Was ist neu

Noli me tangere

Empfehlung
Challenge 1. Platz
Challenge 1. Platz
Monster-WG
Seniors
Beitritt
04.03.2018
Beiträge
1.354
Zuletzt bearbeitet:

Noli me tangere

Habt ihr das von diesem … Otchorak? Niemand hat das bisher gefragt, obwohl das Plakat seit Wochen im Fenster hängt. ›Ein Buch übers Abtauchen in eine Parallelwelt‹, damit kenn ich mich aus. Und ein Buch, das niemand lesen will. Ich sehe sie draußen vorbeigehen, kleiner Seitenblick und weiter.
Für die meisten, die zur Tür reinkommen, bin ich unsichtbar. Angestrengt schauen sie durch mich hindurch und gleich die Regale hoch. Vorbeifucker nenn ich die.
Zugegeben, ich bin nicht gerade ein Hingucker. Verdrehte Beine, zuckende Arme, das Gesicht eine Fratze. Ein Häufchen Elend, hineingeschissen in einen Hightech-Rollstuhl. Der Spasti, denken sie. Ich sehe es ihnen an, wie es hinter den Stirnen arbeitet, sehe die Abscheu in ihren Gesichtern, spüre die Blicke an mir vorbeiwandern. Und wie sie innerlich abdrehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufgehübscht werden kann.
Breaking News: ›Bildungsbürger im Vintagewahn.‹
Für manche von denen setze ich meinen VR-Helm auf und mach einen auf elektrischen Stuhl. So haben sie wenigstens einen verfickten Grund abzudrehen.
Ich kann sie laut denken hören. Totalschaden, der Junge – aber die Kutsche ... Möchte nicht wissen, was die kostet. Doch, möchtet ihr. Ihr möchtet von allem den Preis wissen. Immer. Damit ihr vergleichen könnt. Ich kann euch sagen, welchen Preis man bezahlt für einen Freedom-Chair XTR. Der Preis ist, zu wissen, wie beschissen das Leben sein kann.

Oben auf der Klippe. Der Wind nimmt mir den Atem, treibt eine Träne über die Wange. Die nächste Welle bringt das nächste Grollen. Salz auf der Zunge. Gischt steigt aus dem Kessel hoch, die gegenüberliegende Seite verschwimmt im Dunst. Noch einen Schritt und ich kann es sehen. Brodelndes Meerwasser, überschlagende Wellenkämme, die sich gegen die schroffen Wände werfen, an ihnen aufplatzen und zerfließen. Wenn ich blinzele, sehe ich weiße Gesteinsadern in dunkelblauem Marmor. Das Muster bewegt sich unruhig, formiert sich ständig neu. Nur die Felssäule in der Mitte des Kessels bleibt unverändert. La Isla azul.
Zwei Schritte Anlauf, tief Luft holen. Ich schließe die Augen, laufe los und springe kopfüber in den Schlund. Im Fall spreize ich die Glieder und spüre, wie der Wind in den Wingsuit greift. Schnell ist die Sonne weg, blaue Schattenkälte fällt auf den Anzug.

»Ist der Buchhändler da?« Wir haben kaum auf, da kommt die Brötchentüte rein. Sie hängt an der Hand, die durch den blauen Ärmel mit einem weißen Bart verbunden ist, über dem braune Augen an mir vorbeistarren.
Kurzen Moment, ich lauf mal eben die Treppe hoch und hol ihn Dir, liegt mir auf der Zunge. Früher hätte ich es rausgehauen, ohne Zögern. Stattdessen ziehe ich ein Spasti-Gesicht, just for you, bunbag, und tippe das übliche Geschwafel.
– »Wie kann ich behilflich sein?«, lasse ich Palina blechern. Sie hat nie einen Hamster im Hals, den sie hochwürgen muss. Immer clean mit diesem Timbre, Hast du schon was vor, schnurr! Dazu Lippenlecken – wenn sie könnte.
Die Brötchentüte knistert, dann werden die Füße musikalisch und fangen an, auf den Fliesen rumzuklackern.
»Äh, ich glaub, ich komm später noch mal.«
Türglocke. Boom! in den Rücken – Fingerspitze pusten.

Ich hasse dieses Gebaren, diese freaky Berührungsängste. Am liebsten würde ich der Welt den Mittelfinger geben und ein Fuck You! dazu. Fickt euch alle!
Aber mal ehrlich, selbst wenn ich es könnte, wen oder was würde das ändern? Ich hab es versucht, mit der Sprachausgabe geht das nicht, der Singsang kommt weird, immer wie ein scheiß Navi, ›Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
Besonders wenn Palina eingestellt ist, wobei alles, was sie sagt, gleich klingt, egal ob ›Sie haben Ihr Ziel erreicht‹ oder ›Blasen zwanzig Euro‹. Btw, schön wär's.
Gott ist ein erbärmlicher Wicht. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße. Wahrscheinlich grinst er noch blöd und will mich umarmen, faselt was von anderer Wange oder so. Jesus!, was für ein creep!

Visor!‹ Der Sichtkranz und die Instrumente blenden sich ein. Mit einem Blinzeln nehme ich die Spitze der Felssäule in den Fokus, aktiviere den künstlichen Horizont und justiere den richtigen Winkel. Nicht zu steil, Seitenwind beachten. Ich weiß, oben an der Abrisskante stehen sie, die Lurker und glotzen. Ihre Eier haben sie wie immer zuhause gelassen. Über mir kreisen Drohnen wie ein Schwarm riesiger Mücken.
Breaking News: ›Allein im Land der Raketenmücken‹.
Am Rand des Blickfelds läuft der Countdown. Bei Zero beginnt der optische Alarm. Ich löse aus, der Schirm platzt aus dem Rucksack. Die Seile reißen mich empor, zugleich werden die Flügel abgeworfen, überschlagen sich flatternd. Tief unten werden sie von der brausenden Gischt geschluckt.

Eigentlich bin ich nicht unsichtbar, ich werde übersehen. Feiner Unterschied das. Und wie bei einem Scheißhaufen passiert es manchmal, dass eine, die es eigentlich besser wissen müsste, trotzdem reintritt.
»Habt ihr das von Otchorak?«
Es dauert eine Weile, bevor meine Klauen die Antwort in die Tastatur gestochen haben. Was auch daran liegt, dass meine Ohren erst mal verdauen müssen, was sie gehört haben.
Der Wollmantel steht da und wartet. Die Augen glänzen. Sie haben ein ganz bestimmtes Blau, goldene Sprenkel darin. Kann nur so sein, weil auch ihre heiligen Haare gülden vor dem Schattenblau der Regale leuchten. Lapislazuli. Ich taufe den Wollmantel Lapis.
Ich mache das, ich gebe Dingen Namen, manchmal trifft es auch lebende Dinge und ganz selten lebende Dinge, die meinen Puls beschleunigen.
– »We-Te-Eff! Woher kennst du Otchorak?«, blechert Palina vor sich hin.
Als ich es höre, tut es mir leid, das geschrieben zu haben. Vieles klingt im Kopf smart, mutiert aber schnell zu blöd oder peinlich, sobald Palina das rausblechert. Klar nervt das, aber die männliche Sprachausgabe geht gar nicht, da klingt alles nach ›Hasta la ... blabla!‹, und nach zwei Minuten fuckt das so ab.
Lapis lächelt. Kleine weiße Rheinkiesel zwischen weichen roten Lippen.
Life sucks.

»Mit so was solltest du sparsam sein, das kommt aus dem PC ein bissl … cringy.«
Ich lache, es brodelt aus dem Hals wie Hamster mit Durchfall. Cringy also. Von mir aus. Sabber läuft mir aus dem Mundwinkel. Da muss sie durch. Sie schaut immer noch nicht weg. Toughes Mädchen.
– »Okay, Lapis.«
»Lapis?«
– »Vertippt.«
Stirnrunzeln. Sie hält mir die Hand hin. »Luisa.«
Und jetzt?
– »Adam«, sagt Palina. Es ist falsch und so klingt es auch und auch ein wenig hungrig, wie ›Gib mir den Apfel‹. Ich gebe ihr die Hand und schaue sie an. Sie zückt keinen Apfel, sie wartet.
– »›Noli me tangere‹ steht …« Ich zeige Richtung O, wobei der Finger eher zum Boden zeigt, oder zu mir. Lapis Luisa Lazuli findet es trotzdem und kommt zurück.
»Hast du's gelesen?«, fragt sie. Ich nicke.
»Und?«
– »Grandios.«
»Warum?«
– »Glaubwürdig.«
Triple-L drückt mit dem Finger die warme rote Lippe gegen die Rheinkiesel.
Jesus!, wie gerne wäre ich auch mal Finger.
»Und das, obwohl der Protagonist mit dem Unfall keinen Frieden schließt?«, sagt sie. Ich merke schon, sie möchte was rauskitzeln.
Der Hamster wacht auf und kriecht meinen Hals hoch. Ich tippe fertig.
– »Er findet eine andere Lösung«, sagt Palina. Dann kommt der Hustenanfall.
Sie klopft mir wie selbstverständlich auf den Rücken. Nicht so fest, dass es weh tut, und nicht zu schlapp, gerade richtig. Und gerade so wie etwas, das getan werden muss, weil es unserem Gespräch im Weg steht. Als ich ins Tuch spucke, zuckt ihre Lippe. Dann fängt sie an, mit dem Buchrücken in die Hand zu klopfen, als müsse sie nun den Hamster, den ich rausgewürgt habe, totschlagen.
Triple-L schaut mich an und zögert. Sie klopft ein letztes Mal, dann hält sie es fest.
»Okay, ich nehm's mit.«

La Isla azul. Unter meinen Boots dreht sich die Felssäule, die Spitze ist flach abgeschnitten. Das Gebäude darauf ist schlicht, ein kleiner Rundbau mit weißer Kuppel.
Eine Böe schlägt in den Schirm, ich ziehe links, drohe wegzudriften, komme ins Pendeln, gleiche aus. Dennoch segele ich zu schnell über die Kante.
Diesmal nicht! Hart reiße ich an den Steuerleinen, schlage auf, bekomme die zerfurchte Steinflanke zu fassen und klammere mich fest. Unter mir bricht ein Stück aus der Wand, von hinten zerrt der Schirm, ich koppele ihn ab, bevor er mich in die Tiefe ziehen kann. Als ich mich hocharbeite, kommt der Schmerz.
Jesus!, er tut so gut. Ich hab's geschafft, ihr Fucker.
Blut tropft auf Höhe des Schienbeins aus dem Anzug, ich kann nicht aufstehen. Von oben ein Lurker-Raunen. Schon eine Weile gibt der Visor Warnzeichen, ich schalte ihn aus. Auf allen Vieren krieche ich vorwärts zu dem Rundbau, ziehe mich innen am Terminal hoch und klatsche auf den Buzzer. Im Display ein Goldregen. Eine Ahnung von Applaus dringt durch die Brandung.
›Isla azul completed!‹ Zweitausendfünfhundert Coinells. Ein Schwimmbecken voller Nullen und Einsen, Klingeling. Ein binäres Denkmal in Kryptowährung.

Vor der Tür wartet die Sonne auf mich und Kälte und Geräusch. Der Kaffeebecher, der vor dem Nachbarladen sitzt, rappelt mit den Münzen darin. Ich fahre die Rampe runter, wenigstens sieht er mich. Ich klopfe eine Kippe aus der Box. Bevor ich sie anhabe, ist die Sonne fast unten. Nikotin ist zuverlässig, es tut, was es soll. Ich werde mit Watte ausgestopft. Es bleibt nur Watte übrig und gespannte Haut, Ballonhaut, und einfach die sabbernde Fratze in die Sonne zu halten. Ebenso zuverlässig kommt der Husten und der Hamster in meinem Hals verreckt. Bis ich ihn hervorgewürgt und auf den Asphalt gerotzt habe, vergeht eine Minute voller Krämpfe und Atemnot.
Als es wieder still ist, rappelt der Kaffeebecher. Ich zieh ein letztes Mal an der Kippe und schnippe sie Richtung Becher. Natürlich fällt sie daneben, natürlich auf seinen Schlafsack.
»He, spinnst du?«, sagte er und wischt sie weg.
– »Oh, nicht getroffen«, blechert Palina.
»Arschloch!«, sagt der Kaffeebecher.
– »Na also, geht doch«, sagt Palina. Ich grinse. Er grollt genau drei Sekunden, dann grinst er zurück.
»Bist schon ne arme Sau, ne?«
– »Und du?«
»Kann wenigstens laufen.«
– »Torkeln, Alter, Torkeln.«
Kaffeebecher grinst und schüttelt den Kopf. Er kann nur grimmig oder grinsen. Dazwischen nix. »Haste ne Kippe?«
– »Was zahlst du?«
Jetzt wird er richtig sauer. Die steile Furche sagt mir, die Grimmig-Schranke ist wieder unten. Fürs Schnorren Geld bezahlen, das hängt quer in der Luft zwischen seinen Ohren.
– »Spaß!« Ich arbeite an der Box, schnippe eine Fluppe, sie landet in seinem Schoß. Natürlich freut er sich diesmal, sein Gesicht geht auf wie eine verfickte Kaktusblüte.
Breaking News: ›Krüppel hält grimmig grinsenden Penner aus.‹
Für den nächsten Satz lasse ich mir Zeit. Gerade raucht er und auch danach hat er wohl nichts Großes vor mit dem Tag. Ich warte, bis er zu mir rüberschaut und drücke den Knopf.
»Kannst dir Schachtel verdienen«, blechert Palina. »Sie, beiger Wollmantel, rote Lippen. Sag mir Bescheid.«
Ohne seine Antwort abzuwarten, fahre ich die Rampe hoch.

