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Leba

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30.08.2006
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Leba

Der Bericht war überfällig. Seit Stunden arbeitete er daran, ohne zu einem Ende zu kommen. Entwurf für Entwurf hatte er erstellt, geändert und schließlich gelöscht. Ein höhnisch leerer Bildschirm grinste in an, als wolle er ihm sagen, dass er niemals fertig werden würde. Keine der Versionen hatte ihm gefallen, keine wurde der Wahrheit gerecht, seinem Berufsethos, seinem Gefühlsleben erst recht nicht. Er war müde, aufgewühlt und zermürbt zugleich, eigentlich wäre nun der rechte Zeitpunkt gewesen, das Büro zu verlassen. Also, ein letzter, ein allerletzter Versuch. Zumindest die Kernaussage würde er noch produzieren, alles anderer wäre Beiwerk, das sich schon irgendwie finden ließe. Getrieben vom Mut der Verzweiflung begann er zu tippen: "Bei dem dokumentierten Treffen konnte ich keine Auffälligkeiten beobachten. Ihre Äußerungen können zwar nicht als alltäglich angesehen werden und entsprechen weder ihrem sozialen Status noch ihrem Alter, aber..."

Aber was? Es gab die Tonaufzeichnung des Gesprächs, an dieser konnte er nicht vorbei. Alles, was er niederschreiben würde, musste sich mit diesem Dokument belegen lassen, außer er würde es vernichten, einfach verschwinden lassen. Er ertappte sich bei einem Gedanken, der ihm fremd sein sollte, erschrak über sich selbst. Was war nur mit ihm los? Hier ging es um alles oder nichts, um seinen Status, seine Zukunft, vielleicht um noch mehr. Er dachte zurück an den in der Erinnerung längst verblichenen Tag, als man ihm angeboten, ja nahegelegt hatte, diesen Beruf zu ergreifen. Zunächst hatte er nicht gewusst, worauf er sich einlassen würde, war getrieben von der Neugier eines jungen Menschen, von den Aussichten auf Einkommen, Status, eine außergewöhnliche Aufgabe, eine spannende Tätigkeit, die Träume eines jungen Mannes eben. Es folgte eine harte Ausbildung und mit ihr die Ernüchterung.

Man hatte ihm beigebracht, Fakten zu formulieren. Die nackten Fakten, sonst nichts. Was war aus dieser Fähigkeit geworden? "Im Rahmen des geführten Gesprächs konnte ich keinerlei Hinweise auf systemfeindliche Einstellungen oder Aktivitäten entdecken. Zwar lassen die besprochenen Themen auf ein reges politisches Interesse schließen, aber ..." Es war ihm, als würde sie ihn aus dem Bildschirm heraus anlächeln, mädchenhaft unschuldig und dennoch irgendwie raffiniert, vielleicht mit einer Spur von Berechnung. "Werden wir uns wiedersehen", hatte er sie gefragt. Wollte er sie noch einmal wiedersehen? Das würde einen weiteren Bericht bedeuten, und er scheiterte schon an diesem. Warum, zur Hölle, hat er diesen Auftrag bekommen? Innerhalb der letzten Woche war sein Leben ins Wanken geraten, eine Abfolge von sieben Tage, welche ganz unspektakulär begonnen hatte:

*

Irgendwo vor der Glasscheibe war die Sonne aufgegangen, wie immer lag ein wolkenloser Himmel über dem Sand, so dass es nötig wurde, die Scheiben abzudunkeln um nur eine abgemessene Menge Lichtes in den Raum zu lassen. Er besaß das Privileg eines Büros mit Aussicht, was nicht selbstverständlich war, denn durch die Scheibe konnte er nach draußen blicken, dorthin wo in der Ferne - gerade noch erkennbar - der Grenzzaun verlief. Ein solcher Ausblick stand nicht jedem zu, die Grenzen menschlicher Zivilisation klar vor Augen zu haben, war ein Privileg.

Eigentlich herrschten in dieser geografischen Lage höllische Verhältnisse, es wäre unmöglich zu überleben, wäre da nicht die große Stadt gewesen, eine hermetisch abgeschirmte Oase all jener Technik, die einen Aufenthalt unter angenehm geregelten Bedingungen möglich machte. Natürlich war es kein Zufall dass sie hier war, dass die menschliche Zivilisation soviel Aufwand betrieb, um menschliches Leben an diesem Ort zu ermöglichen. Ein in der Ferne gerade noch sichtbarer Bohrturm gab die Antwort. Niak stand vor der Scheibe und blickte nach draußen, auf die Morgendämmerung, die Sonne, die aus dem Wüstensand hervorgebrochen war, heller wurde bis er es schließlich nicht mehr ertrug, sie anzusehen. Es war fast unvorstellbar, dass dort Menschen leben konnten, außerhalb der Gebäude, für einen Moment stellte er sich die ketzerische Frage, wofür man dann einen Grenzzaun brauchte, Wachroboter, vorgelagerte Garnisonsbunker?

Es war früh am Morgen, eigentlich hätte er längst mit seiner Arbeit beginnen sollen, doch ohne sich selbst zu verstehen, wollte er vor Beginn seines Tagwerkes noch ein paar sinnfreie Minuten mit dem Betrachten der Landschaft verbringen. Um so peinlicher war es ihm, von der sich einschaltetenden Bildfläche überrascht zu werden, so dass sein General ihn arbeitslos im Raume stehend, zum Fenster hin gewandt sehen musste. Hastig versuchte er sich zu entschuldigen: "General, es tut mir Leid. Ich wollte ... " Noch im Sprechen, begann er, sich über seine Wortwahl zu ärgern. Eine dümmere Antwort hätte er nicht geben können. Überraschend sanft fiel die Erwiderung des Generals aus: "Ist schon in Ordnung. Jeder braucht seine kreativen Pausen. Ich habe einen Spezialauftrag für sie. Auf ihrer Liste steht nur ein einziger Name."

Für einen kurzen Augenblick versank er in ungläubiger Sprachlosigkeit, sei es wegen der ausbleibenden Schelte oder der Ungewöhnlichkeit des Vorfalls. Er versuchte sich rückzuversichern: "Nur ein Name? Ähem, was bedeutet das?" Der Anflug eines Lächelns sickerte über das Gesicht seines Gesprächspartners, um sofort wieder zu verdunsten. "Es handelt sich um eine Frau. Sie bekommen die Daten gerade übertragen. Sie verschickt Kontaktanzeigen, das ist ihr Ansatzpunkt. Ich wünsche, dass sie sich mit ihr persönlich treffen. So bald wie möglich. Haben sie mich verstanden?"

Es gelang ihm nicht, den schafsähnlichen Gesichtsausdruck abzulegen, der sich über sein Gesicht gelegt hatte. Während seiner achtjähringen Karriere als Systeminquisitor hatte es keinen vergleichbaren Fall gegeben, ja Treffen mit "Kunden" kamen vor, selten zwar, aber doch regelmäßig. Die meisten Fälle aber ließen sich vom Büro aus abwickeln. Nur in besonders schwierigen Angelegenheiten war er gezwungen, sich persönlich ein Bild von der Situation zu machen.

"Herr General, habe ich sie richtig verstanden? Kontaktanzeigen?" Die Antwort kam prompt, ebenso wie das Lächeln nun spurlos verschwunden war: "Korrekt. Sie haben alle Freiheiten und können sich voll auf diesen einen Fall konzentrieren. Aber wir erwarten auch gute Arbeit von ihnen!"
Ohne den Kampf gegen die morgendliche Überrumpelung gewonnen zu haben, bemühte er sich, eine bestimmt klingende Antwort zu geben: "Danke General. Ich danke ihnen ... ", worauf er prompt von seinem Befehlsgeber unterbrochen wurde: "Sie sind für alle anderen Aufträge freigestellt. Sobald das Treffen stattgefunden hat, erwarte ich einen Zwischenbericht. Und übertreiben sie die Dinge nicht ..."

