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Mitternachtssonne

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15.06.2016
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Mitternachtssonne

Er rief aus Schweden an. Oder Norwegen. So glaubte ich damals. Weil das Erste, was er nach seinem Namen in jammerndem Tonfall sagte, als ich schlaftrunken das Gespräch annahm, war: „Es wird nicht dunkel hier.“
Ich kniff die Augen zusammen, um die Leuchtziffern des Radioweckers auch ohne Brille ablesen zu können. Es war zwei nach zwölf. Seine Fahrten brachten ihn schon mal bis dicht an den Polarkreis, hatte ich gehört. Und wo sonst wurde es Anfang Juli nicht dunkel um Mitternacht? Also fragte ich nicht, wo er war, raunzte nur schlechtgelaunt „hier schon“ ins Telefon. Denn in meinem Schlafzimmer war es stockfinster, ich hatte beim Tasten nach dem Smartphone in die offene Nachtcremedose gegriffen und verteilte die fettige Paste nun in jede Ritze des Plastikgehäuses.
Auf meinen Tonfall reagierte er nicht, bat stattdessen: „Erzähl mir von früher.“
„Kannst du nicht schlafen?“
Keine Antwort.
„Was willst du denn hören?“
„Was dir so einfällt. Von uns beiden. Damals.“
Verwirrt und noch immer im Halbschlaf begann ich zu erzählen. Vom Anfang. Tinas Geburtstagsfeier. Unser Nachhauseweg danach. Wie er neben mir herging und von Tina schwärmte. Und ich ihn trat. Und er mich küsste.
Während all das aus mir heraussprudelte, dachte ich: Ist er allein? Oder liegt da eine Greta oder Inga neben ihm, jung, langbeinig, vom Liebesspiel erschöpft, an die Mitternachtssonne gewöhnt und deshalb in tiefstem Schlummer, aus dem er sie nicht reißen will, weswegen er mich anruft?
Selbst wenn es so war und er sich gerade gedankenverloren einen hellblonden Haarstrang um den Finger wickelte, ich fühlte mich geschmeichelt. Dass es immer noch Momente in seinem Leben gab, in denen er zuerst an mich dachte, wenn er jemanden zum Reden brauchte.
Aber bevor ich das sagen konnte und wie schön es war, seine Stimme zu hören, unterbrach er mich mitten im Satz und sagte nur noch: „Danke.“ Dann legte er auf.

In der nächsten Nacht rief er wieder an. Sagte erneut, dass es nicht dunkel würde. Und bat mich zu erzählen. Und in der Nacht darauf ebenfalls. Von da an blieb ich jeden Abend bis Mitternacht wach, ließ das Nachttischlämpchen brennen, wartete auf den Klingelton, der stets pünktlich ertönte. Und kramte wie süchtig alle Einzelheiten hervor, die ich nie hatte vergessen können. Die gemeinsamen Fahrstunden. Der erste Sex. Die Leitung rauschte. Ich hörte ihn nicht einmal atmen. Fragte hin und wieder: „Hörst du noch zu?“
Dann brummte er nur oder sagte: „Ja.“ Und immer nach einer Stunde bedankte er sich und hängte ein.
Nie kam ich dazu, ihm zu sagen, wie sehr ich unsere Trennung bereute.

Als es August wurde, begann ich zu zweifeln. War es gesund, so in Vergangenem zu schwelgen? Der fehlende Schlaf zehrte an mir. Meine Kollegen fingen an, mich sorgenvoll anzustarren. Ich nahm mir zwei Wochen frei. Konnte morgens ausschlafen. Aber die Zweifel blieben.

Dann, eines Nachts kurz vor zwölf, streifte mein Blick unwillig das Smartphone. Sollte ich es ausschalten? Unerreichbar sein, so wie er es für mich war? Denn wie auch immer er das schaffte: Seine Anrufe hinterließen keine Spuren, in der Liste der angenommenen Gespräche tauchten sie nicht auf.
Einmal, in der vierten oder fünften Nacht, hatte ich gefragt: „Wo steckst du gerade?“, und auf einen Ortsnamen gehofft.
Aber er hatte nur gesagt: „Wo es nicht dunkel wird.“
Ich hatte ihn nicht bedrängen wollen, ich hatte gewollt, dass er weiterhin anrief. Doch nun gingen mir die schönen Erinnerungen aus. Bald würde ich den Schluss erzählen müssen. Und wie banal es zu Ende gegangen war. Mir graute davor.
Als es klingelte, ich abhob und ihn sagen hörte: „Es wird nicht dunkel hier“, als wäre das eine Art Begrüßung, da sagte ich gereizt: „Sag mal, hältst du mich für doof? Es ist Ende August, da muss es doch überall dunkel werden um Mitternacht.“
Für eine Weile hörte ich nichts außer Rauschen und Knistern, dann wie von fern, leiser als sonst, bat er: „Bitte, erzähl mir von früher!“
„Nein“, sagte ich. „Erst will ich wissen, wo du bist. Oder ich leg auf.“
Und noch ferner, fast nicht mehr zu verstehen, kam es aus der Leitung: „Bitte, leg nicht auf!“ Danach lange nichts.
Ich legte auf.