Es ist verlockend, die Coinells umzusetzen in Interiors, Vessels, Buildings. Anfangs habe ich gekauft wie blöd, bis ich kapiert habe, das bleibt alles bei mir. Es gibt keine Müllabfuhr in EternyCity. Was du nicht weiterverkaufen kannst, klebt an dir, du schleifst es immer mit, dein persönlicher Ballast. Leider hat es gedauert, so ein paar hundert Coinells, bis ich das kapiert habe. Vor allem, bis ich gerafft habe, das gilt auch für den virtuellen Klon.
Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.
Auch wenn du dem Game weismachst, du wärst eine Kreuzung aus Hulk und Caligula, in irgendeinem toten Winkel stolperst du über das verfickte Teil. Natürlich will ihn niemand haben – wie im realen Leben.
Soll nicht heißen, Augmented Eternity wäre nicht real, sie wird es zunehmend. Adam lernt brutal schnell – auch wenn ich nicht on bin. Erstaunlicherweise gehe ich mit dem Meisten, was er in meiner Abwesenheit tut, d'accord. Braver, gut erzogener Bengel. Ein viriler Zeuge aus dem Land Davor. Ob er irgendwann ich wird, oder ich zu ihm? Wir zu uns? Jesus! Ein Mats-Adam, Konichiwa Matsadam!
Jetzt hat Adam einen Hamster gekauft, der stundenlang im Hamsterrad seine Runden dreht. Zwei Coinells. Lässt hoffen, er hat dadurch keine Zeit, auf dumme Gedanken zu kommen – der Hamster jetzt.
Es gibt nur eine Möglichkeit, Dinge endgültig loszuwerden. Ich kaufe für achtzig Coinells ein Grab, schiebe den Rollstuhl in das Loch und sehe zu, wie er feierlich von zwei Spaten ohne Herrchen dran zugeschaufelt wird.
In den Stein lasse ich M O meißeln, nur M O.

»Du willst mich sprechen?« Die Türglocke hat sich noch nicht beruhigt.
– »Sagt wer?«, fragt Palina mit dem letzten Gebimmel. Jetzt wird es eng.
»Der Typ da draußen vor der Tür.« Scheiße, okay, die Kippen sind gestrichen.
– »Hast du's gelesen?«
»Hab ich.«
– »Und?«
»Ich weiß nicht. Ich finde, der Typ, dieser Mats, der gibt zu früh auf.«
Sie schaut ernst und ganz gerade in mich hinein. Ich will, dass sie bleibt, dass sie Geduld hat, dass sie zuhört. Mir wird heiß. Ich will ihre Hand auf mir spüren, mehr als geübte Schläge auf den Rücken. Nein, verdammt, ich will, dass sie abhaut, dass sie nie hier gewesen ist!
Meine Hand zittert, als ich die Tasten drücke.
– »Er findet eine Form der Wiedergeburt.«
»Klar, in einer Welt, die nicht real ist, wie in Matrix.«
– »Der virtuelle Klon ersetzt ihn.«
»Das ist Flucht.«
– »Ja, das ist das Gute daran.«
Natürlich ist das Flucht, was sonst?
Moralisch verwerflich, pfui, wie kann er sich dem gottgewollten Schicksal entziehen? Leute, ihr müsst euch mal zuhören.
›Gott hat diesen Stein der Vorsehung am Trail platziert, Gott hat es an diesem Tag regnen lassen. Gott hat mir den Lenker verrissen. Amen.‹ Gott ist zwar ein verdammter creep, aber für nichts von alldem hat er persönlich gesorgt. Das war alles ich.
Meine Entscheidung, mich im Regen diesen verfickten Trail runterzustürzen. Und EternyCity ist auch meine. Alles menschengemacht. Euch Fuckern wünsche ich einen traumhaften Tag im Freedom-Chair XTR.

– »Rauchst du?«, säuselt Palina.
»Nee«, Triple-L schüttelt den Kopf, »aber wenn du mal ne Pause brauchst …«
Ich nicke und fahre los. Triple-L kommt tatsächlich hinterhergeschwebt. Ich weiß, niemand sieht ihre Flügel. Ich sehe sie auch nicht, ich höre sie nur.
Ich hab noch nie Kaffeebecher blöd gucken gesehen, nur grinsen oder grollen, heute ist es so weit. Im Vorbeifahren schnippe ich ihm eine Fluppe zu. Er ruft mir ein ›Hey, danke, Alter!‹ hinterher. Jesus! Allein das Gesicht war es wert.
Wir fahren und schweben Richtung Park. Oben auf der Brücke über den Weiher mach ich die Kippe an. Die Zeit ist nicht top five, aber respektabel.
Breaking News: ›Der Beginn einer ungleichen Freundschaft?‹
Verfickte Scheiße, ich will das nicht sagen, aber meine Finger gehorchen mir nicht und tippen. Gehirn an Brücke, Finger stoppen. Hand zeigt Gehirn Mittelfinger. Von der Kippe tränen meine Augen. Mittelfinger drückt Enter. Zu spät!
– »Schau es dir mal an …«, sagt Palina laut und deutlich, bevor der unvermeidbare Hamster kommt. Stoisch wartet Luisa und klopft genau dann, als ich es brauche. Mich wundert, wie selbstverständlich sie das hinnimmt, als wäre das gewöhnlich, was es nicht sein kann, weil es keine Gelegenheit zur Gewöhnung gab. Auch der halbe Hamster, den ich in den Weiher rotze, schreckt sie nicht ab.
She's a warrior, she truly is. Nur das Schnappen der Fische bringt sie etwas aus dem Konzept, ein kleines bisschen Etwas.
»Ich überleg's mir, Mats. Ich überleg's mir.«

 
Verwendete Wörter
Kopfüber • Lapislazuli • Flügel • Rollstuhl • Zeuge

Mahlzeit @linktofink,

nutzt ja nix. Drei mal gelesen. Kann ich ja nicht sagen, ich hätte den Text nicht gelesen. Aber selbst nach dreimaligem Lesen hat er sich mir noch nicht so wirklich offenbart. Gut, ein Mensch in einem sehr fortgeschrittenen Rollstuhl, Sein Körper oder Teile seines Körpers werden von Spasmen heimgesucht. Kommunikation läuft eingeschränkt, etwa über ihm zur Verfügung stehende Hardware (ähnlich wie bei Hawking). Und eine Verbitterung ist auf jeden Fall existent. Ab und zu dachte ich, dass er eine 3D-Brille benutzt, um sich zumindest virtuell aus seinem Zustand zu befreien und etwa den verursachenden Unfall nachspielt bzw. es schafft, dem Klippen-Diving heil zu entkommen. Aber ich bin mir nicht sicher.

Dann hab ich mich gefragt, ob er sich vertippt hat, denn "Noli mi tangere" müsste eigentlich "Noli me tangere" heißen. Berühre mich nicht. Aber vielleicht war das ja Teil deines Planes.

:shy:

Das ist zweifelsfrei astrein geschrieben. Aber ich zwischendurch dachte ich immer, ich hätte was überlesen und deswegen den Faden verloren.

Griasle
Morphin

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @linktofink

Mir geht es ähnlich wie Morphin. Die Geschichte finde ich an sich toll geschrieben, kein Zweifel. Ich habe sie mittlerweile mehrmals gelesen, verstehe jedoch immer noch (fast) nichts.

Ja, da ist der Prota, welcher in einer Art Hightech-Rollstuhl sitzt und über ein Keyboard und eine elektronische Stimme namens Linda (oder ist das der Name des Boardcomputers bzw. des Freedom-Chair XTR Computers?) mit der Aussenwelt kommuniziert. Er ist verbittert, zornig und spöttelt auch gerne mal bitterböse.

Das Cliff-Diving: Ich habe mich auch gefragt, ob das eine Art VR ist. Sehr wahrscheinlich schon. Sitzt er deswegen im Rollstuhl, weil er es mal in echt versucht hat und das schiefgegangen ist? Und jetzt probiert er es in VR immer wieder, verbissen, bis er es schlussendlich schafft?

Ich hab's geschafft, ihr Fucker.
›Isola Azul completed.‹

Dafür heimst er Coinells ein, Kryptowährung.

Soviel glaube ich verstanden zu haben. Was mir weiter aufgefallen ist, sind die englischen Ausdrücke im Text: cringy, creepy, weird. Das klingt natürlich "schön" modern, solche Ausdrücke in einem Text erachte ich persönlich aber als Vergewaltigung der deutschen Sprache ;) Bitte nicht zu ernst nehmen! :aua:

Ein paar Details:

Und wie schnell sie wegsehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufhübscht werden kann.
aufgehübscht

Durch die Brandung steigen feine Gischtwolken aus dem Kessel hoch.
Weiß nicht, ob Kessel hier passt. Unten ist ja das Meer. Geologisch gesehen ist ein Kessel eine Vertiefung. Dann läge aber das gesamte Meer in diesem Kessel. Vielleicht passt Becken besser?

»Wie kann ich behilflich sein?«, lasse ich Linda blechern.
Bin mir nicht sicher, ob man das so schreiben kann. Ich verstehe natürlich, dass Lindas Stimme blechern klingt. Finde die Formulierung zumindest interessant. Später hast Du das auch noch paar mal drin.

Ich hasse dieses Gebaren, diese phoney Berührungsängste. Am liebsten würde ich der Welt den Mittelfinger geben und ein Fick dich! dazu. Fickt euch alle!
Aber mal ehrlich, selbst wenn ich es könnte, wen oder was würde das ändern? Ich hab es probiert, mit der Sprachausgabe geht das nicht, der Singsang klingt weird, immer wie ein scheiß Navi, ›Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
Besonders wenn Linda eingestellt ist, bei der alles, was sie sagt, gleich klingt, egal ob ›Sie haben ihr Ziel erreicht‹ oder ›Blasen zwanzig Euro‹. Btw, schön wär's.
Gott ist ein erbärmlicher Verräter. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße, dem Stück Scheiße. Wahrscheinlich grinst er noch blöd und will mich umarmen, Jesus!, was für ein creep!
Hat mich sehr amüsiert, diese Stelle. Wirklich gut geschrieben (auch wenn ich die englischen Ausdrücke nervig bzw. etwas zu gehäuft fand).

Ich weiß, oben an der Abrisskante stehen sie, die Lurker und glotzen.
Wer sind die Lurker? Zuschauer?

Und wie bei einem Scheißhaufen, der auf dem Gehweg liegt, passiert es manchmal, dass jemand, die es eigentlich besser wissen müsste, trotzdem reintritt.
der, oder?

Ich taufe den Wollmantel Lapis. Ich mache das, ich gebe Dingen Namen, manchmal trifft es auch lebende Dinge und ganz selten lebende Dinge, die meinen Puls beschleunigen.
Vieles habe ich nicht geschnallt, aber das ist eigentlich klar und müsste m.M.n. nicht extra erwähnt werden. Den anderen Kunden nennt er zuvor ja schon "Brötchentüte". Dann kommt Lapis und später auch noch Kaffeebecher, der Penner.

– »›Noli mi tangere‹ steht …«
Hatte Morphin auch schon angemerkt, korrekterweise müsste es Noli me tangere heissen. Habe ich aber auch nur rausgefunden, weil ich danach gegoogelt habe. Kann kein Latein.

Ich zeige Richtung O, wobei der Zeigefinger eher zum Boden zeigt.
Etwas viel zeigen in einem Satz.

Eine Ahnung von Applaus ohne Eier dringt durch die Brandung.
Die Lurker haben keine Eier, der Applaus auch nicht. Bei den Lurkern kann ich mir das noch vorstellen, verstehe aber auch nicht genau, was Du damit aussagen willst. Weil die Lurker nur gaffen und den Klippensprung niemals selber wagen würden, nehme ich mal an. Aber was ist ein Applaus ohne Eier? Wie klingt der? Verhalten, schwach?

Ich klopfe eine Kippe aus der Box. Bevor ich sie anhabe, ist die Sonne fast unten.
Irgendwie kann ich mir nicht recht vorstellen, wie er in seinem Zustand eine Kippe anzünden kann? Klingt hier, als wäre das kein Problem. EDIT: Ach nee, er braucht extrem lange dafür, weil ja die Sonne danach fast unten ist!

