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Nein, ich bin kein Roboter - Klick

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23.11.2017
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Nein, ich bin kein Roboter - Klick

6.29 Uhr. Nicht 6.30 Uhr. Sein Handywecker der neuesten Iphonegeneration schleudert Dr. Robert F. Sollmüller aus dem Land der Träume. An dieses Land hat er schon lange keine guten Erinnerungen mehr. Eine Minute vor der eigentlichen Zeit möchte er sein. Er möchte schneller sein als die Zeit. Seine Autouhr ist auch 3 Minuten vorgestellt, dass er nie zu spät kommt. Als er noch jung war, hatte er noch Träume. Er träumte von hübschen Klassenkameradinnen. Wie sie aussahen mit und ohne hübsche Kleider. Träumte von Urlauben in einem fernen Land mit Buschhütten am Strand. Träumte von Kokosnüssen und eigenen Ziegen im Garten. Er träumte von Winfried Schäfer und dass sein Lieblingsverein im DFB-Pokalfinale stehen würde. Als Kind zog er mit seinen Kumpels nach der Schule immer wieder durch die Wälder. Baute Staudämme. Suchte Holz für das Lager und vergrub heimlich Biermischgetränke aus Papas Getränkekeller im Wald. Das war damals ein riesen Ding. Dabei verlor er ständig das Werkzeug seines Vaters im Wald. Und immer musste er durch die Waschküche die Wohnung betreten. So dreckig und gleichzeitig glücklich war er. Er hatte eigentlich eine glückliche Kindheit.
Dann stand man plötzlich auf irgendwelchen Bühnen. Man hatte Zeugnisse in der Hand. Zog immer schickere Sachen an. Irgendwann stand man im Anzug da. Er wohnt jetzt in einer Innenstadtpenthousewohnung. Muss sich ständig entscheiden. Warten oder klicken. Nach rechts oder links wischen. Wollen sie den nächsten Clip sehen? Dann warten sie 15 Sekunden, 14 Sekunden. „Ach, leck mich.“ Überspringen. Die Möglichkeiten nutzen. Alles rausholen. Nichts entgehen lassen. Chancen nutzen. Mindestens ein Bild pro Monat aus dem Ausland posten. Praktika und Berufserfahrung haben. Und ja nicht scheitern. Man musste Profile entwickeln und Captchas beantworten und ständig sagen. „Nein, ich bin kein Roboter. Ich lebe noch.“
Nun ist es schon 6.32 Uhr. Zwei Minuten Afterweckersnoozetime sind in seinem Schedule jeden Tag veranlagt. Um 6.34 Uhr beginnt die vollautomatische Kaffeemaschine mit dem Selbstreinigungsprogramm um betriebsbereit zu sein. Um 6.36 Uhr dann ein Fair-Trade-Kaffee aus Äthiopien genießen. Den Kaffee natürlich schwarz. Man tut ja schließlich was für die schwarzen Mitmenschen. Kaffee schwarz. Sein Erkennungsmerkmal. Klingt das geil, wenn man gefragt wird. Kaffee schwarz wie die Nacht. Mit ein bisschen Milch klingt bescheuert. Nichts verpassen. Süddeutsche Zeitung im Jahresabbo lesen. Ein Apple ins Müsli. You know the doctor. Mindestens zwei Kaffee mussten es sein.
Einen zum Frühstück.
Einen im Gehen, wenn er die Autoschlüssel schon in der Hand hatte. Die Tür zweimal abschließen. Die Welt ist ja böse geworden, oder? Überall lauern doch Gefahren. Phishing, Spam und Hacks.
Danach eine Pushmitteilung seiner Sekretärin auf dem Handy lesen. Seine Termine: Drei Meetings und zwei Videokonferenzen mit Indien und eine mit den Staaten.
Auf dem Weg zur Garage begegnet ihm jemand, der seinem Leben einen ordentlichen Arschtritt verpasst. Keine Tinderbekannschaft. Keine Traumfrau. Kein Zeuge Jewohas. Viel einfacher - aber so schön. Hinter den Altpapierkisten liegt eingewickelt in alte Süddeutsche Zeitung ein Obdachloser, der wohl die Nacht auf dem Anwesen in der Einfahrt des Herrn Sollmüllers verbracht hatte.
„Guten Robert, ich hoffe Du hast gut geschlafen. Ich habe mir ein paar Zeitungen geborgt. Die brauchst Du nicht mehr, oder? Ist ja Altpapier. Ich will Dich aber nicht aufhalten und deine kostbare Zeit stehlen. Tut mir Leid, dass ich ich hier…“ Stille.
Ein kurzer Moment. Knistern in der Luft legt sich auf diesen grauen Novembermorgen. Man hätte ihn definitiv anzeigen können. Hausfriedensbruch. Doch irgendwie erinnert ihn der lottrige Typ an jemand oder etwas. An eine Situation. Doch, ja er kannte ihn. Ein Gefühl. Irgendwas in seinem Synapsenzirkus ändert sich. Irgendwas zog ihn aus dem Hamsterrad, in dem er Tag für Tag den Strom des Lebens strampelt.
An diesem Tag geht der gute Robert nicht zur Arbeit. Er nimmt sich Zeit. Zwei Menschen in einer Großstadt gehen zusammen frühstücken in einer Cafeteria um die Ecke. Einer im Anzug. Einer in einem Bundeswehr-Parka. Sie reden viel und lange. Einer trinkt Kaffee schwarz und ein anderer Kaffee mit ein bisschen Milch. Sie hören sich zu und vergessen die Zeit. Sie reden über seine Spielsucht und über Roberts Trennung. Sie plaudern über Gemeinschaftsunterkünfte und Burn-Out-Symptome. Über Schlafstörungen und Tafelläden. Sie philosophieren über den sinnlosen Videobeweis und wie schwer es die Schiedsrichter haben. Zwei Männer, die Zeit haben und keine Termine. Sie reden über früher.
In der Nacht träumt Robert F. Sollmüller von der hübschen Bedienung in der Cafeteria. Die mit den goldbraunen Backen, Röhrenjeans und den hübschen blonden Zöpfen. Sie hat so lieb gefragt hat. „Ist alles in Ordnung bei euch?“ „Ja, danke, wir sind sehr zufrieden. Danke“
Dann klingelt der Wecker. Nun ist es 6.30 Uhr. Heute steht er später auf.

 

Hallo amprioflo,

Willkommen!
Buh, was soll ich zu deiner Geschichte sagen? Ich gehe sie mal der Reihe nach durch:
Sein Handywecker der neuesten Iphonegeneration schleudert Dr. Robert F. Sollmüller aus dem Land der Träume. An dieses Land hat er schon lange keine guten Erinnerungen mehr. Eine Minute vor der eigentlichen Zeit möchte er sein. Er möchte schneller sein als die Zeit. Seine Autouhr ist auch 3 Minuten vorgestellt, dass er nie zu spät kommt. Als er noch jung war, hatte er noch Träume. Er träumte von hübschen Klassenkameradinnen. Wie sie aussahen mit und ohne hübsche Kleider. Träumte von Urlauben in einem fernen Land mit Buschhütten am Strand. Träumte von Kokosnüssen und eigenen Ziegen im Garten. Er träumte von Winfried Schäfer und dass sein Lieblingsverein im DFB-Pokalfinale stehen würde.

Gut, er träumt. Vielleicht könnte man den Absatz kürzen und versuchen weniger Wortwiederholungen einzubauen.

Dann stand man plötzlich auf irgendwelchen Bühnen. Man hatte Zeugnisse in der Hand. Zog immer schickere Sachen an. Irgendwann stand man im Anzug da.

Da wieder WW.

Ab der Mitte gefällt mir dein Text dann besser.
Guten Robert, ich hoffe Du hast gut geschlafen.
Ich nehme an, der fehlt der "Tag"?:D
Den Schlussteil finde ich dann richtig gut.
Inhaltlich und vom Thema ist sie gelungen.
Liebe Grüße
Sabine

 

Hallo amprioflo,
erstmal ein herzliches Willkommen hier.
Ich möchte mich hier ein bisschen zu deiner Geschichte auslassen ;)
Bzgl. der Rechtschreibung möchte ich mich nicht wirklich auslassen, da ich vor allem über zwei Worte "Iphonegeneration" und "Afterweckersnoozetime" gestolpert bin, ich aber keine Ahnung habe, wie sie richtig geschrieben werden, nur dass das so nicht stimmt. Vermutlich I-Phone Generation und beim zweiten weiß ich noch nicht mal, ob es das Wort wirklich gibt.
Und dann ist mir noch etwas direkt aufgefallen. Bitte trenne doch die Vergangenheit von der Gegenwart durch einen Absatz, das macht das ganze einfacher zu lesen.
Einmal bist du mit der Zeit durcheinandergekommen:

Irgendwas zog ihn aus dem Hamsterrad, in dem er Tag für Tag den Strom des Lebens strampelt.
Bleib bitte im Präsens.

Jetzt ein bisschen was zum Inhalt:
Ich würde definitiv sagen, dass du hier etwas Philosophisches geschrieben hast, immerhin kennen wir alle den Druck, der von der Gesellschaft und uns selbst kommt. Das aufgeben von Träumen, weil sie sich nicht erfüllen können. Das sogenannte "erwachsen werden".
Tja, leider kann man daran nur wenig ändern, aber dein Prot scheint ja aus diesem Zyklus mit ein wenig Hilfe ausbrechen zu können.
Wobei ich die Geschichte mit dem Obdachlosen nicht wirklich verstanden habe. Woher kennt er Robert? Wenn du schon schreibst, dass Robert ihn kennt, dann geh doch bitte zumindest darauf ein, woher. Sicher, deine Kurzgeschichte ist wirklich kurz, sie könnte aber durchaus etwas länger sein.
Also das sind zumindest die Sachen, die mir aufgefallen sind. Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen.
LG Scribo

 

Liebe Wortkrieger, danke für eure Rückmeldung. Ich versuche mich nochmal hinzusetzen. Die WW und Tempusfehler überarbeite ich nochmal. Die Geschichte entstand im Rahmen eines kleinen Schreibwettbewerbes zum Thema " Leistungsdruck". Da seid ihr der Sache gut auf die Spur gekommen.
Der Obdachlose stellt eine Leerstelle für eigene Interpretationen dar, könnte zum Beispiel ein alter Schulfreund sein, dessen Lebensleg leider anders verlaufen ist, als der des Robert. Daher die vertraute Anrede. Das Ganze "Guten" Robert war eigentlich als hessische Anrede gedacht. " Ei gude".

Im Prinzip steckt für mich die Message darin, dass man anhand von anderen Menschen, denen es vielleicht schlechter geht als uns selbst, mal wieder Zeit und das Wahrnehmen für den Moment haben. Und wenn es nur ein gutes Frühstück mit einer ordentlichen Konversation ist, ohne Ablenkung und Zeitdruck.

Viele Grüße Flo

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi amprioflo,

erstmal ganz herzlich willkommen.

Deinen Text finde ich ganz klasse, wow. Er hat mich mitgenommen und ich fühle sehr viel Herzblut darin.

Ja, du hast einige WW in deinem Text, da solltest du mal überlegen, wie sie sich vermeiden lassen. Hübsch zum Beispiel ist ein relativ nichtssagendes Adjektiv. Beschreibe doch zum Beispiel wie du dir die Kleider erträumt hast. Wie bunte, flatternde Fahnen oder vielleicht ein Hauch von bunten Farben, die den Mädchenkörper umschmeicheln. Wenn man träumt dann richtig und dann sinnlich.

Tilge aber bitte nicht alle Wiederholungen. ich weiß, da kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber du bist nicht hier, um dich glattbügeln zu lassen. Wiederholungen können auch Stilmittel sein und insbesondere der inflationäre Gebrauch des "träumens" hat mir gefallen.
Das ist kein Mainstream Text und das ist gut so. Gerade aus dem Mainstream möchte dein Protagonist austreten und da darf dein Stil auch gegen den Strom schwimmen.

Klasse fand ich auch die kurzen, wie im Stakkato folgenden Sätze. Sie geben diesen Zeitdruck wieder. In der Beschreibung der Kindheit würde ich sie vermeiden.

Er hatte eigentlich eine glückliche Kindheit.

Eigentlich impliziert immer eine Einschränkung. Kannst du auf eigentlich verzichten?

. Er möchte schneller sein als die Zeit. Seine Autouhr ist auch 3 Minuten vorgestellt, dass er nie zu spät kommt. Als er noch jung war, hatte er noch Träume.
Hier solltest du unbedingt einen Absatz vor dem "Als er noch....." machen

Mindestens ein Bild pro Monat aus dem Ausland posten. Praktika und Berufserfahrung haben. Und ja nicht scheitern.
Ein Leben auf der Überholspur, gefällt mir.

Doch, ja er kannte ihn. Ein Gefühl. Irgendwas in seinem Synapsenzirkus ändert sich.
Mir ist es egal, woher er ihn kennt. Vielleicht erinnert er ihn auch nur an ein Stück Freiheit, das er verloren hat. Da würde ich auch nicht konkretisieren.

Du hast interessante Wortschöpfungen verwendet und einen gelungenen Gebrauch von Anglizismen im Text

Synapsenzirkus

Ein Apple ins Müsli. You know [ , ] the doctor.

Hier fehlt allerdings ein Komma, damit es Sinn ergibt.


„Guten [ , ] Robert, ich hoffe Du hast gut geschlafen.
Ein Komma zwischen Guten und Robert würde implizieren, dass Guten Morgen zu Guten verkürzt ist.

Tut mir Leid, dass ich ich hier…“ Stille.
Hier ist ein ich zu viel und leid schreibt man klein.

plaudern über Gemeinschaftsunterkünfte [ und], Burn-Out-Symptome [. Über ],Schlafstörungen und Tafelläden
Hier hast du eine Aufzählung

Auch mit der Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede könntest du dich noch mal beschäftigen.

Ein Beispiel deines Textes:

Sie hat so lieb gefragt hat. „Ist alles in Ordnung bei euch?
Hier ist ein hat zu viel und vor den Anführungszeichen kommt kein Punkt sondern ein Komma.

Dein Text ist es wert, dass du ihm noch ein wenig Zeit schenkst. Da gibt es noch einige Mängel, hauptsächlich formaler Art. Vielleicht hast du jemanden, der ihn gegenliest.
Außerdem würde ich dir dringend raten, mehr Abschnitte zu machen. Das erleichtert das Verständnis und den Lesefluss.

Ich habe ihn sehr gerne gelesen.


Liebevolle Grüße

Mata

 

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