Momentaufnahmen
Sie saß in der Abflughalle. Alleine, in sich zusammengesunken und müde. Tiefe Falten in ihrem Gesicht erzählten eine lange Lebensgeschichte, der Blick sagte noch viel mehr. Warum flog sie alleine?
Jetzt erhob sie sich und kam auf mich zu. "Kann ich für Palma de Mallorca schon einchecken?" Der hilflose Ausdruck in ihren Augen verstärkte sich. Plötzlich hatte ich das Gefühl endloser Geduld. Einen kurzen Moment war mir, als ob ich meinen Dienst gerade begonnen hätte - fast vergaß ich, dass ich schon zehn Stunden hinter dem Counter saß, endlos genervt von vielen Menschen, vielen Fragen und immer denselben Wünschen. Ich nickte und lächelte - noch nie war es mir nach so einem langen Tag so leicht gefallen, freundlich zu sein wie in diesem Moment.
Sie mühte sich mit dem Koffer ab, versuchte ihn mit letzter Kraft auf das Band zu stellen. Ich hätte ihr gerne geholfen, aber schließlich schaffte sie es doch. "Eine Person?" fragte ich, als ich ihr Ticket entgegennahm. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Die alte Dame sah mich an, und die Hilflosigkeit in ihren Augen war einer Traurigkeit gewichen, die all ihre Einsamkeit ausdrückte. "Ja, ich fliege alleine. Ich kenne niemanden." murmelte sie, wobei jedes ihrer Worte leiser wurde, als wäre es ihr peinlich. Es tat fast weh. Was sollte ich sagen? "Ach, das wird schon wieder," klang wohl doof und oberflächlich. Ich versuchte zu lächeln und meinte, dass sie doch sicher Leute kennenlernen werde. Ich wußte selbst, wie gelogen das war - was hätte ich sonst sagen sollen? "Das glaube ich nicht", seufzte sie, nahm das Ticket, sah mich noch einmal an, murmelte "danke!" und ging.
Sie hatte schon längst die Paßkontrolle passiert, und ich blickte ihr noch immer nach. "Alles Gute!" dachte ich.