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Platzregen

Seniors
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10.10.2006
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Platzregen

Sie sieht niemandem ähnlich, den ich kenne. Nicht einmal einem Tier, das man sagen könnte: Ein Hals wie ein Schwan oder eine Nase wie ein Kätzchen.
Die Accessoires machen es wahrscheinlich aus und wie sie da steht, in der hinteren linken Ecke des Fahrstuhls. Den Po gegen die Wand gedrückt, eine graue Aktenmappe vor der Brust. Die Augen hat sie nach oben gerichtet auf die Leiste mit den Zahlen. Flache Schuhe, ein Rock, der ihr knapp bis unters Knie geht, dann hat sie – ich hab das beim Einsteigen gesehen – ein quer gestreiftes schwarz-weißes Oberteil an. Wie ein Matrose. Und der Rock, da bin ich mir fast sicher, war zu eng. Zu viel Po für den Rock. Ich krieg das nicht zusammen. Wie eine überreife Schote sieht sie aus. Aber nein, gar nicht. Drall vielleicht, man könnte drall sagen. Zu viel drin.
Wie ein Schmetterling, jetzt hab ich’s, wie ein Schmetterling: Die Flügel sieht man schon unter dem Kokon.
Die Tür geht auf und ich mache keine Anstalten auszusteigen, beobachte sie weiter, das ist furchtbar unhöflich, es ist mir egal, und sie merkt das. Bleibt in der Ecke stehen; das ist das Erdgeschoß, es gibt keine Ausreden, und dann mit raschen Schritten geht sie, mit ihrem viel zu engen Rock, in Tippelschritten an mir vorbei und ich sehe, dass ihr quer gestreiftes Oberteil gar nicht so eng anliegt wie ich dachte, jedenfalls nicht am Rücken.

Wir gehen wie zusammen durch die Welt, sie führt, ich folge. Sie läuft unrund, hat die Mappe immer noch wie einen Schild vor ihrer Brust, und sie tippelt seltsam, macht Zwischenschritte, dann wieder längere, merkt, dass der Rock zu eng ist und geht langsamer, bleibt sogar vor einem Fenster stehen und schaut nach draußen. Ich bin an ihrer Seite und wir sehen gemeinsam auf den Parkplatz. Beton und Autos. Alles zubetoniert. Es ist ein schwüler Tag, die Klimaanlage hat noch die Oberhand, aber man schwitzt leicht. Wie ein Fön. Irgendetwas stimmt mit der Luft nicht.

Sie kaut auf ihrer Unterlippe, während wir warten, und streichelt über die Ohren der Mappe. Sie atmet kontrolliert, ihre Nase bewegt sich mit der Atmung mit, tief ein und aus, ein und aus. Dann hält sie sich an ihrer Mappe fest und ihr Körper spannt sich und sie geht los. Von mir weg, läuft pfeilgerade zur Tür und ist draußen auf dem Parkplatz.
Sie sieht sich nicht um, kommt aber doch an unserem Fenster vorbei und dann tut sich der Himmel auf. Es gießt in Strömen. Man sieht die Regentropfen auf den aufgeheizten Dächern der Autos zerplatzen. Sie hält sich die Mappe über den Kopf und tänzelt, der Asphalt wird feucht, sie steigt aus ihren Schuhen, mit einer Hand hält sie nun die Aktenmappe und in der anderen hat sie ihr Paar Schuhe und sie dreht sich einmal und noch einmal um die eigene Achse.
Ich schaue weg. Der Reiz ist verloren.

 

Hallo Quinn,
schön, dass Du wieder aus der Versenkung aufgetaucht bist!

Deine Geschichte erinnert mich extrem an einen Stalker. Also für mich war das jetzt nicht romantisch, sondern eher gruselig, wie er sie da so beobachtet, ihr Atmen analysiert, sie regelrecht mit Blicken abtastet, uuh ….
Ja, klasse geschrieben, wie immer. Ich sehe diese mopsige Büromaus direkt vor mir und frage mich natürlich, was er so an ihr findet. Aber bevor er noch irgendwas Schreckliches mit ihr anstellt, fangt es ja Gott sie Dank an zu regnen und er verliert das Interesse. Toller letzter Satz.
Kann sein, dass ich jetzt total daneben interpretiert habe, aber so lese ich die Geschichte.