Er rief nicht wieder an. Zwei Nächte lang war ich froh darüber. Dann begann es an mir zu nagen. Hatte ich den gleichen Fehler gemacht wie damals? Ihn zu einfach aus meinem Leben verschwinden lassen?
Ich beschloss, ihn zu suchen. Telefonierte gemeinsame Bekannte ab. Niemand hatte in den letzten Wochen von ihm gehört. Irgendjemand gab mir den Tipp mit der Spedition, bei der man ihn zuletzt beschäftigt wusste.
Als ich dort anrief und seinen Namen nannte, fragte eine vorsichtige Stimme: „Wie standen Sie denn zu Herrn Klein?“
Ich stutzte: „Standen?“ Log: „Er ist mein Cousin.“
Aus dem Hörer drang steifes Bedauern: „Es tut mir sehr leid. Wir dachten, die Angehörigen seien informiert – “

 

Hallo Ella Fitz(gerald);)!

Eine nette Geschichte hast du da geschrieben. Mir gefallen die Verknüpfungen mit Skandinavien und der Mitternachtssonne. Kann man sich sofort gut vorstellen. Dein Erzählstil ist gut und flüssig. Man kann deine Geschichte ohne unschöne Unterbrechungen in einem Rutsch lesen.

So, erst der Zucker, jetzt die Kritik!;)
Nee, Quatsch - alles gut!!! Allerdings hat die "Auflösung" natürlich schon einen ziemlichen Bart, das ist dir hoffentlich klar! Ist ja nicht schlimm, das Rad muss man nicht immer wieder neu erfinden. Aber ein wenig subtilere Elemente -ganz besonders am Ende- hätte ich mir schon gewünscht.
Die letzten drei Sätze ("Entsetzt brach ich die Verbindung ab. Das Smartphone vergrub ich. Und gewöhnte mir an, nur noch bei Licht zu schlafen.") würde ich ersatzlos streichen - völlig unnötig und außerdem nehmen sie deiner Geschichte den irgendwie melancholischen, romantischen Touch und biegen die Handlung irgendwie so in Richtung Grusel-Kinder-Geschichte. Auch die Tatsache, dass der Anrufer aus dem Jenseits eben tot ist, könnte man etwas weniger mit dem Holzhammer präsentieren.
So in der Art: "Herr Klein? Das tut mir leid, wir dachten, alle Angehörigen wären benachrichtigt worden." Das reicht, um zu sagen, was du sagen willst. So, wie du es ja auch geschrieben hast.

Aber wie gesagt, insgesamt eine nette kleine Geschichte.

Viele Grüße vom Eisenmann

 

Hallo Ella,
eine schöne Geschichte hast du da mit uns geteilt. Mir gefällt die Stimmung, die sie in mir erzeugt.

Dann eines Nachts kurz vor zwölf streifte mein Blick unwillig das Smartphone. Sollte ich es ausschalten? Unerreichbar sein, so wie er es für mich war?
Hier hatte ich das erste Mal die Vermutung, dass sie sich die Anrufe einbildet.
Der darauffolgende Satz bestätigte mich dann direkt, ich hätte damit gerechnet, dass sie das Handy ausschaltet und der Anruf trotzdem durchkommt, aber gut, man kann nicht alles haben ;)

Ich stimme Eisenmann zu, den letzten Teil würde ich ebenfalls streichen. Der nimmt dem Ende irgendwie die Wirkung, schwächt es ab.

Und dann stellt sich mir tatsächlich die Frage - hat er aus dem Jenseits angerufen, oder hat sie sich die Anrufe eingebildet?

War es gesund, so in Vergangenem zu schwelgen?
- wenn sie sich solche Fragen schon stellt, lag es für mich nahe, dass ihr Unterbewusstsein ihr tatsächlich einen Streich spielt. Und irgendwie würde ein Anruf aus dem Jenseits eine ganz neue Dimension eröffnen, dieses Übernatürliche, und das ist leider so gar nicht meins.
Aber dein Text, deine Regeln ;)

Ich hätte mir gewünscht, dass du noch ein bisschen mehr über ihre Beziehung erzählst, gerne auch so kleine Anekdoten wie die nach der Geburtstagsfeier. Damit man einen Eindruck bekommt wie das so war mit den beiden.
Und natürlich bin ich neugierig, wie es zu Ende gegangen ist ;)

Liebe Grüße,
Sommerdieb.

 

Hallo Ella,

da wir noch nicht das Vergnügen hatten, noch ein verspätetes, aber herzliches Willkommen! Eine hübsche kleine Geschichte hast du da verfasst: kurz, knackig, mit einem Touch von Twilight Zone. Gefällt mir sehr gut! Der Eisenmann hat natürlich Recht, da wird nichts grundlegend Neues erfunden. Das stört mich aber nicht die Bohne. Mir gefällt, wie wenig du erklärst - z.B. bleibt komplett offen, wo der Anrufer nun wirklich ist und warum es ihn dorthin verschlagen hat. So kann man hinterher noch ein bisschen fantasieren: Was ist das für eine Zwischenwelt? Muss man was Böses getan haben, um dahinzukommen?

Viel zu kritisieren fällt mir dementsprechend auch nicht ein. (Dazu ist die Story zu kurz - zu wenig Angriffsfläche. :D) Nicht mal Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen. Dafür vielleicht zwei Kleinigkeiten in puncto Plausibilität:

Zum einen denkt deine Protagonistin überraschend klar, gemessen daran, wie sehr du ihre Schlaftrunkenheit betonst: Es wird nicht dunkel - ist aber nach Mitternacht - also Anruf aus einem Land mit Mitternachtssonne. Ich glaube nicht, dass ich das zusammenkriegen würde, wenn ich eine halbe Minute vorher noch im Tiefschlaf war. Das könntest du entschärfen, wenn du die Verschlafenheit einfach etwas weniger hervorheben würdest.

