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Mardusco & Sebaldi

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16.09.2008
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Mardusco & Sebaldi

Thomas Schiemann

Mardusco & Sebaldi

1.
Die Geschichte muss 50 Jahre her sein. Das Land, in dem sie geschah, existiert nicht mehr und sein Name ist den heutigen Menschen kein Begriff. Es war weder groß noch klein, weder arm noch reich. Kurz, es zeichnete sich durch nichts aus, als 2 berühmte Männer. Ihre Namen waren Mardusco und Sebaldi. Sie galten als die besten Detektive der Welt. Sherlock Holmes lüftete bescheiden den Hut und Miss Marple verlor angesichts ihres überragenden Verstandes Ihren Gleichmut. Die Mafia gab sämtliche Geschäfte im Staate auf und zog sich in die übrige Welt zurück. Computer gerieten angesichts der unbezwingbaren Logik ins Stottern.
Mardusco war ein schmächtiges Männchen mit einer Stupsnase, über die er sich fortwährend ärgerte, da sie gängigen Detektivklischees nicht entsprach. Bei Sebaldi hingegen handelte es sich um einen fast kugelförmigen Menschen. Beide lebten einträchtig in einem großen Haus in der Rakerstreet 121 a, von dessen Mansardenzimmer sie die kompliziertesten Fälle zu klären pflegten.
An der Schuhgröße und der Farbe seiner Mantelaufschläge der ihnen vorgeführten Zeugen erkannten sie unfehlbar den Schuldigen und aus der Asche seiner Zigaretten konstruierten sie dessen Lebensgeschichte.

2.
An einem regnerischen Winterabend kam der Polizeipräsident kleinen Landes auf einen Schwatz bei ihnen vorbei und meinte beiläufig bei einer Tasse Tee: "Wir haben wieder eine Entführung. Ein dreißigjähriger Bankbeamter mit Pensionsberechtigung ist seit Montag verschwunden. In seinem Arbeitszimmer lag ein Fläschchen grün gefärbter Bürokleber."
"Dann liegt der arme Kerl erdrosselt im Waldsee. Der Mörder war seine Schwiegermutter", meinte Mardusco, während er genussvoll in einen Keks biss.
"Ich werde sie sofort verhaften lassen", dankte der Polizeipräsident und wollte sich erheben. Doch als er das bleiche Gesicht Sebaldis sah, blieb er sitzen.
"Lieber Mardusco", meinte Sebaldi mit einen Ausdruck großen Erstaunens, "Es ist doch wohl eindeutig, dass der Mann entführt worden ist: Und zwar von seiner Haushälterin, die sich für die niedrige Entlohnung rächen will!"
Mardusco verschluckte sich an den Kekskrümeln, hustete und würgte schließlich hervor. "Sebaldi, besinne dich! wie kannst du nur so eine abwegige Theorie aufstellen? Ich sehe die furchtbare Szene genau vor mir, wie die Schwiegermutter ihn mit einer nassen Wäscheleine erdrosselte und im Wäschekorb zum Waldsee schleppte."
Sebaldi stellte die Tasse mit energischem Klirren auf die Untertasse. "Verzeihen Sie den Ausrutscher meines Freundes, werter Herr Polizeipräsident. Herr Mardusco war heute früh nicht wohl, so dass sein strapaziertes Hirn zu unsinnigen Kombinationen neigt. Gehen Sie in den Kohlenkeller des Nachbarhauses. Dort finden Sie eine geheime Klappe, welche zu einem winzigen kerzenerhellten Raum führt. Dort sitz der geknebelte und gefesselte Bankbeamte."
Vor Empörung grün im Gesicht, fuhr Mardusco aus dem Sessel und starrte seinen Freund mit furchterregenden Blick an: "Wie kannst du es wagen, an meiner Logik zu zweifeln? Denke doch nur genauer nach! Entsinne dich der Bürokleberflasche in seinem Arbeitszimmer. Jeder Narr muss doch daraus schließen, dass es die habgierige Schwiegermutter war!"
"Aber jemand hat den Kleber grün gefärbt, hast du das vergessen?" konterte Sebaldi...
Die Blicke des Polizeipräsidenten pendelten fassungslos zwischen den beiden Geistesgrößen umher. Minutenlang wagte er kaum zu atmen. Die Luft dröhnte von den Beschimpfungen, die sie sich an den Kopf warfen. Doch die Ehrfurcht verbot dem Polizisten einzugreifen.
Endlich, als beide schon mit den Kuchengabeln drohten, raffte er sich auf und warf schüchtern ein. "Verehrte Herren, erlauben Sie mir einen Vorschlag. Wir könnten mit der Polizeistreife auftragen, beide von ihnen angegebenen Orte aufsuchen und sich von der Richtigkeit ihrer Worte überzeugen."
Einen Moment fassungslos vor solch primitiven Praktizismus wiegten sie schließlich dennoch die Köpfe und stimmten zu ...