Viele Grüße,
Sammamish

 

Hallo Quinn,

der Protagonist ist mir seiner Unverblümtheit recht symphatisch. Man kennt das ja auch: Ein fremdes Gegenüber taxieren, sich Gedanken machen, diese weiterspinnen ...
Ich fands spannend zu lesen, was denn nun passieren wird.

Für mich waren zwei Dinge am Ende schade:

Mir war leider nicht klar, wodurch der Reiz verloren ging (weil sie ohne Schuhe tanzte, also die Schuhe als Reiz weggefallen sind oder der Regen zuviel konkreten Körper zeigte?) Ich möchte in dieser Situation nicht raten müssen, denn dann läßt mich der Autor am Ende etwas in der Luft hängen.

Die letzten zwei Sätze haben auch noch nicht so ganz meine Zustimmung gefunden, weiß aber noch keine Alternative aufzuzeigen, die inhaltlich das Gleiche rüberbringt.

Jedenfalls ein schönes Häppchen für mal zwischendurch, Tiefe wollen wir dem Text nun ja nicht andichten ;).

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Quinn

Keine Ahnung, ob der Erzähler ein Stalker ist oder nicht, auf jeden Fall nimmt die Frau, um die es geht ziemlich viel Platz ein, eigentlich so viel, dass ich mir das Drumherum schwer vorstellen kann. Deshalb kann ich auch schwer sagen, verfolgt er sie jetzt oder beobachtet er sie nur zufällig aus irgendnem Fenster raus? Gibt da kein Bild, an dem ich mich festhalten kann, für mich tanzt das Mädel da durch ne graue Welt mit nem Fahrstuhl, ein paar Fenstern und ein bisschen Blech.
Das hört sich jetzt nach mehr Kritik an als es eigentlich ist. Mir gefällt die Geschichte gut, hat was Verträumtes, ich mag den Erzähler auch gern. Für mich gehts mehr darum, Menschen falsch einzuschätzen und sie sich zurechtzudenken. Und sie bricht halt aus seinem Gedankenmuster aus und tut was, das der Ansicht des Erzählers nach gar nicht zu ihr passt. Weiß jetzt auch nicht, ob ich da so richtig liege, ist mir aber auch wurst, das ist eh ne Geschichte, bei der man sich viel denken kann. Du wirst wahrscheinlich sagen, es geht um Sex. :p

Gruß!
strudel

 

Hallo Quinn

Die Accessoires machen es wahrscheinlich aus und wie sie da steht, in der hinteren linken Ecke des Fahrstuhls.
Es geht um fetischistisches Verhalten, oder?

Als sie ihre Schuhe ausgezogen hat, stimmt das Gesamtbild nicht mehr und die Erregung verlischt.

LG
GD

 

Hallo sammamish,

Deine Geschichte erinnert mich extrem an einen Stalker. Also für mich war das jetzt nicht romantisch, sondern eher gruselig, wie er sie da so beobachtet, ihr Atmen analysiert, sie regelrecht mit Blicken abtastet, uuh ….
Hm, es sollte schon aus ihrer Sicht nachvollziehbar sein, warum sie sich unwohl fühlt, aber auch nicht generell jetzt "Uh, ein Stalker" - sondern die Möglichkeit sollte schon im Raum schweben. Dass natürlich ausgerechnet was "gruselig" wird, wenn ich's nicht darauf abziele, ist wieder typisch. ;)

Ich sehe diese mopsige Büromaus direkt vor mir und frage mich natürlich, was er so an ihr findet.
Ich glaub das ist die Frage, um der es in der Geschichte geht; vielleicht deute ich das nur zu zart an.