Es ist verlockend, die Coinells umzusetzen in Interiors, Vessels, Buildings.
Was ist das alles? Also Buildings ist eigentlich klar. Aber Interiors könnten Körperimplantate sein. Oder die Innenausstattung eines Buildings. Vessels eventuell Flugmaschinen, kleine Raumschiffe, Gleiter?

Es gibt keine Müllabfuhr in EternyCity.
Mmmh, der Name gefällt mir nicht so recht. Klingt nach einer Abkürzung von Eternity City, also die Ewige Stadt oder Stadt der Ewigkeit. Finde ich nicht so kreativ. :rolleyes:

Leider hat es gedauert, so ein paar hundert Coinells, bis ich das kapiert habe. Vor allem, bis ich gerafft habe, das gilt auch für den virtuellen Klon. Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.
Ich glaube, diese Stelle ist sehr wichtig. Habe ich bisher wohl überlesen gehabt diese Infos. Also virtueller Klon: Das müsste dann der Klippenspringer sein, oder?

Jan Frodeno und Caligula
Muss man Jan Frodeno kennen? Noch nie gehört ...

Soll nicht heißen, Augmented Eternity wäre nicht real, sie wird es zunehmend.
Mmmh, deshalb auch der Name der Stadt ... okay ... Wieso nennt sich das Augmented Eternity? Kann man nach dem Tod dort weiterhin sein digitales Dasein fristen?

Adam lernt brutal schnell – auch wenn ich nicht on bin.
Adam ist der Name des Protas, so stellt Linda ihn vor. Heißt sein virtuelles Gegenstück genau gleich? Oder wie ist das hier zu verstehen?

Erstaunlicherweise gehe ich mit dem Meisten, was er in meiner Abwesenheit tut, d'accord.
Jetzt auch noch Französisch ... Meine Güte :lol:

Braver, gut erzogener Bengel. Ein viriler Zeuge aus dem Land Davor.
Nein, Adam kann nicht das virtuelle Gegenstück sein. Wer ist er dann?

Jetzt hat er einen Hamster gekauft, der stundenlang im Hamsterrad seine Runden dreht. Zwei Coinells. Lässt hoffen, dass er dadurch keine Zeit hat, auf dumme Gedanken zu kommen. Der Hamster jetzt.
Es gibt nur eine Möglichkeit, Dinge endgültig loszuwerden.
Das Ende dieses Absatzes ist für mich schwer zu verstehen. Komme da nicht richtig mit. Den Satz habe ich unterstrichen, weil mich der komplett rausgeworfen hat. Wieso steht der da? Was sagt der aus?

»Du willst mich sprechen?« Die Türglocke hat sich noch nicht beruhigt.
Die Türglocke [...] würde ich auf eine neue Zeile nehmen.

Gott hat diesen verdammten Stein am Rand vom Trail platziert, Gott hat es an diesem Tag regnet lassen.
regnen

Oben auf der Brücke über den Weiher mach ich die Kippe an.
Kommas fehlen: Oben, auf der Brücke über den Weiher, mach ich die Kippe an. Jetzt kann er die Kippe aber viel schneller anzünden ...

She's a warrior, true she is.
Vielleicht: She's a warrior, she truly is.

Nur das Schnappen der Fische bringt sie etwas aus dem Konzept. Ein kleines bisschen Etwas.
»Ich überleg's mir, Mats. Ich überleg's mir.«
Was überlegt sie sich? Irgendwas soll sie sich wohl anschauen, aber was? Dann noch: etwas klein, oder?

EDIT: Mats? Das ist doch der Typ in dem Buch, oder nicht? Ist mir jetzt gerade erst aufgefallen. Wieso spricht sie ihn mit Mats an und nicht mit Adam? Ist Mats der virtuelle Adam oder umgekehrt? Puuh, ich blicke echt nicht durch :confused:

Ja, ich habe wohl das Meiste nicht verstanden. Ein interessanter Text, das auf alle Fälle. Aber das ist echt schwer, die Handlung komplett nachzuvollziehen. Auch das mit Linda und Luisa zwei sehr ähnliche Namen vorkommen, hat mich stellenweise verwirrt. Ich wusste nicht mehr, wer da jetzt was sagt. Dann das mit Adam und dem virtuellen Gegenstück, das habe ich auch nicht so richtig verstanden. Existiert Adam in beiden Welten, kann der eine sich losgelöst vom anderen "bewegen"? Oder klinkt sich Adam jeweils in diesen virtuellen Adam ein? Das würde zumindest mir helfen, die Geschichte etwas besser zu verstehen, auch wenn es noch einige weitere Fragen gibt, die man sich dazu stellen kann.

Die Tags der Geschichte: Wieso kein Sci-Fi? Rein aufgrund der Tags hätte ich niemals so eine Geschichte erwartet. Hatte aber auch was Überraschendes.

Was kann ich noch sagen? Kreativ ist das Ganze auf jeden Fall. Aber zu verworren bzw. zu unklar in der Handlung, als dass ich da wirklich der Story folgen könnte. Vielmehr weiß ich für den Moment auch nicht zu berichten ...

Virtuelle Grüsse,
DM

 

Lieber @linktofink

ich hatte die Geschichte 2 x gelesen, kurz nachdem Du sie eingestellt hast und nicht wirklich was geblickt. Dann dachte ich mir, ich warte mal, was andere so dazu meinen. Und jetzt sehe ich, dass es anderen ähnlich geht wie mir. Beim Lesen krieg ich absolut keine klaren Bilder im Kopf. Das fängt schon direkt beim Einstieg an und zieht sich dann durch die Geschichte. Irgendwie versteh ich auch den Slang nicht, und dann auch soviel Verenglischung mit drin. Immer wieder reißt es mich beim Lesen raus und ich muss grübeln, was ist damit jetzt gemeint. Ich versuche Nähe zu Deinem Prota aufzubauen, und kriegs einfach nicht hin. Da gabs nen Unfall, er ist im Elektro-Rolli und arbeitet. Das finde ich an für sich bewundernswert, aber irgendwie komm ich über die Distanz nicht hinweg.

Hier ein paar Anmerkungen:

»Ist der Buchhändler da?« Vorher am Morgen war die Brötchentüte hier. Sie hängt an der Hand, die durch den blauen Ärmel mit einem weißen Bart verbunden ist, über dem blaue Augen an mir vorbeistarren.

Da krieg ich zum Beispiel auch überhaupt kein Bild im Kopf zustande.

Früher hätte ich es rausgehauen, ohne Zögern. Stattdessen ziehe ich ein Spasti-Gesicht, just for you, bunbag, und tippe das übliche Geschwafel.

Dieses Verenglischen, ist das Absicht? Soll das cool sein?

Ich hasse dieses Gebaren, diese phoney Berührungsängste.

Hier auch.

Ich weiß, oben an der Abrisskante stehen sie, die Lurker und glotzen.

Hier schließe ich mich dem @DissoziativesMedium an. Keine Ahnung, was Lurker bedeutet.

Alles in allem finde ich es schade, dass ich aus Deiner Geschichte nicht so recht schlau werde. Du schreibst so toll. Ich bin gespannt auf die Überarbeitung.

Ganz liebe Grüße und einen schönen Abend,
Silvita

 

Hey L2f,

ich verstehe die übrigen KommentatorInnen. Kann vielleicht aber eine Perspektive dazusteuern. Ich finde auch, dass der Text sehr gut geschrieben ist. Trotzdem, das gleich vorweg, finde ich, du willst hier zu viel zu schnell. Der Text wirkt auf mich unausgeglichen. Du hast den Plan im Kopf, aber du überlässt mir als Leser, finde ich, zu viel. Ich kenne dieses Gefühl beim Lesen von der Rezeption eigener Texte. Bei mir kam so etwas meist: 1. wenn ich vor allem besonders clever und neuartig schreiben wollte und 2., und damit einhergehend, eine besonders steile Perspektive gewählt und meinen Figuren krasse moralische Haltungen mitgegeben hab. Ich dachte dann meistenst, jetzt ist dir der geniale Text gelungen, und dann hat es einfach kaum jemand verstanden. Nur eine Reminiszenz an diesen Leseeindruck und vielleicht schieße ich da bei dir auch ganz am Ziel vorbei. Mir ging es jedenfalls so, dass ich zwischenzeitlich wirklich dachte, wow, das klingt frisch. Und dann hatte ich das Gefühl, der Text verschachtelt sich in Kürzungen und Leerstellen, wird Rätsel.

Der Spasti, denken sie. Ich kann sie laut denken hören

den Nachsatz braucht es eigentlich nicht. Er steht dort nur, weil er dann später nochmal aufgegriffen wird.

überschlagende Wellenkämme, die sich gegen die schroffen Wände werfen

da fehlt was ('sich überschlagende')

Vorschlag:

sich überschlagende Wellenkämme, die gegen schroffe Wände prallen

»Ist der Buchhändler da?« Vorher am Morgen war die Brötchentüte hier. Sie hängt an der Hand, die durch den blauen Ärmel mit einem weißen Bart verbunden ist, über dem blaue Augen an mir vorbeistarren.

Hier wirds konfus. Diesen Satz kriege ich auch nach einer Minute des Brütens darüber nicht aufgedröselt, also gebe ich auf. Klar, Rätselknacken kann auch Spaß machen, aber hier will ich gerne eine Story lesen.

Kurzen Moment, ich lauf mal eben die Treppe hoch und hol ihn Dir, liegt mir auf der Zunge. Früher hätte ich es rausgehauen, ohne Zögern. Stattdessen ziehe ich ein Spasti-Gesicht, just for you, bunbag, und tippe das übliche Geschwafel.
»Wie kann ich behilflich sein?«, lasse ich Linda blechern. Sie hat nie einen Hamster im Hals, den sie hochwürgen muss. Immer clean mit diesem Timbre, Hast du schon was vor, schnurr! Dazu Lippenlecken – wenn sie könnte.
Die Brötchentüte knistert, dann werden die Füße musikalisch ... Weil sie auf den Fliesen herumklackern. »Äh, ich glaub, ich komm später noch mal.«
Türglocke, Boom! in den Rücken – Fingerspitze pusten.

Hier sind echt schöne Sachen dabei. Diese Lautsprachlichkeit ist toll. Und es kommt schon auch an, dass er auf einem Rollstuhl-Computer tippt. Aber wer oder was Linda ist, bleibt mir völlig unklar. Dieser Absatz hat für mein Leseempfinden viel zu viele Leerstellen.

Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße, dem Stück Scheiße.

Das klingt sehr nach Effekt und ich finde, das hat der Text nicht nötig.

So weit erstmal.
Gruß
Carlo

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @linktofink ,

ich mache erstmal eine Stippvisite, um dir zu sagen, wie sehr ich deine Geschichte genossen habe. Es ist ein erstaunlicher Schritt, ich erinnere mich nämlich noch an deinen Einstieg hier, der hübsch rau und kantig (beides im ausgesprochen positiven Sinne) war. Da gabs nur ein paar Unsicherheiten drin, und die hast du dann mit deinen Alltagstexten offenbar überwunden. 'Offenbar', weil ich die meisten davon nicht mehr gelesen habe, das ist einfach ein Genre, das mich nicht interessiert. Jetzt hast du einen Bogen geschlagen: die stilistische Sicherheit und eben das extrem Persönliche, diese tolle eingeschränkte Sicht und diese harsche, aber nicht grobe Sprache, in der ich durchaus Poesie sehe. Und wunderbar, wie alles so selbstverständlich klingt, als gäbe es gar keine andere Möglichkeit, die Welt zu sehen.

Ich kann nicht behaupten, beim ersten Lesen alles verstanden zu haben, und das ist gut so. Ich genieße das über die Maßen, wenn ich - wie im Swimmingpool - ab und zu mal den Boden verliere, oder mit dem Kopf unter Wasser komme, kurz die Orientierung verliere, nicht mehr weiß, wo unten und oben ist, um dann wieder aufzutauchen, kurz zu gucken 'aha, da gehts lang' und wieder ins Tiefe.

Mich hat selbst erstaunt, wie gut mir die fremdsprachlichen Sprengsel gefielen - weil ich nicht vor allzu langer Zeit einen Text fast nur deswegen als unlesbar empfand. Es wirkt hier sehr im Fluß, unprätentiös, und es passt einfach grandios zum Prota. Den finde ich absolut rund und glaubwürdig. Trotz dieser leicht experimentellen Erzählweise kommt mir die Geschichte sehr stringent durchkomponiert vor, nicht arbiträr.

