Was ist neu

marie

Mitglied
Beitritt
24.10.2001
Beiträge
2

marie

Marie


You know these days?
Diese Tage an denen alles grau und irgendwie bedeutungslos scheint.
Man eilt umher, ziellos ohne zu wissen wonach man eigentlich sucht, planlos und desorientiert.
Man versucht anzukämpfen gegen die triste Langeweile, die Leere, wohlwissend, dass man diesen Kampf so oder so verlieren wird.
Geht man also die Strasse entlang durch das Zentrum seiner Stadt; egal welcher Stadt, Stadtzentren sind immer irgendwie gleich.
Ein paar Bäcker, Trikotagengeschäfte, ein zwei Kirchen, u.s.w.
Es nützt nichts in eine andere Stadt zu fahren, es ist überall dasselbe Programm.
Auf dieser Strasse sieht man nun also Leute, die entweder genauso gelangweilt dreinschauen wie man selber sich fühlt oder eben solche die nicht mit Intelligenz gestraft worden sind und somit nicht merken was um sie herum geschieht.
Aber alles in allem deprimiert es nur, was man sieht.
Findet auch Marie, die oft durch die Stadt geht und sich dann immer langweilt.
Ihre Mutter hat einmal gesagt, es kommt darauf an Kind, wie du deine Zeit nutzt.
Nach monatelangen Sparen, da Marie Altenpflegerin ist und nicht viel verdient, hat sie sich entschlossen in ein anderes Stadtzentrum zu fahren und all ihr gespartes Geld auszugeben.
Da ist sie nun also, eine etwas dickliche aber nicht hässliche Entzwanzigerin mit ein paar Problemzonen und ausgelastetem Dispokredit.
Sie sitzt draußen vor einem netten Kaffee (mit van Gogh an der Wand) unter einem Sonnenschirm, obwohl die Sonne nicht scheint und schlirft einen Milchkaffee, der sie 4,80 gekostet hat.
Langsam löffelt sie den Milchschaum ab, genießt ihn. 4,80- das ist schließlich eine halbe Stunde Arbeit im Altenheim, eine halbe Stunde Kacke wegwischen und sich besabbern lassen.
Ihre Kollegen bewundern sie für ihre Geduld bei der Arbeit und wie liebevoll sie die alten Leutchen behandelt.
Das tut sie auch und als Ausgleich dazu malt sie sich im Geiste aus wie es wohl wäre so einen faltigen Hals umzudrehen, die einfach in ihrer Scheiße liegen zu lassen, lächelt aber trotzdem und hat für jeden ein liebes Wort.
Sie hasst die Alten nicht, ist nur so furchtbar von ihnen genervt. Von ihrem Gewimmer und Dahingesiede und davon, dass ihre Leben noch leerer sind als das ihre.
Wie dem auch sei, heute hat sie frei und sich vorgenommen nach Herzenslust einzukaufen. Sie hat ihren Milchkaffee ausgetrunken, zahlt, gibt 5 Mark, sagt stimmt so und geht.
Es kribbelt in ihr, denn sie weiß sie wird sich etwas schönes kaufen. Sie darf das heute, als Belohnung für den üblichen Frust. Mit zitternden Knien und Schweiß auf der Stirn betritt sie ein Geschäft. Die Verkäuferin kommt sogleich auf sie zu, mustert sie ein wenig mittleidevoll wie sie da steht in ihren abgewetzten Jeans und der alten, früher einmal roten Bluse und fragt: „Kann ich helfen? Wir haben Ausverkauf.“
Nach Stunden des Wühlens und Anprobierens verlässt Marie schließlich den Laden. Die Freude darüber, etwas „für sich getan zu haben“ trübt ihren Blick dafür, dass sie soeben 379,80 ausgegeben hat, so ziemlich alles, was sie hatte.
In ihren zwei Tüten befinden sich ein petroleumfarbener Pullover von Armani-Jeans, eine weiße Versacehose, die am Bund etwas kneift und nur zugeht, wenn sie den Bauch einzieht und ein pastellgrüner Kurzmantel.
Todschick, und so preisgünstig.
Als Marie Hunger bekommt, merkt sie, dass sie nur noch 80 Pfennig und ihr Rückfahrtticket für den Zug hat. Sie geht also zur Straßenbahn verlässt das Zentrum und fährt zum Bahnhof.
Als sie schließlich im Zug sitzt, der Schaffner hat gerade ihr Ticket kontrolliert und ihr bärbeißig nach Alkohol riechend eine gute Fahrt gewünscht, begutachtet sie den Inhalt ihrer Tüten, und ihr wird klar, was sie getan hat.
Der Pullover ist scheißhässlich und labberig, die Hose zu eng und jeder Krümmel ist darauf zu sehen, und der Mantel pastell-grün passt so ziemlich zu gar nichts was sie besitzt.
Marie versucht es mit Humor zu betrachten, schließlich hatte ihr Tag wenigstens einen Inhalt, dass funktioniert aber nicht und sie fängt zu heulen an.
Nach endlos vielen Bäumen, Feldern, Dörfern und Bahnstationen kommt sie schließlich an ihrem Heimatbahnhof an.
Es ist Sommer, nachmittags um vier, brühend heiß und Marie, die ja kein Busgeld mehr hat, stapft mit verschmierter Wimperntusche und verheulten Augen triefend die drei Kilometer ans andere Ende der Stadt in ihre kleine aber feine Wohnung und beschließt sich zu betrinken, was sie auch tut und wie sie so dasitzt, völlig resigniert und unwichtig für den Rest der Welt, fällt ihr ein, dass sich im Badezimmerschrank hinter dem glänzend polierten Spiegel noch die Packung Schlaftabletten befindet, die sie im Altenheim für schlechte, schlaflose Zeiten gestohlen hat.
Vom Vodka beschwingt und zielsicher geht Marie also ins Bad, öffnet den Schrank und schluckt eine Tablette nach der anderen. Eine halbe Stunde später schläft sie selig lächelnd, noch eine latente Übelkeit und sich kreisende Wände wahrnehmend auf der Wohnzimmercouch ein.
Fast friedlich liegt sie da, sieht sogar zufrieden aus. Vielleicht geht ihr noch durch den Kopf, dass sie nun nie mehr Figurprobleme haben wird, nie mehr nett sein muss, nie mehr verzweifelt versuchen muss die an allem nagende Leere zu füllen.
Schöner Gedanke, dumm ist nur, dass Marie eine stark hypochondrische Mutter hat, die nebenan wohnt, abends nicht allein sein kann, weil sie befürchtet sie müsse sterben und einen Schlüssel zu ihrer Wohnung besitzt.
Drei Stunden nachdem Marie die Tabletten genommen hat, es ist abends acht Uhr, die Tagesschau beginnt, betritt nun ihre Mutter das Wohnzimmer, sieht ihre Tochter, ihre Stütze in schwachen Stunden, auf der Couch liegen, erbrochenes im Haar. Sie schreit auf, fällt in Ohmacht und ruft, als sie eine halbe Stunde später wieder erwacht den Notarzt, der auch kommt und Marie mitnimmt und ihrer Mutter Valium spritzt.