Danke dir für deine Kritik
Quinn

Hallo bernadette,

Mir war leider nicht klar, wodurch der Reiz verloren ging (weil sie ohne Schuhe tanzte, also die Schuhe als Reiz weggefallen sind oder der Regen zuviel konkreten Körper zeigte?) Ich möchte in dieser Situation nicht raten müssen, denn dann läßt mich der Autor am Ende etwas in der Luft hängen.
Ja, das ist halt das Thema: Was findet er an ihr, daraus sollte die Geschichte ihren Reiz gewinnen. Also ich les das nicht als Fetisch und es geht auch, denke ich, nicht so sehr um ihr Aussehen, als um ihr Verhalten. Dass sie sich ganz klein macht erst und dann später durchaus exaltiert auftritt.
Der Schmetterlingsvergleich am Anfang hätte das deutlich machen sollen.

Jedenfalls ein schönes Häppchen für mal zwischendurch, Tiefe wollen wir dem Text nun ja nicht andichten .
Nein, das ist schon genau richtig.

Danke auch dir für die Kritik
Quinn

Hey strudel,


Keine Ahnung, ob der Erzähler ein Stalker ist oder nicht, auf jeden Fall nimmt die Frau, um die es geht ziemlich viel Platz ein, eigentlich so viel, dass ich mir das Drumherum schwer vorstellen kann. Deshalb kann ich auch schwer sagen, verfolgt er sie jetzt oder beobachtet er sie nur zufällig aus irgendnem Fenster raus? Gibt da kein Bild, an dem ich mich festhalten kann, für mich tanzt das Mädel da durch ne graue Welt mit nem Fahrstuhl, ein paar Fenstern und ein bisschen Blech.
Das ist wirklich gut beobachtet. War auch für mich noch eine Idee, in dem Moment, wenn der Reiz verfliegt, ihn wieder all die Menschen um sich herum wahrnehmen zu lassen und Details, während er - noch im Reiz gefangen - nur sie wahrnimmt und die Welt nur aus ihnen beiden zu bestehen scheint und aus Kulisse.

Das hört sich jetzt nach mehr Kritik an als es eigentlich ist. Mir gefällt die Geschichte gut, hat was Verträumtes, ich mag den Erzähler auch gern. Für mich gehts mehr darum, Menschen falsch einzuschätzen und sie sich zurechtzudenken. Und sie bricht halt aus seinem Gedankenmuster aus und tut was, das der Ansicht des Erzählers nach gar nicht zu ihr passt. Weiß jetzt auch nicht, ob ich da so richtig liege, ist mir aber auch wurst, das ist eh ne Geschichte, bei der man sich viel denken kann. Du wirst wahrscheinlich sagen, es geht um Sex.
Beides. Ich denke das Verhaltensmuster reizt ihn, sie reizt ihn so, wie er sie eingeschätzt hat, als sich dann herausstellt, dass sie anders ist, verfliegt der Reiz.
Also um bei dem Schmetterlingsbeispiel zu bleiben (da hab ich mir schon was bei gedacht ;)): Es reizt ihn, wie aus einer Raupe dann ein Schmetterling werden kann - und vielleicht malt er sich aus, dass er dafür sorgen kann. Ein Schmetterling selbst - das ist dann wieder uninteressant.

also so würde ich das sehen. ;)

Danke auch dir für deine Kritik
Quinn

Hallo someday,

die Frau scheint für den Protagonisten nichts weiter als ein Sexualobjekt zu sein. Ein Stück Fleisch auf dem Präsentierteller. Womöglich hält er sie sogar für hohl wegen ihrer ganzen Erscheinung und er mag es, erwartet nichts anders, will nichts anderes. Dann fängt es an zu regnen und sie zieht ihre Schuhe aus, dreht sich um die eigene Achse. So vollkommen unpassend. Aus dem Objekt wird irgendwie etwas anderes und er verliert jedes Interesse. Ich habe keine Ahnung, ob ich mit dieser Interpretation richtig liege. Mir gefällt die merkwürdige Besessenheit des Protagonisten und seine plötzliche Interessenlosigkeit zum Schluss. Es kommt gut rüber, ohne langatmig zu werden.
Jap. So seh ich das auch. (ob er sie jetzt für hohl hält ... ich glaube darüber macht er sich keine Gedanken).

