kristallinen Tumor entfernt. Brauchst jetzt Ruhe.“
„Den Tumor?“
„Alle Jahre tauchst du wieder auf, mit demselben Leiden und denselben Wahnvorstellungen. Wir entfernen die frischgewachsenen Kristalle und für eine Zeit erlangst du Klarheit. Aber nicht lange und du fährst fort, Gott weiß wohin.“
„Ich weiß es selbst nicht.“
„Du tust mir leid und es schmerzt mich zutiefst, einen Menschen so gebrochen zu sehen. Das ist Strafe genug. Für alle Verbrechen und ein ganzes Leben. Deine Schuld hat dich gerichtet.“
„Bitte …“
„Wach endlich auf. Bemerkst du denn nicht, dass die Welt wiederaufgebaut ist, sie in neuer Blüte steht? Die Farben sind zurück, sieh doch! Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten, wir haben dir längst vergeben.“
„Ich bin alleine.“
„Öffne deine Augen, die Menschen sind nicht deine Feinde.“
„Sehe nur schwarz.“
„Ich spritz dir ein Beruhigungsmittel. Das hilft.“
„Möchte schlafen.“
„Ja.“
„Die Welt ist neu?“
„Ja.“
„Ich werde sie sehen, wenn ich aufwache.“
„Das hoffe ich.“

Beim Verlassen der eingestürzten Gebäude sieht er Veilchen durch den Ascheteppich sprießen, tritt er mit dem Fuß darauf, zerfallen sie in tausend graue Flocken. Wärmendes Licht legt sich auf sein ausgehöhltes Antlitz. Der Regen hat aufgehört. Das Dinghi steht an seinem Ankerplatz, die hölzernen Räder eingesunken, stützen den schiffsartigen Rumpf. Mit kräftigen Schritten teilt er die Menge, sie weichen ihm, aufgescheucht von seiner kurzfristig gewonnenen Energie. Er löst die Verankerung am Boden und steigt die kurze Leiter hoch.
Kein Blick zurück ins Spital, die Farbe leitet ihm jetzt den Weg, irgendwann wird sie verblassen, wie so viele Male zuvor. Der Wind legt sich in die Segel, bauscht sie auf, und Halfa rollt fort, über die Asche, alsbald nur noch ein einsamer Punkt am Horizont. Segelnd dahin, wo die kristallene Zukunft stirbt.


So long,
d-m

 

Hallo @deserted-monkey,

das liest sich ja wie eine ganz neue Geschichte! Ich finde die Lösung mit dem Spoiler sehr praktisch, so konnte ich sehen, was sich alles geändert hat.
Man merkt, dass du Spaß an der umfangreichen Überarbeitung hattest. Der Text ist immer noch geheimnisvoll, erzählt jetzt aber viel mehr Geschehnisse, an denen ich gegenwärtig teilhaben kann. Halfas Rolle ist erkennbarer, der Fokus auf den Kristallen wird noch mehr ausgereizt. So wirkt die surreale und dystopische Welt noch deutlicher und näher. Und die kosmische Katastrophe, die von einem einzigen Herrscher ausgelöst wurde. Das erinnert mich zum Teil auch an Die Haarteppichknüpfer von Andreas Eschbach.
Ich finde es sinnvoll, wie du die Beschreibungen erweitert hast. Besonders diesen Abschnitt fand ich gelungen:

Wenn die Erntezeit kommt, schuften die Nachkommen der ehemaligen Minenarbeiter und bauen das Material ab. Eine Generation stirbt als Wirt, die andere ist gezwungen, das eigene Fleisch und Blut auszubeuten. Beide werden sie geopfert, auf dem strahlenden Thron der kristallinen Schöpfung.
Mit der Wortwahl (z.B. Erntezeit) schaffst du eine schreckliche Dehumanisierung, der Wahnsinn und die Gier kommen gut zur Geltung. Mir gefällt auch das Wortspiel, wie die kristalline Schöpfung zur Erschöpfung führt.
Bei dieser Gelegenheit frage ich mich aber, welches Wort richtig ist:
auf dem strahlenden Thron der kristallinen Schöpfung
versorgt ihn mit kristallener Energie
Wir haben den kristallinen Tumor entfernt.
Segelnd dahin, wo die kristallene Zukunft stirbt.
Ich bin mir nicht sicher, ob beides geht, aber bei genauerer Betrachtung irritiert es mich ein wenig, dass du zwischen kristalline und kristallene wechselst.