Aber mal ehrlich, selbst wenn ich es könnte, wen oder was würde das ändern? Ich hab es probiert, mit der Sprachausgabe geht das nicht, der Singsang klingt weird, immer wie ein scheiß Navi, ›Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
:rotfl:
Das ist eigentlich nicht unbedingt etwas, das ich witzig finde. Aber dieser knochentrockene Tonfall des Protas, diese leichte Manie und desillusionierte Sicht auf alles. Das verrät immer noch einen Funken Widerstand, also auch Gefühl. Nur eben nicht so platt. Ich habe keine Probleme mit einer Distanz zum Prota, übrigens. Auch klasse mit dem Hamster! (Ja, bauchte auch ein zweites Lesen, aber dann ist es doch eigentlich ganz klar. Ich möchte auch mal rätseln dürfen - solange man die Chance hat, zu verstehen, ist doch gut. Und die Chance lässt du mAn genügend.)

Ich hoffe sehr, du bügelst die Stoy nicht zu stark. Hier stehen aberhunderte Texte, die brav von A nach B erzählen, und Leser wie ich möchten auch mal Spaß haben. Ich würde dir ja gern meinen absoluten Lieblingstext dieser Art verlinken, aber der Autor ist leider schon lange aus dem Forum verschwunden. (War allerdings auch stärker surrealistisch / spekulativ.) Dem trauere ich heute noch nach, fast 10 Jahre später. Mir fehlen solche Texte einfach, und ich finde es grandios, wie du einen Rundbogen schlägst zu deinen Anfängen und gleichzeitig souverän zeigst, wie sehr sich dein Schreiben weiterentwickelt hat.

Liebe Grüße, ich schaue sicher nochmal rein, momentan bin ich gar nicht in Laune, was verbessern zu wollen (da findet sich sicher Kleinkram, und grad, als ich hochscrolle, würde ich auch Carlos' letztem Punkt absolut zustimmen).
:-) Katla

P.S. Ich war sicher, die Blume, die auch so heißt, wäre die Mimose. Es ist aber das Große Springkraut - das zeigt ja diese eigenartige Reaktion, wenn man es berührt, fast so eine kleine Explosion. Du behandelst ja dieses Nicht-Berührtwerden-Wollen sowohl im direkten wie auch abstrakten Sinne, und dein Prota verhält sich im sozialen Gefüge durchaus wie diese kleine Blume.

 

Hallo @linktofink,

mir geht es leider genauso wie schon anderen Kommentatoren: ich habe deinen Text nicht wirklich verstanden. Ich muss zugeben, dass ich nach den ersten Sätzen beinahe schon ausgestiegen wäre, weil ich einfach nur verwirrt war. Weitergelesen habe ich, weil mir der Stil sehr gut gefällt. Deine Mischung aus bildhaften Beschreibungen, fast schon vulgärer Umgangssprache und gelungene Verwendung englischer Begriffe ist erfrischend anders. Das fordert heraus und hebt sich aus der Masse ab. Aber das ändert leider nichts daran, dass mir bis zum Ende nicht klar geworden ist, worauf du hinauswillst.

Liebe Grüße,
Nele

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Morphin und herzlichen Dank, dass Du meinen Text kommentiert hast.

Was bei mir ankommt, ist eine große Verwirrung bezgl. dem, was eigentlich passiert. Du kennst das bestimmt auch, dass Dir selbst das alles so klar erscheint und Du überhaupt nicht verstehen kannst, warum die ganzen Hinweise, die Du einarbeitet hast, nicht dechiffriert werden. So geht es mir momentan und ich versuche mal ein wenig Hilfestellung:
Der Titel Noli Me tangere (Danke für die Korrektur) heißt übersetzt "Berühre mich nicht" und auch "Halte mich nicht fest". Die ersten Absätze, die zwischen Buchladen und Isola Azul wechseln, stellen denselben Prota in zwei Welten vor. Zum einen in der realen Welt, zum anderen in einer virtuellen Welt, in der er mit Hilfe der verdienten Coinells einen virtuellen Klon samt Umgebung formt. Augmented Eternity ist ein Konzept, das die virtuellen Klone nach dem Tod der realen Person weiterleben lässt und zwar hier nicht nur als Chatbot, sondern in dem weiterentwickelten Programm in einer komplexen virtuellen Parallelwelt.
Der Prota namens Mats Otchorak (auf dem Grabstein steht M.O.) ist genau auf diesem Weg, sich aus dem realen Leben zu verabschieden. Er ist derjenige, der sich nicht mit dem Unfall abfinden kann, der nicht seinen Frieden machen kann. Und er hat dieses Buch geschrieben "Noli me tangere", in dem es genau darum geht, in dem er genau über das schreibt, was er vorhat. Halte mich nicht fest, lass mich gehen.
Und an dem Punkt kommt Luisa ins Spiel und reißt ihn aus seiner desperaten Verbitterung, indem sie sich für sein Buch und dann auch für ihn interessiert. Er stellt sich mit Adam vor, dem Namen seines virtuellen Klons, um sich vor ihr zu verbergen, doch Luisa checkt das und erkennt ihn (Im letzten Satz sagt sie Mats zu ihm) und nimmt eine Kontraposition ein. Und durch die Hand, die sie ihm hinhält, wird etwas Neues möglich, ein anderer Weg vielleicht, es hängt in der Schwebe, der letzte Satz lässt es offen.

Meine Frage wäre: An welchen Stellen muss ich beifüttern, damit der Leser das checkt?
Peace, l2f

 

Liebe @Katla,

vielen, vielen, vielen, vielen Dank für Deinen Kommentar. Hier:

Ich hoffe sehr, du bügelst die Stoy nicht zu stark.

Hallo @linktofink :-)

ein klassischer Text, mit dem der Prophet das Rote Meer teilen wird. Tut er ja schon, laut Kommentaren.

In Leipzig gibts keine Ausgangssperre mehr. Leichte Euphorie bei mir. Hoffe, mein Kommentar nähert sich dem Irren nicht an. Wahrscheinlich schon. 99%-Signifikanz! Für Irre!

Dein Text weist Zerfallstendenzen auf, starke Zerfallstendenzen auf, die in den anderen Kommentaren erwähnt werden: Worauf willst du hinaus? Was willst du sagen? Verstehe nichts! Ich glaube, dass @Carlo Zwei das gut beschrieben hast, es wirkt alles ein wenig uneben, unrund. An der Sprache feilen. Klinge ich oberlehrerhaft? Will-ich-nicht! Vielleicht brauchen deine Textabschnitte Referenzpunkte, dass jeder Leser weiß, wo er sich eigentlich befindet. Entweder geographisch oder psychologisch, wo ist die Perspektive, im Laden oder in der Erinnerung, an der Kliff oder in der persönlichen Einschätzung? Also, wo bin ich gerade? Und das könntest du sprachlich stärker ordnen. Dein Text ist wild, aber die Wege und Grenzen sind unklar. Vielleicht nicht nach Stellen arbeiten, sondern nach dem einen Eindruck, der in dem einen Absatz dir vorschwebt. Ich bin im Laden. Der Prota ist wütend auf die Welt. Und von diesen beiden Punkten den Text durcharbeiten. Aber jetzt wirke ich wie ein Oberexperte, aber das bin ich nicht, es ist nur eine Idee.

Aber - jetzt werde ich sehr subjektiv und sehe es ähnlich wie @Katla: Ich habe den Text genossen.

Ich habe ihn genossen, weil er bunt und wild wirkt. Das mag jetzt sehr, sehr seltsam klingen, ich weiß, aber ich nenne solche Texte Ringbahn-Texte. Eine Ringbahn fährt nie durch ein Zentrum. Sie umrundet es, schafft aber exzellente Umsteigemöglichkeiten zwischen allen Linien. Sie gewinnt an Verkehrsstärke. Die Taktfolge wird dichter. Die Zeit, die Touristen beim Liniennetz-Anblicken verwenden, wird länger. Ringbahn, irgendwas tiefen-psychologisches wird dadurch berührt, harmonisch wirkt das. Dein Text hat zu wenige Umsteigepunkte. Orte, an denen andere mitgenommen werden. Ich kämpfe mich gerne durchs Gebüsch auf den Seitenbahnsteig der Berliner S41. Wahlweise S42. Aber viele, viele eben nicht. Das verstehe ich sehr, sehr gut.

Trotzdem, ich mag den Text. Mir kommt es aber auch nicht auf empfundene Nähe oder Plausibilität eines Protas an - die empfundene Nähe reflektiert nur die individuelle, soziale Erfahrung wieder und die bleibt milieu-spezifisch extrem beschränkt, ich brauche keine Nähe. Ich, ich, ich, das ist eben sehr Ich, subjektiv und reinste Sache des Geschmacks.

sie in den Laden trat.
vielleicht "sie den Laden betrat"?
ein Hingucker
Hier hätte ich ein englisches Wort erwartet. Spot vielleicht. Spot, das Wort spuckt in viele Fressen, so scheint dein Hauptprota die soziale Welt wahrzunehmen.

Der Spasti, denken sie. Ich kann sie laut denken hören. Ich sehe Ekel und Abscheu in ihren Gesichtern – falls sich einer ihrer Blicke zu mir verirrt.
Aber eben haben die Leute durch ihn hindurchgeschaut?
Ich kann sie laut denken hören. Zu stark beschädigt, der Junge, aber die Kutsche ... Möchte nicht wissen, was die kostet. – Doch, möchtet ihr.
Voll gut. Das Aufgreifen dieser Alltagsphrasen, Reden zur Stärkung des sozialen Kontakts, Inhalt egal, das Blablablei zählt.
Schattenkälte fällt auf mich.
Denke, das Schattenkälte brauchst du im Sturz nicht. Der nächste Satz "Im Schatten ist alles blau" reicht hier aus. Oder besser eine Flugkälte. Vielleicht sogar ein Fremdwort mal ausprobieren, aerodynamische Fallkälte, auf so etwas würde ich ja stehen, aber Meere sollten nicht weiter geteilt werden.
diese phoney Berührungsängste
phoney ... hm ... nein, phoney klingt für mich zu sanft, das ist ein Wort zum lässigen Einstreicheln. Ich nehme einmal S 25, Bahnhof Südende, und sehe zwei Freundinnen Seelenleid austauschen, kein psychiatrischer Schmerz sondern die mittelgroße Enttäuschung eines durchschnittlichen Schülerlebens, da wird phoney umarmt und phoney berührt und phoney der Kopf hochgehoben, wird schon wieder, morgen wird ja die ewige Sonne wieder aufgehen.
La Isola azul.
L'isola azzura? Italienisch? Spanisch? Portugiesisch?
Vielleicht solltest du bei der Insel auf Englisch bleiben. Dein Text weist ja Zerfall-Tendenzen auf, schwache Kernkräfte, es wäre wichtig, die schwachen Kräfte nicht zu sehr zu provozieren. Lass es bei einer englischsprachigen Insel, der Allerwelt-Artikel "The" erzeugt ja eine ähnliche Wirkung wie das "La". The Oaks' Island.
Besonders wenn Palina eingestellt ist, bei der alles, was sie sagt, gleich klingt, egal ob ›Sie haben ihr Ziel erreicht‹ oder ›Blasen zwanzig Euro‹. Btw, schön wär's.
Hier lese ein beliebtes Stilmittel, das der rotzig-profanen Sexualität. Da bin ich ein bisschen unschlüssig, das passt gut in ein dreckiges und urbanes, vom Schauspielern eigener Härte durchprägten Umfeld. Palina, perfekter Name. Da wusste ich sofort, jetzt gehts in eine sexualisierte Richtungs-Tendenz. Blasen aber, nein, hier empfehle ich dir etwas anderes. Vielleicht Sonderstellung, zwanzig Euro. Kann mich sogar nach dorsal effektiv verdrehen. Die Lage (anatomisch) des Hauptprota aufgreifen.
Gott ist ein erbärmlicher Verräter. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße, dem Stück Scheiße.
Der Satz schlägt zu extrem aus. Du hast auf der Wellenhöhe Gott und ganz unten das Stück Scheiße. Das hat was von einer hochfrequenten Amplitude. Aber ich bin Katholik. Da mag die Amplitude größer erscheinen als für Ureinwohner postsozialistischer Staatshälften. Ansichtssache.

Über mir kreisen Drohnen wie ein Schwarm riesiger Mücken.
wie riesige Mücken. Vielleicht die Mücken anders beschreiben? Wie fette, weibliche Mücken? Wie fette, blutgierige Mücken (zu extrem mMn)? Wie Mücken von Hass und Albtraum-Freude?
Tief unten werden sie vom brausenden Marmor geschluckt.
Der brausende Marmor gefällt mir nicht. Aus einem bestimmten Grund: Im Absatz davor imitierst du die Sprache der technischen Ausführung, in der aktiviert und ausgelöst wird. Brausend und Marmor, das wirkt für die "Flüssigkeit" deines Textes viel zu simpel. Vielleicht von "Blasen geschluckt"? "brausendem Kessel" ... irgendwie. Und warum Passiv?
Hamster mit Durchfall.
Die Fäkalanapher passt hier nicht. Auch hier operiert der Text mehr im Technischen, der schöne Satz um Palina, das hast du sehr, sehr gut beschrieben, @linktofink, aber statt Hamster auf Durchfall würde ich dir eher eine Droge oder eine psychiatrische Störung empfehlen. Hamster auf Speed, Hamster auf Ecstasy, Hamster auf Heroin (zu beruhigend), Hamster in Manie.
– »›Noli me tangere‹ steht …«
mi tangere
Eine Böe schlägt in den Schirm
zu viele "Sch"-Laute.
Unter mir brechen Brocken aus der Wand.
zu viele "Br"-Laute.
Ein Schwimmbecken voller Nullen und Einsen, Klingeling. Ein binäres Denkmal in Kryptowährung.
Hm, binäres Denkmal? Da denke ich an Windows 95. Alt und (äh gut? Keine Ahnung!). Denkmal ist statisch, Schwimmbecken nicht. Vielleicht mit Frost und Eis arbeiten? Aber gut, Geschmackssache.