Freut mich sehr, dass du das so gesehen hast, danke dir
Quinn

Hallo Goldene Dame,

Es geht um fetischistisches Verhalten, oder?

Als sie ihre Schuhe ausgezogen hat, stimmt das Gesamtbild nicht mehr und die Erregung verlischt.

Das wär der analysierende, herzlose Blick. Also für mich geht's hier nicht um die Schuhe, die sind ein Teil des Bildes klar, aber es geht wirklich eher um das exaltierte Verhalten.

Vielen Dank auch dir
Quinn

 

Hey Quinn!

Der Schmetterling-Vergleich passt schon, ich dachte auch daran, als sie anfing sich um die eigene Achse zu drehen. Da fängt für mich der Zauber an, wenn aus dem bedeutungslosen Kokon ein Schmetterling schlüpft, DANN verliert sie den Reiz?
Das ist ja eine Umkehrung von dem, was man eigentlich erwartet. Du könntest dann auch das Motiv vom hässlichen Entlein zum Schwan nehmen. Aber ein Kokon ist verpackt und ein Stück "geheimnisvoller". Die Frage ist für mich, findet er das Kokon, also diese graue Büromaus so super, oder das, was aus dem Kokon noch schlüpfen könnte und das da die Erwartungen enttäuscht werden.

Zu der Aufzug-Szene, ich fühle mich absolut unwohl, wenn ein Kerl mich beobachtet und den Blick nicht abwenden kann, das ist super unangenehm und beim Rausgehen würde ich dem Kerl einen eisigen Blick zuwerfen oder mich schütteln, wenn ich endlich draußen bin. (habs mal erlebt und das ist ekelhaft) Dass die da so cool rausgeht, ist für micht nicht nachvollziehbar, aber man müsste das auch im Kontext sehen, aus dem Text geht's nicht hervor, ob die sich schon mal gesprochen habe, ob das Arbeitskollegen sind, also die Beziehung der beiden ist unklar.

Hat mir nicht gefallen, obwohl es eine interessante Idee ist, die Umsetzung hat mir nicht gefallen und ich konnte nix Romantisches daran finden.

JoBlack

 

Cooler Titel, muss ich sagen! Die Geschichte ist nett, die Verehrung des Versprechens usw. Anfänglich im gewohnten Quinn-Stil, zu dem auch der Vergleich der Frau mit Tieren gehört. Aber bin lieber still, bevor die Leute es merken und es Beschwerden regnet. *g
Der zweite Teil ist irgendwie dann so kurzgeschichtenmusterhaft, und die letzten zwei Sätze besonders. - Gut, ja, aber da fehlt der Pepp.
Gruß
Kasimir

 

Hallo Quinn!

Wieder so eine hintergründige Geschichte von dir. Es ist klar, dass der Regen sexuelle Bedeutung hat. Die alten Griechen glaubten, dass Zeus mit dem Regen die Mutter Erde befruchtet. Und bei den Eleusinischen Spielen riefen die Teilnehmer nach oben, zu Zeus blickend: Hye! Regne! und dann nieder zur Erde sehend: Kye! Empfange! Es war eine Beschwörung der Himmelmächte um Fruchtbarkeit. (Die Chinesen nennen übrigens den Beischlaf "Wind- und Wolkenspiel)

Ja, welch Enttäuschung für deinen Stalker, als der Schmetterling, der aus dem Kokon ihrer Zugeknöpftheit schlüpft, sich nicht mit ihm, sondern mit der Naturgewalt Regen einlässt.