_____________________________________________

ihr habt recht - sorry es fehlt ein satz:


----------------
Nach Stunden des Wühlens und Anprobierens verlässt Marie schließlich den Laden.
an der stelle wo laden. steht
----------------

vielen dank für eure beiträge
hatte schon überlegt die geschichte weiterzuschreiben... marie wacht in der psychatrischen klinik auf und beschreibt dann ihre eindrücke
aber ihr kennt das ja, das defizit von zeit + die motivation

mir fällt es ziemlich schwer "witzige" geschichten zu schreiben, bei dem eindruck, welche ich durch diese kranke gesellschaft bekomme, aber lasst euch einfach mal überraschen
*knuddel*

 

Yeah, I know these days when one goes shopping just for the sake of it and buys a whole heap of ill-fitting and yuckie clothes. Trotzdem kein Grund zum Selbstmord, oder?
By the way: Warum geht Marie nicht zu den Weight Watchers?

Dir ist es gut gelungen, die Langeweile rüberzubringen. Ich kann mir dieses häßlich-öde Städtchen, das totlangweilige Café und die leeren Gesichter der Leute richtig vorstellen. Aber mittendrin hast Du wohl vergessen, ein Stück reinzukopieren. Fehlt nämlich ein Teil, kommt mir jedenfalls so vor.

Sehr depri, die Geschichte, aber durch das leicht ironische Ende erscheint sie wenigstens nicht wie eine dieser Selbstmordstories, mit denen dieses Forum von Zeit zu Zeit vollbombardiert wird. Ich würde gern mal etwas Positives von Dir lesen.

Cheers,
Heike

 

Hallo Spaetzgen,

dieser Text ist gutes Rohmaterial für eine Geschichte. Die Einleitung und die Einführung der Hauptfigur Marie sind, meines Erachtens, gut gelungen. Man müsste dann vielleicht die beiden Hauptszenen: im Café und im Kaufhaus, noch besser miteinander verknüpfen. Auch ich hab den Verdacht, dass da irgendetwas mit der Text-Übertragung schiefgelaufen ist. Mir scheint, dass einfach Sätze oder Abschnitte fehlen.

Die Darstellung der Aggressionsgefühle der Hauptfigur gegen die alten, verbrauchten Menschen, die ihrer Pflege anvertraut sind, ist sehr realistisch, wenn auch grausam.

Der Schluss, der misslungene Selbstmord, sollte vielleicht mit irgendeiner Andeutung noch deutlicher ausgeführt werden. Ich würde es nicht offen lassen, ob Marie stirbt oder nicht, denn die Tatsache, dass sie, gegen ihren Willen, weiterleben muss, erhöht die Wirkung der Geschichte.

Die Struktur der Handlung ist also durchaus brauchbar. Nur sollte man den Text noch überarbeiten, auch mit Rücksicht auf seine Lesbarkeit.

Viele Grüße

Hans Werner

 

Hallo spaetzgen,

ich habe den mißlungenen Eintrag korrigiert.

In Zukunft bitte beim Angleichen der Beiträge den Editieren-Button benutzen.


Gruß, Hendek

 

moin hendek,

*freu* danke für deine korrektur- sind ziemlich viele reizeinflüsse, die auf so ein baby-spätzgen einwirken
*wink*

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom