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Mutter!

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02.06.2002
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Mutter!

Marlene lag auf dem schwarzen Sofa. Nachmittags an Samstagen lag Marlene oft auf ihrem schwarzen Sofa. Keine Musik lenkte sie ab und ein feines, chinesisches Räucherstäbchen brannte.

Marlene las:
„Auf der linken Hand, kommt für das Pferd, das auf dem zweiten Hufschlag steht, die Vorhandwendung rechts infrage: Pferd rechts stellen, innerer Schenkel drückt hinter dem Gurt, der äußere Schenkel verwahrt am Gurt, dabei den äußeren Zügel mit einer halben Parade leicht annehmen, um das Pferd am Vortreten zu hindern"

Wie! Sie haben nix verstanden? Das macht nix! Das geht anderen auch so! Hauptsache das Pferd versteht etwas davon, wenn Marlene auf ihm sitzt.
Marlene denkt jedenfalls an diesem Samstag Nachmittag auf ihrem schwarzen Sofa an morgen, in der nächsten Reitstunde, in ihrer Abteilung, würde sie die Hilfen für die Vorhandwendung rechts richtig geben.

Plötzlich stand ihre Mutter neben ihr.
Wie aus dem Nichts auftauchen, das beherrschte sie perfekt.
Sie hatte eine eigenwillige Art, ihr Zimmer zu betreten:
Anklopfen und eintreten, ohne eine Antwort abzuwarten. Marlene hatte es sich abgewöhnt, „Herein!" zu rufen, weil ihre Mutter darauf nicht wartete. In Notfällen half nur der Zimmerschlüssel. Sie zählte die Sekunden zwischen dem Klopfen und dem Herunterdrücken der Türklinke. Sie konnte daraus schließen, ob es Streit geben würde. Bei kurzen Abständen gab es meistens Streit. Aber diesmal war sie so mit der Vorhandwendung beschäftigt, dass sie nicht einmal das Klopfen gehört hatte.

Marlenes Mutter stand mit einer Reisetasche vor ihrem Sofa:
„Es wird Zeit, dass du dein Leben änderst: Jetzt wo Sören dich verlassen hat, solltest du dich benehmen, wie alle anderen auch. Du musst dich wieder mit Dingen umgeben, die du bisher gemocht hast.
Ich helfe dir dabei und mache den Anfang für dich. Ich habe das Gefühl, als ob du eine kleine Aufmunterung verdient hättest."

Sie öffnete die Reisetasche:
„Ich habe für dich ein paar wunderbare Sachen ausgesucht. Hier, sieh mal:
Vier Holzteller, die hat deine Großmutter vor vielen Jahren in Paris gekauft. Hat ein Künstler auf der Straße geschnitzt. Je ein Holzteller mit Portraits im Stil von Picasso, Jawlensky, Miro und Dali. Die sind doch schön. Nicht wahr?
Hier ist Dali, den mag ich ja gar nicht, brennende Giraffen und all das andere
verrückte Zeug. Aber auf dem Holzteller, das ist Gala.
Und hier habe ich vier Postkarten von dir in Glasrahmen gesteckt: London, Nizza, der Reiterhof in Wunsiedel, der Vogelpark bei Walsrode. Da warst du doch so glücklich!"

„Mutter!"

„Hilf mir lieber, diese Sachen hier aufzuhängen. Wie willst du es denn?
Alles eng zusammen, in einer Reihe, in zwei Reihen, abwechselnd?
Wenn wir die Holzteller mit den Postkarten dazwischen aufhängen würden, ergäbe das einen harmonischen Gesamteindruck. Ja, so machen wir es.
Obere Reihe: ein Holzteller, zwei Postkarten, ein Holzteller.
Zweite Reihe: eine Postkarte, zwei Holzteller, eine Postkarte.
Sie werden das große Plakat ersetzen, das du nach eurer Trennung abgehängt hast. Kann ich verstehen, dass du nicht mehr an Florenz erinnert werden willst."
Sie hatte sogar an einen Hammer und Nägel gedacht, und ignorierte eine vorhandene Galerieschiene.

„Mutter!"

Ihre Mutter entfaltete weiße Tüllgardinen und schon stand sie auf einem Stuhl vor dem Fenster. Während sie die weißen Plastikschleier an den Laufrollen in die Vorhangschiene einfügte, sagte sie energisch: „Jetzt beginnt für dich ein neues Leben. Auch dein Fenster wird von der Straße aus weiß aussehen. Wozu soll man denn aus dem Fenster schauen können. Das Leben draußen ist nicht so gut. Das hast du bestimmt gemerkt."

„Mutter!"

„Kind, jetzt musst du dein Leben neu ordnen, ich will dir dabei helfen. Und überhaupt, du kannst doch diese Kommode nicht ohne Läufer lassen. Aha, die Kerzenleuchter die würde ich wegstellen, die hast du ja mit S. in Wien gekauft, so schön sind sie auch wieder nicht, so, ich räume sie gleich in die Kommode. Wir könnten doch eine nette Blumenvase da hin stellen. Den Läufer und die Gardinen habe ich bei Wolter für dich anfertigen lassen. Sind die nicht schön?"

„Mutter!"

„An deiner Stelle würde ich mal zum Frisör gehen. Du siehst so unordentlich aus in letzter Zeit. Jeden Tag ab und zu kämmen wirkt Wunder. Ein wenig Parfüm, Lippenstift und du bist wieder meine Tochter."

Marlene erwachte in einem Bett. Wie war sie hierher gekommen? Was hatte sie getan?
Oh! Der Pfarrer! Marlene wollte mit ihm über ihre Mutter sprechen. Marlenes Mutter fragte ihn oft um Rat, weil sie sehr gläubig war.
Marlene war ins Pfarrhaus gegangen und hatte dem Pfarrer die Probleme geschildert, die sie mit ihrer Mutter hatte. Der Pfarrer hatte gesagt, dass Sören evangelisch sei und deshalb nicht zu ihr passe. Ihre Mutter meine es gut und die Holzteller habe er schon einmal in der Wohnung der Großmutter gesehen, sie seien sicher inzwischen sehr wertvoll, man könne die Familienschätze nicht verachten.
Solange sie im Haus der Eltern wohne, könne sie ......
Dann war bei Marlene der Film gerissen, ein gewaltiges Blackout tat sich auf, die Sterne vor ihren Augen implodierten zu Schwarzen Löchern und jetzt lag sie also in diesem Bett mit weißer Bettwäsche, weißen Wänden und einem Kreuz gegenüber.
Nein, sie war dem Pfarrer nicht an die Gurgel gesprungen, das wusste sie sicher, obwohl dieser Scheißkerl das verdient hätte.
Sie war nicht angeschnallt, im Türblatt befand sich kein Fenster und sie sah eine Türklinke. Es war keine Kamera unter der Decke, sie befand sich vermutlich in einem Krankenhaus. Jemand würde ihr erzählen, was passiert sei und sie würde entlassen werden.


Marlene erwachte auf einer Pritsche. Wie war sie hierher gekommen? Was hatte sie getan?
Ach ja die Verabredung mit Sören Sie war wie immer abends aus dem Haus gegangen: „Tschüss Mutter, ich gehe zu Andrea."
Wenn die wüsste: Sprühdosen im Rucksack, Turnschuhe an den Füßen, die Stirnlampe um den Kopf geschnallt. So war sie oft mit Sören um die Häuser gezogen, nie an Samstagen oder Sonntagen; zwischen 2 und 4 Uhr morgens war die beste Zeit. Da waren Party-Hüpfer nicht mehr und Zeitungsausträger noch nicht unterwegs.
Sie hatten ständig nach blanken, ungefährlichen Wänden gesucht und dann ihre Werke geschaffen: Sie waren zweifarbig und nicht vorgezeichnet. Sören nahm meistens blaue Farbe, sie mochte am liebsten rot. Einmal hatten sie „blue and red, that’s what I said" auf eine Wand gesprüht. Am anderen Tag waren sie dann Arm in Arm an ihren Werken vorbei spaziert und hatten über Ästhetik, den Goldenen Schnitt und die Zentralperspektive diskutiert.
In jener einen Nacht war es schief gegangen, wie konnten sie nur in einer Samstag Nacht turnen gehen, dumm gelaufen und so lag sie halt hier auf der Pritsche: Unglaublich! Das würden die Bullen büßen, Minderjährige einzusperren, ihr Kopf brummte, wahrscheinlich waren sie verprügelt worden. Zum Glück war Sörens Vater Rechtsanwalt, er würde sie hier rausholen.