Grüße gerthans

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

ich mag solche Momentaufnahmen. Sie müssen allerdings - und das gelingt dir sehr gut - poetisch rüberkommen, in einem reizvollen sprachlichen Rhythmus. Der Voyeur in Geschichten an sich ist nicht neu (Stalker finde ich unpassend, denn der Stalker ist ein aktiver Bedränger und Bedroher, dein Prot ist ein aktiver Beobachter) aber mir gefällt seine Art des Beobachtens und des Aufnehmens von Eindrücken.

Für mich ist der Fall klar. Sobald sie ihre Schuhe ausgezogen hat, verliert er das Interesse, denn es ist ihre Art zu gehen, die ihn zuvor faszinierte, und alles was sie dadurch ist und ausstrahlt. Und das verändert sich nach dem Ausziehen der Schuhe entscheidend. Alles verändert sich, ihr Gesamteindruck, ihre Proportionen, ihre Bewegungen, ihr Gang. Der Regen kann es nicht sein, der macht eine Frau zu etwas Besonderem, das weiß ich spätestens seit der Schlussszene von "Frühstück bei Tiffany".

Feine kleine Story.

Rick

 

Hallo Quinn,

Das wär der analysierende, herzlose Blick. Also für mich geht's hier nicht um die Schuhe, die sind ein Teil des Bildes klar, aber es geht wirklich eher um das exaltierte Verhalten.

Die Spur zum Fetischismus hattetst du hier gelegt.

Die Accessoires machen es wahrscheinlich aus und wie sie da steht, in der hinteren linken Ecke des Fahrstuhls. Den Po gegen die Wand gedrückt, eine graue Aktenmappe vor der Brust. Die Augen hat sie nach oben gerichtet auf die Leiste mit den Zahlen. Flache Schuhe, ein Rock, der ihr knapp bis unters Knie geht, dann hat sie – ich hab das beim Einsteigen gesehen – ein quer gestreiftes schwarz-weißes Oberteil an. Wie ein Matrose.

Die äüßere Erscheinung hat mir einfach zu viel Raum eingenommen, als das ich nun vermuten konnte, dass er eigentlich ihr "unterwürfiges" Verhalten meint.

Ich finde es auch immer verwunderlich, wie man vom Äußeren her auf das Innere einer Person schließen kann. ;)

Egal welchem Typ Frau, Mann begegnet, im Fahrstuhl oder sonst wo, wobei kleinere Räume natürlich förderlich für die Empathie sind, Triebreize sind unbewusst angelegt und meistens projeziert man in sein Gegenüber eigene unbewusste Inhalte. Villeicht hat dein Protagonist genau das gespürt, er wollte vielleicht sich sexuell unterwerfen und hat unbewusst ihre Dominanz gespürt. Jedoch als sie fort war, im Platzregen selbstbewusst getanzt hat, hat ihre Dominanz ihn nicht mehr gereizt, weil er sein unbewusstes Verlangen nicht gespürt hat.

LG
GD

 

Die Frau da in der Ecke des Fahrstuhls ist interessant, weil sie sich unwohl fühlt, weil sei weiß, dass sie begehrt wird. Daher hält sie die Mappe vor der Brust, schaut nach oben auf die Zahlen – um bloß nicht auf den Boden oder auf den/die sie anstarrenden Mann/Frau zu blicken. Du, Quinn, beschreibst sie als drall - ein Wort, das ich nicht mag -, verwende bitte lieber das Wort prall, das zwar ähnlich klingt, aber positiv besetzt ist (pralle Lippen, pralles Geschlecht).

Das würde auch besser zu dem engen Rock passen, der sie zwingt zu trippeln – ach, wie ich das mag! -, und damit den Eindruck einer sittsamen Dame erzeugt – nur Bauerntrampel machen große Schritte, nicht wahr :D -, obwohl sie es natürlich war, die den Rock auswählte und anzog, wohl wissend, was für Wirkung sie mit ihrem prallen Hintern und den kleinen Schritten auf alles machen wird, was noch Eier hat.