Soll nicht heißen, Augmented Eternity wäre nicht real, sie wird es zunehmend.
Ich lese hier mehr einen Typen, der seine Beeinträchtigungen durch Gamification kompensiert. Also, hier werde ich abstrakt: Die körperliche Einschränkung führt zum Streben eines Autonomie-Verlangens, eines Wieder-Handeln-Könnens mittels Gamification. Anhand der Mechanik eines Videospiels schafft sich der Protagonist Kontrolle über seine Umwelt und seinen Körper. Ist das die Kern-Idee deines Textes, um den er sprachlich Ringbahn fährt?
Ein viriler Zeuge aus dem Land Davor.

Das Land "Davor" - falls es auf einen Unfall hinweist, finde ich das für deinen Text zu einfach, zu platt. Die derbe, zornige und wütende Kraft deines Protas sollte sich in einer Bezeichnung für die Vergangenheit widerspiegeln.

»Rauchst du?« – säuselt Palina. – »Nee, aber wenn du mal ne Pause brauchst …«
Palina. Vielleicht die Stelle ins Oberkitschige übertreiben (haucht Palina) oder abrupter gestalten: sagt Palina. Schnippt die Zigarette aus der Packung. Palina-20-Euro-Lächeln. Hi. Ich bin Palina. Hält mir die Zigarettenpackung hin. Ja. Ich bin immer noch Palina. Konzentriere mich subversiv.
"Nee, aber wenn du mal ne Pause brauchst ...

Gehirn an Brücke, Finger stoppen. Hand zeigt Gehirn den Mittelfinger
Vielleicht Gehirn weiter spezifizieren? Kognition, stopp den Finger. Hand protestiert. Mittelfinger. Fiese Evaluation.

***

Das war's! Ich hoffe, man versteht wenigstens ein bisschen.

Lg
kiroly

 

Hi @kiroly,

hm, ich hätte jetzt "mich" im Falle des "Rühr mich nicht an" bzw. "Nicht mich berühren" mit "me" übersetzt. Etwa so wie "iuvat me", "es freut mich" oder "pudet me", "... beschämt mich". Jetzt bin ich mir aber auch nicht mehr sicher ...

@linktofink
Ich hatte durchaus vermutet, dass es in Richtung einer virtuellen Realität geht. Ich denke aber, ich weiß jetzt wo ein Knoten ist. Menschen die sich mit den von dir in Text und Kommentar beschriebenen Themen, Begriffen schon beschäftigt haben, werden hier mehr erkennen, als ich mit Papier und Füller schreibender, alter Sack. Ich habe also die Schlüsselbegriffe nicht so umgesetzt, wie es für die Geschichte notwendig gewesen wäre. Das ist interessant. Denn das ist jetzt der erste Text, der etwas beschreibt, dem ich mich in meinem Leben noch nicht zugwendet habe. Insofern trennt er etwas. Generationen? Es ist ein größerer Sprung als von Kerouac zu Mann. Das steht mal fest. Jetzt weiß ich auch, was fehlte, und muss mich noch entsprechend bilden. Das ändert aber nix daran, dass es ein guter Text ist.

Griasle
Morphin

 

Menschen die sich mit den von dir in Text und Kommentar beschriebenen Themen, Begriffen schon beschäftigt haben, werden hier mehr erkennen, als ich mit Papier und Füller schreibender, alter Sack. (...) Insofern trennt er etwas. Generationen?
Hallo Morphin,

nicht unbedingt: Ich bin eine alte Säckin, die alles mit Bleistift & Papier schreibt, nicht mal ein Smartphone besitzt und noch nie ein Computerspiel spielte. Ich hab auch keinen Führerschein, aber: brauche ich vier Räder unter meinem Hintern, um einen Rollstuhl nachfühlen zu können?

Meine Vermutung ist eher, dass es ganz schlicht verschiedene Erwartungen sind, die wir an Fiktionen, Sprache und das Erzählen selbst haben. Eine gewisse SF-affinität schadet sicher nicht.

Der feststehende Begriff ist Noli me tangere. Davon existieren keine Varianten.

Cheers, Katla
(@kiroly Fein, dass es auch für dich so gut funktionierte! :-))

 

hm, ich hätte jetzt "mich" im Falle des "Rühr mich nicht an" bzw. "Nicht mich berühren" mit "me" übersetzt. Etwa so wie "iuvat me", "es freut mich" oder "pudet me", "... beschämt mich". Jetzt bin ich mir aber auch nicht mehr sicher

Hallo @Morphin, hallo @linktofink,

Hast absolut Recht Morphin. Da war ich zu schnell. ?

 

Hey @linktofink,

starker Einstieg!

Angestrengt schauen sie durch mich hindurch und dann die Regale hoch.
"Angestrengt schauen sie durch mich hindurch" gefällt mich, weil es diese Unart so gut beschreibt, jemanden absichtlich zu übersehen. Danach das Rohe, wie sich der Prot selbst beschreibt, fast schon trotzig brutal.
Und wie schnell sie wegsehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufhübscht werden kann.
Autsch. Aber so wahr. Ja, also, ich find's richtig gut, wie du hier reingehst in die Geschichte.

Türglocke, Boom! in den Rücken – Fingerspitze pusten.
:D Ja, ich kann den Prot verstehen. Habe diese Stelle aber rausgepickt, um was anderes zu sagen. Generell finde ich nach diesen ersten Absätzen, dass der Text sehr frisch ist, sehr modern, du traust dich da was, bis rau, frech, direkt, sowohl inhaltlich, als auch mit der Sprache. Mag ich!

Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
Herrlich!

Gott ist ein erbärmlicher Verräter. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße, dem Stück Scheiße. Wahrscheinlich grinst er noch blöd und will mich umarmen, Jesus!, was für ein creep!
Das ist mir wiederum too much, hier wird's anstrengend und für mein Empfinden zu übertrieben. Wäre für mich entbehrlich, die Wut und Frustration bekommt man davor schon gut (wenn nicht sogar besser als an dieser Stelle, da irgendwie natürlicher) mit.

Lapis Luisa Lazuli findet es trotzdem und kommt zurück.
Diesen Absatz, der dann langsam weggeht vom wütend sein (muss auch, sonst wird es glaube ich eintönig), kriegt mich voll. Erst ist sie der Wollmantel, gesichtlos wie all die anderen Ignoranten, aber dann, als sie nicht wegsieht, keine von denen ist, die angestrengt durch den Prot durchsieht, da wird sie Lapis Luisa Lazuli. Damit kriegste mich. Lapis Luisa Lazuli :shy:

Der Kaffeebecher, der vor dem Nachbarladen sitzt, rappelt mit den Münzen darin.
Es liegt schon eine Tragik darin, dass Adam es seinen Mitmenschen gleich tut, sie ebenfalls entpersonifiziert, so wie sie es mit ihm tun. Und dennoch liegt nicht nur Tragik darin, sondern auch eine gewisse trotzige Stärke, ein Weg, wie er mit der Welt umzugehen gelernt hat.

»Kann wenigstens laufen.«
– »Torkeln, Alter, Torkeln.«
Kaffeebecher grinst und schüttelt den Kopf. Er kann nur grimmig oder grinsen. Dazwischen geht nix.
Mag ich!

Ich weiß, dass niemand ihre Flügel sieht. Ich sehe sie auch nicht, ihre höre sie nur hinter mir flappen. Oder es sind ihre Schritte, so genau möchte ich das nicht wissen.
Den ersten Satz finde ich großartig. Die dahinter könnte man streichen, finde ich. Das würde den Satz noch stärker wirken lassen.

Ich habe den Text so verstanden, dass die reale Welt im Buchladen stattfinden, der Rest virtuell. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass Adam der Autor ist, hätte ich ohne deine Erklärung zu "M.O." im Kommentar nicht gecheckt. Macht aber nichts - eine Verbindung habe ich dennoch erahnt.

Ganz ehrlich - für mich würde deine Story auch funktionieren in all ihrer Stärke ohne die Einschübe der virtuellen Realität. Ich fand sogar die Absätze im Buchladen viel stärker, die in der virtuellen Welt haben mich eher rausgezogen, vom Prot entfernt. Aber das mag nur mein Empfinden sein.
Es ist auch gut, dass du irgendwann kippst und aufhörst mich dem Frust und dem Schimpfen, ich habe ja oben eine der Stellen genannt, an der es droht, too much zu werden. Luisa ist diese Kippstelle und kommt gerade rechtzeitig. Danach war ich voll und ganz dabei.

Ja, eine sehr besondere, frische Geschichte.
Viele Grüße
RinaWu

 

Hallo @linktofink

Ich habe deinen Text zweimal gelesen und ich möchte dir gerne schreiben, was ich verstanden habe. Ein Schriftsteller hatte einen Unfall, daraufhin landete er im Rollstuhl und ist verbittert. Er kann es sich leisten, einen Rollstuhl zu fahren, der mit allem Hightech ausgestattet ist und spielt Videospiele. (Sagt man da so dazu? Ich hab keine Ahnung) Eine Frau, die ihn nicht übersieht, weckt sein Interesse.
Sie ekelt sich auch nicht, als er seinen Schleim aus dem Hals würgt.
Ich denke du hast hier einen super Text geschrieben und es gibt kluge Leser die so etwas mögen.
Es ist leider so, dass ich dir keine Vorschläge zu deinem Text machen kann. Ich verstehe zu wenig davon. Mir war es aber wichtig, dir zu schreiben, dass ich den Text gelesen habe.

ihre Hand auf mir spüren. Nein, verdammt, ich will, dass sie geht. Meine Hand zittert, als ich die Tasten drücke.
– »Er findet eine Form der Wiedergeburt.« – »Klar, in einer Welt, die nicht real ist, wie in Matrix.« – »Der virtuelle Klon ersetzt ihn.« – »Das ist Flucht.« – »Ja, das ist das Gute daran.«
Meine Lieblingsstelle

Ich wünsche dir einen schönen Tag
Liebe Grüße CoK

 

Hallo l2f,

danke für deine Geschichte.
Ich habe beim Lesen an Ein ganzes halbes Jahr gedacht. In dem Buch verunfallt ein sportlicher, erfolgreicher junger Mann aus gutem Haus, ist vom Hals an abwärts gelähmt. Er fällt in tiefe Depressionen, vergrault alle Pflegekräfte ... bis „sie“ kommt. Am Ende geht er, trotz aller Liebesbekundungen ihrerseits den Weg der begleiteten Sterbehilfe.

Deine 3L :) mit ihrer ehrlichen, klaren Art auf seine Lebenssituation zu reagieren - oder sie halt gerade nicht zu reagieren- und ihren unbeschwerten Umgang mit ihm überrascht Mats. Daraus keimt eine neue Sicht auf diese verfickte Welt. Fand ich gut, diese Entwicklung.

Ach, sehe gerade Linda heißt jetzt Palina. Sehr gut. Das war unnötig dicht an 3L dran.

Dass dein Prot Mats Otchorak ist, hatte ich rausgelesen. Die Szenen auf der Klippe sah ich als Erinnerungsfetzen aus der Zeit vor seinem Unfall. Das passte für mich zu dem Sportfanatiker, der sich im Starkregen den Trail hinabstürzt. Das habe ich erst nicht mit der bezahlten VR verknüpft bekommen. Aber klar:

„Schon eine Weile gibt der Visor Warnzeichen, ich schalte ihn aus. Auf allen vieren krieche ich vorwärts zu dem Rundbau, ziehe mich am Terminal hoch und klatsche ab. Im Display ein Goldregen. Eine Ahnung von Applaus ohne Eier dringt durch die Brandung. ›Isola Azul completed.‹ Zweitausendfünfhundert Coinells. Ein Schwimmbecken voller Nullen und Einsen, Klingeling. Ein binäres Denkmal in Kryptowährung.“
Hier kommt das schon raus.

Dann kam diese Stelle. Und ich überlegte, ob das Rollstuhlleben die VR ist, quasi als Sozialexperiment eines Schriftstellers. :] :
„Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.“


»Habt ihr das von Otchorak?« Ich habe sie nicht kommen sehen. Sie hat nicht um Erlaubnis gefragt, bevor sie in den Laden trat. Für die meisten, die zur Tür reinkommen, bin ich unsichtbar.