Und da war es wieder gewesen, jenes seltsame Lächeln auf seinem Gesicht, das er noch nie gesehen hatte und deshalb auch nicht einzuordnen verstand. Die Bildfläche verdunkelte sich und die Erscheinung samt Lächeln zerging in konturlosem Schwarz. Mit einem unbestimmten Gefühl des Unbehagens ging er hinüber zum Informationssystem, um die Daten abzurufen. Beim Faulenzen ertappt worden zu sein, war ihm peinlich, dafür aber hatte er etwas Besonderes auf den Tisch bekommen, er hatte die Chance, sich Lorbeeren zu verdienen. Die Menge der übermittelten Daten überraschte ihn und deutete auf eine Unregelmäßigkeit hin, irgendetwas war faul.

Er brauchte den ganzen Vormittag, um sich einen Überblick zu verschaffen. Während er Dokument um Dokument durchging, lastete der Verdacht auf ihm, er könne beobachtet werden. Die Situation an sich hatte nichts wirklich Ungewöhnliches, es war ein Teil seines Berufes, von Zeit zu Zeit observiert zu werden, was ihn heute nervös machte, war die offensichtlichen Spuren, dass es sich bei diesem Fall um etwas Außergewöhnliches handeln könnte und dass man ausgerechnet ihn als Sachbearbeiter gewählt hatte. Es waren wohl schon mindestens ein anderer Inquisitor mit dem Fall betraut gewesen, dafür sprach die Vorauswahl der Dokumente. Seine Nervosität nahm zu, als er keine Ansatzpunkte fand. Hätte er dieses Dossier innerhalb einer Routineuntersuchung zu bewerten gehabt, als einen von zehn Namen auf seiner täglichen Liste, so wäre die Akte mit dem Prädikat "unbedenklich" in die Datenbank zurücktransferiert worden. Aber unter diesen Umständen? Nur ein Name.

Den Nachmittag verbrachte er damit, Entwürfe zu produzieren und diese umgehend zu löschen. Eine griffige Antwort auf eine Kontaktanzeige? Er hatte herausgefunden, sie verschickte diese mit seltsamer Regelmäßigkeit, alle von ihrem privaten Informationssystem aus. Auch deutete manches darauf hin, dass es im Regelfall bei einem einzigen Treffen mit den entsprechenden Herren blieb. Das war an sich nicht ehrenrührig, er konnte sich nur nicht des Verdachtes erwehren, sie sei auf der Suche nach etwas, etwas das er noch nicht entdecken konnte. Die untergeordnete Abteilung hatte geschlampt. Es gab keine Tonaufzeichnungen. Warum hatte man bisher keinen Observator auf sie angesetzt? Wahrscheinlich, weil sie das Prädikat "unbedenklich" bekommen hatte. Gegen Abend schickte er eine Antwort an sie ab, nicht etwa weil er überzeugt gewesen wäre, nun einen genialen Text verfasst zu haben, sondern weil er es Leid geworden war, nach etwas Besserem zu suchen.

*

Irgendwo vor der Glasscheibe war die Sonne aufgegangen, wie immer lag ein wolkenloser Himmel über dem Sand und wieder stand er vor der Scheibe, insgeheim erwartend, sein General würde sich nach dem Fortgang der Angelegenheit erkundigen. In der Ferne, zwischen zwei Wachbunkern war eine Föderationsfahne zu erkennen, wie sie vertrocknet in der Gluthitze herabhing, deutlich hin sichtbar nach Süden hin, aber mangels Wind nicht in der Lage ihre Symbolkraft zu entfalten. Für wen steht diese Fahne dort, wem wollen wir eigentlich zeigen, dass hier unser Land beginnt, fragte er sich insgeheim, um sich dann verständnislos seiner Arbeit zu widmen. Das Warten zermürbte ihn. Kein anderer Fall, nur ein Name. Er war es gewöhnt, mehrere Kunden gleichzeitig zu bearbeiten, effektiv und präzise. Und nun? Da war nur sie. Er war gezwungen, die selben Dokumente wieder und wieder zu lesen, sich zu ärgern über die unprofessionelle Arbeit seines unbekannten Vorgängers, dessen oder deren Namen er natürlich nicht erfahren durfte.

Genervt von den Lücken in den Datensätzen oder seiner eigenen Unfähigkeit, die Außergewöhnlichkeit der Situation zu handhaben, schickte er einen Bluthund ab. Er brauchte mehr Material. Würde sie ihm auf seine Nachricht nicht antworten, hatte er ein Problem. Er würde eine neue Identität anfordern müssen, auf eine andere ihrer Anzeigen warten, antworten, und schlimmer sich einen anderen Stil aneignen. Vielleicht ignorierte sie ja auch Antworten ohne Bilddaten, dann wäre das Verfahren unpraktikabel und er käme in ernsthafte Erklärungsnöte. Das verdammte Warten.

Nach einem Tag konzentrierter Arbeit konnte er sich immer noch kein vollständiges Bild von ihrer Person machen. War er ein Versager? Das vorhandene Material war lieblos zusammengetragen. Wer auch immer diese Akte produziert hat, er oder sie verdiente kein Büro mit Ausblick auf die Wüste. Eigentlich müsste er nun einen Observator in Marsch setzen. Doch da waren die Worte seines Generals, "übertreiben sie es nicht", die ihn schließlich daran hinderten, die entsprechende Order abzuschicken. Was hatte er zum Teufel damit gemeint? Was sollte er nicht übertreiben?

Um die Mittagszeit erschien schließlich ihre Antwort, jedoch ohne ihn von seiner Unsicherheit zu erlösen. Ja, sie wollte sich mit ihm treffen, morgen Abend. Warum erst morgen? Ein weiterer Tag würde vergehen, den er sich wieder nur mit diesem einen Fall herumschlagen durfte. Er beschloss, sich am Nachmittag abzulenken. Für den kommenden Abend benötigt er passende Kleidung. Er würde einkaufen gehen, etwas nettes zum Anziehen.

*

Bewusst begann er den neuen Arbeitstag damit, die aufgehende Sonne zu ignorieren. Der Bluthund war zurückgekehrt und hatte gute Arbeit geleistet. Er hatte nun den üblichen undurchdringbaren Berg von Puzzlestücken vor sich liegen. Alle Nachrichten, welche sie über ihr privates Informationssystem versandt oder empfangen hatte. Hinzu kamen die Transaktionen über die Geschäftsadresse, Bankdaten, Bestellungen, Bewegungsprofile. Die nächsten Stunden verbrachte er zunächst mit Sortieren und Filtern. Dann begann er ganz entgegen seiner üblichen Vorgehensweise zufällig einige Dokumente herauszupicken. Einzelne private Nachrichten. Es war Nachmittag, als er gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Er nahm sich die nötige Zeit, die wesentlichen Fakten über ihre Person einzulernen, dann war es Zeit, sich auf den Weg zu machen.

"Ich heiße Niak" sagte er, wobei ihm eine leichte Unsicherheit anzumerken war. Sie lächelte ihn an, konterte seine Aufgeregtheit mit abgeklärter aber dennoch charmanter Routine, um ihm zu antworten: "Hallo, schön dich zu sehen. Ich bin Leba. Du hast mir also diese nette Nachricht geschickt."
Für einen kurzen Moment kehrte Stille ein, nur überspielt vom Rauschen des Brunnens, vor welchem sie sich verabredet hatten. Sie standen vor dem Nachbau eines antiken Marmorbrunnens, Wasser das Symbol des Luxus hier in der Wüste, es war ihre Idee gewesen, sich hier zum ersten Mal zu sehen. Er nahm er den Faden wieder auf: "Weißt du, das ist das erste Mal ... also es ist mir ja irgendwie peinlich, aber ich habe noch nie auf ..."
"Das macht nichts", unterbrach sie ihn mit einem Lächeln, einerseits amüsiert über sein sichtliches Unbehagen, andererseits von aufrichtiger Offenheit, die ihn zum Stellen der folgenden Frage ermunterte: "Und wie hast du dir den Abend so vorgestellt?"
Das Lächeln auf ihrem Gesicht blieb, so als freute sie sich diebisch darüber, ihn aus dem Stand heraus verunsichert zu haben, auf ihn zu wirken einfach nur durch ihre Anwesenheit. "Ich dachte mir, wir bummeln etwas durch die Stadt, unterhalten uns und gehen dann irgendwo ganz spontan etwas essen. Und alles weitere wird sich dann zwanglos ergeben."

Er fand zurück zur nötigen Professionalität, sein Hirn begann die Fakten zu verarbeiten. Durch die Stadt bummeln, sich unterhalten. Irgendwo etwas essen. Wenn das ihr übliches Vorgehen war, erklärte es, warum es keine Protokolle gab. Nun nur nicht widersprechen. "Klingt spannend, ein guter Plan, wollte ich sagen. Einverstanden!" Er ärgerte sich über die Wortwahl, zu steif erschien sie im Nachhinein und wieder musste er an die Worte seines Generals denken, er solle es nicht übertreiben. Verdammt, er war für so etwas nicht ausgebildet worden!

Sie war hübsch, attraktiver noch als er vermutet hätte. Sie verstrahlte eine Natürlichkeit, die kein Bild, kein Video vermitteln konnten. Wie sollte er das Gespräch in Gang bringen? Er ärgerte sich gleichzeitig über seinen laienhaften Auftritt und hatte die Befürchtung zu keinem Ergebnis zu gelangen, wenn er sich daneben benahm.
"Mir war nicht klar, ob du überhaupt antwortest. Du glaubst gar nicht, wie lange ich getippt habe, bis ich mich getraut habe ... und nun stehe ich hier und weiß nicht, was ich sagen soll."
"Das macht nichts. Es gibt ja auch nichts, was wir unbedingt heute Abend erreichen müssten. Wenn wir es schaffen, uns einfach nett zu unterhalten, ist das genug", sprach sie und das Lächeln änderte fast unmerklich den Charakter. Wieder trat eine beklemmende Stille zwischen sie, beiden war klar, dass nun der kritische Punkt ihrer Begegnung gekommen war.
"Du hast also eine Kontaktanzeige aufgegeben, weil du dich mit mir unterhalten willst?" Als er die Frage gestellt hatte, wurde ihm die verletzende Zweideutigkeit bewusst. Was für ein Idiot war er doch! Schadensbegrenzung. "Also ich meine damit, das ist doch schon irgendwie ungewöhnlich, also warum gerade ich? Warum willst du dich ausgerechnet mit mir treffen und unterhalten, vielleicht kann ich das gar nicht ..." Er kam sich vor wie der letzte Trottel, das Blut stieg ihm in den Kopf getrieben von einer Mischung aus Ärger über sich selbst, Scham und dem Verdacht, es bereits in den ersten Minuten versaut zu haben.

Zu seinem Unverständnis war ihr das Lächeln nicht vergangen und seine offensichtliche Verwirrung schien sie zumindest nicht abzustoßen. "Nun, offensichtlich kannst du nett schreiben. Das kann nicht jeder, da kenne ich mich aus. Und das hat mich neugierig gemacht. Wie wäre es, wenn wir etwas herumlaufen?"

Sie machten sich auf den Weg, schlenderten scheinbar ziellos durch die Stadt, wobei er ihr die Führung überließ. Nach einigen Minuten half ihm die Bewegung, sich weiter zu beruhigen. Sie hatten die üblichen Belanglosigkeiten ausgetauscht, wahrheitsgemäß berichtete sie, in einem Restaurant den Empfang zu betreuen, er hatte geantwortet, dass er für die Verwaltung arbeite, als Programmierer eben, was seine offizielle Tarnexistenz war. Es war ihm, als hätte sie unmerklich seltsam reagiert, denn sie fragte nach: "Für die Verwaltung? Das ist ja lustig. Ich habe bisher niemanden kennengelernt, der dort arbeitet!"

Ihr offenherziges Lächeln schien sich zu verändern, einer nach außen hin sichtbaren Anspannung zu weichen, aber vielleicht bildete er sich das alles auch nur ein. War ihr Blick nervöser geworden? Sah sie sich um, wo die Überwachungskameras angebracht waren? Sie hatten zu unverfänglicheren Themen gewechselt, Freizeitbeschäftigungen. Ja, er reiste gerne, irgendwohin in nördlichere Gefilde, wo man auch unter freiem Himmel herumlaufen könne, ein menschenwürdiges Klima herrsche und die Grenzen der Föderation weit weg seien. War es Neid, der da aus ihrem Blick sprach? Nein, größere Reisen könne sie sich eigentlich nicht leisten, sie verdiene zu wenig, da bliebe nur ein gutes Buch von Zeit zu Zeit, ein Ausflug in die Stadt, ab und zu einmal Essen gehen, es genießen sich von jemand anderem bedienen lassen.

Da war es, sie hatte es selbst ausgesprochen, ganz beiläufig. Bücher! Das war die Information gewesen, welche ihm der Bluthund angeschleppt hatte. Sie schien besessen zu sein von Büchern, forderte Woche um Material an, das sie unmöglich im Stande sein konnte in seiner Gesamtheit zu lesen. Es war, als sei sie auf der Suche nach etwas, als betreibe sie über Jahre hinweg mit Systematik eine Recherche. Aber warum sollte sich eine Rezeptionistin durch historische Literatur wühlen, Zeitungsausschnitte, Nachrichtensendungen uralte Filme besorgen? Das alles war nicht kostenlos, und die Zeit die nötig war um alle diese Materialien zu sichten war enorm.

Wie hatte sie diesen Sachverhalt formuliert? Ein gutes Buch von Zeit zu Zeit. Er bemühte sich seiner Stimme einen warmen Klang zu geben: "Wie lange habe ich selber schon nichts mehr gelesen! Aber vielleicht könnte ich ja ... Gibt es irgendetwas, das du mir empfehlen kannst?" Sie waren stehen geblieben, vielmehr hatte sie angehalten um ihm in die Augen zu sehen: "Das hängt von deinem Geschmack ab. Ich selber stehe auf historischen Krempel. Aber so etwas wird dich wohl nicht interessieren."

Ihre Stimme hatte einen seltsam bestimmten Tonfall angenommen. Für einen Moment wollte er ihr widersprechen, verfiel aber dann in ungewohnte Grübelei: "Was interessiert mich? Ich muss gestehen, eigentlich lese ich nicht, jedenfalls nicht freiwillig. Das hängt vielleicht mit meinem Beruf zusammen. Aber du kannst mich sicher vom Gegenteil überzeugen."Ihre Augen bekamen einen seltsamen Glanz, dann setzte sie an zu einer Erklärung: "Für mich ist es das Fenster zur Welt. Ich habe nicht das Geld, um irgendwohin weit weg zu verreisen. Man verdient nicht viel als Rezeptionistin, jedenfalls nicht so viel wie ein Programmierer der Verwaltung." Sie hatte ohne Verbitterung gesprochen, voller Stolz.

"Und wenn ich dich einfach mitnehmen würde?" Er erschrak augenblicklich über das, was er da gesagt hatte. Welcher Teufel hatte ihn da geritten? Er hatte ihr, der Frau die er seit wenigen Minuten kannte, ein Geschenk angeboten, eine Kostbarkeit, einfach so, die sie nicht annehmen konnte, jedenfalls nicht einfach so. Und seine Worte würden sich auf dem Aufzeichnungsgerät wiederfinden, welches er bei sich trug. Er nahm wahr, wie sie zusammen zuckte, der Hauch von Röte schien ihr ins Gesicht zu steigen.
"So etwas hat mir noch niemand gesagt."
Eine beklemmende Stille trat zwischen die beiden, das Gespräch hatte einen Wendepunkt erreicht, die ungewollte, kontraproduktive Verletztheit, die er mit seinen Worten bei ihr hervorgerufen hatte, wollte nicht mehr weichen. Da half es auch nichts, abzulenken, wieder auf ihr scheinbares Lieblingsthema zurückzukommen, es war vorbei. Sie tauschten ein paar Belanglosigkeiten aus, gingen miteinander Essen, um sich dann zu später Stunde voneinander zu verabschieden. "Werden wir uns wiedersehen", hatte er sie gefragt, worauf sie nett aber unbestimmt gelächelt hatte und eine salomonische Antwort von sich gab: "Willst du das?"