Doch in dem Moment als diese Absicht, nämlich die Männer durch Kleidung auf sich aufmerksam zu machen, durch ihr exhibitionistisches Verhalten für jeden offenbar wird – sie dreht sich 2 Mal um, damit auch jeder sie von allen Seiten sieht* -, wird sie für den Prot uninteressant, denn für den Voyeur, der er ist, ist es immanent wichtig, sein Opfer in Ungewissheit zu wissen – sobald er erkennt, sie zeige sich (ihm) absichtlich, hat sie für ihn jeden Reiz verloren.

Schöne Geschichte, ein wenig kurz, aber dennoch interessant – der Thematik wegen.

Dion

* eine ähnliche Szene – interessanter Weise auch bei Regen! - habe ich in meiner allerersten Geschichte auf kg.de beschrieben.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Jo,

Der Schmetterling-Vergleich passt schon, ich dachte auch daran, als sie anfing sich um die eigene Achse zu drehen. Da fängt für mich der Zauber an, wenn aus dem bedeutungslosen Kokon ein Schmetterling schlüpft, DANN verliert sie den Reiz?
Das ist ja eine Umkehrung von dem, was man eigentlich erwartet. Du könntest dann auch das Motiv vom hässlichen Entlein zum Schwan nehmen.
Ja. Das war der Gedankengang dahinter.

Aber ein Kokon ist verpackt und ein Stück "geheimnisvoller". Die Frage ist für mich, findet er das Kokon, also diese graue Büromaus so super, oder das, was aus dem Kokon noch schlüpfen könnte und das da die Erwartungen enttäuscht werden.
Genau, so sehe ich das auch. Das "geheimnisvolle" und auch diese Wandlung, die er herbeiführen möchte. Dass ER aus dem Kokon was machen könnte ... aber das ist auch nicht so in dem Text drin, dieser Gedankengang.


Zu der Aufzug-Szene, ich fühle mich absolut unwohl, wenn ein Kerl mich beobachtet und den Blick nicht abwenden kann, das ist super unangenehm und beim Rausgehen würde ich dem Kerl einen eisigen Blick zuwerfen oder mich schütteln, wenn ich endlich draußen bin. (habs mal erlebt und das ist ekelhaft) Dass die da so cool rausgeht, ist für micht nicht nachvollziehbar, aber man müsste das auch im Kontext sehen, aus dem Text geht's nicht hervor, ob die sich schon mal gesprochen habe, ob das Arbeitskollegen sind, also die Beziehung der beiden ist unklar.

Hat mir nicht gefallen, obwohl es eine interessante Idee ist, die Umsetzung hat mir nicht gefallen und ich konnte nix Romantisches daran finden.

Ja, ich glaube, weil du da halt die eigene Szene noch im Kopf hattest. Das scheint da wirklich für jemandem, der das schon mal erlebt hat, dann der KO-Schlag für die Geschichte zu sein. Ich kann das auch nachvollziehen, es sollte schon ... "unangenehm" sein, aber dann auch wieder "reizvoll" irgendwo.
Da ich - wie wohl mittlerweile bekannt ist - ein Kerl bin und wesentlich größer als die handelsüblichen Frauen, die mich so in Aufzügen angestarrt haben, kann ich die Situation vielleicht nicht so nachvollziehen.

Okay, ich wurde auch sehr selten in Aufzügen von Frauen angestarrt!

Danke dir für deinen Kommentar, hat mir weitergeholfen
Quinn

Hey Regi,

Ich fand das sooo schön geschrieben, irgendwie sooooo schön.
Ich finde es gar nicht eklig, wie der Typ sie anschaut. Er tut es ja nicht auf eine geifernde Art. Der Text liest sich ... wie soll ich sagen? ... so zart und sanft (Oh Gott, klingt das blöd. Hilfehilfe). Deswegen finde ich es auch durchaus romantisch.
Das ist schön. Ich find auch, dass dieses "Anschauen"/"Betrachten" etwas diffuses hat, es ist schon sehr unhöflich, aber jetzt ohne irgendwie "bedrohlich" zu sein, denke ich. Es ist einfach dreist.

