Pneuma (Mittelalter)
Ein Meer aus Geäst. Ein Stamm, drei Meter lang, steht mittig, reckt das eine Ende in den Himmel, das andere eingestampft. Eine Frau steht, Füße und Hände festgeschnürt, die Finger ineinander zum Gebet verkrampft, auf dem Reisighaufen, an dem Mast und wartet ab. Eine große Menge schreit, eine weint, doch die meisten applaudieren und verlieren sich im bunten Treiben. Irres Gelächter und hysterisches Gekreisch leitet das Fest ein, denn mehr bedarf es nicht oder doch?
Es fehlt des Richters Scharfrichter. Der Mann in schwarz, der mit der Axt, der Schlinge, dem Scheit, das Verbrennen ist ein einfaches, er lacht und siehe da, er hat uns etwas mit gebracht. Eine Magd und einen Knaben, der ein kleines Mädchen an seiner Hand hält.
Die Frau reißt ihre Augen auf. Tränen entrinnen ihren erröteten Augen und verlieren sich im trockenen Gestrüpp. Ihr Mund ist weit geöffnet. Ihre Lippen bewegen sich schnell und angestrengt, doch ist nicht ein Laut zu hören. Stumm?!
Der Mann, die Maske verdeckt seine Fratze nur bedingt, führt die Drei auf ein Schafott.
Ihre Gesichter blicken, keines weint Salz, in das Angesicht der jungen Frau, die nun nicht mehr lautlos schreit. Vier Augenpaare treffen sich und scheinen zu wissen, doch verstehen werden sie es nicht. Der Henker legt die Schlingen um die Hälse. Erst die Magd, dann der Knabe und zu letzt, er streicht dem kleinen Mädchen sanft über ihre Wange, ihr, die spuckt. Er schlägt sie nicht, lächelt nur und schaut zum Himmel hinauf. Er geht drei Schritte zurück, zwei nach rechts und führt seine zitternde Hand an einen Hebel und blickt zum Himmel. Steht angespannt, bewegt sich nicht. Die Menge verstummt. Es zischt. Ein Leuchten erhellt die klare Nacht, es kracht. Drei Stricke spannen sich, Augen schließen sich und das Leben erlischt. Die Mutter erschlafft. Nur der Pfahl, die Kraft der Seile verleihen ihr Halt, während sie, ihr Kinn auf die Brust gesenkt, in einen kurzen Schlaf versackt. Die Menge, nachdem der ein oder andere Seufzer fiel, ein Kind kann so rührend sein, tobt. Das Treiben erreicht seinen Höhepunkt. Der Wahnsinn ist längst nicht mehr zu leugnen. Ach wie hab ich die Menschen doch verkannt. Die armen Ungereiften. Kein allein, nur der Halt der Zweisamkeit. Gemeinsam sind wir eins.
Ein fauler Apfel trifft das Haupt der Mutter hart. Er zerfällt und landet entzwei zu ihren Füßen. Ihre Augen öffnen sich doch erhebt sich ihr Blick nicht. Der Henker steigt hinab, die Treppen vom Schafott, entzündet einen Ast – Fichte wird es sein –und schreitet hocherhobenen Hauptes, die Schultern straff, zum Scheiterhaufen.
Gute Nacht!