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Optimist trifft auf Pessimist

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18.12.2017
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Optimist trifft auf Pessimist

Frankfurt am Main, drei Stationen mit der S-Bahn. Ein gemütlicher Mann mittleren Alters streicht sich über seinen Bierbauch, während er den Fensterplatz gegenüber von mir in der Vierergruppe einnahm. Er schaute sofort aus dem Fenster, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Mit seiner eher unauffälligen und lässigen Kleidung hob er sich von den schnicken Fahrgästen ab, sodass er eigentlich gar nicht mehr so unauffällig war, wie er es vielleicht gerne gewesen wäre. Er trug eine dunkle Cordhose und einen tarngrünen Streifenpullover. Seine Haare waren praktisch und mit wenig Liebe kurz geschoren. Sein ermüdetes Gesicht trug einen Schnauzer mit einem Dreitagebart.

Eine junge Dame stieg an der nächsten Haltestelle hinzu und setzt sich rechts von mir auf den Platz am Gang. Auch sie würdigte niemanden einen Blick. Sie ist dem Frankfurter Kleidungsstil sehr gut angepasst und fällt mit ihrem gepflegten Aussehen kaum auf. Sie war gekleidet mit einer schwarzen Hose, einem schwarzen Mantel und ihre blonden Haare wurden von einer schwarzen Mütze geziert. Nun, mich selbst betrachtet, würde ich sagen, dass ich komplett aus dem Muster fiel. Ich trug eine beige-farbene Cordhose, einen lila-farbenen Schal, eine braune Pudelmütze und eine knall-orange Jacke.

Ein Bettler fragte sich durch den Gang nach einer Spende. Viele ignorierten ihn einfach oder schüttelten Kopf. Bei uns angekommen, schüttelte die Dame ebenfalls ihren Kopf und schaute verlegen auf ihre Tasche. Der Mann sah weiter aus seinem Fenster, obwohl wir unterirdisch fuhren, um nicht zu sagen, dass er eine Wand betrachtete, beziehungsweise ein schwarze Scheibe, die das Geschehen im Zug spiegelte. Er verzog keine Miene, um dem Bettler zumindest zu zeigen, dass er ihn gehört hatte. Ich sah den Bettler direkt in die Augen und verneinte seine Anfrage. Ein Nein war ein Nein für ihn und er ging weiter seines Weges.

Minuten später sah ich im hinteren Teil des Waggons zwei auffällige Menschen, welche ein weiße Jacke trugen und damit den absoluten Kontrast zur restlichen Menschenmenge bildeten. Der Eine war dunkelhäutig, der Andere weiß. Sie könnten Studenten gewesen sein. Sie verteilten irgendetwas. Oder kontrollierten sie doch die Fahrscheine? Auf der Suche nach einer Antwort blieben meine Augen an den Beiden haften, bis sie zu uns vorgedrungen waren. Sie verteilten tatsächlich etwas. Manche Fahrgäste nahmen es einfach beiläufig an. Ihre Reaktion erinnerte mich an jene, welche man hat, wenn man in den Einkaufsgassen verteilte Flyer widerwillig annahm, um nicht Nein sagen zu müssen.
Ein junger Mann, der in der Vierergruppe diagonal nach rechts saß, nahm verdutzt seine Kopfhörer aus den Ohren, um einen der Verteiler besser verstehen zu können. Sein Blick verriet, dass er sich wunderte. Sein Gesicht sprach Bände. Er freute sich heimlich und murmelte ein leises Danke.

„Eine schöne Adventszeit wünscht der RMV“, sagte nun auch einer der beiden Männer zu uns. Zögerlich nahm die Dame, zu meiner Rechten, die Aufmerksamkeit entgegen – der Mann schnell und unaufmerksam, um sich gleich wieder seinem Ausblick zuzuwenden. „Bitte gebt meins dem Obdachlosen, der sich ein Stück weiter vorne im Zug befindet.“ platze es aus mir heraus. Nachdem mir der Verteiler versicherte, dass jeder eins bekommt, er also auch, nahm ich auch an und bedankte mich. Laut gedacht meinte ich, dass das aber eine nette Geste vom Rhein-Main-Verbund sei. Der Fensterkucker sagte, dass man vorsichtig sein sollte, mit dem was man so isst. „Nicht alles so negativ sehen“, konterte ich freundlich. Aus der Dame rechts neben mir polterte, mit unsicherer Stimme, ihr Unmut heraus, als sie die Grußkarte betrachtend sagte, dass die Bahn lieber pünktlich sein sollte. Klar hatte sie recht mit dem, was sie sagte. Aber: „Es ist doch ein sehr netter Zug von der RMV, sich so ein wenig erkenntlich zu zeigen.“ war meine Antwort. Der Mann wandte sich wieder still seinem Fenster zu. Sein Ohr leuchtete mir rot entgegen.
Der junge Mann, der diagonal zu uns saß, genoss sichtlich seinen Lebkuchen. Ich nickte andeutend herüber mit den Worten: „Er ist nicht daran gestorben.“ Meine Platznachbarin lachte leise auf. An der nächsten Station erhob sie sich, um auszusteigen. Ihr Gesicht sah ich auch dann nicht. An der darauffolgenden Station musste nun auch der Mann aussteigen. Er verabschiedete sich und trug ein kleines, verstecktes Lächeln in seinem Gesicht. Die nächste Station sollte meine werden.