Alles stimmt sprachlich bis ins kleinste Detail. Beispiele zu nennen hat da keinen Zweck, denn es fügt sich alles so schön ineinander.
Ja, man weiß nicht, warum sie ihn so fasziniert, oder warum der Reiz am Ende verloren geht. Aber das finde ich auch nicht wichtig. Dreht sie sich nur um ihre eigene Achse so zur Orientierung? Oder zum Tanzen? Für mich könnte Tanzen der Grund sein, wegzuschauen. Es ist möglicherweise eine zu starke Entblößung, die die Fantasie zerstört.
Das freut mich bei der Geschichte sehr, dass es da so viele wirklich gute Ansätze gibt, das zu erklären.

Dein Kommentar hat mich sehr gefreut, danke ;)
Quinn

Huch Kasi, schön von dir zu hören ;)

Cooler Titel, muss ich sagen! Die Geschichte ist nett, die Verehrung des Versprechens usw. Anfänglich im gewohnten Quinn-Stil, zu dem auch der Vergleich der Frau mit Tieren gehört. Aber bin lieber still, bevor die Leute es merken und es Beschwerden regnet.
Schuldig, euer Ehren!

Der zweite Teil ist irgendwie dann so kurzgeschichtenmusterhaft, und die letzten zwei Sätze besonders. - Gut, ja, aber da fehlt der Pepp.
Ja, das stimmt schon. Es ist konventionell, die Abfolge auch, wobei ich dann in der Komposition, in der Kombination dieser "Tier-Vergleiche" mit der Pointe schon was "unmusterhaftes" gesehen hab.

Aber gut ;) Ich sehe, dass man das anders sehen kann, schönen Dank
Quinn

Hallo Gerthans,

Hallo Quinn!

Wieder so eine hintergründige Geschichte von dir. Es ist klar, dass der Regen sexuelle Bedeutung hat. Die alten Griechen glaubten, dass Zeus mit dem Regen die Mutter Erde befruchtet. Und bei den Eleusinischen Spielen riefen die Teilnehmer nach oben, zu Zeus blickend: Hye! Regne! und dann nieder zur Erde sehend: Kye! Empfange! Es war eine Beschwörung der Himmelmächte um Fruchtbarkeit. (Die Chinesen nennen übrigens den Beischlaf "Wind- und Wolkenspiel)

Ja, welch Enttäuschung für deinen Stalker, als der Schmetterling, der aus dem Kokon ihrer Zugeknöpftheit schlüpft, sich nicht mit ihm, sondern mit der Naturgewalt Regen einlässt.

Wow, also das ist echt gut. Wobei ich denke - ich für mich - dass es ihn mehr stört, dass die "Naturgewalt Regen" die ... naja, die Fruchtbarkeit auslöst und nicht er. Dieses "Schlüpfen" - aber das kann man wirklich so oder so sehen.
Mir gefällt dein Ansatz hier auch sehr.

Auch dir vielen Dank für den Kommentar, jetzt muss ich aber mal fix zum Kaffeetratsch mit dem Strudel, später mehr!
Quinn

 

Hallo Rick,

ich mag solche Momentaufnahmen. Sie müssen allerdings - und das gelingt dir sehr gut - poetisch rüberkommen, in einem reizvollen sprachlichen Rhythmus.
Ich denke auch, dass bei den Geschichten - verzeih, den Wortwitz - der Ton die Musik macht. Freut mich, wenn das gelingt.

Der Voyeur in Geschichten an sich ist nicht neu (Stalker finde ich unpassend, denn der Stalker ist ein aktiver Bedränger und Bedroher, dein Prot ist ein aktiver Beobachter) aber mir gefällt seine Art des Beobachtens und des Aufnehmens von Eindrücken.
Ja, ein Erzähler in einer Geschichte ist auch immer ein Stück Voyeur, glaube ich. In vieler Hinsicht, normal tritt er selbst nicht in Erscheinung, hier nimmt der Erzähler, der ja selbst nichts tut, außer präsent zu sein, diese Voyeurs-Haltung ein, die bei einem unpersönlichen Erzähler auch gegeben wäre.