Weitere Anmerkungen:

Treibt voran das schwere Rad, überrollt die Gunst der Schwachen Stunde.
Ist die Großschreibung hier notwendig? Was eine sogenannte Schwache Stunde ist, wird auch später nicht erklärt, schwach müsste also klein geschrieben werden.
Die Konsequenzen sind egal geworden, solange die Förderung auf Hochtouren läuft.
Das egal passt für mich nicht zur Sprache, das klingt irgendwie zu banal. Vielleicht lieber bedeutungslos?
Der General reißt den Erstbesten am Arm zu sich und zwingt ihn auf die Knie.
Nach diesem Satz kein Zeilenumbruch
Es wird niemand mehr älter als dreissig!
dreißig
Du reisst uns nicht nochmal in den Abgrund.
reißt
Aber nicht lange und du fährst fort, Gott weiss wohin.
weiß

Viele Grüße
Michael

 

Hallo @CharlieBrown

Und vielen Dank noch fürs Lesen nachträglich! Dein kurzer Beitrag hat mich sehr gefreut. Ich habe die Geschichte nach den Rückmeldungen nun ziemlich stark verändert, weshalb ich nicht näher auf deine Kritikpunkte eingehe, sie decken sich ja auch mit den anderen Kritiken. Aber ich habe mir das zu Herzen genommen :-) Ich hoffe, die Story ist nun besser verständlich und wird nicht mehr so stark von der Sprache verschleiert.

Das hier trifft's ganz gut, denk ich (und freut mich trotz kritischem Ansatz als Feedback-Zusammenfassung):

Ich denke mal das ist dieser an manchen Stellen sehr poetisch, beinahe etwas bizarren Ausdrucksweise geswchuldet und dadurch wird die Story eher verschleiert als preisgegeben.
Ich bedanke mich nochmals herzlich bei Dir fürs Lesen und deine Zeit!


Hey @Michael Weikerstorfer

Danke, finde ich toll, dass Du nochmal vorbeigeschaut und deine neuen Eindrücke dagelassen hast. Schön, dass die Geschichte für Dich nun besser funktioniert hat :-) Besonders das hier

Der Text ist immer noch geheimnisvoll, erzählt jetzt aber viel mehr Geschehnisse, an denen ich gegenwärtig teilhaben kann. Halfas Rolle ist erkennbarer, der Fokus auf den Kristallen wird noch mehr ausgereizt. So wirkt die surreale und dystopische Welt noch deutlicher und näher.

Ich finde es sinnvoll, wie du die Beschreibungen erweitert hast. Besonders diesen Abschnitt fand ich gelungen:
hat mich sehr gefreut und mich darin bestärkt, dass die Überarbeitung nicht umsonst war!

Bezüglich kristallen und kristallin: Das ist ein guter Punkt. Werde ich mir nochmal näher ansehen und gegebenenfalls verbessern, danke fürs aufmerksame Lesen.

Weitere Anmerkungen:
Treibt voran das schwere Rad, überrollt die Gunst der Schwachen Stunde.
Ist die Großschreibung hier notwendig? Was eine sogenannte Schwache Stunde ist, wird auch später nicht erklärt, schwach müsste also klein geschrieben werden.
Gemeint ist, "Die Gunst der Stunde der Schwachen". Das klingt aber nicht sehr rund, weshalb es hier abgekürzt wurde. Aber sehe schon, da fehlt was. Ich glaube überrollt die Gunst der Schwachen' Stunde müsste es lauten. Werd's korrigieren.

Das egal passt für mich nicht zur Sprache, das klingt irgendwie zu banal. Vielleicht lieber bedeutungslos?
Super, ist gekauft! :-)

Die anderen von Dir angemerkten Fehler habe ich ebenfalls korrigiert bzw. deine Vorschläge so übernommen.

Vielen Dank nochmal für das Update und schönen Abend,
d-m

 

Moin @deserted-monkey,

hab gerade die neue Version gelesen und … ich bin ein wenig hin- und hergerissen:

Wie Du die Infodumps gekillt und sie in neues Material innerhalb der Rückblenden verwoben hast, finde ich gelungen. Woran ich mich ein wenig stoße, sind Teile der neuen Dialoge, zwischen dem Autokraten und seinem General. Sowohl bei der alten, als auch bei der neuen Version gefällt mir die minimalistische wörtliche Rede im Jetzt der zerstörten Welt zwischen Halfa und dem Dürren, sie wirkt ausgefeilt und verstärkt mMn sowohl Handlung als auch Charaktere. Das ist bei kleinen Teilen der neuen Passagen nicht der Fall.