3.
Sogleich verständigte der Polizeipräsident zwei Einsatzkommandos. Er beauftragte sie, zu den beiden möglichen Tatorten zu fahren und zur exakt der gleichen Uhrzeit eine Untersuchung vorzunehmen. Dann genehmigten sich die 3 Kriminalisten noch einen Tee und warteten. Keiner wagte etwas zu bemerken, soviel Spannung lag in der Luft.
Es dauerte eine halbe Stunde, bis das Telefon klingelte. Der Polizeipräsident hob unter den angespannten Blicken der beiden Detektive den Hörer ab, lauschte der Nachricht und verkündete dann: "Tut mir leid, Herr Sebaldi, aber es war die Schwiegermutter. Die Leiche wurde soeben von Tauchern geborgen und die gute Frau hat schon ein Geständnis abgelegt."
Gerade, als Mardusco in ein triumphierende Lachen ausbrechen wollte, läutete es jedoch erneut. Wieder ging der Polizist an den Apparat, um wenige Zeit später fassungslos zu murmeln: "Das kann unmöglich sein. Soeben hat man im Kohlenkeller des Nachbarhauses den gefesselten Bankbeamten entdeckt, etwas abgemagert aber wohlauf. Außerdem berichten die Anwohner, dass die Haushälterin seit heute Morgen verschwunden sei."

4.
Die drei Männer fuhren also schnellstens zu den beiden Tatorten und mussten feststellen, dass etwas ungeheuerliches geschehen war. Tatsächlich fand man einmal die erdrosselte Leiche des Bankbeamten, anderseits konnte man den befreiten Verschleppten vernehmen.
Unter der unbestechlichen Logik der beiden Geistesgiganten hatte die Realität selbst kapituliert und beide Versionen des Verbrechens wirklich werden lassen.
Man verhaftete also die Schwiegermutter und die Haushälterin und verurteilte sie für ihre jeweiligen Taten.
Mit der Freundschaft von Mardusco und Sebaldi jedoch war es vorbei. Unter der furchtbaren Gewissheit, dass ihre überwältigende Logik sogar die Wirklichkeit verbiegen konnte, zogen sich beide ins Privatleben zurück und widmeten sich fortan nur noch Schachrätseln und anderen harmloseren Tätigkeiten.
Ende

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Hallo chaos-tom,

Ich will jetzt nur den ersten Teil deiner Geschichte auf Logik, die deine Protagonisten im Übermaß hatten, abklopfen:

Du schreibst:
„Die Geschichte muss 50 Jahre her sein.“

Von heute aus gesehen spielt die Handlung also in den fünfziger/ sechziger Jahren.

„Das Land, in dem sie geschah, existiert nicht mehr und sein Name ist den heutigen Menschen kein Begriff.“

Sehr unwahrscheinlich!

„Sherlock Holmes lüftete bescheiden den Hut …“

Nicht möglich. Sherlock Holmes lebte im viktorianischen Zeitalter und war 1950 schon längst tot.

„… und Miss Marple verlor angesichts ihres überragenden Verstandes Ihren Gleichmut.“

Miss Marple agierte auch so um 1920 herum, kann also nicht Zeitgenossin der beiden Genies gewesen sein.

„Computer gerieten angesichts der unbezwingbaren Logik ins Stottern.

1950/60 hatte man noch keine Computer!

Diese Ungereimtheiten sind kein guter Einstieg für deine Geschichte.

Ich frage ohnehin, warum dieser lange, unlogische Vorspann von <vergessenem Land> und den oben aufgeführten unstimmigen Details?

Die Verbannung des Landes in die Vergessenheit verstärkt doch nicht den Fantasie-Charakter der Geschichte und Unlogisches ist nicht gleichzusetzen mit Fanatsy.

Warum beginnst du die Geschichte nicht direkt mit der Vorstellung der beiden Detektiv-Genies?
<Mardusco und Sebaldi galten als die besten Detektive der Welt.>

Gruß
Kathso

 

Hallo chaos-tom,

ich schließe mich ersteinmal meinem Vorredner an. In Kurzgeschichten stören
solche Ungereimtheiten.