Noch was zum Einstieg: Es ist ein Buchladen, richtig? Warum sollte jemand um Erlaubnis fragen einzutreten?

News: ›Bourgeoisie im Vintagewahn.‹
Deshalb hier dachte ich btw eine ganze Zeit an einen Antiquitätenladen oder ein Antiquariat. :schiel:


Gern gelesen.
Viele Grüße
wegen

 

Hey @linktofink ,

Die echten Szenen im Buchladen finde ich sehr stark. Da gefällt mir die Sprache, das Verbitterte, die mürrische Art des Prots.
Das Zwischengeschobene hab ich dafür gar nicht gerafft. Ich habe verstanden, was passiert, aber nicht die Brücke zwischen beiden Teilen gefunden. Ich sehe es aber ähnlich wie @RinaWu , ich habe den Text auch ohne recht gut (und auch nah an deiner nachträglichen Darstellung für Morphin) verstanden. Ich kann dir nicht sagen, was klüger ist: das Gleichgewicht zwischen beiden auszupendeln oder radikal zu kürzen. Irgendwie hat das ja auch seinen Charme, wie er da fliegt. Hilfreich wären vielleicht mehr Bezüge, die mir die Wichtigkeit des VR für den Prot. erklären. Beim ersten Mal hab ich es schlicht und einfach als eine Wohlfühl-Oase gelesen, in die er sich im Rollstuhl zurückzieht. Mehr nicht.

Ein Punkt zu einer ganz anderen Sache: Ich finde, dein Text ist halbwegs erfolgreich dabei, Jugendsprache einzufangen. Ich kriege meist eine Cringe-Gänsehaut, wenn Nicht-Jugendliche versuchen, Dialoge von Jugendlichen einzufangen. Allmählich ist das Wort "cool" oben angekommen, dabei ist das seit Jahren wieder out. Ganz perfekt schafft das dein Text auch nicht, macht mMn. dabei aber ne gute Figur. Und außerdem spielt dein Text ja in der Zukunt, da ist natürlich noch eine Menge möglich. Lustig wäre es, alte Begriffe wiederzuentdecken und in einen neuen Kontext zu packen, so wie es ja sonst auch passiert. MMn. nutzt du überwiegend Anglizismen und Schimpfwörter.

noch nie ein Computerspiel spielte.

Ich weiß nicht, mit welchen Konflikten du dich im Leben gerade schlägt, Katla, aber ich bin überzeugt, alle ihre Wurzeln liegen hier begraben :D:susp:.

Liebe Grüße
Meuvind

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @DissoziativesMedium, dein Nick ist auch`n Abenteuer, beim Tippen jetzt.
Vielen Dank für Deinen coolen Kommentar. Obwohl Du sagst, dass Du (fast) nichts verstehst, zeigst Du im Folgenden schon den Durchblick.

Das Cliff-Diving: Ich habe mich auch gefragt, ob das eine Art VR ist. Sehr wahrscheinlich schon. Sitzt er deswegen im Rollstuhl, weil er es mal in echt versucht hat und das schiefgegangen ist? Und jetzt probiert er es in VR immer wieder, verbissen, bis er es schlussendlich schafft?
Hatte ich tatsächlich so überlegt, fand es aber als eigenständiges Element, als Challenge in der AE-Welt stärker. Wollte da auch kein Kompensationsding draus machen, denn er spielt ja kein Game, um sich zu beweisen, dass er das Wingsuit fliegen kann, sondern er will ja sein Leben in die VR verlagern.

Was mir weiter aufgefallen ist, sind die englischen Ausdrücke im Text: cringy, creepy, weird. Das klingt natürlich "schön" modern, solche Ausdrücke in einem Text erachte ich persönlich aber als Vergewaltigung der deutschen Sprache ;) Bitte nicht zu ernst nehmen! :aua:
Einerseits hast Du recht, immer diese schrecklichen Anglizismen. :D Andererseits ist Englisch für die jetzigen Teens, die nur noch im Web, Smartphone, Neflix, etc. unterwegs sind, völlig alltäglich.

Und wie schnell sie wegsehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufhübscht werden kann.
aufgehübscht
Das ist echt verrückt. Ich hab die ganze Zeit gedacht, an der Stelle stimmt was nicht und hab es einfach nicht geschnallt. Danke!

»Wie kann ich behilflich sein?«, lasse ich Linda blechern.
Bin mir nicht sicher, ob man das so schreiben kann. Ich verstehe natürlich, dass Lindas Stimme blechern klingt. Finde die Formulierung zumindest interessant. Später hast Du das auch noch paar mal drin.
Ich kann da nur für mich sprechen. Für mich passt das zum Duktus. Mats hat ja eine Art, die Welt für sich zu sortieren und nutzt dazu auch Sprache.

Ich weiß, oben an der Abrisskante stehen sie, die Lurker und glotzen.
Wer sind die Lurker? Zuschauer?
Lurker sind Unbeteiligte, die anderen Leuten beim Gamen zuschauen, sowas wie Zaungäste, aber Zaungäste würde keiner unter vierzig freiwillig sagen.

Und wie bei einem Scheißhaufen, der auf dem Gehweg liegt, passiert es manchmal, dass jemand, die es eigentlich besser wissen müsste, trotzdem reintritt.
der, oder?
War Absicht, weil ja die Luisa reintritt. Ich warte mal noch, ob das andere stört.

Ich taufe den Wollmantel Lapis. Ich mache das, ich gebe Dingen Namen, manchmal trifft es auch lebende Dinge und ganz selten lebende Dinge, die meinen Puls beschleunigen.
Vieles habe ich nicht geschnallt, aber das ist eigentlich klar und müsste m.M.n. nicht extra erwähnt werden. Den anderen Kunden nennt er zuvor ja schon "Brötchentüte". Dann kommt Lapis und später auch noch Kaffeebecher, der Penner.
Ich weiß, was Du meinst, Dennoch passt es für mich, weil er das so aufbaut als Steigerung, um durch die Blume zu sagen, hey, Leute, sie dringt durch.

– »›Noli mi tangere‹ steht …«
Hatte Morphin auch schon angemerkt, korrekterweise müsste es Noli me tangere heissen. Habe ich aber auch nur rausgefunden, weil ich danach gegoogelt habe. Kann kein Latein.
Habt recht, ihr beide, natürlich schon geändert. Gehört zu den Sachen, die nicht passieren dürften, aber so ist das mit den blinden Flecken, einfach nicht gesehen.

Ich zeige Richtung O, wobei der Zeigefinger eher zum Boden zeigt.
Etwas viel zeigen in einem Satz.
Ja, Manchmal mag ich so Wiederholungsketten. Darf man nicht übertreiben, aber hier passt es mal für mich.

Eine Ahnung von Applaus ohne Eier dringt durch die Brandung.
Die Lurker haben keine Eier, der Applaus auch nicht. Bei den Lurkern kann ich mir das noch vorstellen, verstehe aber auch nicht genau, was Du damit aussagen willst. Weil die Lurker nur gaffen und den Klippensprung niemals selber wagen würden, nehme ich mal an. Aber was ist ein Applaus ohne Eier? Wie klingt der? Verhalten, schwach?
Das ist vielleicht zu viel, muss ich mal in mich gehen. Gedacht war das eigentlich, dass Applaus von Typen ohne Eier (warum hast du übrigens richtig begründet) auch nur eierlos sein kann. Ich schau mal, ob ich das brauche.

Ich klopfe eine Kippe aus der Box. Bevor ich sie anhabe, ist die Sonne fast unten.
Irgendwie kann ich mir nicht recht vorstellen, wie er in seinem Zustand eine Kippe anzünden kann? Klingt hier, als wäre das kein Problem. EDIT: Ach nee, er braucht extrem lange dafür, weil ja die Sonne danach fast unten ist!
Dass die Sonne danach fast unten ist, ist Selbstironie. Er brauch eine kleines Weilchen, da die Finger nicht direkt das machen, was er will. Aber er kann ja auch recht schnell und sicher tippen.

Es ist verlockend, die Coinells umzusetzen in Interiors, Vessels, Buildings.
Was ist das alles? Also Buildings ist eigentlich klar. Aber Interiors könnten Körperimplantate sein. Oder die Innenausstattung eines Buildings. Vessels eventuell Flugmaschinen, kleine Raumschiffe, Gleiter?
Ja, genau die. ;) Vessels gleich Schiffe, ist offen, ob Boote oder Raumschiffe. Hab mir vorgestellt, dass in so einer hypermodernen VR-Welt niemand ernsthaft Auto fahren will.

Es gibt keine Müllabfuhr in EternyCity.
Mmmh, der Name gefällt mir nicht so recht. Klingt nach einer Abkürzung von Eternity City, also die Ewige Stadt oder Stadt der Ewigkeit. Finde ich nicht so kreativ. :rolleyes:
Kann den Einwand verstehen, vielleicht fällt mir da noch was Passenderes ein.

Leider hat es gedauert, so ein paar hundert Coinells, bis ich das kapiert habe. Vor allem, bis ich gerafft habe, das gilt auch für den virtuellen Klon. Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.
Ich glaube, diese Stelle ist sehr wichtig. Habe ich bisher wohl überlesen gehabt diese Infos. Also virtueller Klon: Das müsste dann der Klippenspringer sein, oder?
Ja, Mats gleich Adam gleich (auch) Klippenspringer in der Parallelwelt.

Jan Frodeno und Caligula
Muss man Jan Frodeno kennen? Noch nie gehört ...
Wie, Du kennst den Top-Triathleten und Gewinner des Ironman nicht? Tse ... :D

Soll nicht heißen, Augmented Eternity wäre nicht real, sie wird es zunehmend.
Mmmh, deshalb auch der Name der Stadt ... okay ... Wieso nennt sich das Augmented Eternity? Kann man nach dem Tod dort weiterhin sein digitales Dasein fristen?
Das heißt tatsächlich so und ist momentan in der Entwicklung.

Adam lernt brutal schnell – auch wenn ich nicht on bin.
Adam ist der Name des Protas, so stellt Linda ihn vor. Heißt sein virtuelles Gegenstück genau gleich? Oder wie ist das hier zu verstehen?
Das ist vllt. zu viel des Guten. Der Prota heißt Mats und er stellt sich Luisa mit dem Namen seines virtuellen Klons vor, um zu verbergen, dass er der Autor des Buches ist, das sie lesen wird. Mal sehen, wie ich das herausarbeiten kann. Auch das hier:
EDIT: Mats? Das ist doch der Typ in dem Buch, oder nicht? Ist mir jetzt gerade erst aufgefallen. Wieso spricht sie ihn mit Mats an und nicht mit Adam? Ist Mats der virtuelle Adam oder umgekehrt? Puuh, ich blicke echt nicht durch :confused:
Das ist son bisschen von hinten durchs Knie geschrieben. Ich denke, das muss ich noch klarer kriegen, weiß nur noch nicht wo. Mal sehen.

Jetzt hat er einen Hamster gekauft, der stundenlang im Hamsterrad seine Runden dreht. Zwei Coinells. Lässt hoffen, dass er dadurch keine Zeit hat, auf dumme Gedanken zu kommen. Der Hamster jetzt.
Es gibt nur eine Möglichkeit, Dinge endgültig loszuwerden.
Das Ende dieses Absatzes ist für mich schwer zu verstehen. Komme da nicht richtig mit. Den Satz habe ich unterstrichen, weil mich der komplett rausgeworfen hat. Wieso steht der da? Was sagt der aus?
Der Hamster jetzt, Ja, das ließe sich auch so verstehen, dass der virtuelle Klon keine Zeit hat, auf dumme Gedanken zu kommen. Was Mats damit sagen will, ist ein abstrakter Bezug zu seiner Realität: Hamster, die beschäftigt sind, können ihn nicht am Atmen hindern.

Oben auf der Brücke über den Weiher mach ich die Kippe an.
Kommas fehlen: Oben, auf der Brücke über den Weiher, mach ich die Kippe an. Jetzt kann er die Kippe aber viel schneller anzünden ...
Kommata braucht es mMn nicht. Der Satz funktioniert für mich ganz geradeaus ohne.
Gut beobachtet, da werde ich was hinzufügen.

She's a warrior, true she is.
Vielleicht: She's a warrior, she truly is.
Verstehe, aber abgelehnt, weil cooler so. ;)

Auch das mit Linda und Luisa zwei sehr ähnliche Namen vorkommen, hat mich stellenweise verwirrt.
Hab ich auf deine Hinweis hin zu Palina geändert.

Existiert Adam in beiden Welten, kann der eine sich losgelöst vom anderen "bewegen"? Oder klinkt sich Adam jeweils in diesen virtuellen Adam ein? Das würde zumindest mir helfen, die Geschichte etwas besser zu verstehen, auch wenn es noch einige weitere Fragen gibt, die man sich dazu stellen kann.
Ich hab jetzt geschrieben, dass "Adam" falsch klingt, muss aber noch deutlich machen, dass er Mats heißt.

