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Lebensabend - mal wieder

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07.10.2002
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Lebensabend - mal wieder

Das Licht war langsam erloschen. Wir saßen in diesem Dunkel, das sich sogleich wieder verziehen würde. Niemand war gewillt, etwas zu sagen. Was sollte man auch sagen, im Dunkel wartend, dass diese riesige Leinwand ein Tor zur nächsten Scheinwelt öffnet.
Egal, es hätte schlimmer kommen können. Wie wäre es gewesen, wenn wir wieder zum x-ten Male in dieser Kneipe versackt wären. Nicht, dass es dort nicht gemütlich ist, aber jede Woche, immer wieder die gleichen Abende, ein einzige Wiederholung des vorangegangenen.
Nun hockte ich in diesem viel zu weichen Fernsehsessel, dachte über den Sinn dieser eintönigen Malboro-Spots nach. Hauptsache Freiheit! Na ja, mir lagen andere Gedanken im Kopf. Ich stellte mir vor, dass ich jetzt in meinem kuscheligen Bett liegen könnte, mit einem Buch. Wann hatte ich schon einmal Zeit zu lesen. Eigentlich niemals. Plötzlich musste ich mich fragen, warum ich überhaupt Bücher kaufe, wenn sie doch nur bedeutungsschwer auf den Schränken liegen. Vielleicht stößt irgendwann einer meiner Freunde darüber und bettelt mich, dass ich es ihm leihen sollte. Von mir aus, warum nicht. Aber dafür habe ich es nicht gekauft.
Die stumpfsinnigen Werbefilmchen hatten ihr Ende gefunden. Achtung Hauptfilm! Ich wusste wie immer schon Wochen vorher, was nun passieren würde. Diese Hollywood-Scheiße! Alles so absehbar. Nur nicht nachdenken, ein paar Schocker, gut und dann wieder zurück in jene selbstgefällige patriotische Einfältigkeit. Der Film hatte eine Kritik nicht nötig. Dazu war er viel zu leer. Soviel ungenutzte Zeit. Ich hätte durch die Straßen spazieren können, mal wieder einen echten Freund anrufen können. Da saß ich nun etwas deprimiert und suchte nach einem Trost, der dieses Feierabendfiasko hätte erhellen können.
Zwischendurch, ich glaube die Anderen haben nichts gemerkt, hatte ich mich zur Toilette verzogen. Einfach das Gesicht waschen, um aufzuwachen. Klar denken, ich wollte wissen, was ich hier suchte. Warum hatte ich mich überreden lassen, dieses sinnlose Gehabe mitzuspielen, in diesem Reigen der unerschöpflichen Lebhaftigkeit? Mich kotzt es an. Ja, ich habe die Schnauze gestrichen voll. Immer wieder dieses Ebbe-Flut-Szenario. Jetzt hätte ich jemanden gebraucht, der mir den nächsten Weg zur höchsten Brücke zeigt. Stattdessen griente mich so eine Visage aus dem Spiegel an. Meine eigene, wie ich einsehen musste. Kaum, dass ich wieder im Saal saß, wurde mir schlecht. Wieder rannte ich raus. Diesmal aber nicht erst in die WC-Räume. Ich stahl mich eilend aus dem Glaspalast. An der Laterne direkt vor dem Erlebnismonument musste ich mich erbrechen.

 

Hi Magnus, deine Geschichte gefällt mir.
Du stellst auf bedrückende Weise einen wohl jedem bekannten Gedanken da.
Ist unser Leben, unsere Freizeit automatisiert?
Haben wir keine Zeit mehr uns selbst zu erfüllen? Und enn, warum nicht, warum geben wir uns Tag fürtag diesem sinnlosen Automatismus hin?
Ein problem sehe ich in dieser Geschichte, sie ist keine Satire, weil die überzogenen Elemente fehlen.
Die geschichte wäre eher etwas für Gesellschft

 

Hallo MagnusRi,


willkommen auf kurzgeschichten.de! :)

Deine Gedanken, die dein Protagonist über sein Freizeitverhalten macht, sind zwar nicht neu, aber durchaus gut beschrieben. Du erzeugst eine gut nachvollziehbare Stimmung der Bedrückung. Ich finde zwar das Ende, nämlich sein sich Übergeben, etwas überzogen, aber das ist mein persönlicher Geschmack.
Es kommt nämlich schon ohne dieses etwas plakative Ende gut rüber, wie leerelos dein Protagonist sein Handeln empfindet.
(Am besten ist, du schickst ihn zu kurzgeschichten.de :D)
Sehr gelungen fand ich diese Formulierung:

" diesem Reigen der unerschöpflichen Lebhaftigkeit..."


Dein Text ist keine Satire. Du beschreibst den Istzustand einer Person. Eine Satire ist doppelbödiger.
Eine Satire ist eigentlich ein Text mit zwei Inhalten, nämlich der Geschichte ansich und dem dahinterliegendem Gedanken des Autors, der zugleich mit seiner Schilderung etwas Gesellschaftliches, Persönliches oder Politisches zu kritisieren gedenkt.


Aber laß dich nicht entmutigen, noch viel Spaß hier auf kg und

lieben Gruß

Lakita

 

Servus magnus!

Da haben meine Vorkritiker recht, eine Satire ist es nicht, aber ein gut lesbarer, nachvollziehbarer Text. Die Geschichte erzählt von einem völlig frustrierten Menschen, der eigentlich irgendwie wüsste was er machen könnte, wollte, sollte - aber er tut es nicht. Und dieses Unvermögen findet er zum Kotzen. Deshalb fand ich das Übergeben am Schluß sehr gut passend.
Der Titel Lebensabend schreckt ein wenig - denn sollte es tatsächlich so sein, dass es bis zum Lebensabend so weiter geht?

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

Naja, wenn jemand aus einem Hollywoodfilm rennt und sich übergibt, dann hat das schon was satirisches.
Aber erstmal willkommen an MagnusRi!!!!
Also mir gefällt die Geschichte. Wenn sie als Satire gedacht ist dann fehlt auf jedenfall aber noch etwas an den typisch satirischen Stilmitteln. Also beispeilsweise Ironie. An manchen Stellen sehe ich die. Aber ebend auch nicht an allen. Statt nur zu Kritisieren und sich zu beschweren könnte noch ein bisschen Zynismus und Witz mit rein.
Das Ende finde ich übrigens nicht überzogen.
Insgesamt sind aber viele gute Gedanken drin. Im großen und ganzen ist es für meinen geschmack etwas zu viel selbstrefelxion. Und zu weinig Beschreiben des drumherum. Beispielsweise, um mal auf den Punkt zu kommen, könnte man ja mit der Ironie mal eine besonders schwachsinnige Stelle aus dem Film beschreiben, sie vielleicht auch im realen leben verzerrt widerspiegeln lassen.
Ganz wie Du willst.

Grüße, Salinger *grins*

 

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