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Märchenland

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27.06.2006
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Märchenland

„Was?“ Sie benötigte all ihre Selbstbeherrschung, um nicht loszuweinen.
„Meinst du das … ernst?“
Gelangweilt sah er sie an. „Ja, Svea, stell dir vor.“ Er zog an seiner Zigarette und sah auf die Uhr. „Jetzt guck doch nicht so entgeistert, man, hast du allen Ernstes geglaubt, das hier mit uns wäre für die Ewigkeit?“
Sie sagte nichts, biss sich einfach nur auf die Unterlippe und schwieg.
Nicht weinen, keine Schwäche aufkommen lassen. Keinen Protest, bloß nicht zeigen, wie weh er ihr grade tat. Aus seinem Blick sprach doch eh schon die pure Verachtung. Wieder sah er auf die Uhr. „Süße, tut mir wirklich Leid, aber ich muss los.“ Sein unverschämtes Grinsen. Sein grausames Grinsen. Das Grinsen, mit dem er jede rumkriegte, die er haben wollte. Er nahm seine Sachen und verschwand aus ihrem Zimmer. Musste zum Fußball, ins Fitness Studio oder einfach nur zu seinem Motorrad, ein bisschen durch die Gegend brausen. „Tobi …“
Sein Name hinterließ einen seltsamen Geschmack auf ihrer Zunge, bitter und schal. Langsam ließ sie sich auf ihr Bett fallen und starrte an die weiße Zimmerdecke. Er hatte sie nicht geliebt. Er hatte sie doch tatsächlich kein bisschen geliebt. Doch selbst wenn sie sich früher klar gemacht hätte, wie gefühlskalt er war, sie hätte ihn nicht verlassen.
Wie konnte man sich selbst so überzeugend etwas vormachen. Es war doch allgemein bekannt, dass er seine Freundinnen im Dreiwochentakt wechselte. Zu glauben, sie wäre eine Ausnahme, war mehr als dumm gewesen.
Er war weg, jetzt konnte sie weinen. Ungeweinte Tränen, die sich im Verlauf der letzten Wochen bei jedem verächtlichen Blick, bei jedem spöttischen Wort angesammelt und ihre Kehle so widerlich trocken gemacht hatten.
Jetzt war es doch sicherlich vorbei …