Zum anderen hat mich gewundert, wie lange die Erzählerin darauf verzichtet zu fragen, woher der Anruf denn nun wirklich kommt. So viel darüber nachzudenken, aber erst nach vier oder fünf Nächten einfach mal zu fragen, passt für mich nicht wirklich zusammen und weckt deshalb schon etwas verfrüht den Verdacht, dass da was nicht stimmt. Ein Hilfsmittel dagegen habe ich so aus dem Stand allerdings nicht parat.

Was dir der Eiserne sonst noch geschrieben hat, kann ich bestätigen, vor allem bzgl. der Auflösung mit seinem Tod. Der Schluss könnte für meinen Geschmack aber auch bleiben, da bin ich unentschieden.

Gern gelesen!

Grüße vom Holg ...

 

Hej Ella,

auch diese Geschichte klingt unglaublich professionell geschrieben. Ein Vergnügen, zu lesen. Du baust auf, knüpfst Verbindungen, wiederholst an den richtigen Stellen. Ich erkenne nebenbei von der Beziehung, der Trennung dem Vorleben. Ich kann viel lernen.
Und deshalb irritiert mich der Inhalt umso mehr.

Er rief aus Schweden an. Oder Norwegen. So glaubte ich damals. Weil das Erste, was er nach seinem Namen in jammerndem Tonfall sagte, als ich schlaftrunken das Gespräch annahm, war: „Es wird nicht dunkel hier.“

Oder Alaska ;) und auch dort wird es im August nicht dunkel.

Zum anderen verstehe ich nicht, wieso er jetzt stirbt. Zufall? Selbstmord wegen der Insomnia? Liebeskummer? Das ist schon schade, habe ich mich doch auf die beiden eingelassen und bleibe aprupt zurück. Tot. Aus . Ende.
Kann man machen. Ist aber nicht schön für mich. :D

Ich lese trotzdem deine Geschichte, einfach, weil du es kannst.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Ella Fitz,

ich schließe mich Eisenmann bedingunslos mit der Aussage an, dass dir da eine schöne Geschichte gelungen ist. Jetzt nur ein paar Kleinigkeiten, die ich störend fand, bzw. die mir sofort beim ersten Lesen aufgefallen sind:

Es war 00:02 Uhr.
Solche genauen Angaben sind nach meinem Geschmack überflüssig. Da würde ich eher "um kurz nach Mitternacht" oder so schreiben. Damit würdest du dann zugleich auch einen weiteren Zusammenhang miteinander verknüpfen.

Jedoch selbst wenn es so war und er sich gerade gedankenverloren einen hellblonden Haarstrang um den Finger wickelte, ich fühlte mich geschmeichelt. Dass es immer noch Momente in seinem Leben gab, in denen er zuerst an mich dachte, wenn er jemanden zum Reden brauchte.

Ich verstehe zwar was du meinst, finde aber auch, dass du die Sache durch den außergewöhnlichen Satzbau etwas verkomplizierst. Beim zweiten Satz hätte ich ein "sondern" oder etwas in die Richtung erwartet. Jedenfalls etwas, dass dieses "dass" am Anfang des Satzes ausgleicht.

Und kramte wie süchtig alle Einzelheiten hervor, die ich nie hatte vergessen können.

Das klingt mir zu stark nach Umgangssprache.

Im Großen und Ganzen hat mir das Lesen deiner Geschichte viel Spaß gemacht. Du schreibst einfach und doch ist dein Schreibstil auf einem sehr guten Niveau. Okay, manche Formulierungen haben mich schlicht und ergreifend gestört (Beispielsweise hier:

Also fragte ich nicht, wo er war, sondern raunzte nur schlechtgelaunt „Hier schon“ ins Telefon. Denn...
. Hier reihst du mir, zusammen mit den Sätzen davor, zuviele Füllwörter aneinander (also, sondern, denn). Das solls gewesen sein von meiner Seite.

Grüße,
SCFuchs

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ella Fitz,

wie schön, dass du neben deinen an die Odyssee angelehnten Geschichten auch Texte schreibst, die sich auf "Irrfahrten" im Hier und Jetzt konzentrieren.

Ich bin sehr skandinavienaffin, war überall und gerade Schweden und Norwegen liegen mir sehr am Herzen. Drum habe ich mich sehr über den Beginn deiner Geschichte gefreut, um kurz darauf zu befürchten, dass es das schon wieder mit Skandinavien war. Dann präsentierst du uns das Klischee schlechthin: "die blonde, langbeinige Skandinavierin"
ABER: ich empfinde das nicht als billiges Klischee, sondern als berührenden Einblick in das Innere deiner Protagonistin. Du schreibst, was sie sich vorstellt und ich kann mir uneingeschränkt vorstellen, was das in ihr auslöst. Sehr schön!

Wenn wir schon an dieser Stelle sind, würde ich vorschlagen, das "Jedoch" vor "selbst wenn" zu streichen, weil du mit letzterem schon ausdrückst, was du ausdrücken möchtest.

Im letzten Absatz beginnt es, "in ihr zu nagen". Ich glaube, es müsste eher "an ihr nagen".
Was ähnliches habe ich noch am Anfang gefunden, als deine Protagonistin "die Paste verteilt", was ich übrigens als äußerst schönes und vor allem glaubwürdiges Bild empfinde, das man sich perfekt vorstellen kann. Dass die "Hände glitschig sind" muss meiner Meinung nach nicht explizit erwähnt werden, weil das aufgrund der fettigen Paste klar ist. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber ich glaube, es müsste außerdem "in jedeR Ritze" heißen.

Wie du siehst, sind meine Anmerkung rein "klugscheißerischer" Natur.

Ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen und von Anfang bis Ende mitfühlen können. Danke dafür.

Liebe Grüße,
JackOve

 

Hallo Ella Fitz,

du bist also auch in der Gegenwart zuhause. Und wie! Plot, Protagonist, Handlungsbogen, elliptischer Sprachstil, alles vorhanden. Oder um es mit meinen Vor-Schreibern zu sagen, einfach professionell.

Zuerst dachte ich, vielleicht läuft da so ein Band ab mit immer der gleichen Einleitung und Aufforderung. Aber dann gibt's doch kleine Variationen.

Ein kleiner Einwand: Den Schlusssatz fand ich ein wenig platt. Ich meine, nach solch einem Erlebnis könnte die Prota schon noch eine heftigere Reaktion zeigen. Nur bei Licht schlafen können passiert ganz vielen Menschen. Vielleicht ließe sich was mit der Uhrzeit formulieren.

Gute Unterhaltung!
Herzliche Grüße
wieselmaus

 

Hallo Ella Fitz,

das ist eine schöne runde Geschichte, die mir gut gefallen hat, wenn auch ich ein paar Kritikpunkte anzuführen hätte. Wie schon meine Vorkritiker angemerkt haben, bin ich auch der Auffassung, dass du das Ende kürzen solltest. Es reicht der Moment, in dem der Leser erfährt, dass der Anrufer tot ist.

Dein Schreibstil hat mir gut gefallen, alles ist flüssig zu lesen und einprägsam formuliert. Man spürt, dass du deine Texte überarbeitet hast und das finde ich sehr gut so, zeigt es doch, dass dir Textarbeit nicht fremd ist.

An dieser Stelle jedoch fand ich den Übergang zu rasch und fühlte eine gewisse Oberflächlichkeit:

. Aber die Zweifel blieben.

Dann eines Nachts kurz vor zwölf streifte mein Blick unwillig das Smartphone. Sollte ich es ausschalten? Unerreichbar sein, so wie er es für mich war?


Hier wirkt deine Protagonistin unglaubwürdig. Wenn ich ihr bisher abgenommen habe, dass sie sich auf die Anrufe freute, weil diese ihr zeigten, dass sie für den Anrufer wichtig ist und eine Bedeutung hatte, so vermag ich nun ihre Zweifel nicht zu verstehen.

Was würde man selbst tun? Würde man brav bei jedem Telefonat sofort in die Aufgabe der Erzählung der Vergangenheit gehen? Oder würde man gleich am Anfang des Telefonats Fragen stellen? Am Ende fragen, wo der Anrufer grad ist, wie es ihm geht, wie lange er noch "Urlaub" macht und so weiter? Würde man nicht irgendwann fragen, weshalb er jedes Mal um dieselbe Zeit anruft? Weshalb er überhaupt anruft? Wenn deine Protagonistin all diese Fragen nicht stellt, dann hat sie Gründe. Diese zeigst du aber nicht. Mir wird nicht genau klar, was sie eigentlich antreibt, sich jede Nacht derartig, ich sags mal ganz flach "ausnutzen" zu lassen. Vielleicht wird ihr mit jedem weiteren Telefonat deutlich, wie sehr es zwischen ihr und dem Anrufer gepasst hat, wie sehr man sich eigentlich geliebt hat.

Also wenn ich bis zu diesem Absatz im Grunde genommen das Verhalten deiner Protagonistin noch irgendwie nachvollziehen konnte, so habe ich nun, wo ihr Zweifel aufkommen und sie sich sogar heftigst weigert, so weiterzumachen, keinen Draht mehr zu ihrem Verhalten.
Wieso will sie nicht mehr?
Ist ihr das Gefühl für die romantischen Momente abhanden gekommen? Oder hat sie Angst vor ihrer eigenen Erzählleere? Da fehlen wichtige Informationen, um der Geschichte diejenige Tiefe zu geben, die sie verdient hätte. Vermutlich sind es noch nicht einmal viele Sätze, die da fehlen.

In puncto Tiefe verschenkst du meiner Meinung nach noch großes weiteres Potential, weil du den Leser nur auf winzigste Reisen in die Vergangenheit mitnimmst. Da könntest du jede Menge Empathie zwischen Lesern und Protagonistin aufbauen, wenn der Leser noch deutlich mehr über die Erlebnisse erfährt. Im Grunde genommen müsste der Leser genauso an der Nadel hängen, wie deine Protagonistin.

Aber, siehe einen Absatz vorher, dann müsstest du erst Recht den Leser auf den Sinneswandel der Protagonistin vorbereiten, so dass auch er ihr in ihrer ablehnenden Haltung folgen mag.

Ebenso etwas zu flach erscheint mir der Konflikt des sich Verweigerns und der anschließenden Zweifel, ob man richtig gehandelt hat. Aus meiner Sicht sind ihre Zweifel nicht intensiv genug geschildet, um ihr abzunehmen, dass sie nun nach ihrem verflossenen Freund forscht und ihn sucht. Da möchte ich mehr von ihren Gedankengängen erfahren. Was genau treibt sie an?

Insgesamt ist dies eine gut geschriebene, noch etwas unreife Geschichte, bei der es allemal lohnt, noch dran zu arbeiten.