Nun, ich habe die Geschichte aber dennoch gelesen, um zu erfahren, wie gut die Beiden denn nun wirklich sind.
Wie sich an dem überraschenden und durchaus befriedigenden Ende ablesen läßt, sind sie beliebig gut. Echt crazy, daß die Natur sich den Schlüssen zweier Detektive beugt, die alles herausbekommen. Nur daß sie in diesem Fall im Prinzip daneben liegen.
Das alles gefällt, kein Thema.

Ein Kritikpunkt bleibt: die Sprache und der Erzählstil wirken auf mich nicht authentisch genug. Ein wenig wie gewollt und nicht ganz ausgereift.
Davon abgesehen sind noch einige Rechtschreibfehler drin.

Aber, eine feine Speise des Lesens am Ende des Tages.
Echt mystisch, fantastisch eben.

Viele Grüße
Harri

 

Hallo,
Vielen Dank erst mal, dass Ihr meine Geschichte gelesen habt und Euch auch die Mühe gemacht habe, detailliert darauf einzugehen.
Die Geschichte ist gewissermaßen in 2 Teilen entstanden. Die ersten 2 Drittel habe ich irgendwann in den frühen Neunzigern geschrieben und den Text dann bis heute unbeendet "im Schreibtisch" liegen gelassen. Vor ein paar Monaten habe ich ihn mir noch mal vorgenommen und ihm ein meiner Meinung passendes Ende verpaßt.
Den "Vorwurf " mit den temporalen Unstimmigkeiten in der Einleitung habe ich schon mal in einem anderen Forum (wenn auch nicht so detailliert) gehört. Ich habe schon darüber nachgedacht, ihn zu ändern, ich kann mich noch nicht wirklich dazu entschließen.

In der Einleitung ging es mir durhaus darum, eine "unwirkliche" Stimmung zu erzeugen. Dazu sind die eigentlich zeitlich nicht zu einander passenden Elemente schon bewußt gewählt wurden und "das Land, in dem sie passiert ist, ist den heutigen Menschen kein Begriff", weil es eben nicht existiert. Ich denke, es gibt in der Literatur genug Beispiele von Texten, in denen Figuren und Zeitebenen, die nicht zu einander passen, verknüpft wurden.
Trotzdem ist meine Meinung jetzt nicht entgültig, ich denke weiter über eine Änderung nach.

@HarryiG
Mich würde interessieren, was Du mit "nicht authentisch genug" meinst. Kannst Du mir vielleicht ein paar Hinweise geben, was genau Dich gestört hat.

MFG chaos-tom

 

Hallo chaos-tom,

ich schrieb:

Ein Kritikpunkt bleibt: die Sprache und der Erzählstil wirken auf mich nicht authentisch genug. Ein wenig wie gewollt und nicht ganz ausgereift.
Davon abgesehen sind noch einige Rechtschreibfehler drin.
aber beim zweiten Lesen war die Authentizität doch vorhanden,
wenn auch die Unausgereiftheit bleibt. Sie beruht auf 'kaputten Sätzen'.
Beispiele:

An einem regnerischen Winterabend kam der Polizeipräsident kleinen Land es auf einen Schwatz bei ihnen vorbei und meinte beiläufig bei einer Tasse Tee: "Wir haben wieder Entführung.
...des kleinen Landes ...
...wieder eine Entführung.

"Lieber Mardusco", meinte: Sebaldi mit einen Ausdruck großen Erstaunens, "Es ist doch wohl eindeutig, dass der Mann entführt worden ist: Und zwar von seiner Haushälterin, die sich für den niedrigen Lohn rächen will!"
"Lieber Mardusco", meinte Sebaldi
Hier könnte ich mir sprachlich statt den niedrigen Lohn etwa die niedrige Entlohnung vorstellen.

Sebaldi stellte die Tasse mit energischen Klirren auf Untertasse.
Dativ und die Untertasse. Ich weiß natürlich, was die Szene darstellt,
aber: klirrt Porzellan? Und was wäre dann ein energisches Klirren?

Allgemein fallen mir einige Dativ-Fehler auf und die höfliche Anrede Sie ist oft klein geschrieben.

Ok, der Stil ist doch in Ordnung, und die Geschichte ist immer noch gut!
Die angesprochene Unausgereiftheit bezog sich auf den Text selber und
kommt von den Fehlern und Satzkrücken.

Viele Grüße
HarriG

 

@ HariG
Oops, ja meine Flüchtigkeit.
Vielen Dank für die Berichtigungen.
Die Fehler nehme ich selbstverständlich 'raus.

MFG chaos-tom

 

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