Auf dem Bahnhof stehend hielt ich noch immer die Grußkarte und den Lebkuchen in der Hand. Am Ausgang zur Zeil hielt ich kurz inne, um erst einmal die vielen lauten Geräusche zu sortieren, die auf einmal gnadenlos auf mich einprasselten. Von irgendwo her drängte sich das Spiel einer Buschtrommel durch die Lärmwolke. Diesem folgend erspähte ich eine Trommlerin, die sich mit ihren Klängen ihre Hände warmhielt. Ein Mann warf gerade stehend ein Münze ins Körbchen und lief weiter. Es war eine kalte Spende. Eine solche, die man eben um Weihnachten herum gerne tut, um ein besseres Gewissen zu haben.
Ich legte meinen Lebkuchen mit einem Geldstück ins Körbchen. Nachdem ich auch die Münze, welche es nicht in den Korb schaffte, an ihren bestimmten Platz legte, schaute ich zu der Trommlerin auf und blickte in warme, lächelnde, braune Augen.

 

Hallo Franzisca,

ich möchte vorerst nichts weiter zu der Geschichte sagen, sondern eine Frage stellen.
Was ist die Prämisse? Oder, worin besteht die beabsichtigte Aussage, wenn man sie in einem Satz zusammenfassen wollte? Ich irre etwas ratlos durch den Text, weil mir das nicht klar wird.

Grammatik Tipp:

ohne mir auch nur einen Blick zu würdigen.
Ohne mich eines Blickes zu würdigen.

Schönen Gruß
Kellerkind

 

Hallo Franzisca,

herzlich willkommen!

Die Geschichte steht dort zweimal. Das solltest du ändern.

Interessant finde ich das Gegenüberstellen von Geben und Nehmen dieser drei Personen.
Der Titel „Optimist trifft auf Pessimist“ bezieht sich nur auf die Erzählerin und die blonde Frau. Der „gemütliche“ Mann passt da nicht so richtig rein, er ist sowohl als auch.
Gut finde ich auch die Beschreibungen der Äußerlichkeiten. Meiner Meinung nach, kann man am Kleidungsstil etwas über die Person entschlüsseln. Kleidung kommuniziert den Grad von Selbstbewusstsein, je modischer die Kleidung, desto geringer das Selbstbewusstsein des Trägers, desto pessimistischer ist er. Irrtümer sind da natürlich möglich, sodass die Geschichte keinen wirklichen philosophischen Anspruch erheben kann.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo, Franzisca,

Vielen Dank für deine Story und herzlichst hier, bei den Wortkriegern!!!
Ich bin mir nicht sicher, ob Du je hier ein Kommantar beantworten wirst, deswegen bin ich jetzt ganz kurz.

Deine Story liest sich verdammt gut. Allerdings ist es nicht ganz klar, ob sie nun vollendet ist oder nicht. Der Titel passt leider nicht zu der Story. Für mich war weder ein Optimist noch ein Pessimist auszumachen, keine Eigenschaft von beiden Charakter. Und so weiter und so sofort...

Mach einen dicken Punkt in deiner Story, damit wir hier erst mal anfangen können, sie auseinanderzunehmen.

Viele Grüße
Herr Schuster

 

Hallo Franzisca,

ich gehe davon aus, dass es ein Versehen war, dass der Text sich wiederholt hat, ich habe das rauseditiert. Falls es doch Absicht war (eine Zeitschleife? :)) kannst du es ja noch mal bearbeiten. Und bei der Gelegenheit wäre es natürlich sehr schön, wenn du auf die Kommentare zu deiner Geschichte eingehst.