Lieben Gruß

lakita

 

Hallo Eisenmann, Sommerdieb, The Incredible Holg, Kanji, SCFuchs, JackOve, wieselmaus und lakita,

das ist jetzt eine Geschichte aus der Schublade (weil "Kalypso" wohl noch sehr lange auf sich warten lassen wird) und eigentlich eine, die ich als fertig betrachtet hatte. Oh, Leute, was habt ihr mich da schnell vom Gegenteil überzeugt. :lol:

Da die meisten Punkte von mehreren angesprochen wurden, erlaube ich mir, die Repliken zusammenzufassen:

Mangelnde Originalität: stimmt schon, was Neues ist nicht wirklich vorhanden,einfach eine Geistergeschichte mit den üblichen Zutaten. Kennt man eine, kennt man alle. :) Gereizt hat mich dabei bloß die Parallelität zwischen dieser Art von Spuk und der Art, die ich kenne: dass einem die Verflossenen einfach nicht aus dem Kopf gehen und man sich nachts die alten Geschichten immer und immer wieder selbst erzählt.

Das unsubtile Ende: das hat weh getan, gebe ich zu. Ich habe nämlich, wenn ich einen Text beginne, Anfangssatz und Endesatz fertig und schreibe dann sozusagen auf den Endesatz zu. Mich von dem dann zu trennen, fällt schwer. Aber ja, ihr habt recht: Gerade das offenere Ende erlaubt dann die von Sommerdieb angesprochene Unschärfe, lässt die Deutung zu, dass sie sich das alles nur eingebildet hat. Das gefällt mir.

Wie wach ist die Protagonistin und warum verhält sie sich so merkwürdig? An diesen beiden Schrauben habe ich ewig gedreht. Mal war sie zu wach, um einfach draufloszuplappern, nur weil der Anrufer das möchte. Ist sie zu müde, kriegt sie die Gedankensprünge mit Schweden nicht hin. Weil ich weiß, wie fragil diese Stellen sind, will ich da nicht noch mal ran. Einigen wir uns darauf, dass die Protagonistin das Seltsame, das eigentlich Unheimliche an der Geschichte ist. Dazu gehört dann auch ihre Scheu, nicht sofort zu fragen, sich auf das Spiel so lange einzulassen.

Vielleicht auch ihre Unglaubwürdigkeit. An der Kritik knabbere ich noch. Ich habe Angst, wenn ich sie zu sehr erkläre, dass die Eindrücklichkeit des Stils verlorengeht. Deshalb habe ich von den sicherlich berechtigten Änderungsvorschlägen bislang auch nur die umgesetzt, die keine Wirkung auf den Stil hatten. Also praktisch nur gekürzt. Was den Text in meinen Augen noch eine Spur griffiger gemacht hat. Aber sicher nicht deutlicher. Und schon gar nicht romantischer. Aber das Romantik-Tag habe ich ja auch bewusst nicht mitausgewählt. ;)

Trotzdem erkenne ich an, dass für eine richtig gute Geschichte die Tiefe und, ja, die Reife fehlt. Da kommt bei mir immer noch viel zu sehr die sprachliche Gestaltung vor der inhaltlichen. Das muss ich ändern. Nicht nur bei dieser Geschichte.
Ich lass das jetzt mal sacken. Und bedanke mich sehr herzlich für alle Kommentare. Das Lob hat gut getan und die Kritik bringt mich weiter.
Viele liebe Grüße
Ella Fitz

 

Hey Ella,
nur kurz - das Ende finde ich jetzt super gelöst! Besonders dass du auch die Information mit dem tödlich verunglückt rausgenommen hast. Soweit hatte ich gar nicht gedacht, aber im Grunde ist so, wie es jetzt ist, ja alles gesagt!
Tiptop,
liebe Grüße,
Sommerdieb

 
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Hallo Ella!

Ich fand die Geschichte (die ersten 2/3) und den Schreibstil auch super. Aber ich hätte mir auch mehr erhofft. Weißt du, so einen Charakter einfach sterben zu lassen ... ist möglich, ja, aber ich glaube, in dieser Geschichte steckt einfach noch mehr.

Und wenn es "nur" die bewusste Entscheidung der Protagonistin ist, sich nicht mehr diese nächtlichen Anrufe anzutun.
Oder meinetwegen auch ein Happy End, wo beide wieder zusammenkommen (warum und wie auch immer, das musst Du Dir ausdenken ;) )


So empfand ich, wie gesagt, die Geschichte als schön und auch spannend, aber das Ende war mir nix, d.h. ich empfand es als ein wenig einfallslos (hart ausgedrückt) und platt (ebenfalls hart gesagt).

Ich glaube, Du hast da noch andere Kapazitäten. Denk mal über den Tellerrand hinaus. Was wünscht der Protagonist, was die Protagonistin? Was wollen sie?
Vielleicht kann man da ansetzen, um da noch einen anderen Drive hinein zu bekommen.

Mich würde es freuen!


;)

Beste Grüße!

Runa
Phaino

PS. Und ich will auch wissen, wie es mit den beiden auseinander gegangen ist. Egal wie trivial das vielleicht war. Möglicherweise liegt ja auch hier eine Lösung für ein alternatives Ende.

 

“Had we but world enough, and time,
This coyness, lady, were no crime“,​

beginnt Andrew Marvells To his Coy Mistress.

Warum fängt der so und nicht herkömmlich - Erwartungshaltung etwa - an?, der eh gegen Fantasy, Horror und SF als Genre eine Abneigung hat, wird sich mancher fragen, vielleicht auch Du,

liebe Ella,

aber Deine kleine Geschichte lesend, erinnerte ich mich eines Artikels des Theaterkritikers Peter Kümmel* über die spröde Geliebte, deren Verfasser seit 338 Jahren tot ist und der dennoch immer noch in Unruhe versetzen kann, wenn man das Gedicht liest, als riefe uns Andrew Marvell gerade an ...

Nun, ich weiß um Deine literarischen Qualitäten, dass ich sie nicht ausdrücklich erwähnen will und im Prinzip kann ich gar nicht mitreden, hab ich doch mein Händie Oktober 2008 ersäuft und will auch keines mehr. Und dass man auch ohne Technik Stimmen hören kann, weiß unser alter Kumpel Homer doch vorzüglich und plastisch darzustellen.

Ist also auch nix Neues. Und mein Bart ist momentan viel länger, als es der einer Geschichte sein kann. Es gibt halt nix Neues unterm weiten Himmel und wir sind immer noch die alten Troglodyten, wenn auch auf technisch höherem Niveau. Kurz: Mir hat die kleine Geschichte gefallen – dass ich zu Trivialem übergeh, bevor dergleichen vergessen wird.

Weil das Erste, was er nach seinem Namen in jammerndem Tonfall sagte, als ich schlaftrunken das Gespräch annahm, war: „Es wird nicht dunkel hier.“
Die schwache Klammer ließe sich durch schlichtes Möbelrücken vermeiden: „Als ich schlaftrunken das Gespräch annahm, war das Erste, was er nach seinem Namen in jammerndem Tonfall sagte: ..."

..., raunzte nur schlechtgelaunt „[h]ier schon“ ins Telefon.
Dann brummte er nur oder sagte „[j]a.“
(alternativ ließe sich ein entsprechendes Satzzeichen vor die Ausrufe setzen)

Dann[,] eines Nachts kurz vor zwölf[,] streifte mein Blick unwillig das Smartphone.
"Paariges" (Originalton Dudenredaktion) Komma wg. nachgestelltem Einschub zur näheren Bestimmung des "dann".

Jetzt kommt was, was nur scheinbar die Kommaregeln hinsichtlich der Konjunktion und auf den Kopf stellt

..., hatte ich gefragt: „Wo steckst du gerade?“[,] und auf einen Ortsnamen gehofft.
(Wird nach der wörtlichen Rede der übergeordnete Satz – hier „… hatte ich gefragt und auf einen Ortsnamen gehofft“ - fortgesetzt, wird ein Komma nach dem Schlusszeichen des „Beisatzes“ gesetzt. Deutlicher würde das in der indirekten Rede, „… hatte ich gefragt, wo er gerade stecke, und auf einen Ortsnamen gehofft.“

Gern gelesen vom

Friedel

* Im Dezember 2013 veröffentlichte das Zeitmagazin 44 und eine halbe Antwort auf die Frage „Was ist Ihre Wahrheit über die Liebe?“ (auch unter Zeit-Online „Mit allen Stürmen“ am 19. Dezember 2013 eingestellt). Unter Nr. 8 findet sich Peter Kümmels Beitrag, der gleich die beste Übersetzung des Gedichtes wiedergibt.

 

Hallo Sommerdieb,

jo, danke schön. Aber das Lob gebührt wohl eher Eisenmann, sein Vorschlag war goldrichtig.

Viele Grüße
Ella Fitz


Hallo Runa Phaino,

meinen herzlichen Dank auch an dich für deine Anmerkungen. Leider muss ich dir in einem widersprechen, auch wenn du es gut und aufmunternd gemeint hast: in der Geschichte steckt wirklich nicht mehr. Es ist keine Liebesgeschichte, es kann kein Happy End geben, Herr Klein ist schon tot, bevor die Geschichte anfängt. Und das beantwortet vielleicht auch Kanjis Frage, die ich in meiner ersten Antwort doch glatt unterschlagen habe (sorry):

Kanji schrieb:
Zum anderen verstehe ich nicht, wieso er jetzt stirbt. Zufall? Selbstmord wegen der Insomnia? Liebeskummer?
Nichts von allem, oder besser gesagt: egal, denn es geht nicht um seine Beziehung mit meiner namenlosen Protagonistin, nicht um die beiden speziell, sondern um das Überdauern der Gefühle im allgemeinen, wie sie uns heimsuchen, wenn der Mensch, der sie ausgelöst hat, vielleicht schon nicht mehr ist. So einfallslos und platt das ist.

Ich hoffe, du bist nicht all zu sehr enttäuscht. War ja wenigstens kurz. :)

Liebe Grüße
Ella Fitz


Und nun zu dir, lieber Friedrichard, und deinem Trivialen, das ich mal wieder so bitter nötig habe. Hach, wahrscheinlich ist kein Text so kurz, dass du nicht noch einen Fehler findest. :(
Alles habe ich geändert, nur dem schlichten Möbelrücken verweigere ich mich, schwache Klammer oder nicht. Denn schließlich ist es zu nachtschlafener Zeit von einer verwirrten Frau gesprochen und der Erzählton, den ich da getroffen zu haben vermeine, ist mir lieb und teuer.

Und jetzt schwanke ich, wofür dir mehr Dank gebührt: die Fehlersuche oder dass du mich auf Andrew Marvell aufmerksam gemacht hast.

Rather at once our time devour
Than languish in his slow-chapped power.

Sei herzlichst gegrüßt
Ella Fitz

 

Hallo Ella Fitz

willkommen hier :) Die Erzählstimme gefällt mir richtig gut. Die Ellipsen funktionieren. So vermeidest du den Kitsch, der dennoch am Ende angedeutet wird. (die Stimme aus dem Jenseits)...

Bisschen was zum Text:

Er rief aus Schweden an. Oder Norwegen. So glaubte ich damals. Weil das Erste, was er nach seinem Namen in jammerndem Tonfall sagte, als ich schlaftrunken das Gespräch annahm, war: „Es wird nicht dunkel hier.“
gewagte Folgerung, könnte ja überall am Polarkreis sein, selbst in Sankt Petersburg (die weißen Nächte sind allerdings seit zwei Wochen vorbei)

Selbst wenn es so war und er sich gerade gedankenverloren einen hellblonden Haarstrang um den Finger wickelte, ich fühlte mich geschmeichelt.
spätestens jetzt habe ich kapiert, dass alle (:confused:) nordischen Frauen blond, nein hellblond sind...

In der nächsten Nacht rief er wieder an. Sagte erneut, dass es nicht dunkel würde. Und bat mich zu erzählen. Und in der Nacht darauf ebenfalls.
solche Nächte ohne Dunkelheit sind tatsächlich äußerst eigentümlich, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, man fühlt eine Orientierungslosigkeit, die Ordnung geht verloren und am besten erträgt man es in Gesellschaft

Ich hatte ihn nicht bedrängen wollen, ich hatte gewollt, dass er weiterhin anrief.
zu viel "hatte" ... nicht gut für den Sound

Hoffe du kannst was mit anfangen
viele Grüße
Isegrims

 

Alles habe ich geändert, nur dem schlichten Möbelrücken verweigere ich mich, schwache Klammer oder nicht. Denn schließlich ist es zu nachtschlafener Zeit von einer verwirrten Frau gesprochen und der Erzählton, den ich da getroffen zu haben vermeine, ist mir lieb und teuer.

Da siehste ma' widder, dat ich nich' nur wegen dat Händie, sonnern auch wegen dat Geschlecht ga' nich' mitreden kann,

liebe Ella,

aber so isset eben, man drängelt sich vor und meint, seinen Sennef zugeben zu müssen.

Nee, aber recht haste, nix blind zu übernehmen, auch wennet Dante Friedchen ma' wat sacht.

Tschüss

Friedel

 

nur mal kurz zu dem, was Maria schreibt

Das ist so ein hässliches, englisches Wort und bei dir hätte ich gehofft, dass du eine bessere Alternative findest, die ich kopieren könnte. Smartphone, pfuiteufel! Außerdem finde ich, dass das mit deinem Erzählstil beißt, weil du hast so eine klassischen Stil drauf, der mit diesem Wort (ich schäme mich, Smartphone als ein Wort zu bezeichnen) einen hässlichen Kontrast bildet.
finde ich gerade richtig, diesen Kontrast. Sprache funktioniert auch aus den Gegensätzlichkeiten heraus :Pfeif:
Smartphone ist immerhin weitaus hübscher als Telefon oder gar Handy und bezeichnet präzise das, was es ist und leistet. Multkommunikationsgerät :)
Wär's keine Werbung fände ich allerdings Iphone oder Galaxy als Begriff besser...

Und zum Text Ella Fitz. Smartphone ist natürlich im Text entbehrlich, sie schreiben sich keine Nachrichten, schicken sich keine Bilder, Videos oder Mails... wozu also überhaupt ein smartes Telefon nutzen=?

liebe Grüße
Isegrims

 

Hallo Isegrims, freut mich, dass dir die Erzählstimme gefällt. :)
Zu deiner Textkritik:

Isegrims schrieb:
gewagte Folgerung, könnte ja überall am Polarkreis sein
Stimmt. Ruft allerdings auch kein Fremder an, sondern jemand, von dem sie vielleicht mehr weiß als wir. Und was sie weiß, drängt sie dann halt zu der Vermutung, dass es irgendwo in Skandinavien sein muss. Heh, dem The Incredible Holg war sogar diese Vermutung noch zu klar gedacht für eine, die gerade geweckt wurde. :)
Isegrims schrieb:
spätestens jetzt habe ich kapiert, dass alle nordischen Frauen blond, nein hellblond sind.
Dieses Vorurteil von ihr ist natürlich genauso täppisch wie ihr Griff in die Nachtcremedose. Halbschlaf. Eifersucht. Etwas, was den Leser ein bisschen auf sie runtergucken lässt. Und sie ein bisschen menschlicher macht. Wenn dich eine Ex aus Palermo anruft, würdest du dir dann nicht einen glutäugigen, schwarzhaarigen Luigi in ihrer Nähe denken? Oder würdest du ganz nüchtern überlegen, dass schließlich auch die Normannen in Sizilien waren und der Junge deshalb auch glubschäugig und rothaarig sein könnte? Und das alles, während du erzählst und nachdem du gerade aus dem Schlaf gerissen wurdest? Du merkst, ich nehme den Vorwurf rassistischer Klischees sehr ernst. Was mich nicht daran hindert, mit ihnen zu spielen. :)
Isegrims schrieb:
zu viel "hatte" ... nicht gut für den Sound.
Verflixt, das hätte jetzt eigentlich für eine Anapher gehalten werden sollen. ("Ich hatte ..., ich hatte ..."). Aber selbst wenn es keine ist, ich glaube an meinen Sound hier. Mehr wahrscheinlich als gut ist.

Was mich zu dir, Friedrichard, bringt: genausowenig wie du dich vorgedrängelt hast, musst du dich jetzt zurückgesetzt fühlen. Ich schätze deine Vorschläge und es mag ja furchtbar falsch sein, nicht auf dich zu hören, aber gerade bei den ultrakurzen Texten bin ich eben etwas eigen, was Satzstellung und Wortwahl betrifft. Da will ich das letzte Wort haben. Basta. :)

Was dann auch, beste maria.meerhaba, für "00:02" und "Smartphone" gilt. Denn "kurz nach Mitternacht" würde sich mit dem "dunkel um Mitternacht" zwei Sätze weiter beißen und "null Uhr und zwei Minuten" wirkt etwas umständlich für das Ablesen einer Digitalanzeige (!). Und was das "Smartphone" betrifft, ja, das ist so eine Macke von mir, es als Indikator zu verwenden, dass die Geschichte in der Jetztzeit spielt. Es kommt also des Öfteren in meinen Geschichten vor. Wobei du meine volle Zustimmung hast, dass es ein wirklich hässliches Wort ist.
Du hast meine Zustimmung auch in deinem Gesamturteil: Erzählstil ok, Inhalt mehr als flau (wenn ich es denn so freundlich zusammenfassen darf). Dass die Geschichte zum Schluss (auch gefühlsmäßig) stark nachlässt, haben ja auch schon andere bemängelt. Darf ich mich damit rausreden, dass es nicht viel mehr als eine Fingerübung war? Die allerdings beinahe sogar veröffentlicht worden wäre, wenn ich bereit gewesen wäre, die elektronischen Nutzungsrechte abzugeben.

Aber wenn ich den Autorenvertrag unterzeichnet hätte, wären mir eure Kommentare, und damit eine Menge Spaß und viel Einblick in das, was ihr von einer guten Geschichte erwartet, entgangen. :D

Seid also herzlichst bedankt und gegrüßt
Ella Fitz

 

Was mich zu dir, Friedrichard, bringt: genausowenig wie du dich vorgedrängelt hast, musst du dich jetzt zurückgesetzt fühlen. Ich schätze deine Vorschläge und es mag ja furchtbar falsch sein, nicht auf dich zu hören, aber gerade bei den ultrakurzen Texten bin ich eben etwas eigen, was Satzstellung und Wortwahl betrifft. Da will ich das letzte Wort haben. Basta.

Hallo Ella, ich fühl mich keineswegs zurückgesetzt und halt es für richtig, dass jeder seinen "eigenen" Kopf hat und es auch zeigt. Aber Du wirst Dich sicherlich an gelegentliche Ausbrüche des Dante Friedchen aus Ironien, ganz in der Nachbarschaft von Homer (nicht Simpson) gewöhnen,

meint der

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ella Fitz

Gereizt hat mich dabei bloß die Parallelität zwischen dieser Art von Spuk und der Art, die ich kenne: dass einem die Verflossenen einfach nicht aus dem Kopf gehen und man sich nachts die alten Geschichten immer und immer wieder selbst erzählt.

So habe ich den Text gelesen und genau in dieser Hinsicht hat er mich überzeugt. Das Spuk-Element schliesst zwar die Geschichte ab (und bekommt dadurch eine doch ziemlich grosse Bedeutung, was wiederum die Plausibilitätsfragen aufwirft), aber getragen wird sie m.E. durch die Erinnerung an die Beziehung, so finde ich z.B. diese Stelle …

Vom Anfang. Tinas Geburtstagsfeier. Unser Nachhauseweg danach. Wie er neben mir herging und von Tina schwärmte. Und ich ihn trat. Und er mich küsste.

… schlicht grandios.

Und die Tiefe, die ist auf so kurzer Strecke einfach verdammt schwierig hinzukriegen, da muss man sich entscheiden, ob man einen kurzen, überschaubaren Text will, oder ob man das aufdröseln, anreichern, vertiefen möchte, was für uns Normalsterbliche halt meistens bedeutet, mehr Wörter zu verwenden. Mir hat es in dieser Form gut gefallen, klar ist’s kein tiefer Text, aber auch kein seichter. Und man muss auch bedenken: Wenn du den ganzen Beziehungsaspekt mit dieser oder jener Szene oder Erinnerung anreicherst, dann wird sich das, so meine These, ungünstig auf die "Pointe" am Ende auswirken. Für mich stimmt die Gewichtung.

Du schreibst dazu:

Trotzdem erkenne ich an, dass für eine richtig gute Geschichte die Tiefe und, ja, die Reife fehlt. Da kommt bei mir immer noch viel zu sehr die sprachliche Gestaltung vor der inhaltlichen. Das muss ich ändern. Nicht nur bei dieser Geschichte.

Das gefällt mir sehr gut, statt „ändern“ würde ich aber „entwickeln“ schreiben, das ist harte Arbeit. Aber ich denke, dass du dir angesichts deines sprachlichen Niveaus tatsächlich erlauben kannst, künftig hier den Fokus zu setzen.

Es war 00:02 Uhr.

Gefällt mir nicht, aus Gründen, die andere schon genannt haben. Wieso nicht: „Es war kurz nach zwölf“?

und verteilte die fettige Paste nun in jeder Ritze des Plastikgehäuses

Vielleicht geht halt auch beides, aber ich würde hier den Akkusativ verwenden (Wohin gelangt die Paste?).

Oder liegt da eine Greta oder Inga neben ihm, blond, langbeinig, vom Liebesspiel erschöpft, an die Mitternachtssonne gewöhnt und deshalb in tiefstem Schlummer, aus dem er sie nicht reißen will, weswegen er mich anruft?

Sehr schöner Satz. Ich würde das „blond“ allerdings streichen (oder besser: ersetzen, der Satz hat 'nen tollen Rhythmus), das doppelt sich sonst mit der hellblonden Strähne weiter unten.

Dann, eines Nachts kurz vor zwölf, streifte mein Blick unwillig das Smartphone.

Das fand ich seltsam, das klingt so, als würde die Prota sonst nie aufs Smartphone schauen.

Gern gelesen!

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

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