Er war innerlich übergekocht in diesem Moment. Eine seltsame Mischung aus Müdigkeit, Aufgewühltheit, Pflichtgefühl, beruflichem Ehrgeiz und Sentimentalität brodelte da vor sich hin, so dass er nur ein stotterndes "Aber natürlich" herausbrachte und sie dann getrennte Wege in die Nacht gegangen waren.

*

Zu leben bedeutet, sich entscheiden zu können. Er griff zur Tastatur, begann zu schreiben, Satz um Satz nach vorne drängend, ohne einen Blick zurück zu werfen. Automatische Fehlerkorrektur, fertig. Er schickte den Bericht ab, ohne ihn noch einmal durchzulesen. Das war ungewöhnlich für ihn, aber er hatte keine andere Wahl. Hätte er nun angefangen, zu korrigieren, seine Worte zu hinterfragen, alles wäre von vorne losgegangen.

Nun lag noch der zweite Teil der Aufgabe vor ihm, vielleicht der schwierigere. Er verfasste eine kurze Nachricht an sie, dass er sie erneut treffen wolle. Offiziell hatte er nur ihre Chiffre-Adresse aus der Kontaktadresse. Würde sie nun nicht antworten, wäre alles vorbei. Oder er müsste sich etwas anderes einfallen lassen, eine scheinbar zufällige Begegnung in der Stadt arrangieren, eine Vorstellung die ihm widerstrebte. Die bessere Lösung wäre es, sie würde antworten. Welchen Eindruck hatte er bei ihr hinterlassen? Teile seines Auftretens waren schuljungenhaft gewesen, beschämend irrational. Wo kamen diese Patzer her? Er war beauftragt worden, sich mit ihr zu treffen. Nicht mehr und nicht weniger. Und es war seine Aufgabe, eine faire Aufbereitung der Fakten abzuliefern. Darüber hinaus durfte es nichts geben, kein Begehren, nicht die Sehnsucht von ihr gemocht zu werden, sie vielleicht eines Tages wirklich kennenzulernen, als Mensch, ihr näher zu kommen, irgendwohin in Urlaub mitnehmen zu können, wenn sie mehr geworden wäre als eine flüchtige Bekanntschaft.

Ein Gefühl der Einsamkeit überkam ihn. Was nutzte ihm eigentlich sein Status, das gute Geld das er verdiente? Das Treffen mit ihr hatte ihm eine Chance aufgezeigt, die keine war. Eine nette junge Frau, hübsch, intelligent nur leider mittellos ... Ein uraltes Strickmuster, nur pervertiert durch die Tatsache, dass er seinen Status nicht in die Waagschale werfen konnte, nicht durfte, sondern sie als Fall zu behandeln hatte. Was hatte er da für einen Beruf gewählt, in welche Sackgasse sich manövriert? Er schob die Frage nach sich selbst weg und dachte an seine normalen Fälle. Dort kam das Lob die Anerkennung automatisch, war garantiert, eine Konsequenz von Gründlichkeit. Fairness war eines der Grundprinzipien des Systems, eine der Grundfesten der Föderation: Ehre, wem Ehre gebührt. Gerechte Beurteilung von Leistung. Und in den Tiefen seines Unterbewusstseins spann sich der Gedanke fort, mit noch nie da gewesener Deutlichkeit: In seinen zwischenmenschlichen Beziehungen funktionierte das Muster von Wohlverhalten und Belohnung nicht. Hier ging es nicht darum, was er geleistet hatte, sondern darum, wer er war. Und wenn er ehrlich mit sich selber sein sollte, waren das zwei verschiedene Dinge. Wer war er? Wie hatte er auf sie gewirkt, als Mensch? Würde sie ihm antworten?

Die Bildfläche riss ihn aus seinen Gedanken, es passierte, was passieren musste. "Ich habe ihren Bericht durchgesehen", die Stimme des Generals ließ nicht unbedingt das Beste erhoffen. "Nicht gerade aussagekräftig, was sie da abgeliefert haben. Gerade von ihnen hätten wir etwas mehr erwartet."
"Ich bin noch an dem Fall dran" antwortete Niak, und zog eine Karte aus dem Ärmel, von welcher er nicht wusste, wieviel sie wert war. "Sie hatten gesagt, ich solle es nicht übertreiben beim ersten Mal. Ich dachte es ist besser, erst einmal Vertrauen ...", worauf ihn der General unterbrach: "Sie müssen wissen, was sie tun. Und das Ergebnis zählt, nichts als das Ergebnis. Und halten sie mich bitte auf dem Laufenden."

*

Sie berührte seinen Arm. Es war eine körperliche Berührung gewesen, sie war von ihr ausgegangen, während sie dabei waren, ziellos durch die Stadt zu schlendern, um einen Ort zu suchen, deren Eigenschaften nur sie kennen zu schien. War es ein Zeichen, Zufall, Hinweis darauf, dass sie begann Vertrauen, Zutrauen zu ihm zu bekommen?
"Weißt du, was die französische Revolution war?" Sie lächelte ihn an, als wollte sie ihn testen.
"Nun so ungefähr. In Geschichte war ich nie so besonders gut. Wie kommst du gerade darauf", fragte er und erwiderte ihren Blick in einer Mischung aus Unverständnis und sichtlichem Amüsement. Sie schlenderten weiter.
"Nun ich lese da gerade so ein Buch. Du weißt ja, ich und meine Bücher ..."
"Und was steht drin?"
"Es ist ein Geschichtsbuch, ein älteres", ihr Gesicht hatte einen neckischen Ausdruck, als wäre sie in ihrem Element angekommen und sie fuhr fort, "Letztlich wird dort behauptet, dass die ganzen Ideen, wie eine Gesellschaft auszusehen hat, von damals stammen. Dass die Welt, in der wir leben eine logischen Fortsetzung dessen ist, was damals passiert ist. Freiheit, Gleichheit Brüderlichkeit. Glaubst du daran?"
"Das ist aber arg politisch. Ich dachte, wir wollen einen netten Abend verbringen."
"Du interessierst dich also nicht für Politik?" Ihre Stimme hatte einen sichtlichen Ausdruck des Bedauerns angenommen, sie schmollte offensichtlich, was ihn dazu trieb, seine Aussage zu präzisieren, wenn auch ungern.
"Politik, nein eigentlich nicht, aber vielleicht liegt es daran, dass man sich einfach keine Gedanken macht, über Dinge, die gut funktionieren. Und du?"
"Gut funktionieren? Da hast du recht. Wir müssen sogar Zäune bauen und bewachen, um nicht von denen überrannt zu werden, die auch zu uns hierher wollen", sprach sie in einem Tonfall des Missfallens, den er noch niemals gehört hatte. Sie waren stehen geblieben. Vor ihm stand nicht mehr die kleine Rezeptionistin aus dem unteren Teil der Stadt. Diese Frau war mehr, so unendlich viel mehr und mit einem Schlag war ihm bewusst geworden, dass sie ihm auch um so vieles mehr bedeutete als sie ihm bedeuten durfte. Alles was sie gesprochen hatten, noch sprechen würde, war Teil jener Tonaufzeichnung, die in ihrem Dossier landen musste. Wie konnte er verhindern, dass sie sich um Kopf und Kragen reden würde? Und wie konnte er bei alledem seinen eigenen Kopf retten?
"Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder. Das hat mich am meisten beeindruckt", setzte sie ihren Vortrag fort. Wie konnte er sie nur zum Schweigen bringen? Er entschied sich für den Frontalangriff: "Warum interessierst du dich dafür? Du könntest doch ein ganz normales Leben führen, eine Partnerschaft betreiben, vielleicht Kinder haben. Aber statt dessen vergräbst du dich in irgendwelche uralten Bücher, in denen Sachen stehen, die sowieso niemanden interessieren."
In ihrem Gesicht war offensichtliche Missbilligung abzulesen. Er hatte sie getroffen, verletzt und zum Kampf gereizt: "Was heißt hier, das interessiert niemanden mehr? Die Welt in der wir leben, unsere Freiheit, das System das wir entwickelt haben! Interessiert dich denn gar nicht, woher das alles kommt? Die Welt, wie sie heute ist, warum ist sie so? Wir sitzen auf der gemütlichen Seite hier, worüber wir dankbar sein müssen. Aber warum gibt es zwei Sorten von Menschen, uns und die anderen draußen vor dem Zaun?"
Er zuckte mit den Schultern, um zu antworten: "Nun, das System funktioniert. Wir haben ein friedliches Miteinander organisiert, was Generationen vor uns nicht geschafft haben. Wieso soll ich da noch groß überlegen und mir Gedanken machen, über irgendwelche Hintergründe?"

Sie waren wieder losgeschlendert, er hatte sie verärgert, zumindest irgendein wichtiges Bild zerstört, das war unverkennbar. Ein unangenehmes Schweigen hatte sich breit gemacht, welches er gerne beendet hätte, nur wie? Würde sie ihn wiedersehen wollen? Es war nun ihr drittes Treffen, eine gewisse Vertrautheit hatte sich entwickelt, sie kannten sich so weit, dass sie einen Umgang miteinander entwickelt hatten, aus welchem alle vordergründige Unsicherheit gewichen war. Und darunter? Er war zerrieben zwischen der unbestreitbaren Faszination, die diese Frau auf ihn ausübte und den Anforderungen, die sein Beruf an ihn stellte.
Gab es einen Ausweg? Es schien einen zu geben, die Antwort war, morgen einen Abschlussbericht zu verfassen. Wenn er sie entlasten würde, wäre sie danach eine ganz normale freie Frau, und die Kontakte welche er in seinem Privatleben unterhielt, gingen niemanden etwas an. Aber würde sie ihn jemals wieder sehen wollen nach diesem Abend? Immer noch kannte er offiziell noch nicht ihre wirkliche Identität. Sie hätte die Möglichkeit, spurlos aus seinem Leben zu verschwinden, außer er würde die Möglichkeiten nutzen, die ihm sein Beruf bot.

*

Irgendwo vor der Glasscheibe war die Sonne aufgegangen, er war Stunden früher ins Büro gekommen, hatte die schlaflose Nacht aktiv beendet, um sich in sein Tagwerk zu stürzen. Es war ein Bericht zu formulieren, ein Abschlussbericht. Er würde einen Schlussstrich unter die Angelegenheit setzen. Ein normales Leben wartete auf ihn, als er zur Tastatur griff. "Bei dem dokumentierten Treffen konnte ich folgende Auffälligkeiten beobachten, welche in beiliegender Tonaufzeichnung im Wortlaut nachvollzogen werden können ..." Einen Moment lang hielt er inne, um eine Auswahl zu treffen. "Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.." War dieses Aussage suspekt oder nicht? War sie ein Zeugnis ihrer Subversion? Er verfiel ein einen Kampf mit sich selbst, der nach Stunden damit endete, dass er das gesamte Dokument löschte und erneut von vorne begann.


*

Durch die Fensterfront herein fiel geregelt abgedunkelt die gleißende Helle der Außenwelt. Der Saal war in den obersten Etagen des Verwaltungskomplexes angebracht, so dass man weiter nach draußen blicken konnte als von Niaks Büro aus. Die Wüste breitete sich aus in ihrer makellosen Leere, nur durchschnitten von jener stählernen Trennlinie, welche die Grenzen der Föderation bezeichnete. Man konnte mehrere Fahnen erkennen, die zwischen den Bunkern aufgepflanzt waren und sich in der unbewegten Gluthitze weigerten, potentiellen Neuankömmlingen den Beginn des gelobten Landes anzukündigen, statt dessen schlapp und charakterlos von ihren Masten herabhingen. Hier beginnt heiliger Boden sollte sie sagen hinausrufen in die Leere, taten es aber nicht, denn da war niemand der es gehört hätte, sondern nur unbewegte heiße Luft.

Doch Niak konnte alles dieses nicht sehen, sein Platz war mit dem Rücken zum Fenster angeordnet, so dass nur der Vorsitzendes des Tribunals den Blick hatte nach draußen. In sicherer Distanz konnte Niak zu Leba hinüber blicken, aus deren Gesicht alle hart erkämpfte gemeinsame Vertrautheit und jegliches Lächeln gewichen war. Es war ihm, als wolle sie ihm sagen, wir sind nicht füreinander bestimmt. Oder war es der Stille Vorwurf, dass er die Chance vergeben hatte, die ihnen beide eine Zukunft geben hätte können.

Der Vorsitzende eröffnete die Verhandlung, durchbrach das unangenehme Schweigen: "Niak, ihnen wird vorgeworfen, ihre beruflichen Pflichten als Systeminquisitor verletzt zu haben ..."

Er hörte nicht auf die weiteren Vorwürfe, welche im Detail seine Vergehen aufzählten. Der Ausgang war klar, den nächsten Sonnenaufgang über der Wüste würde er nicht sehen, nicht von seinem Büro aus. Sein Blick wanderte hinüber zu Leba, welche ausdrucklos auf ihrem Platz saß. Verflogen war jenes Lächeln, die süchtig machende Herzlichkeit. Wer war diese Frau? Auch jetzt kannte er die Antwort nicht, würde sie niemals bekommen. Was würde ihm von ihren Gesprächen, der kurzen Zeit fraglichen Glücks miteinander bleiben? Vielleicht war es ein einziger Satz: "Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder"

 

Hallo Nicole,

dann mach ich mal den Anfang. Das wird jetzt keine ausufernde Kritik, die Anspruch auf Vollständigkeit legt, denn ich hatte deine Story gestern nur kurz überflogen und sie mir erst jetzt mal durchgelesen, aber irgendwie muss ich mich ja mal äußern.:schiel:

räusper.

Also die Ideen waren ja alle nicht ganz neu, aber mal wieder in einer netten Mischung vereint und nach der Hälfte wollte man schon erfahren, auf welche Art und Weise es nun mit Niak zuende geht (denn dass die Sache für ihn nicht gut endet, ließ sich voraussehen).

Das Konzept scheint ja an die klassischen Dystopien (:teach: Gegenteil von Utopien) wie Huxley's "Schöne neue Welt" und Orwell's "1984" angelehnt zu sein (obwohl ich jetzt nicht den direkten Vergleich bemühen möchte). Kleines Rädchen in der großen Unterdrückungsmaschine beginnt unrund zu laufen, dreht sich irgendwann in die Gegenrichtung und wird am Schluss auf die eine oder andrere Weise unschädlich gemacht. Ist ja ein traditionsreiches, aber niemals überholtes Konzept.

Dann mal zu den Kritikpunkten:

Erstmal allgemein: Das ganze Setting und die Figuren (der Prot nicht ganz so doll) wirken irgendwie hölzern und blutleer. Es fehlt an Erklärungen und Details, die uns diese Welt schmackhafter machen könnten. Man kann sich ja viel denken, aber zeig uns doch ein bisschen mehr von der Kuppelstadt und der Föderation. Wieso haben sie es überhaupt nötig, eine Gedankenpolizei zu betreiben? Wer lebt draußen in der Wüste und wieso wird seine Existenz verschwiegen? Wer regiert die Föderation und wie kam es dazu?
Zeig uns mehr Menschen!

Dann zum Prot: Der wirkt irgendwie nicht ganz glaubwürdig. Ich meine, du sagst selbst, dass der Kerl eigentlich Profi und gut in seiner Arbeit ist. Und dann hat er gleich von Anfang an die Hosen voll und denkt und verhält sich wie ein verängstigter Pubertierender. Da hast du wirklich übertrieben. Mach nen Kontrast zwischen Anfang und Ende. Lass ihn ganz allmählich unsicher werden. Dann wirkt es am Ende auch überzeugender (und ein bisschen dramatsicher;) , wenn er Leba deckt.

Zu

"Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.."
: Das passt irgendwie nicht ganz rein. Davon, dass sich vorher mal eine Revolution ereignet hat, war ja nie die Rede. Und man weiß einfach zu wenig über das System, um zu entscheiden, ob dieser Ausspruch angemessen ist. Nur weil am Ende die Inquisition einen Inquisitor verurteilt? ...Na ja.
Außerdem
"Weißt du, was die französische Revolution war?"
: Damit schaffst du auf einmal einen Verweis zur realen Menschheitsgeschichte, der dann lose und schief im Raum hängt. Du erwähnst ja sonst auch nichts von dem Vorher, deshalb solltest du es vielleicht dabei belassen, dass Leba den Ausspruch einfach in einem alten Buch über Revolutionen gefunden hat.

Und dann noch ein paar Details:

Sie bekommen die Daten gerade zugespielt
"zugespielt" ist immer heimlich. Niak bekommt die Daten ganz offen zugesandt

Genervt von den Lücken in den Datensätzen oder seiner eigenen Unfähigkeit, die Außergewöhnlichkeit der Situation zu handhaben, schickte er einen Bluthund ab.
Nicht jeder Leser hat auch "Unendlichkeit" gelesen. Die meisten werden mit einem "Bluthund" nichts anfangen können. Außerdem passen solche High-Tech-cyber-Begriffe nicht recht ins Setting. Entweder du erklärst, was ein Bluthund ist, oder du nennst es gleich einfach "Suchprogramm" oder so.

Oder war es der Stille Vorwurf, dass er die Chance vergeben hatte, die ihnen beide eine Zukunft geben hätte können.
Fragezeichen hinter Fragen.

Wer war diese Frau? Auch jetzt kannte er die Antwort nicht, würde sie niemals bekommen.
Merkt Niak wirklich nicht, dass Leba eine Agentin ist, die auf ihn angesetzt war?
Oder hat sie nichts mit der Sache zu tun? Moment, dann würde aber der ganze Plot keinen Sinn mehr ergeben. Wie sollte das System sonst non Niaks Vergehen wissen und wieso sollte sie ihm dann böse sein?:confused:
Ist eigentlich gar kein Detail, sondern ziemlich wichtig. Bitte klarer machen!

So, ist doch ziehmlich lang geworden. Zum Stil vielleicht ein andermal.
Ich hoffe, es hilft dir.;)

Lg. omnocrat

*praise the Lords of Kobol*

 

Hi,

probier mich an dieser Stelle auch mal mit meiner ersten Kritik in diesem Forum.

Zunächst ganz generell zur Geschichte: Die Idee ist wirklich nicht ganz neu und gerade in den letzten Jahren oft filmisch umgesetzt worden, bleibt aber immer aktuell.

Die Einleitung in die Geschichte finde ich ganz gelungen, nur der Mittelteil wirkt manchmal ein wenig lahm. Die Hauptfigur wirkt zu passiv. Vielleicht ein wenig mehr Darstellung des inneren Zwiespalts?

Und man bekommt am Anfang ein leicht "schiefes" Bild von Leba. Sie schaltet Kontaktanzeigen und trifft sich mit vielen Männern, was anscheinend verpönt genug ist, dass es jemanden im anscheinend totalitären System aufällt, aber trotzdem möglich. Hmmm....

Den Kritikpunkt, dass man nicht genug über das System erfährt, teile ich überhaupt nicht. Gerade die paar Anspielungen reichen aus, um genug Hintergrund für die "gefährliche Romanze" zu schaffen. Was es für eine Gefahr in der Wüste gibt, interessiert für die Geschichte nicht. Mehr Infos würde auch die Gefahr erhöhen, zuviel Ähnlichkeit zu anderen Geschichten zu schaffen. Nur, warum immer das Militär? Bisschen Klischee.

Und ist Leba wirklich eine Agentin? Ich finde nicht, dass man das erlesen kann. Das Ende ist vielleicht ein bisschen dürftig und nicht aufschlussreich, selbst für eine Kurzgeschichte.

Schon mal jemanden aufgefallen, dass immer Frauen vormals systemtreue Männer zum Verrat bewegen? Warum nicht mal umgekehrt?
Dies ist kein Kritikpunkt, sondern 'ne allgemeine Frage.

Beste Grüße

Nothlia

 

Hi Nicole,
grundsaetzlich nicht gar so schlecht, wie es das Thema vermuten lassen wuerde.
Aber leider wird es von dem Moment an, als der Prot seine Reflexionen ueber die Liebe zum Besten gibt sowas von herkoemmlich (Zaun haelt Andere draussen, System ist boese, aber stabil, Politik interessiert nur wenige und diese werden verfolgt), dass es einen graust.
Solche Dystopien waren schon alter Quark, als Orwell sein unsaegliches "1984" schrieb.
Proxi

 

Hi Nicole!

Jaja, dochdoch, muß Proxi recht geben. Ansprechender Ansatz.
Bis eben zum Teil mit den Reflexionen über die Liebe.

Die Ironie an deinem Text ist der erste Satz im Bezug auf den Rest ;)
Wenn dein Prot wirklich so gedrillt ist reine Fakten zu bringen, ist der Konflikt (Liebe etc.) zwar nachvollziehbar, für den Inhalt aber nicht gerade notwendig.
Hättest du dich nur an den "Politikinteressierte werden verfolgt"-Plot gehalten, wäre die Story sicher besser.

Trotzdem, Stil ist sehr gut, wenn auch ausschweifend :thumbsup:

bg, LE

 
Zuletzt bearbeitet:

Erstmal Hallo an alle und herzlichen Dank,

4 Tage nicht vor der Kiste, aber dafür 4 verwertbare Kritiken, damit kann man zufrieden sein. Vielleicht ein paar Erklärungen nachgeschoben.

Ihr gebt mir auf jeden Fall Ansatzpunkte für einige Nachbesserungen, wenn ich auch auf die eigentlich drängenden Fragen keine Antworten habe.

Bin eigentlich keine große SF -Leserin, abgesehen von meiner (wilden) Jugend. Der Bluthund war meine eigene Idee, Unendlichkeit kenne ich nicht, aber es ist nicht verwunderlich, dass schon jemand anderer auf soetwas gekommen ist.

Zu Orwell, Huxley & Co: Deren "Visionen" sind mir natürlich ein Begriff, auch dass es sicherlich bergeweise Nachahmerliteratur gibt. Das "System" an sich ist mir auch nicht so wichtig und ich möchte keine moralische Verurteilung des selben erzwingen. Was sicherlich nicht deutlich genug herausgearbeitet ist, sind die Umstände der SF-Welt, die da heissen könnten:

Wir denken einfach unsere aktuelle Gesellschaft weiter, den Terror, den Konflikt zwischen einer eher armen moslemisch dominierten Welt und dem reichen, technisierten Westen mit christlichen Wurzeln. Und weil wir irgendwann von dem ganzen Wahnsinn die Schnauze voll haben, okkupieren wir einige rohstoffreiche Gegenden, bauen einen Zaum um unser Imperium und halten alles was keinen Westler-Nachweis vorlegen kann draussen.

Dafür braucht man leider etwas Miltitär und eine gehörige Portion Überwachung im Inneren, ob nicht doch etwas eingesickert ist oder sich innere Subversion gebildet hat.

Nun werdet ihr vielleicht fragen, warum schreibt sie das denn nicht ... Es gibt zwei Antworten hierauf: Das erste ist die angesprochnene Länge des Textes. Das Werk ist schon relativ lang, lebt aber nur aus dem Aufeinandertreffen der beiden Protagonisten. Einen abstrakten Erklärungsteil im Sinne einer Einleitung wie bei Star Wars wollte ich vermeiden, sondern die Personen aus sich selber zum Leben erwecken lassen. Auf dem Wege der Dialoge den Ist-Zustand zu erläutern wäre dann definitiv zuviel des Guten oder schrecklich zu lesen.

@omnocrat:

Dystopie? Hmm. Vielleicht eher doch Utopie. Das geschilderte System war nicht als negativ gedacht, ich hatte angenommen der gerechte/faire Anteil deselben sei ausreichend betont worden. Dass die Auffassung aller Kritiker sofort in RIvhtung Unterdrückungsstaat geht ist interessant, spricht aber nicht für die geistige Flexibilität der Gemeinde.

Zu

"Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.."

: Das passt irgendwie nicht ganz rein. Davon, dass sich vorher mal eine Revolution ereignet hat, war ja nie die Rede. Und man weiß einfach zu wenig über das System, um zu entscheiden, ob dieser Ausspruch angemessen ist. Nur weil am Ende die Inquisition einen Inquisitor verurteilt? ...Na ja.
Außerdem

"Weißt du, was die französische Revolution war?"

: Damit schaffst du auf einmal einen Verweis zur realen Menschheitsgeschichte, der dann lose und schief im Raum hängt. Du erwähnst ja sonst auch nichts von dem Vorher, deshalb solltest du es vielleicht dabei belassen, dass Leba den Ausspruch einfach in einem alten Buch über Revolutionen gefunden hat.


Der Anknüpfungspunkt an die reale Welt ist gewollt. Die dargestellte Situation soll nur ein klein wenig SF sein, ebensoviel dass man die Geschichte eben nicht unter Alltag ins Forum stellen kann.

Der Satz, die Revolution frisst ihre eigenen Kinder ist die eigentliche Kernaussage des ganzen Stückes, ihr Dreh- und Angelpunkt. :teach:

Dass er in seiner Bedeutung nicht allgemeines Kulturgut ist, habe ich leider in bildungsbürgerlicher Ignoranz irgendwo nicht wahrhaben wollen ... Letztendlich geht er darauf zurück, dass im Laufe der französischen Revolution auf die Revoluzzer der ersten Stunde auf dem Schafott landeten, z.B. Danton. Das ist das Schicksals Niaks.

Inwieweit eine Verführung durch Leba vorliegt, steht auf einem anderen Blatt. Ich hatte mich bemüht, sie authentisch darzustellen, aussergewöhnlich vielleicht, aber andererseits hat sie sich keines wirklichen Vergehens schuldig gemacht. Niak bringt sich selber um Kopf und Kragen, sie war nur der Köder, der ihm hingehalten wurde. Inwieweit sie bewusst in das ganze eingebunden war ist absichtlich offen geblieben.

So nun genug gelabert, eure berechtigten Anmerkungen zu Personenführung und Darstellung der Charaktere werde ich zu wacherer Stunde nochmals zur Brust nehmen und einige Änderungen vornehmen.

LG,

N

 

Der Satz, die Revolution frisst ihre eigenen Kinder ist die eigentliche Kernaussage des ganzen Stückes, ihr Dreh- und Angelpunkt.
Dass er in seiner Bedeutung nicht allgemeines Kulturgut ist, habe ich leider in bildungsbürgerlicher Ignoranz irgendwo nicht wahrhaben wollen ...
Der Satz assoziiert sich ebenfalls mit dem gleichlautendem Buch von W. Leonhardt, aber das steht nicht zur Debatte.
Wenn SF, dann bitte intelligent, mit Subtextualer Zeichnung und nicht ein (sorry) hundertster Aufguss tausendfacher Voruteile.
Ich bin Ostdeutscher und habe mit Dystopien praktische Erfahrungen, also gehen mir schlecht extrapolierte Scenarien auf den Sack.
PS:Wenn Du Dich fuer eine Bildungsbuergerin haelts, kannst Du es ja mit der naechsten Story nachweisen (*g*)

 

Na, na Proxy,

heftiger Stoff um die Uhrzeit.

Der Satz assoziiert sich ebenfalls mit dem gleichlautendem Buch von W. Leonhardt, aber das steht nicht zur Debatte.
Wenn SF, dann bitte intelligent, mit Subtextualer Zeichnung und nicht ein (sorry) hundertster Aufguss tausendfacher Voruteile.
Ich bin Ostdeutscher und habe mit Dystopien praktische Erfahrungen, also gehen mir schlecht extrapolierte Scenarien auf den Sack.

Würde dich gerne um ein paar klarere Formulierungen bitten: Was meinst du mit schlecht extrapoliertem Szenario?

Hundersten Aufguss verstehe ich, was aber nett wäre, wenn du dich klarer ausdrücken könntest, was du mit Vorurteilen meinst.

Wenn du als Ostdeutscher eine Revolutionsallergie/Phobie, was auch immer haben solltest, kannst du es mich ruhig wissen lassen. Und wenn sich deine Ablehnung gegen ein Weiterdenken des Stasi-Systems richten sollte (was ich aufgrund der Heftigkeit deiner Reaktion fast vermute) so diskutieren wir das Thema am besten in 15 Jahren nochmal, in dieser Zeit wird sich nämlich einiges geändert haben ....

bis denne,

N

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nicole,

auch ich bemerkte natürlich, dass da viele Versatzstücke aus anderen, ähnlichen Werken vorhanden sind. Ich musste zuerst an ein Buch von Herbert W. Franke denken, ich kann mich aber nicht mehr an den Titel erinnern. War eine ähnliche Gesellschaft, auch eine ähnliche Grundidee. Ich spreche dir aber nicht ab, die Geschichte selbst erdacht zu haben, denn das ist erkennbar. Ich hatte später, und auch hinterher, das Gefühl, dass es sich um die EU in ein paar Jahren, vielleicht 10, 20 Jahren, handelt (egal, ob Wüste oder nicht ;) ). Dass innen drin das Leben doch ganz gut ist und man bemüht ist, sich selbst glauben zu lassen, dass man gute Werte hochhält. Ich glaube, darauf bewegen wir uns zu im Moment. Von Proxi angesprochene realexistiert habende Dystopie war ganz sicher nicht der letzte hm, einengende Staat in Europa. Da kommt noch was.

Leider.

Mir hat die Geschichte gut gefallen; dein Schreibstil ist angenehm. Mir sind die Worte "Föderation" (Star Trek? Natürlich nicht, aber erster Gedanke in dem Moment) und "Bluthund" (Babylon 5?) etwas unangenehm aufgestoßen, weil sie für mich halt schon mit anderen Bedeutungen aufgeladen sind. Darum musste ich bei Bluthund auch nicht an ein Computerprogramm denken, sondern an militärische oder geheimdienstliche Spezialeinheiten.

Dass Leba nur ein Köder war, hat mich ein bisschen enttäuscht. Ich war eher davon überzeugt, dass er sie letztlich doch ans Messer liefern wird. Ein anderer Teil von mir hoffte, dass sie zusammen in die Wüste entkommen. So eine Geschichte hab ich hier nämlich mal selbst gepostet ("Spaziergang", uraltes Machwerk aus Schulzeiten, aber doch recht nett ;) )

Tjoa... :)

Mario

 

Hallo Mario,

danke für deine wohlmeinende Antwort. Ich glaube ein generelles Problem der ganzen SF-Ecke im Besonderen ist einfach die Fülle an schon durchgedachten Optionen, wie lebt man mit soetwas, als AutorIn?

Was mich aufrichtig freut ist, dass du an die EU in wenigen Jahren denken musstest. Damit ist irgendwie doch angekommen, was ich aussagen wollte. Es geht mir nicht um eine wüst entfernte Zukunft mit Besuchern aus fremden Galaxien, sondern einfach darum wenn man nur ein klein wenig weiterdenkt, was wir jetzt schon haben und was technisch möglich ist.

Vielleicht noch eine kurze Anmerkung zum Thema ans Messer liefern. Die gesamte Geschichte bleibt bis zum Ende absichtlich in einem Zustand der Ambivalenz. Dies betrifft vor allem die Titelfigur Leba. Interessanterweise haben sich die meisten Kommentatoren in irgendeine RIchtung geäußert, wer sich denn nicht systemkonform oder illegal verhalten hätte. Das steht nirgends im Text! Leba verhält sich konform und übertritt nicht die Grenzen. Ihr politisches Interesse, ihr über den eigenen Nabel hinaus denken ist legal wenngleich nicht normal.

Wer sich daneben benimmt ist Niak und zwar weil er nicht in der Lage ist, über Leba ein "gerechtes" Urteil zu fällen (nämlich Freispruch) sondern in den Wahn verfällt, sie vor den Folgen eines Verbrechens schützen zu wollen, das sie gar nicht begangen hat.

LG,

N

 

Hallo N, ;)

demnächst bekommt jeder Bürger in Deutschland eine eindeutige Personenkennzahl, wie in der DDR. Es heißt, zur Erleichterung der Steuererhebung. Habe ich gerade bei heise.de gelesen. Als ich es las, musste ich unweigerlich daran denken, wie sich um die von dir gezeigte Stadt in der Wüste ein Zaun immer weiter schließt.

Wer sich daneben benimmt ist Niak und zwar weil er nicht in der Lage ist, über Leba ein "gerechtes" Urteil zu fällen (nämlich Freispruch) sondern in den Wahn verfällt, sie vor den Folgen eines Verbrechens schützen zu wollen, das sie gar nicht begangen hat.

Hm, aber das ist jetzt ein kleines Problem, denn er ist doch Profi, denke ich? Das heißt, er muss wissen, was erlaubt ist und was nicht...?

Mario

 

Würde dich gerne um ein paar klarere Formulierungen bitten: Was meinst du mit schlecht extrapoliertem Szenario?
Interessiert es Dich wirklich?
Dann lies mal zum Vergleich meine Story "und der Zukunft zugewandt..."
und wenn Du dann noch an einer ausfuehrlichen Kritik interessiert bist (etwa wie meine Kritik des "Felix Marcus Silvester" von Uwe Post (DIE STORY LESEN!)) koennte ich mich wohl zu einer "Grosskritik" (*g*) aufraffen.

Wenn du als Ostdeutscher eine Revolutionsallergie/Phobie, was auch immer haben solltest, kannst du es mich ruhig wissen lassen.
Bin, abgesehen von einer Pollen- und schlechte SF-Allerige, vollkommen gesund (*g*)

Und wenn sich deine Ablehnung gegen ein Weiterdenken des Stasi-Systems richten sollte (was ich aufgrund der Heftigkeit deiner Reaktion fast vermute) so diskutieren wir das Thema am besten in 15 Jahren nochmal, in dieser Zeit wird sich nämlich einiges geändert haben ....
Nicht so vorlaut, junge Dame. Ich bin durchaus ein kritischer Beobachter. Mir geht es um den Aufbau und den Wert Deiner Story und der ist aufgrund der Beliebigkeit eines Versatzsystems unterdrueckerischer Elemente (die auch noch inkohaerent Verwendung finden) eben um Null schwankend (epistemologisch sogar teilweise negativ).

Gruesse aus Lanzarote (es regnet)
Proxi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nicole,

ein wenig misst man wohl deinen Text automatisch an 1984 und ähnlichen Geschichten. Ich finde es auch durchaus gut, so eine Thematik wieder mal aufzugreifen. Bei der Umsetzung gibt es schon einige Probleme, da haben meine Vorredner sich schon geäußert. Gut ist dein Einstieg, dann die Rückblende - von daher steht das Gerüst auf sicherem Grund. Deine Personen müssten aber lebhafter dargestellt werden, die Handlung letztlich dramatischer Verlaufen.

Vielleicht magst du hier noch feilen:

„Mut der Verzweiflung griff er schließlich in die Tastatur“

- Finde ich ungünstig, man greift in die Saiten einer Gitarre, nicht in eine Tastatur.

„Alles, was er niederschreiben sollte, musste sich mit diesem Dokument belegen lassen, außer er würde es vernichten, einfach verschwinden lassen.“

- niederschreiben würde (spart die Wiederholung und vermeidet die Doppeldeutigkeit von „sollte“)


„der ihm fremd sein sollte“

- Wiederholung „sollte“


„Es folgte eine harte Ausbildung und mit ihr natürlich die Ernüchterung.“

- „natürlich“ würde ich weglassen, da die Ernüchterung nicht zwangsläufig ist. Eigentlich heißt dein Satz:

`Es folgte eine harte Ausbildung und mit ihr folgte natürlich die Ernüchterung.´ … und auf sie (natürlich) die Ernüchterung.

„wo in der Ferne -gerade noch erkennbar-„

Ferne - gerade noch erkennbar -

„hermetisch geschirmte Oase“

- abgeschirmte. Besser finde ich aber `hermetisch geschlossene Oase´. (hermetisch: undurchdringlich, luftdicht usw.)

„aller jener Technik“

- all


„soviel des Aufwandes spendierte“

- soviel Aufwand betrieb


„Er stand vor der Scheibe“

- Der Bohrturm?

„die aus dem Wüstensand hervorgebrochen war, heller wurde und schließlich unerträglich anzusehen.“

- die aus dem Wüstensand hervorgebrochen war, heller wurde und schließlich unerträglich anzusehen (war) – so heißt der Satz eigentlich. Das zeigt: „Unerträglich“ ist ungünstig, die Sonne ist nicht unerträglich anzusehen, sondern `es´ ist unerträglich, sie anzusehen (… heller wurde und es war schließlich unerträglich, sie anzusehen. Dann hat man aber „war“ doppelt). Vielleicht: und schließlich brannten ihre Strahlen so in den Augen, dass man sich abwenden musste.
- Unter hervorbrechen verstehe ich, wenn etwas aus der Erde kommt, eine Bodenbewegung verursacht (etwas bricht – die Erdkruste – etc.). Deshalb halte ich das Bild für ungünstig.

„sinnfreie Minuten“

- eigentlich ist die Entspannung nicht sinnfrei.

Dafür habe ich einen Spezialauftrag für sie. Auf ihrer Liste steht nur ein einziger Name."

- Ohne „dafür“. Der General weiß nicht, dass der Mann von seiner Milde überrascht ist.

(Ich habe dann nicht weiter gemacht, aber ein `verdunstendes Lächeln´ - klingt nicht gut).

Hast dich da an schwierigen Stoff gewagt…


L G,

tschüß Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

habe mit Begeisterung deine Textanmerkungen aufgegriffen. Es ist mir ja regelrecht peinlich, über was alles man ein seiner eigenen Betriebsblindheit drüberliest, wo man einem gründlichen Leser nicht widersprechen kann, sobald er es herausgefieselt hat ...

Das mit dem fehlenden Leben der Protagonisten ... mit dem zeitlichen Abstand sehe ich ja selbst ein, dass sie etwas trocken 'rüber kommen. Ein Fall für eine Überarbeitung einerseits, andererseits war eine Sterilität (emotional) in der geschilderten Welt durchaus gewollt, was sich auch in der etwas schrägen Frau-Mann-Begegnung widerspiegeln sollte.

Schade, dass du deine Randbemerkung zu dem schwierigen Thema nicht näher präzisiert hast.

Danke fürs lesen,

LG,

N

 

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