Feine kleine Story.
Das ist immer ein schönes Kompliment, wenn diese kleinen Nummern gelingen. Sie sind im Gegensatz zu den "Großen" weniger "tolerant".

Danke dir sehr
Quinn

Hallo Goldene Dame nochmal,

[quEgal welchem Typ Frau, Mann begegnet, im Fahrstuhl oder sonst wo, wobei kleinere Räume natürlich förderlich für die Empathie sind, Triebreize sind unbewusst angelegt und meistens projeziert man in sein Gegenüber eigene unbewusste Inhalte. Villeicht hat dein Protagonist genau das gespürt, er wollte vielleicht sich sexuell unterwerfen und hat unbewusst ihre Dominanz gespürt. Jedoch als sie fort war, im Platzregen selbstbewusst getanzt hat, hat ihre Dominanz ihn nicht mehr gereizt, weil er sein unbewusstes Verlangen nicht gespürt hat.[/quote]
Ja, man kann das so sehen. Meine Sicht auf die Dinge ist das nicht. ;) Ich bin kein Freund davon, Gefühle und Emotionen immer auf die analytische Ebene runterzubrechen. Ob die Faszination nun aus einem Fetisch entsteht, aus einem Defekt irgendwoher oder aus anderen Gründen ist dann auch ein Stück weit Ansichtssache einfach.
Also mir käm's nicht in den Sinn, Figuren immer so zu sezieren. Aber das ist einfach eine andere Herangehensweise, die natürlich legitim ist und der die Geschichte, wenn ich dich richtig verstehe, auch stand hält.

Danke dir für die erneute Rückmeldung
Quinn

Hallo Dion,

Die Frau da in der Ecke des Fahrstuhls ist interessant, weil sie sich unwohl fühlt, weil sei weiß, dass sie begehrt wird. Daher hält sie die Mappe vor der Brust, schaut nach oben auf die Zahlen – um bloß nicht auf den Boden oder auf den/die sie anstarrenden Mann/Frau zu blicken. Du, Quinn, beschreibst sie als drall - ein Wort, das ich nicht mag -, verwende bitte lieber das Wort prall, das zwar ähnlich klingt, aber positiv besetzt ist (pralle Lippen, pralles Geschlecht).
Ich finde "drall" hat noch diese bäuerliche Komponente, die ich hier passend fand.

Das würde auch besser zu dem engen Rock passen, der sie zwingt zu trippeln – ach, wie ich das mag! -, und damit den Eindruck einer sittsamen Dame erzeugt – nur Bauerntrampel machen große Schritte, nicht wahr -, obwohl sie es natürlich war, die den Rock auswählte und anzog, wohl wissend, was für Wirkung sie mit ihrem prallen Hintern und den kleinen Schritten auf alles machen wird, was noch Eier hat.
Ja.

Doch in dem Moment als diese Absicht, nämlich die Männer durch Kleidung auf sich aufmerksam zu machen, durch ihr exhibitionistisches Verhalten für jeden offenbar wird – sie dreht sich 2 Mal um, damit auch jeder sie von allen Seiten sieht* -, wird sie für den Prot uninteressant, denn für den Voyeur, der er ist, ist es immanent wichtig, sein Opfer in Ungewissheit zu wissen – sobald er erkennt, sie zeige sich (ihm) absichtlich, hat sie für ihn jeden Reiz verloren.
So kann man das bestimmt auch sehen. Es freut mich, wie man das Verhalten des Protagonisten deuten kann und vor allem die Motivation für dieses Verhalten. Es läuft ja schon alles in eine Richtung hinaus.


Schöne Geschichte, ein wenig kurz, aber dennoch interessant – der Thematik wegen.
Das freut mich, danke auch dir
Quinn

 

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