„Svea, ich weiß es ist schwer, aber könnten Sie mir noch für zwei Minuten Ihre Aufmerksamkeit schenken?“ Ich nahm mich zusammen und schaute zur Tafel.
Die Stunde zog sich endlos in die Länge, war eine nicht enden wollende Tortur. In meinem Kopf war leider kein Raum mehr für Umkehrfunktionen und Kreisberechnung. Alles schon voll - wegen Überfüllung geschlossen. Seinetwegen.
Der Mistkerl nahm da oben einfach zu viel Platz weg, und er wollte partout nicht verschwinden. Ich hatte schon so oft versucht, ihn raus zuwerfen, aber er war immer wieder zurückgekehrt, wie ein Bumerang. Was für ein kleines, lästiges Ding.
Vorsorglich fing ich schon mal an meine Sachen zusammenzupacken, und keine Sekunde zu früh, denn es läutete. Ich stand auf und verließ als Erste den Klassenraum, um draußen in den Strom der nach Hause strebenden Schüler einzutauchen.
Und wem lief ich da vor die Füße? Ihm! Perfektes Timing, klasse, wirklich.
Schnell senkte ich den Blick. Was ich mir auch hätte sparen können, denn er bemerkte mich sowieso nicht. Weder mich noch mein Gestarre. Genauso wenig wie mein Trommelwirbel schlagendes Herz und meine Wackelpudding-Knie. Beim Hinuntergehen nahm ich eine andere Treppe als er, um nicht mit ansehen zu müssen, wie er sich liebevoll von seiner neuesten Errungenschaft verabschiedete. Doch auf der zweiten Treppe war er dann auf einmal wieder da, hinter mir, und ich wünschte mir nichts sehnlicher als eine ungefähr fünf Minuten andauernde Unsichtbarkeit. Nur so lange, bis ich mir sicher war, nicht mehr Gefahr zu laufen über meine eigenen Füße zu stolpern. Ich zog den Kopf zwischen die Schultern, in der Hoffnung, er würde ganz verschwinden.
And as Fräulein Kopflos and Mr. Vollidiot we’ll rule the world.
Mein Kopf blieb an seinem Platz, auch wenn er sich etwas seltsam anfühlte. Dafür blieb Mr. Vollidiot aber auch Mr. Vollidiot. Vielleicht war das eh das Beste, jedem das Seine.
Der Schulbus wartete schon und ich stieg ein. In der letzten Reihe saßen ein kleines Mädchen und seine Mutter. Zu denen setzte ich mich und blickte geistesabwesend aus dem Fenster.
Der Bus fuhr schon ein Weilchen, als mich das Kind plötzlich antippte. Ich wandte den Kopf und sah es an. Langes, rabenschwarzes Haar umrahmte den Kopf, und große, dunkle Augen, wie blaue Glasmurmeln, blickten mich an.
„Bist du traurig?“
Irritiert sah ich das Mädchen an und dann ihre Mutter. Die Frau war eingeschlafen und hörte außerdem Musik. Wieder schaute ich das Mädchen an. Es hatte mit ernster Miene gesprochen und blickte mich abwartend an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber mir war klar, dass ich sie nicht belügen konnte, warum auch immer. Ein verlegenes Grinsen stahl sich auf meine Lippen.
„Ja, ich glaube schon.“
„Warum?“
Dieses Wesen hatte mich ohnehin schon aus dem Konzept gebracht, aber nun war ich vollends verwirrt.
„Ich … weiß nicht.“
„Doch, bestimmt.“
Ich fragte mich, wie ein so kleiner Mensch größte Ernsthaftigkeit, kindliche Unschuld und eine so unglaubliche innere Ruhe ausstrahlen konnte.
„Wie heißt du?“
Bevor das Mädchen antworten konnte, hielt der Bus an und die Mutter zog das Mädchen mit mürrischer Miene hinter sich her.
Zum Abschied lächelte dieses mir so zu, als wüsste es auf alle Fragen dieser Welt die Antwort – sofern sie eine Antwort wert waren -, und als wäre ich ein dummes Ding, das sie alle zugleich gestellt hatte. Trotzdem war das Lächeln nicht überheblich, sondern fast schon gütig.
Mutter und Tochter verließen den Bus und dieser fuhr wieder an.
Auf dem Sitz des Mädchens lag ein kleiner Zettel, zusammengeknüllt und arg mitgenommen. Ich faltete ihn auseinander und in krakeliger Kinderhandschrift stand dort geschrieben:

„Ich nehme dich bei der Hand,
Zeig dir das Märchenland,
Wo Liebe und die Freundschaft zählt,
Und keinem was fehlt.“

Ich musste schmunzeln. Dieses Land würde ich ja nur zu gern wenigstens einmal besuchen.
Nachdenklich schloss ich meine Hand fest um den kleinen Zettel und war mir sicher, dass ich diese Begegnung nie wieder vergessen würde.

 

Hey Smilla,

na, hast wohl Gefallen am Schreiben bekommen, nich? :) Freut mich.

„Meinst du das …ernst?“
Hier würde Tserk wieder meckern. Der Mainstream will da ein Leerzeichen nach den drei Punkten... ich nicht.

Ungeweinte Tränen die sich im
Da ein Komma nach Tränen

„Svea, ich weiß es ist schwer, aber könnten Sie mir noch für zwei Minuten Ihre Aufmerksamkeit schenken?“
Ich weiß ja nicht, vielleicht ist es bei euch in der Schule anders, aber bei uns wurde, wenn gesiest wurde (was faktisch kein Lehrer in der Oberstufe gemacht hat), auch der Nachname des Schülers benutzt.

Ich hatte schon so oft versucht, ihn raus zuwerfen, aber er war immer wieder zurückgekehrt, wie ein Bumerang.
Du benutzt ganz gerne abgegriffene Vergleiche. Ich verlange auch nicht, dass du dir grandios neue ausdenkst. Das kommt mit der Zeit, wenn du schön weiter schreibst.
Hier aber zB fänd ich es besser, die Gedanken an Tobi mit einer Fliege, die vielleicht gerade noch durch den Klassenraum fliegt, zu vergleichen. Die ist um einiges lästiger als ein Bumerang, von dem man ja will, dass er zurückkommt.

Das ist aber eine schöne Alltagsbeschreibung zum ende hin. Gut finde ich, dass die Erzählerin sich nicht vollkommen in Mitleidsgedanken verliert. Die Scenen sind alle noch ein wenig kurz und schnell beschrieben, dadurch kommt auf der einen Seite nie Langeweile auf, auf der anderen ist die Geschichte eben unverhältnismäßig kurz und weitesgehend fehlt die Atmosphäre. Besonders die Stelle im Treppenhaus und der Gang zum Bus hätte mehr Potenzial, das Leiden des Mädchen mehr zu schildern.

Eike

 

Heyho!

Danke fürs Lesen&die Kritik erstmal;)

Und bei uns wird wirklich gesiezt, aber der Vorname genannt^^ natürlich nicht bei allen Lehrern, aber bei den meisten.

Was die abgelutschten Vergleiche angeht hast du recht:drool: Hoffe dieser Hang zur Klein-Mädchen-Poesie verflüchtigt sich irgendwann xD
Ich übernehme deinen Vorschlag mit der Fliege trotzdem erstma nich, dann würd ichs mir irgendwie zu einfach machen:D Vlt fällt mir ja noch was ein...:hmm:

Lg

Smilla

Ps: Die Geschichten sind übrigens alle schon etwas älter, allerdings hab ich sie in der Reihenfolge gepostet, wie sie entstanden sind^^

 

Hallo Fräulein Smilla,

ein bisschen wechselhaft finde ich deine Geschichte und das geht zum Teil ein bisschen an die der Geschiche innewohnende Logik.
Deine Protagonistin ist so angepisst, dass es mir scheint, das kleine Mädchen dringt viel zu schnell zu ihr durch. Nicht einmal zu Beginn gibt es eine Abwehrhaltung von wegen "Das geht dich nichts an". Das aber kann ich dir noch abnehmen, mit dem plötzlich auftauchendem Zettel habe ich meine Probleme. Mit dem Text darauf auch, ich empfinde beides eher wie einen Dampfhammer, der etwas schnell kommt. Die Idee finde ich nicht schlecht, der Zettel ist mir aber zu wenig vorbereitet. Es würde reichen, wenn das Mädchen ihn vielleicht schon in der Hand knüllt oder immer auf und wieder zu faltet. Oder wenn sie ihn aus einem Glückskeks in der Tasche holt.
Zweitens stört mich an dem Gedicht die Nähe zu "Abenteuerland".
Beides ist natürlich auch Geschmacksache.
Der letzte Absatz allerdings kommt so sehr als Fazit daher, dass ich ihn komplett weglassen würde.
Ebenfalls weglassen würde ich den Parcours um Tobi nach der Schule. Er bringt die Geschichte nicht voran und erzählt auch nichts Neues. Zwar ist er nicht schlecht beobachtet, lähmt aber die Geschichte mE.
Details:

"Meinst du das …ernst?"
Leerzeichen vor "ernst"
das hier mit uns wäre für die Ewigkeit?"
Leerzeichen zu viel zwischen uns und wäre
Nicht weinen, keine Schwäche durchkommen lassen
Redewendung kenne ich eher als "keine Schwäche aufkommen lassen"
wie weh er ihr grade tat. Aus seinem Blick /QUOTE]Leerzeichen zu viel zwischen dem Punkt und "Aus"
ins Fitness Studio, oder einfach nur zu seinem Motorrad
kein Komma nach Studio
Wie konnte man sich selbst so überzeugend etwas vormachen
Leerzeichen zu viel zwischen Wie und konnte
Es war doch allgemein bekannt, dass er seine Freundinnen im drei Wochen Takt wechselte.
Entweder Dreiwochentakt oder Drei-Wochen-Takt.
aber könnten Sie mir noch für zwei Minuten Ihre Aufmerksamkeit schenken
Leerzeichen zu viel zwischen für und zwei
Die Stunde zog sich endlos in die Länge, wie eine nicht enden wollende Tortur.
vor Vergleichs "Wie" wird kein Komma gesetzt. Hier würde ich den Vergleich aber lassen, denn die Stunde ist ja eben nicht nur wie eine Tortur, sondern sie ist eine Tortur, jedenfalls erlebt Svea (schöner Name ;)) sie so.
Alles schon voll, wegen Überfüllung geschlossen.
Hier fehlt es ein bisschen am Timing. Solche wiederholenden Bekräftigungen können für die Stimmung sinnvoll sein, auch an dieser Stelle. "Voll" ist aber im Wortklang so kurz, dass dies kaum auffällt und dadurch verschenkst du die mögliche Wirkung. Insofern entweder darauf verzichten und gleich zu "wegen Überfüllung" schreiben oder die Bekräftigung mit einem Bindestrich anstelle des Kommas absetzen.
Wegen ihm.
Hier bin ich penibel, auch wenn der Duden den Dativ als umgangssprachlich in diesem Kontext (wohl als Erleichterung für Stoiber) akzeptiert. Es liest sich hier als zweiter bekräftigender Anhang nicht schön. Entweder weglassen oder als ganzen Satz: Und das alles nur seinetwegen.
Der Mistkerl nahm da oben einfach zuviel Platz weg
zu viel
aber er war immer wieder zurückgekehrt, wie ein Bumerang.
hör auf Eike. ;)
Weder mich noch mein Gestarre.
Wenn du hier schon das Verb substantivierst, mache es im Infinitv: mein Starren.
Irritiert sah ich das Mädchen an, und dann ihre Mutter.
Komma weg
"Ich … weiß nicht."
fehlende Leerzeichen. Ich ... weiß nicht
Ich fragte mich wie ein so kleiner Mensch größte Ernsthaftigkeit, kindliche Unschuld und eine so unglaubliche innere Ruhe ausstrahlen konnte.
Komma nach "mich"
Zum Abschied lächelte sie mir so zu, als wüsste sie auf alle Fragen dieser Welt die Antwort
Falscher Bezug. So ist es die Mutter, die ihr zum Abschied zulächelt.
und als wäre ich ein dummes Ding das sie alle zugleich gestellt hatte.
Komma nach "Ding"
Wo Liebe und die Freundschaft zählt,
Und keinem was fehlt."
Tut mir ja Leid, aber auch für einen Reim kann man die Grammatik nicht einfach fallen lassen. Es muss heißen "wo Liebe und Freundschaft zählen", da es ja zwei Dinge sind. Entsprechend muss auch das Verb im Plural stehen.

Lieben Gruß, sim

 

Hey Sim!

Danke für die Kritik;)
Ich hoffe ich hab jetzt erstmal alle Fehler verbessert:)
Statt "Starren" hab ich allerdings "Gestarre" dagelassen, da ich das einfach irgendwie passender für den Text insgesamt finde^^...is halt Jugendsprache und es is aus der Sicht eines jungen Mädchens erzählt, zumindest dieser Teil der Geschichte^^
Auch den Reim werde ich so lassen, wie er ist, es ist ein Stück aus einem Kinderlied, das meine kleine Schwester andauernd singt (und mir damit wahnsinnig auf den Keks geht*g*)

Wegen dem Bumerang etc...:D ich wer versuchen in nächster Zeit drauf zu achten, nich ganz so schrecklich einfallslos zu schreiben:shy:

Mir scheint, dass diese Geschichte es am allernötigsten hat, nocheinmal überarbeitet zu werden, also vielen Dank für die Hilfe, die ehrliche Meinung und die Denkanstöße;)

Glg

Smilla

 

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