Marlene erwachte auf ihrem Sofa. Es klopfte an der Tür. Ihre Mutter, wer sonst? Was war passiert? „Möchtest du eine heiße Schokolade? Gehst du mit mir morgen ins Kino? Das fliegende Klassenzimmer? Der Film soll so gut sein, der Thomaneerchor, Sebastian Bach, Leipzig!"
Marlene hatte den Kaugummi vergessen. Sie war über der Vorhandwendung eingeschlafen. Aber bis morgen, auf dem Reitplatz müsste sie noch zu lernen sein.
„Pferd rechts stellen, innerer Schenkel drückt hinter dem Gurt, der äußere Schenkel verwahrt am Gurt, dabei den äußeren Zügel mit einer halben Parade leicht annehmen, um das Pferd am Vortreten zu hindern."

PS.
Ein möglicherweise glückliches Zwischenergebnis (Happyend) ergäbe sich für Marlene dann, wenn sie ihr Mutterhaus verlassen, ein heftiges Techtelmechtel mit Anton W. beginnen und das Schulterherein und die Hinterhandwendung beherrschen würde.

 

Hallo Emma :)

Was Du schilderst in mMn nicht überspitzt genug um eine Satire zu sein. Eher die kleinen Nöte eines Teenagers mit seiner Mutter.
Eher "Alltag" oder so.
Die gleiche "alltäglichkeit" hat auch das "P.S." der Story, was irgendwie in einer KG seltsam wirkt.

Den Freund von Marlene, S. würde ich ausschreiben sieht komisch aus.

Ansonsten : Nette aber altbekannte Teenie Story aber nicht wirklich satirisch

*wink*

:)

jaddi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Jadzia,
eine Mutter trampelt unangemeldet in das Zimmer ihrer Tochter und nagelt vier ekelhafte Holzteller an eine Wand: Ich empfinde das als Menschenverachtung oder Verletzung der persönlichen Integrität. Der Vorgang ist in meinen Augen monströs und deshalb satirefähig. Selbst wenn es häufig passieren sollte, würde ich es niemals unter Alltag abheften wollen um es damit zu verharmlosen.
Du nennst "Mutter!" eine

"Nette aber altbekannte Teenie Story"
In dieser Frage gehen unsere Meinungen auseinander. Ich finde "Mutter!" so bitterböse und manchmal wundre ich mich, dass nicht mehr Teenies den Erwachsenen an die Gurgel springen. In der Frage Eltern - Kinder wird wahrscheinlich nie alles geklärt werden können.

S. heißt deswegen S., weil er in der Geschichte eine Nebenrolle spielt, aber wir können ihn ja taufen.
Grüße von Emma

 

Moin Emma :)

Na ja Mütter denken nunmal nicht über Menschenverachtung ect. nach wenn sie meinen dem Töchterchen (oder dem Sohn ) was gutes zu tun.

