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Nathalie und Ananas
Natalie, Nathalie, Natalie
Es ist heiß; der Chefkoch kocht im Kessel Steine weich. Jede Bewegung lockt Schweiß aus den Poren, kein Lüftchen erfrischt, es macht keinen Unterschied mehr, ob man draußen oder drinnen hockt, die Getränke sind sofort warm, wenn sie aus dem Kühlfach genommen werden, die Bürger schleppen sich durch die Hitze und niemand scheint zu arbeiten.
Auch ich bin nicht in der Uni, sondern laufe nur mit meinem Schweißtuch behangen durch unsere WG und streiche mit meinem Pimmel die Wände entlang. Als ich vor Nathalies geschlossener Zimmertür stehe, bette ich ihn in die Faust und reibe.
Ich stoße an die Klinke und die Tür auf und mache, was ich jeden Tag mache, während sie in der Uni ist; sie trägt heute ihren schwarzen String mit der kleinen Rose vorne drauf, denn der fehlt in der Schublade und ist auch nicht in der Wäsche.
Wie immer wird sie sagen, dass es in der Wohnung schon wieder so nach Ananas riecht. Daher lasse ich überall Ananasstückchen fallen und ernähre mich schon den ganzen Sommer lang ausschließlich von Ananas, um den Geruch beizubehalten.
Ananas, Ananas, Ananas, Nathalie.
Nathalie wohnt jetzt schon zwei Monate in unserer WG, aber ich habe gesehen, dass sie sich im Internet schon anderweitig umsieht.
Ihr Zimmer ist in einen zarten Gelbton getaucht. Überall widerliche Fotos, die sie und ihren bekackten Freund zeigen und dieses bescheuerte Glückliche–Pärchen–Lächeln.
Letzte Woche habe ich alle Fotos aus den Rahmen genommen und nachmachen lassen, um dann diesen Wichser durch ein Grinsen von mir zu ersetzen.
Wenn sie ihn heute wieder mitbringt, diesen Meerschweinchenficker, dann werde ich mir wohl wieder mal den Rum schnappen müssen, Sprintbesäufnis, um ihn dann so richtig assi anzumachen.
Er ist nicht gerne bei uns.
Ihr Freund: Den kann man sich gut in den Schrank stellen und immer rausholen, wenn man Lust drauf hat, kann ihm Schleifchen umbinden, ihn schminken und Tampons kaufen schicken.
Nathalie redet kaum mit mir, geht mir aus dem Weg, und auch Thomas, der letzte in unserer Dreierbande, meint, ich hätte mich verändert seit sie bei uns ist. Nicht nur, weil ich nicht mehr zur Uni gehe.
Wenn Thomas weg ist und nur sie und ich da sind, dann verkriecht sie sich in ihrem Zimmer und telefoniert, ruft ihren Freund oder Freundinnen zu Besuch, oder rennt fluchtartig aus der Wohnung.
Ich trinke so ziemlich jeden Tag. Wenn ich nachts meine Schlampen mit heim bringe, platze ich mit ihnen grundsätzlich erst einmal in Nathalies Zimmer, und lasse die Türen offen stehen, damit sie uns schreien und stöhnen hört.
Ich nehme mir ein Taschentuch und spritze hinein, schmeiße es dann in den Mülleimer unter ihren Schreibtisch. Es fällt zwischen den ganzen vollgerotzten Taschentüchern nicht auf, zurzeit. Sie hat sich eine Sommererkältung eingefangen, mein kleines Mädchen. Jetzt riecht es wieder nach Ananas.