Grüße von Perdita

 
Zuletzt bearbeitet:

Oh, sorrrrriieeeee Perdita. Bin noch etwas überfordert mit dem all hier. Bin die "Neue", muss mich erst zurecht finden.
Der Text sollte sich nicht wiederholen. Vielen herzlichen Dank dafür.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kellerkind,
vielen Dank für Dein Feedback und den Grammatiktipp – ich wusste irgendwie stimmte das nicht. :D
Mir geht es darum andere Sichtweisen aufzuzeigen. Der eine Mensch sieht negativ, der Andere positiv. Meist ist man aber doch schon fest gefahren in seiner negativen Sicht. Jeder kann ein Umdenken bei anderen anstoßen, indem er Optimismus vorlebt und den anderen ein wenig "erleichtert". Es ist gar nicht alles so grau wie wir es warnehmen. Manchmal reicht schon ein kleiner Wink, eine andere Sichtweise, um andere positiver denken zu lassen. Bemerkenswert finde ich auch die Tatsache, dass die gesellschaftlichen Charaktere mittlerweile so deutlich sind, dass es ein leichtes ist sie in "Schubladen" zu stecken. Wo ist das Individium geblieben. Gerade in Frankfurt am Main scheint es diese kaum noch zu geben. Grauer Alltag wohin man blickt. Das wollte ich mit der Geschichte darstellen.

In einem Satz zusammenfassen, dass ist schwierig :D
Ich glaube es geht tatsächlich darum zu zeigen, wie eingenommen die Menschen heute sind und von welchen Sichtweisen sie sich lenken lassen.

Ich weiß nicht recht, ob dass Deine Frage beantwortet?

 

Hallo Asterix,

vielen herzlichen Dank für Dein super Feedback!
Ich finde gar keine andere Überschrift, die treffender wäre *denk*
Denn es geht ja genau darum, Pessimisten und Optimisten darzustellen, und dass die "wenigen" Optimisten, die "vielen" Pessimisten positiv beeinflussen können.

Was meinst Du mit: "Irrtümer sind da natürlich möglich, sodass die Geschichte keinen wirklichen philosophischen Anspruch erheben kann." ?

 

Hallo Herr Schuster,

vielen lieben Dank für das Lob und die Kritik :)
Ich mache mir noch mal Gedanken über die Überschrift.

Die Geschichte ist in meinen Augen beendet. Es soll das Gefühl der Warmherzigkeit vermitteln und zum Nachdenken anregen.
Vielleicht spricht man hier auch von einem "Offenen Ende"?

 

@all
Vielen Dank für's zerpflücken. Ich schreibe normalerweise Gedichte und keine Kurzgeschichten, ist somit meine Erste. Habt daher etwas Nachsicht, wenn ich sie und zukünftige noch nicht richtig kategorisieren kann oder ähnliches. Das ist alles etwas sehr hollprig für mich. :D
Aus dem Grund freue ich mich sehr über euer Feedback.

 
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Hi, Franzisca,

ein Gefühl der Warmherzigkeit erweckt deine Story in mir keineswegs nicht. Sie schreit mehr nach einem Wunsch der Warmherzigkeit. Wer braucht diese Warmherzigkeit? Derjenige, der glaubt, sie verteilen zu können/dürfen?

Jetzt zur Sache: Du machst eine Ortangabe. Das kann für den Leser sehr hilfreich sein, aber auch sehr störend. Meinst Du nicht, dass diese Story auch irgendwo in Mexico-City oder in Hong Kong passieren können? Also, wenn Du eine Ortangabe machst, dann ist es so was wie ein Eigentor. Es sei denn, Du wilslt was damit sagen. Diese Situation ist typisch für Fr a.M. Also, ich war noch nie in Frankfurt am Main und denke, dass es eine Stadt ist, wo die meisten Bank-Leute leben. Welche Schublagen habe ich noch zu dieser Stadt? Also... Das gleich gilt auch für Zeitangaben.

Nur zum Hauptgericht: die zentrale Figur und die Erzählerstimmte sind dieselbe Person. Und es ist wichtig, nicht aus den Augen zu verlieren, wie diese Person denkt, tickt. Allein diese Sätze "Ein Mann warf gerade stehend ein Münze ins Körbchen und lief weiter. Es war eine kalte Spende. Eine solche, die man eben um Weihnachten herum gerne tut, um ein besseres Gewissen zu haben." oder die Bemerkung über die mit wenig Liebe kurz geschorrene Haare lässt mir besorgt aufhörchen!!! Die Frau macht die Welt um sich, wie es ihr gefällt. Sie will Warmherzigkeit, Freude, Glück verbreiten! Vielleicht, aber... Sie sieht sich als Urquelle für diese "wunderbare" Gefühle! Ihr Unterbewusstein/Seele/Gehirn/Geist (Was weiß ich) wirft aber um sich mit solchen Bemerkungen, Stempeln, wie "kalt", "unfähig", "grimmig", wie eine eifersüchtige Braut vor (und vielleicht auch nach) der ersten Nacht mit ihrem Bräutigam. Sie ist darauf eingestellt, den allen dieses Gefühl der Warmherzigkeit abzusprechen.

Warum schenkt die zentrale Figur in deiner Story diesen Keks nicht irgendeinem Polizeibeamten auf der Straße oder irgendeinem aus dem schicken Auto aussteigenden Hirn-verblödeten Multi-Milliardär? Macht es einen Unterschied für die Person, die ihre Warmherzigkeit schenken will, wem sie diese Warmherzigkeit gitb? Ich glaube, die zentrale Person in der GEschichte sucht sich gezielt Leute aus, die sie in irgendeiner Art als "schwächer" bewertet, "schwächer" als sie selbst.

Kein Mensch läuft mit dem Gefühl herum, "ich muss warmherzig sein" oder "der oder die sind aber nicht so wirklich warmherzig wie ich, sie sind zu kalt!" Wenn man soweit ist und solche Gedanken hat, dann verspürt man höchstwahrscheinlich den Wunsch nach einer Warmherzigkeit für sich selbst. Der Rest der Welt kann einem gestohlen bleiben.

Ich habe jetzt deine Geschichte noch einmal durchgelesen und... ich glaube, ich habe den Nabel der Welt gefunden. Das ist die zentrale Protagonistin/die Erzählerin.
"während er den Fensterplatz gegenüber von mir in der Vierergruppe einnahm."
"setzt sich rechts von mir auf den Platz am Gang."

Das sind nicht unwichtige Hinweise, die hier und da im Text verstreut sind! Ob gewollt oder nicht, ist eine andere Sache.

"Egozentrismus" oder ähnliches wäre ein guter Titel für deine Story. Die Frau lächelt, strahlt alle an, merkt aber nicht, wie sie alle abwertet, die sie abwerten mag. Wäre dein Name Anton Tschechow, hätte ich gesagt, eine Supergeschichte, Anton!!!

Wenn ich im Kino einen Mann zu einer Frau sagen höre: Ich liebe Dich, Schatz! - während er selbst besorgt auf seine Nägel schaut und versucht, mit einer Feile den Dreck herauszuputzen, dann würde ich sagen: Entweder ist es ein schlechter SChauspieler, der einen Verliebten schlecht abgeben kann; oder... das ist ein nicht-schlechter Schauspieler, der einen Nicht-Verliebten spielt.

Lass Dich nicht von unseren KOmmentaren einschüchtern. Was Dich nicht umbringt, macht Dich nur noch stärker!!! :-)


VieleGrüße
Herr Schuster

 

Hallo Franzisca,
und vielen Dank, für Deine Antwort.
Gut, so kann ich die Erzählerin besser einordnen. Das ist ja eigentlich eine schöne Botschaft, die hier verkündet wird. Wird zwar nicht viel an der Realität ändern, aber gib den Kampf nicht auf!

Mein Problem mit der Geschichte, oder eher mit der Erzählerin, ist, dass hier ein Unterton mitschwingt, den ich so gar nicht mag.
Das Verhalten der Mitmenschen wird kritisch betrachtet und dann führt sie vor, wie man es richtig macht. In der echten Welt gibt es eine blöde Bezeichnung für Menschen mit dieser Ausstrahlung, die ich nicht benutze. Aber ich muss sagen, dass gerade dieser moralisch, belehrende Ton in Geschichten, Filmen oder Statements von Promis und Politikern bei vielen Menschen eine starke Anti-Haltung auslöst.
Wie gesagt: die Botschaft finde ich gut und sogar notwendig. Aber für mich dürfte das nicht durch diese strahlenden Heldin der sozialen Kompetenz vermittelt werden.

Abgesehen vom Inhalt ist es mir auch zu beschreibend und passiv gestaltet. Der brave Erzählton erzeugt für mich nicht gerade das Gefühl, der Dame durch die Geschichte folgen zu wollen.

Jut, ich muss dazu nicht viel mehr sagen. Du siehst, dass ich nicht zur Zielgruppe gehöre. Dafür gibt es sicher noch andere Leser hier.

Mit besten Grüßen
Kellerkind

 

Hallo Herr Schuster.
WOW! Vielen Dank! Ich bin sehr beeindruckt!
Kellerkind
Dankeschön :)

 

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