Die Tags der Geschichte: Wieso kein Sci-Fi? Rein aufgrund der Tags hätte ich niemals so eine Geschichte erwartet. Hatte aber auch was Überraschendes.
Hab mich um den SciFi-Tag gedrückt, weil ich dachte, das ist schon Realität, das gibt es schon, zumindest für einige Leute. Also ist es eigentlich kein SciFi. Hab es trotzdem bei den Tags mit reingenommen, weil ich denke, dass es einigen so gehen wird wie Dir.

Danke aus jeden Fall für Deine Anregungen, das war schon sehr konkret. Mir ist jetzt klar, dass ich diese Adam/Mats-Kiste auseinanderpflücken muss, wer ist wer, das muss klar sein.

Peace (schon wieder son scheiß Anglizismus, sage ich aber immer), l2f

----------------

Liebe @Silvita,

danke für deinen ehrlichen Kommentar.

ich hatte die Geschichte 2 x gelesen, kurz nachdem Du sie eingestellt hast und nicht wirklich was geblickt. Dann dachte ich mir, ich warte mal, was andere so dazu meinen. Und jetzt sehe ich, dass es anderen ähnlich geht wie mir. Beim Lesen krieg ich absolut keine klaren Bilder im Kopf. Das fängt schon direkt beim Einstieg an und zieht sich dann durch die Geschichte. Irgendwie versteh ich auch den Slang nicht, und dann auch soviel Verenglischung mit drin. Immer wieder reißt es mich beim Lesen raus und ich muss grübeln, was ist damit jetzt gemeint. Ich versuche Nähe zu Deinem Prota aufzubauen, und kriegs einfach nicht hin. Da gabs nen Unfall, er ist im Elektro-Rolli und arbeitet. Das finde ich an für sich bewundernswert, aber irgendwie komm ich über die Distanz nicht hinweg.
Mir ist bewusst, dass der Text schwer zugänglich ist. Wie der Prota selbst, scheint auch der Text zu sagen "Berühr mich nicht". Das liegt in der Anlage des Textes begründet und ich kann das nicht ändern - den speziellen Duktus, die zwei Erzählstränge, um das Leben in zwei Welten zu verdeutlichen, etc. - ohne den Text so zu glätten, dass er seinen Charakter verliert.
Ich hab Morphin etwas dazu geschrieben, wie ich mir verschiedene Bezüge gedacht habe. Wenn Du magst, schau mal da rein, vielleicht öffnet sich so ein Türchen in den Text. Kann aber auch absolut verstehen, wenn du sagst, das ist nichts für mich.

Schönen Abend noch, peace, l2f

 

Gude @linktofink,
ein (für mich) unerwartetes Setting, wenn ich SciFi lese bzw. so weit ist es ja gar nicht weg, aber eben doch noch einen Schritt entfernt. Das Schicksal des Protagonisten trifft, insbesondere auch die Bitterkeit, auch wenn es insgesamt für mich schwer zu greifen bleibt. Gut erwischt hast du mich mit dem Wechsel zwischen realer und virtueller Welt. Ich dachte erst, es wird ein Wechsel mit Rückblenden - was ich nicht so innovativ fand. Dann "auch noch" mit dem Wingsuit unterwegs, wie in Ziemlich beste Freunde (glaube, dass es das war ... oder irgendwas anderes mit einem Fallschirm ...). Aber man merkt, manchmal ist es der eigene begrenzte Horizont und ich amüsiere mich da gerne über mich selbst, wenn ich beim Lesen meine Fehleinschätzung bemerke. Kam an dieser Stelle:

›Isla azul completed.‹ Zweitausendfünfhundert Coinells. Ein Schwimmbecken voller Nullen und Einsen, Klingeling. Ein binäres Denkmal in Kryptowährung.
Da ein kurzer Gedanke: Kryptowährung würde ich auf Bit Coins und Co. beziehen, hier ist ja eher eine Form von "In Game - Währung" gemeint, oder? Ggf. kann man den Überbegriff auch weglassen (da mir gerade nichts griffiges einfällt), das Szenario wird ja später noch deutlicher, sodass die Bedeutung von Coinells klar werden kann.
Sprachlich war das für mich weitestgehend eine runde Sache mit den Anglizismen (auch wenn ich für mich ganz persönlich sagen muss, dass fucks, wtfs usw. meinen Lesegenuss nicht extrem steigern. Der knappe Stil schon eher!). Nur bei der Formulierung zu Gott bin ich gestolpert:
Gott ist zwar ein verdammter creep
Ich assoziiere mit creep jemanden, der seltsam ist, meistens auch jemanden, der seltsam wem anders nachstellt ... ich sehe da zwar eine Verbindung zu einer möglichen Vorstellung von Gott, aber da dieser voyeuristische Aspekt sonst nicht direkt angesprochen wurde, war ich erstmal verdutzt und war mir nicht sicher, ob der Begriff so richtig passt.

Wo wir bei der Sprache sind: Da gibt es diese schöne linktofink-Sprache wie
"Wenn ich blinzele, sehe ich weiße Gesteinsadern in dunkelblauem Marmor. Das Muster bewegt sich unruhig, formiert sich ständig neu. Nur die Felssäule in der Mitte bleibt unverändert. La Isla azul."
Aber auch die derbere, kurze Sprache des Protagonisten. Die finde ich in sich stimmig und passend zur Figur. Allerdings ...

wer auf dem größten Misthaufen sitzt, wer den längsten Schwanz hat.
... würde ich hier den Fluch deiner guten Taten heraufbeschwören und sagen, dass ich mir da etwas Innovativeres gewünscht hätte. Diesen Satz habe ich gefühlt schon sehr oft gelesen und er wirkt auch erstmal allgemeinplatzig. Da könnte ich mir vorstellen, dass dir etwas eigenes einfallen könnte. Später ist es ja bspw. auch der Hamster und nicht der Frosch, der im Hals kämpft.

Vorher am Morgen war die Brötchentüte hier. Sie hängt an der Hand, die durch den blauen Ärmel mit einem weißen Bart verbunden ist, über dem blaue Augen an mir vorbeistarren.
Das nur am Rande: Den zweiten Satz habe ich zweimal gelesen und war etwas irritiert (mittlerweile geht's). Du folgst hier der Wahrnehmung des Protagonisten, deswegen finde ich die Herangehensweise eigentlich gut. Aber ggf. könnte man den zweiten Satz nochmal aufteilen oder so? Zumindest der Wechsel von Ärmel zum Bart hat mich stutzen lassen. Mächtiger Bart? Zu weit vorne angenähte Ärmel? Ich hoffe du verstehst meine Irritation :sealed::lol:


Am Ende war ich erst einmal überrascht, dass es schon vorbei ist. Aber das gehört bei Kurzgeschichten ja auch dazu und eine Perspektive besteht - auch wenn ich mir etwas mehr Austausch zwischen den beiden gewünscht hätte. Lapis bleibt vor allem eine Sehnsuchtsfigur. Hält die Geschichte kurz, ist aber auch eine Facette, die eventuell etwas mehr Emotionen mitgeben könnte.
Außerdem fällt natürlich das "Mats" auf. Mein erster Gedanke war, dass sie ihn vielleicht von früher kennt. Aber dann kam mir die Erleuchtung: Mats Otchorak - M.O.
Okay, vielleicht jetzt doch nicht so schwer gewesen :lol: Rundet aber vieles aus der Story ab, vor allem, warum sie vergleichsweise vertraut zu ihm wirkt bzw. den Kontakt sucht, wo ihn fast alle anderen vermeiden: Sie interessiert sich für seine Geschichte und für ihn. Und wenn man das so liest, dann gibt das auch etwas mit und vielleicht doch so etwas wie einen Halt.

Liebe Grüße
Vulkangestein

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @linktofink

»Habt ihr das von Otchorak?« Ich habe sie nicht kommen sehen. Sie hat nicht um Erlaubnis gefragt,
Fand ich sprachlich nicht gerade prickelnd.
»Habt ihr das von Otchorak?« Ich habe sie nicht kommen sehen. Sie hat nicht um Erlaubnis gefragt, bevor sie in den Laden und damit in mein Leben trat. Für die meisten, die zur Tür reinkommen, bin ich unsichtbar. Angestrengt schauen sie durch mich hindurch und dann die Regale hoch.
Überhaupt finde ich den Einstieg unnötig sperrig. Zunächst kommt jemand rein und gleich danach wird erzählt, wie es üblicherweise ist, wenn jemand reinkommt. Normalerweise würde man die Reihenfolge ja umkehren. Ich bin auch der Meinung, dass du den Text nicht glätten sollst, aber das hier fand ich unnötig kompliziert.
Der Spasti, denken sie. Ich kann sie laut denken hören.
Ich glaube, das kann weg.
News: ›Bourgeoisie im Vintagewahn.‹
Die News gefallen mir sehr gut, so als running gag.
Doch, möchtet ihr. Ihr möchtet von allem den Preis wissen. Immer. Damit ihr vergleichen könnt, wer am meisten beiseite gerafft hat, wer auf dem größten Misthaufen sitzt, wer den längsten Schwanz hat. Ich kann euch sagen, welchen Preis man bezahlt für einen Freedom-Chair XTR. Der Preis ist, zu wissen, wie zerbrechlich und beschissen das Leben sein kann.
Mit dem Abschnitt habe ich dreifach Mühe. Zum einen thematisch, weil das irgendwie in eine andere Richtung zielt, der Preis, der Neid, das Vergleichen und da habe ich mich gefragt, was hat das mit dem Prot zu tun, das ist ja nicht unbedingt sein Problem. Und dann habe ich Mühe mit dem Preis. Zu wissen, wie beschissen das Leben ist, ist ja nicht wirklich der Preis für den Rollstuhl, sondern der Preis für die Fahrt bei Regen den Trail runter, nicht?
Vielleicht könnte man das ein wenig drehen und wenden, sodass die Überlegung eher ist: ihr findet den Chair krass? Fragt ihr euch, wie teuer der ist? Fragt ihr euch, ob ihr euch den leisten könntet? Wollt ihr tauschen? Das fände ich inhaltlich stimmiger.
Drittens habe ich Mühe mit dem Begriff "zerbrechlich". Die Sprache ist ja ansonsten nicht zart und feinfühlig, das Wort "zerbrechlich" aber schon - zumindest für mich. Witzig ist, dass ich mir für den Prot etwas mehr Zerbrechlichkeit gewünscht hätte, eine Facette mehr (oder mehr von anderen Facetten). Aber hier in diesem Kontext empfand ich den Begriff nicht als stimmig.

Der Wind nimmt mir den Atem, treibt Tränen über die Wangen.
"Hejo spann den Wagen an, seht der Wind treibt Regen übers Land." :D Weiss nicht, ob du diese Assoziation willst.
Durch die Brandung steigen feine Gischtwolken aus dem Kessel hoch. Die gegenüberliegende Seite verschwimmt im Dunst. Noch einen Schritt und ich kann es sehen. Brodelndes Meerwasser, überschlagende Wellenkämme, die sich gegen die schroffen Wände werfen, an ihnen aufplatzen und zerfließen. Der Kessel schäumt auf. Wenn ich blinzele, sehe ich weiße Gesteinsadern in dunkelblauem Marmor. Das Muster bewegt sich unruhig, formiert sich ständig neu. Nur die Felssäule in der Mitte bleibt unverändert. La Isla azul.
Das ist mir zu viel in derselben Tonlage, d.h. eine Ansammlung visueller Eindrücke mit den typisch kräftigen Verben (aufschäumen, aufplatzen, brodeln). Bei solchen Stellen, wenn sie zu lang sind, beschleicht mich jeweils das Gefühl, die Autoren möchten zeigen, was sie können.
Vorher am Morgen war die Brötchentüte hier.
Gefällt mir ebenfalls sehr gut, dieser running gag, die Leute mit Gegenständen zu identifizieren.
Ich hasse dieses Gebaren, diese phoney Berührungsängste. Am liebsten würde ich der Welt den Mittelfinger geben und ein Fick dich! dazu. Fickt euch alle!
Mir war's an der einen oder anderen Stelle zu viel der Verbitterung. Die ist ja eh nur zu ertragen, weil sie gepaart ist mit Witz. Das hast du schon sehr gut gemacht. Dennoch hätte ich glaub noch an der einen oder anderen Stelle gerne etwas Weiches gelesen, eben eine andere Facette. Weich wird der Prot ja nur bei der engelsgleichen Luisa und das empfand ich insgesamt als etwas schwarz-weiss.
Gott ist ein erbärmlicher Verräter. Wenn ich ihn treffe, kotze ich ihm auf die Füße, dem Stück Scheiße. Wahrscheinlich grinst er noch blöd und will mich umarmen, Jesus!, was für ein creep!
Von den vier, fünf Gedanken würden mir zwei reichen.
Live sucks.
Life?
Als es wieder still ist, rappelt der Kaffeebecher. Ich zieh ein letztes Mal an der Kippe und schnippe sie Richtung Becher. Natürlich fällt sie daneben, natürlich auf seinen Schlafsack.
»He, spinnst du?«, sagte er und wischt sie weg.
– »Oh, nicht getroffen«, blechert Palina.
»Arschloch!«, sagt der Kaffeebecher.
– »Na also, geht doch«, sagt Palina. Ich grinse. Er grollt genau drei Sekunden, dann grinst er zurück.
»Bist schon ne arme Sau, ne?«
– »Und du?«
»Kann wenigstens laufen.«
– »Torkeln, Alter, Torkeln.«
Kaffeebecher grinst und schüttelt den Kopf. Er kann nur grimmig oder grinsen. Dazwischen geht nix. »Haste ne Kippe?«
– »Was zahlst du?«
Für mich das Highlight des Textes. Roh und gut.
Ich weiß, dass niemand ihre Flügel sieht.
Ja, schöner Satz, aber ich dachte mir vorher schon, dass diese Luisa etwas gar perfekt daherkommt, engelsgleich, wie gesagt. Diese Freundschaft, die sich womöglich anbahnt, muss ja auch gar nicht erarbeitet, erkämpft werden. Als ich dann den Satz gelesen habe, fand ich ihn daher gar nicht soo gut.
(Ich habe grad noch einen Gedanken: Es wäre ja auch möglich, dass die virtuelle Welt jetzt tatsächlich in die reale eindringt, sich das zu überlappen beginnt und Luisa ist eigentlich Teil dieser virtuellen Welt. Dann hätten die Flügel hier eine andere Bedeutung. Ich sehe das aber insgesamt nicht im Text angelegt, da sind die beiden Welten sauber getrennt. Oder bin ich da auf einer Spur? Habe ich etwas überlesen?)