Meine Mum ist auch IMMER ohne anzuklopfen ins Zimmer gestürmt, das hatte bei ihr aber nichts mit Bosheit zu tun sondern sie wollte etweder: "diskutieren", oder mir was, in ihren Augen, so ulitmativ Wichtiges Mitteilen das es keine 2 Sekunden mehr warten konnte.
Dann hat sie auch immer irgendwelche Klamotten und Zeugs fürs Zimmer gekauft obs mir gefiel oder nicht, weil sie dachte ich würde mich freuen. Was mich freute war das meine Mum an mich denkt, was mich meist nicht freute waren die arg niedlichen klamotten...

Ging nicht nur mir so, ich kenne viele Teenies denen es ähnlich ging, Mütter scheinen halt immer zu versuchen ihren Töchtern wás Gutes zu tun oder den eigenen Geschmack aufzudrücken...

Deswegen sehe ich immer noch nichst satirsiches in Deiner Story, einfach nur einen Mutter / Tochter (Geschmacks) Konfilkt den es tausendfach gibt.

Auch das eine Mutter am liebsten alles was ein unliebsamer möchtegern Schwiegersohn angeschleppt hat ( ZB die Kerzenständer in der Story ) verschwinden lassen möchte ist irgendwie verständlich.

Namensvorschläge für S. (Er hat auch als Nebenfigur ein Recht drauf *gg*)

Sascha
Sven
Stefan
Sören

mehr fällt mir grade nicht ein :D

*wink*

jaddi ( die sich auf den morgigen Besuch ihrer Mum freut aber bestimmt wieder Klamotten antesten muss...mit 26 Jahren *seufz*) :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Jadzia,
wahrscheinlich hast du den Grund geliefert, warum nicht noch mehr Teenies, Töchter und Söhne den Erwachsenen an die Gurgel springen: Sie kennen es nicht anders, finden es normal und verhalten sich möglicherweise den eigenen Kindern gegenüber gleich und haben es dann wegen des Alters nicht nötig, ihr Verhalten zu hinterfragen.

Da kriege ich die Krise, da bricht der große Weltschmerz aus. Muss ich dereinst auch dummes Zeuch sabbeln und Holzteller an Wände nageln? Vorher soll mich der Blitz erschlagen.

Ich nenne den Knaben also Sören, denn die anderen kenne ich. Demnächst werde ich ihn taufen.
Grüße von Emma

 

hallo Emma, leider muss ich auch in die kerbe von Jadzia schlagen - deine geschichte passt überhaupt nicht in die sparte sartire. unterhalte dich mal mit lakita über dieses thema - sie kann dir bestimmt gute tipps geben. liebe grüße
ernst

 

Hi Ernst Clemens,
ist Lakita eine höhere Instanz in Sachen Stire? Ja!, sie hat dazu schon gute Antworten geschrieben.

Ich zitiere jetzt eine andere höhere Instanz.
Friedrich Schiller: "In der Satire wird der Widerspruch der Wirklichkeit mit dem Ideal zum Gegenstand gemacht, die Wirklichkeit als Mangel dem Ideal als höchster Realität gegenübergestellt."

Bei "Mutter!" haben wir eine imaginäre, ideale Mutter, die sich gegenüber ihrer Tochter so benehmen würde, wie möglicherweise eine Redakteurin bei "Eltern", wenn sie morgens am Schreibtisch sitzt. Sie klopft an, wartet, bis jemand "herein!" ruft und beschafft das Video über Monty Roberts anstelle der Kinokarten für "Das fliegende Klassenzimmer".

Marlene hat Pech: Ihre Mutter benimmt sich so, wie viele andere, ich könnte auch aus dem Nähkästchen plaudern. Diese Wirklichkeit mutiert zum Standart und neuen Ideal, da Töchter ihre Mütter lieben und gerne glorifizieren.
Grüße von Emma

 

Hi Leute,

lassen wir mal Herrn Schiller aus dem Spiel - Satire hat sich seit seinem Tode im Jahre 1805 weiterentwickelt.

Für mich zeichnet sich Satire durch eine überspitzte Darstellung der Realität, insbesondere soziale Missstände aus und bedient sich häufig Ironie und Zynismus. Eine einfache Sache: Dadurch wird der Leser auf diese Dinge aufmerksam gemacht und man hofft, dass er mal darüber nachdenkt.

Die vorliegende Geschichte ist durchaus überspitzt und damit auch Satire. Dazu kommt als sprachliches Mittel hauptsächlich die Wiederholung zum Einsatz.

Die andere Frage aber ist, ob es eine gute Satire ist. Das ist mehr oder minder Geschmacksache. Ich finde Satire gut, wenn sie beißend oder subtil ist. Das ist hier beides nicht der Fall, man könnte Figuren und Handlung noch viel weiter überzeichnen.

Ferner kam hier die Frage auf, inwieweit die implizite Kritik an einer Mutter-Tochter-Beziehung gerechtfertigt ist. Einfache Antwort: Wo jemand einen Missstand empfindet, kann er ihn anprangern, auch wenn andere Leute den Missstand für Normalität halten. Letztlich kommt es da stark auf den Standpunkt an.

Uwe

 

Oh, Gott Ernst, was richtest du da an! Ich bin doch keineswegs irgendeine Instanz und schon gar keine höhere in Sachen Satire! :rolleyes:

Ich weise daraufhin, :teach: dass ich grad am letzten Wochenende von einer elitär-feinverlesenen Gruppe von Moderatoren nebst ihren Sympathisanten der dumpfbackigen Lobhudelei abgerüffelt wurde, was eindeutig dafür spricht, dass ich Wurm mich nicht in der Illusion wälzen darf, zu Höherem berufen zu sein. :lol:

Diese Unwissenden, ich kann noch viel tiefer,:D aber, dir lieber Emma erspare ich einen Beweis meiner minderen Fähigkeiten und versuche unter Auf-und Zusammenraffung meiner kläglichen Kenntnisse meine bescheidene Meinung in Sachen Satire hier aufzuschreiben, um dir aus der breiten Palette der vielschichtigen Definitionen, was nun eine Satire ausmacht, die Möglichkeit zu schaffen, wie an einem Buffet stehend das für dich schmackhafteste herauszusuchen, um dir dein Autorenleben aufs höchst Angenehmste zu versüssen, in der Hoffnung, dass deine nächste Geschichte fernab von jeglicher Auseinandersetzung, ob ihres satirischen Inhalts hier auf kg in sanfter Ruhe dem geneigten Leser zur Freude gereichen kann. (yeah,...ich kann tief, aber dafür lang! :D)

Nun denn, liebe Emma :)
Jadzia bewertete aus ihrer Sicht, dass diesem Text die überspitzte Darstellungform und somit das Satirische fehle, was darauf schließen läßt, dass für sie Satire einhergeht mit Überspitzung.
Recht so Jadzia, eine gute Satire nimmt sich ein zu mißbilligendes Genre, also ein Thema und stellt es überspitzt dar.
Nun kommt es wie immer auf dieser Welt ein wenig auf den Standpunkt des Betrachters an. Für Jadzia war es wohl eher ihr täglich Brot oder anders gesagt, durchaus noch erträgliches Dasein, welches hier durch die Geschichte dargestellt wurde.
Für dich, liebe Emma, war es bereits, um an den Rand des Wahnsinns zu gelangen.
Wer wollte hier entscheiden, wer von euch beiden die klarere Sichtweise hat?
Jede von euch hat doch Recht!

Daher vermag auch Herr Schiller hier nicht viel zur Erleuchtung beizutragen, denn einmal abgesehen davon, dass ich viel zu blond bin, um die Bedeutung seiner Worte zu ermessen, ich fürchte fast, er hat sich arg umständlicher Artikulation bedient, dass auch er nicht würde entscheiden können, ob's genug überspitzt oder noch gar die Normalität ist.

Und nun komme ich zu einem Punkt, der in der letzten Zeit immer häufiger auftaucht und das ist die sog. Realsatire.
Ein Sachverhalt wird schlicht so geschildert wie er ist. Er wird nicht sonderlich übertrieben, sondern eigentlich nur gesondert zusammengefaßt geschrieben. So wie er dasteht könnte es einer beliebigen Vielzahl von Menschen passiert sein oder noch passieren.
Für den eigentlichen Begriff der Satire ein undenkbarer Akt, dass ein derartiger Text jemals das Niveau einer Satire erreicht.
Die klassische Satire lebt nämlich davon, dass man eigentlich zwei Sachverhalte innerhalb ein und derselben Geschichte hat.
Da ist zunächst der Sachverhalt, den man als Leser vor Augen hat, also den man liest. Und dann ist dahinter noch der Sachverhalt, den der Autor eigentlich mit der Darstellung gemeint hat, also dass, was dem Autor als zu mißbilligendem Zustand vorschwebte.
Eine klassische Satire verfremdet daher den Sachverhalt, verzerrt ihn zumindestens. Etwas, was Uwe zu Recht mit seiner Forderung nach beißender Subtilität zum Ausdruck bringt, womit er im Prinzip einen Übergang darstellt, nämlich den von der totalen Verfremdung zur Realsatire.
In deiner Geschichte, liebe Emma, ist es unzweideutig so, dass der Leser sofort und auf der Stelle das erfährt, was du für mißbilligenswert gehalten hast, also was du als Thema deiner Kritik in der Geschichte gedacht hast.
Wäre es eine klassische Satire, dann würde der Leser, so wie jetzt genau wissen, was du kritisieren wolltest, nämlich die unerträgliche Bemutterungssituation und der Druck der unter dem Deckmantel der"ich mein es doch nur gut mit dir"-Folter entsteht, aber lesen würde er einen völlig anderen Sachverhalt.
Vielleicht, nur mal als Beispiel, den, dass Marlene alles total toll findet, was ihre Mutter mit ihr anstellt, diese Mutter unumwunden anhimmelt, ihr sagt, wie sehr sie anstrebt auch einmal so zu werden, so gütig und mitfühlend und wissend und und und...du weißt sicherlich, wie ich es meine.
Also dein Text ist ganz gewiß keine Satire im klassischen Sinne, sondern wenn, dann eine Realsatire.

Ich persönlich, wenn ich puristisch denke und schlußfolgere, würde eine Realsatire nicht als Satire anerkennen, denn ihr fehlen alle Elemente einer Satire, aber darum geht es hier überhaupt nicht, denn langläufig handelt es sich ja bei einer Realsatire nicht um nur einen schlicht humorigen Text, sondern um eine aussagekräftige Geschichte, die mehr als nur ein Lacherfolg sein soll, sondern zum Nachdenken anregen soll.
Übrigens, dies möchte ich der Vollständigkeit halber hier anmerken, eine echte Satire muß keineswegs über Humor verfügen oder gar zu Lacherfolgen. Das ist ein Irrtum.Es geht uns allen nur so, dass wir eine Satire gutheißen, die neben dem belehrenden Zeigefinger auch noch die Lachmuskeln angestrengt hat. Rein zynische Texte werden eher als unnahbar erlebt.

Ich hoffe, liebe Emma, du hast jetzt genug Auswahl angefangen von Jadzia, über Ernst, Uwe, Herrn Schiller und mich, um dir dein eigenes Bild von deiner Geschichte und die Beantwortung der Frage zu machen, ob es eine Satire ist oder nicht.


Inhaltlich fand ich den Text etwas unausgewogen, wenn auch stilistisch nicht zu bemängeln. Die Szene, in welcher Marlene den Pfarrer aufsucht, steht für meine Begriffe etwas abrupt da und kommt ein wenig überraschend.
Ich persönlich glaube auch, dass man das Thema mit noch mehr Distanz hätte darstellen können. Die Darstellung ist mir noch viel zu direkt und eindeutig, denn diese Art Mutter ist so vordergründig unerträglich, dass man als Leser geradezu Marlene aufrütteln möchte. Das ist mir etwas zu direkt. Um hier die Vokabel von Uwe aufzugreifen, es wäre subtiler und hintersinniger vielleicht noch beeindruckender geworden.
Aber immerhin handelt es sich um ein Thema, dass manch ein Menschenkind noch bis ans Grab mitschleppt, weil es so schwer zu verarbeiten ist. Vielleicht gelingt dir in einer deiner nächsten Geschichten, das, was ich mir als Leserin wünsche. :)


Lieben Gruß
lakita

 

Lakita, wenn Du Probleme mit Mods hast, klär das entweder mit denen ab oder beschwer Dich bei Mirko und Heiko. Aber eine Geschichte dafür zu nutzen schwammige Andeutungen zu machen, das kg.de-Team in den Dreck zu ziehen und Dich selbt darzustellen, halte ich persönlich für schlicht und ergreifend unverschämt.
Dir hätte ich da mehr zugetraut.

 

Aber Bib,

was unterstellst du mir denn da?:) Ich fands ehrlich witzig und lehrreich obendrein,was ihr da am Wochenende gemacht habt.
Wo bleibt denn nun dein Humor? :rolleyes:

Mir liegt ehrlich fern, sehr fern sogar, hier irgendjemanden in den Dreck zu ziehen. Da staun ich aber nun, was du alles in meine "schwammigen" Andeutungen hinein interpretierst. *kopfschüttel*

Lieben Gruß und das mein ich ehrlich
an alle Moderatoren !!!! :kuss:

lakita

 

Ist okay, hast wohl recht. Ich hatte nur kurzzeitig das Gefühl, dass Du noch immer etwas vergrätzt bist, weil Du nicht mehr im Team bist und alte Differenzen für Dich noch nicht beigelegt sind. :)
Sorry, für meine Interpretation.

Sorry an Emma wg. off-topic, aber ich schweig jetzt. ;)

:kuss:

 

*aufatme*
Ich dachte schon, du mißverstehst mich. Nee, nee mit damals, als ich das Team verließ, hat es null zu tun Bib.
Das sind doch olle Kamellen, verjährt würde der Jurist sagen. :)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi,
danke für eure kenntnisreichen Antworten.
Eine andere Richtung für "Mutter!" wäre folgende:
Übertragung des Sorgerechts auf die Tochter:
Überstellung der Mutter an das Mütteramt/Väteramt.
Einweisung in ein Heim für schwer erziehbahre Mütter/Väter.

Da aber die Kinder heutzutage in den Schulen den Deeskalationsunterricht der Polizei durchlaufen, bleibt den Alten sowas erspart.

In einer anderen Version hat sich Marlene auf dem Sofa mit den Anbaumöglichkeiten von Hanf im mitteleuropäischen Raum beschäftigt.
Aber sie ist ein überwiegend braves Mädchen.
Grüße von Emma

 

Hi Emma

Es gibt zwei Szenen die ich nicht einordnen kann, vor allem zeitlich.

1. Marlene erwacht im Krankenhaus. Träumt sie das nur, wenn nein, wie kommt sie dahin und was hat das mit dem Rest zu tun.

2. Marlene erwacht auf der Pritsche. Wann passiert das, nach dem Gespräch mit der Mutter und was bedeutet das für den Rest?


mfg


Stefan

 

Hi Stefan,
ja du hast recht, Marlene hat die Misshandlung durch ihre Mutter geträumt.
Die Geschichte hat drei Enden und zusätzlich noch ein Happy-End für ihre Zukunft.
1. Schluss: Krankenhaus (geträumt)
2. Schluss: Gefängnis (geträumt)
3. Schluss: Sofa (Marlene ist aufgewacht)
4. Schluss: Happy-End (liegt wieder im Nebel)
Ich habe mich nicht entscheiden können und deshalb alle Versionen, die mir eingefallen sind angetippt.
Grüße von Emma

 

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