Bei der neuen Version reißen mich manche Formulierungen eher raus, als dass sie wie oben beschrieben positiv hervortreten. Beispiele:

„Autokrat. Sie müssen unbedingt mitkommen.“
Sie sind nur ein Dreisternegeneral. Was soll die Störung? Bemerken Sie nicht, dass ich mich sammle?“
Entschuldigen Sie. Aber das müssen Sie sich ansehen.“
„Was Sie nicht sagen. Ständig schreit hier einer von irgendeinem verfluchten Problem! Was ist denn los?“
„Wir können nirgends mehr hin. Hier ist Endstation. Hören wir auf!“

Die fett markierten Stellen wirken irgendwie "unrund" auf mich. Ich kann es gerade nicht besser formulieren, sorry. Sie nehmen dem Text etwas von seiner so passenden Schwere und sorgen sogar teilweise für Spitzen unfreiwilliger Komik (auf mich).
Das ist allerdings Nörgeln auf hohem Niveau und vielleicht liegt es auch bloß an meiner individuellen Wahrnehmung

Erneut gerne gelesen,
beste Grüße
Seth

 

Hallo @Seth Gecko

Auch Dir vielen Dank fürs erneute melden! :-) Habe mich sehr gefreut. Cool, dass Dir die neuen Stellen gefallen, da habe ich was richtig gemacht. Danke also für das Lob. Über deine Kritikpunkte musste ich kurz nachdenken, aber gehe da mit. Ich habe mir die von Dir zitierten Stellen nochmal vorgenommen und die Dialoge geschärft. Ausserdem habe ich noch zwei weitere Dialogstellen gefunden, die ich verändert habe, damit Leser hoffentlich nicht mehr rausgerissen werden. Sollte nun runder sein :-)

Ganz herzlichen Dank fürs erneute Lesen und deine Rückmeldung. Ist nicht selbstverständlich.

Hoffe, Du hast bald auch wieder was auf Lager.

So long,
d-m

 

Mahlzeit @deserted-monkey,

puh, schwere Kost. Schwere Sprache. Schwer verständlich. Ich bin ja durchaus Hardcore-SF-Fan, also weniger Worte, mehr Bilder ... so 2001 oder Solaris oder auch Picknick am Wegesrand. Begegnungen mit etwas völlig Unbekanntem, man muss sich hineindenken, wieder und wieder.

Aber gerade das außerhalb jeder eigenen Erfahrung Liegende braucht nicht immer das totale Pathos. Ein Herunterschrauben des Bildgewaltigen kann mehr Tiefe bringen. Nicht in allen Fällen, aber es wäre ein Versuch wert. Wenn die Überforderung der Lesenden droht, kann es schnell ins Gegenteil umschlagen. Am Ende soll ja nicht die Frage Was hab ich da grad gelesen? bleiben, eher ein Anlehnen, mit geschlossenen Augen, und den Film im Stillen noch mal ablaufen lassen. Genießen.

Gute SF vermittelt mir schon, dass ich nur ein Hanswurst im Getriebe des Universums bin, aber sie wärmt mich auch.

Treibt voran das schwere Rad, überrollt die Gunst der Schwachen' Stunde.
Das klingt irgendwie unausgegoren ...
übermalen die Dächer und die Straßen und den Horizont mit intensivblauem Leuchten
Hier kann man durch Umstellung ein erwünschtes Pathos sogar noch verstärken. Durch Komprimierung.
Selbst die mächtigen Bäume ersticken langsam unter dieser Schicht, fallen zu Boden und zersplittern in einem Regen aus totem Holz, auf seinem Schlachtzug entgegen der Natur gilt sein Kampf allein der Ressource
Würde ich zwei Sätze draus machen.
Wer zu lange unten bleibt, wird regelmäßig von Schwindelattacken überfallen
anstatt überfallen vielleicht heimgesucht, passt mehr zum Rest.
Der Funke jetzt entfacht zum Feuer, leckt er sich über die Zähne, setzt die Eisenzange an.
Hier stimmt irgendwas nicht. Je nach Aussage ...
Halfa schreit, bis der General die Hacken zusammenschlägt, salutiert und wegtretet
... er tritt weg oder ab.

Tja, also, am Ende gefällt es mir und dann wieder doch nicht. Es ist nicht eindeutig. Nicht klar. Ich mag die Bilder, das Setting. Aber bei ner Mehlschwitze würde ich sagen, es ist zu viel Mehl drin.

Griasle
Morphin

 

Hallo @Morphin

Danke Dir für deinen Kommentar und natürlich fürs Lesen der Geschichte!

puh, schwere Kost. Schwere Sprache. Schwer verständlich.
Mit schwerer Kost und schwerer Sprache kann ich durchaus leben, aber das es immer noch sehr schwer verständlich ist, finde ich natürlich suboptimal :-) Mal schauen, was ich noch tun kann. Ich versuch mich nochmal dranzusetzen.

Gute SF vermittelt mir schon, dass ich nur ein Hanswurst im Getriebe des Universums bin, aber sie wärmt mich auch.
Ja, ich denke, es fehlt Dir wohl u.a. sowas wie Hoffnung in dem Text? Ist ja schon alles recht niederschmetternd so. Ist natürlich schon gewollt. Ich persönlich sehe nicht gerade so schwarz für die Menschheit, keine Angst, bin in dem Sinne nicht misanthropisch veranlagt, haha. Es gibt immer Hoffnung. Dieser Text sollte wirklich aber sehr schwermütig werden, beinahe depressiv vielleicht. Liegt wohl an den musikalischen Vorbildern, dem diese Geschichte zugrunde liegt ... (ausm Bereich Death / Black Metal)

Tja, also, am Ende gefällt es mir und dann wieder doch nicht. Es ist nicht eindeutig. Nicht klar. Ich mag die Bilder, das Setting. Aber bei ner Mehlschwitze würde ich sagen, es ist zu viel Mehl drin.
Das klingt hin- und hergerissen. Und ich denke, Du hast recht, mit deinem Vergleich: Der Text ist nach wie vor zu überladen. Ich wollte wiedermal zu viel ... Die Sprache ist mein Versuch, der Geschichte mehr Wucht zu geben. Hat bei Dir leider nicht gefunzt.

Manchmal beschleicht mich auch das Gefühl, ich versuche mit einer möglichst eigenständigen und gehobenen Sprache mangelnden Inhalt zu kaschieren. Das kann schon sein. Ist so das Gegenteil von deiner Schreibe: Du schreibst schnörkellos und ohne grosse Experimente, aber mit sehr viel Empathie. Fein austarierte, wohlüberlegte Geschichten. Das gefällt mir sehr an deinen Texten und davon kann ich mir sicherlich eine Scheibe abschneiden.

Zu deinen Anmerkungen überlege ich mir was und passe die Stellen an! Danke Dir.
Ich bleib auf jeden Fall dran :-)

Alles Gute,
d-m

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @deserted-monkey,

kann jetzt auch nicht sagen, dass meine Fragezeichen restlos abgeräumt sind. Durch den Einbau des Hintergrunds ist es eher noch komplexer geworden. Mit blauem Zeug aus Minen, das gleichzeitig Droge und Raumschiffantrieb ist, Politik und Herrschaft, dieses Epische, da hab ich die ganze Zeit Dune im Hinterkopf (oder hatte ich das beim ersten Mal auch schon geschrieben?) und frage mich ein bisschen, ob eine Kurzgeschichte das richtige Format (Länge) für das ist, was du erzählen möchtest. Vielleicht kommen daher die Fragezeichen, dass du gar nicht den Platz hast, das wirklich zu machen, was du machen möchtest. In dieser Form erinnert mich das an so, gerade bei SF-Filmen hat man das gelegentlich mal (der alte Dune von David Lynch gehört auch dazu): Man merkt, da stecken große Ambitionen hinter, und da sind auch gelungene Bilder drin, prägende Sachen (Kristalle, die aus dem Rücken wachsen und diese Bedienspinne waren es für mich), sodass man denkt, das hätte was werden können, aber ein paar Fehlentscheidungen und ein Produzent, der das Drehbuch nicht mal gelesen hat, aber trotzdem auf den Endschnitt (max. 100 Minuten) besteht, verhindern was Größeres, eventuell was richtig Großes.

Und jo, was @Morphin sagt. Der Telegrammstil dominiert hier im Forum, ist völlig in Ordnung, da sein eigenes Ding zu machen, aber ein ganz bisschen auf die Bremse treten trägt halt auch zur Verständlichkeit bei.

nicht selten kotzt einer blaue Masse
„kotzen“ fällt voll aus dem Rahmen der restlichen Sprache.

Autokrat
Der Diktator war im alten Rom noch nicht so verbrannt wie heute, ganz normale Berufsbezeichnung, aber ist Autokrat nicht ein politikwissenschaftlicher Begriff, und würde ein Autokrat sich selbst Autokrat nennen, würde er sich nicht von dem Begriff beleidigt oder entlarvt fühlen, womöglich beides? Mag aber auch gerade zu sehr durch die Brille unserer Zeit gucken, mit den ganzen Autokraten, die sich PR-mäßig als die eigentlichen Demokraten verkaufen.

in den Abdomen
das

Viele Grüße,
JC

 

Hallo @Proof

Hammer, das auch Du nochmal gelesen und deine Gedanken dazu niedergeschrieben hast :-) Habe mich sehr gefreut! Danke Dir sehr für deine Ausführungen. Deinen Vergleich mit Dune finde ich passend, auch wenn ich beim Schreiben und auch danach gar nicht daran gedacht habe (ich find's passend im Sinne von Setting & Co., nicht weil ich mich auf eine Stufe mit Frank Herbert stellen möchte, hallo!). Ausserdem kenne ich nur den neuen Film, den von Lynch habe ich mir noch nicht gegeben, werde das aber mal nachholen. Das Buch in der englischen Spezialedition grinst mich auch ständig aus dem Regal an ... Na, das werde ich mir bestimmt auch bald mal reinziehen.

Anyway:

Man merkt, da stecken große Ambitionen hinter, und da sind auch gelungene Bilder drin, prägende Sachen (Kristalle, die aus dem Rücken wachsen und diese Bedienspinne waren es für mich), sodass man denkt, das hätte was werden können, aber ein paar Fehlentscheidungen und ein Produzent, der das Drehbuch nicht mal gelesen hat, aber trotzdem auf den Endschnitt (max. 100 Minuten) besteht, verhindern was Größeres, eventuell was richtig Großes.
Ich danke Dir sehr für diesen Vergleich und kann das verstehen und nachvollziehen. Ja, schon bei meiner letzten SF-Geschichte hier im Forum, wurde mir ans Herz gelegt, das grösser aufzuziehen, also eher schon mit Romanumfang, und das, denke ich, wäre hier vielleicht auch die bessere Form. Oder zumindest eine Novelle mit so ca. 30 Seiten. So wie der Text jetzt hier steht, ist natürlich schon alles sehr komprimiert, nur gerade das mMn Wichtigste ist drin, aber sehe schon: Das führt zu Problemen, weil für mich als Autor diese Welt in meinem Kopf vollumfänglich besteht und es mir nicht gelingt, das alles auf dieser kurzen Strecke für die Leser unterzubringen ... Ich habe schon Ambitionen, mal was Mächtigeres zu Papier zu bringen und vielleicht funktioniert das dann besser. Du hast mich auf jeden Fall weiter darin bestärkt! B)

Und jo, was @Morphin sagt. Der Telegrammstil dominiert hier im Forum, ist völlig in Ordnung, da sein eigenes Ding zu machen, aber ein ganz bisschen auf die Bremse treten trägt halt auch zur Verständlichkeit bei.
Ich werd's versuchen. Klar habe ich probiert, so mein eigenes Ding zu machen, weil ich mag's nicht, wenn's zu generisch geschrieben ist, so nach einer Stil-Bibel oder so, da kann für mich im schlechtesten Fall auch 'ne super Story zu 'nem Langweiler werden. Das ich's zeitweise übertreibe (oder manchmal gar schiefe Bilder verwende), verstehe ich aber mittlerweile, es gab genug Feedback diesbezüglich :-) Ich habe es mir hinter die Ohren geschrieben. Trotzdem danke, dass Du das nochmal unterstreichst :schiel:

Die beiden Fehler habe ich verbessert. Bezüglich "Autokrat": Ja, da bin ich mir auch unsicher. Finde ich einen guten Punkt. Ich schlafe da nochmal eine Nacht oder zwei drüber und überlege mir was :-)

Vielen Dank Proof, dein Beitrag hat mir weitergeholfen.
Werde gerne wieder mal was Horrormässiges von Dir lesen :-)

Guten Wochenstart & Peace out,
d-m

 

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