»Schau es dir mal an …«, sagt Palina laut und deutlich, bevor der unvermeidbare Hamster kommt. Stoisch wartet Luisa und klopft genau dann, als ich es brauche. Mich wundert, wie selbstverständlich sie das hinnimmt, als wäre das gewöhnlich, was es nicht sein kann, weil es keine Gelegenheit zur Gewöhnung gab. Auch der halbe Hamster, den ich in den Weiher rotze, schreckt sie nicht ab. She's a warrior, true she is. Nur das Schnappen der Fische bringt sie etwas aus dem Konzept. Ein kleines bisschen Etwas.
»Ich überleg's mir, Mats. Ich überleg's mir.«
Weiss nicht, ob ich etwas falsch verstanden habe, aber Luisa überlegt, sich diese virtuelle Welt mal anzuschauen. Das ist eine hübsche Umkehrung dessen, was man eigentlich erwartet, nämlich dass der Prot sich überlegt, sich das reale Leben wieder anzuschauen. Wenn das so gedacht ist, dann finde ich das sehr gut gemacht.

Danach blendest du ab. Okay, ist eine Kurzgeschichte, aber schon schade, dass du gerade da aussteigst, wo es interessant und wahrscheinlich auch schwierig (für die Figuren und für dich als Autor) wird.

Ja, interessanter Text, den ich gerne gelesen habe. Ich glaube, man könnte die Figuren noch etwas schattieren, damit der Text dreidimensionaler wird. Aber ist auch so ein sehr gutes Teil.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Guten Abend @linktofink,

da hast du ja richtig rausgehauen. Ich habe deinen Text jetzt mehrfach gelesen und finde ihn faszinierend. Deine Erklärung hat mir geholfen, den Text besser zu verstehen. Was ich am besten finde sind zwei Dinge. Erstens die Sprache deines Protas ist für seine Situation so passend, ich kann ihn verstehen. Er ist so voller Zweifel, Hass und gleichzeitig gibt es da diesen Stolz, dass er selbst die Entscheidungen trifft (die ihn ins Unglück stürzen). Der zweite Punkt sind die Anspielungen und Ebenen in dem Text, die ich noch nicht alle entschlüsselt habe. Allerdings ist das ein großer Reiz an deinem Text. Du vertraust mir als Leser, dass ich mir mein eigenes Bild zusammenbaue und gibst mir gerade so viel, dass ich mir etwas für mich zusammenbauen kann. Ich bin beeindruckt. Für mich einer der stärksten Texte der Challenge. Ich gehe in meinem Leseeindruck tiefer darauf ein:

Ein Häufchen Elend, hineingeschissen in einen Hightech-Rollstuhl. Der Spasti, denken sie. Ich kann sie laut denken hören. Ich sehe Ekel und Abscheu in ihren Gesichtern – falls sich einer ihrer Blicke zu mir verirrt. Und wie schnell sie wegsehen, weil sie sich nicht aufhalten mögen mit etwas, das nicht repariert oder aufgehübscht werden kann.
Das meinte ich oben, dass ich die Sprache passend finde. Ich kaufe ihm das ab und damit hast du mich als Leser auch schon am Haken. Ich möchte mehr über ihn erfahren, möchte wissen, was mit ihm passiert und ob er sich entwickelt? Das ist zentral für deinen Text, damit er funktioniert, finde ich. Und für mich passt das sehr gut.

Ich kann sie laut denken hören. Zu stark beschädigt, der Junge, aber die Kutsche ... Möchte nicht wissen, was die kostet.
Die fett markierte Dopplung fand ich nicht optimal, vielleicht fällt dir da ja noch etwas ein, wie du das anpassen kannst. Gleichzeitig ist hier die Anspielung auf das Hightech-Gerät, wenn ich es denn so nennen darf.

Ich kann euch sagen, welchen Preis man bezahlt für einen Freedom-Chair XTR. Der Preis ist, zu wissen, wie zerbrechlich und beschissen das Leben sein kann.
Ich finde ganz bemerkenswert, dass du den Namen "Freedom-Chair" gewählt hast. Ich lese das so, dass es ihm die Freiheit gibt, aus seinem jetzigen Leben zu entkommen. Die Konsequenz ist allerdings, dass das alltägliche Leben noch beschissener und qualvoller wird. Und damit ist er ja in einem Dilemma, wenn ich das richtig beurteile. Einerseits will er Freiheit, aber andererseits erkauft er sich die kurzzeitige Freiheit mit der Erhöhung seiner Qual im echten Leben.

Brodelndes Meerwasser, überschlagende Wellenkämme, die sich gegen die schroffen Wände werfen, an ihnen aufplatzen und zerfließen. Der Kessel schäumt auf. Wenn ich blinzele, sehe ich weiße Gesteinsadern in dunkelblauem Marmor. Das Muster bewegt sich unruhig, formiert sich ständig neu. Nur die Felssäule in der Mitte bleibt unverändert. La Isla azul.
Das ist sprachlich erste Sahne, ich bewundere, wie du schreiben kannst. Weiter so! Ich habe das genossen.

Ich hasse dieses Gebaren, diese phoney Berührungsängste. Am liebsten würde ich der Welt den Mittelfinger geben und ein Fick dich! dazu. Fickt euch alle!
Aber mal ehrlich, selbst wenn ich es könnte, wen oder was würde das ändern? Ich hab es probiert, mit der Sprachausgabe geht das nicht, der Singsang klingt weird, immer wie ein scheiß Navi, ›Fickt euch! Zur Hölle … bitte wenden.‹
Ich bin deinem Prota nahe, das liegt vor allem an Stellen wie dieser hier. Er schreit ja förmlich seinen Schmerz hinaus und seine Verzweiflung und das Leid. Interessant, wie du gleichzeitig seine Resignation ausdrückst. Er kann der Welt sein "Fick dich" nicht mitteilen, zumindest nicht auf eine für ihn erlösende Art. Das ist so bitter, das hat mich getroffen als Leser.

Eigentlich bin ich nicht unsichtbar, ich werde übersehen. Feiner Unterschied. Ein faules Ei, den Gesichtern nach zu schließen. Und wie bei einem Scheißhaufen, der auf dem Gehweg liegt, passiert es manchmal, dass jemand, die es eigentlich besser wissen müsste, trotzdem reintritt.
Dahinter steckt so viel Schmerz, er versucht es durch diese zynische Haltung sich selbst gegenüber wegzumachen, zumindest war das mein Eindruck. Daher verwendet er auch die englischen Ausdrücke in seiner Sprache, aber hinter der Wut steckt eine tief verletzte Seele. Ich finde das einen so interessanten Prota, den du da geschaffen hast, dass ich am Ende echt gerne noch mehr von ihm gelesen hätte.

»Und das, obwohl der Protagonist mit dem Unfall keinen Frieden schließt?«, sagt sie. Ich merke schon, sie möchte was rauskitzeln.
Der Hamster wacht auf und kriecht meinen Hals hoch. Ich tippe fertig. »Er findet eine andere Lösung«, sagt Palina. Dann kommt der Hustenanfall.
Ich habe deinen erklärenden Kommentar gelesen und daher wusste ich, dass er der Autor sein soll. Allerdings kam das nicht direkt aus deinem Text hervor, zumindest für mich nicht. Mein Vorschlag wäre, dass du vorher Andeutungen fallen lässt, dass er es mit dem Schreiben probiert hat, um seinen Schmerz zu lindern. Aber auch das hat nicht geklappt und dann hat er sich für seine neue, virtuelle Welt entschieden.

Diesmal nicht! Hart reiße ich an den Steuerleinen, schlage auf, bekomme die zerfurchte Steinflanke zu fassen und klammere mich fest. Unter mir brechen Brocken aus der Wand. Von hinten zerrt der Schirm, ich koppele ihn ab, bevor er mich in die Tiefe ziehen kann. Als ich mich hocharbeite, kommt der Schmerz. Es tut gut, ihn zu fühlen. Ich hab's geschafft, ihr Fucker.
Ich habe das so gelesen, dass er noch immer mit seinem Unfall im echten Leben hadert. Und dieser Erfolg, dass er hier nicht abgestürzt ist, schenkt ihm eine Genugtuung. Allerdings drehen sich seine Gedanken noch immer um den Unfall, er hat damit nicht abgeschlossen. Das war meine Interpretation der Stelle.

Es gibt keine Müllabfuhr in EternyCity. Was du nicht weiterverkaufen kannst, klebt an deinen Beinen, du schleifst es immer mit, dein persönlicher Ballast. Leider hat es gedauert, so ein paar hundert Coinells, bis ich das kapiert habe. Vor allem, bis ich gerafft habe, das gilt auch für den virtuellen Klon. Heißt: Wenn du dich einmal für blaue Augen entschieden hast, bleiben sie blau. Heißt: Wenn du einmal einen Rollstuhl gekauft hast, steht er ab da im Weg.
Finde ich eine interessante Idee. Und ich habe es ganz im Sinne der obigen Interpretation gelesen. Denn jede Entscheidung und Schicksalsschlag im echten Leben, bleibt ja auch bestehen und kann nicht rückgängig gemacht werden.

– »Er findet eine Form der Wiedergeburt.« – »Klar, in einer Welt, die nicht real ist, wie in Matrix.« – »Der virtuelle Klon ersetzt ihn.« – »Das ist Flucht.« – »Ja, das ist das Gute daran.«
Hast du die Stelle neu eingebaut? Ich hatte die gar nicht mehr im Kopf (habe deinen Text vor ein paar Tagen gelesen und heute noch einmal). Finde ich aber eine wichtige Stelle. Sie erklärt den zentralen Konflikt deines Protas. Er erschafft sich selbst in der neuen Welt neu, entflieht durch den virtuellen Klon.

Meine Entscheidung, mich im Regen diesen verfickten Trail runterzustürzen, nicht seine. Und EternyCity ist auch meine. Alles menschengemacht. Euch Fuckern wünsche ich einen Tag im Freedom-Chair XTR. Nee, in Wirklichkeit wünsche ich das keinem.
Das meinte ich ganz oben damit, dass er selbst seine eigenen Entscheidungen trifft. Aber gleichzeitig ist selbst die virtuelle Welt nicht wirklich zufriedenstellend. Oh Mann, dein Prota tut mir leid.

Ich sehe sie auch nicht, ihre höre sie nur hinter mir flappen.
Kleinigkeit: Das "ihre" hinter dem Komma passt nicht ganz? Fehlt da ein Wort oder übersehe ich da etwas?

News: ›Ist das der Beginn einer ungleichen Freundschaft?‹
Also, ich würde es deinem Prota wünschen. Er ist mir sympathisch, ich leide mit ihm. Das ist dir gut gelungen.


Insgesamt hat mich dein Text gut mitgenommen. Sowohl emotional, als auch vom Spannungslevel. Ich hätte mir noch einen weiteren Hinweis gewünscht, dass er der Autor ist, das war mir so noch nicht ganz klar. Ansonsten bin ich ganz angetan von diesem Text. Sprachlich sehr gut, die Idee abgefahren und ich als Leser bin fasziniert. Vielen Dank für die Geschichte, für mich hat sie sehr gut funktioniert.


Beste Grüße
MRG

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom