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Puppen

Monster-WG
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04.03.2018
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Puppen

»Mona steht in der Ecke hinter der Tür. Sobald ich die Zimmertür schließe, begrüßt sie mich mit einem Kuss, wozu es meist erst abends kommt, denn tagsüber lasse ich sie offenstehen. Anders als die Barbie hat sie Kugelgelenke an Armen und Beinen. Dennoch ist die Beweglichkeit begrenzt. Das ist nicht weiter tragisch, ich habe mich an die steifen Umarmungen gewöhnt. Wenn sie mich berührt, läuft ein Kribbeln den Rücken hinab bis in die Lenden.
Sie mag es, wenn ich die Fuß- und Fingernägel bemale. Kirschrot, wie der Lippenstift.
Ich liebe ihr geheimnisvolles Lächeln. Die passende Perücke wähle ich je nach Stimmung, doch der kupferrote Pagenschnitt ist klar mein Favorit. Meistens stülpe ich ihr dazu die samtigen Handschuhe hoch bis über die Ellenbogen, ziehe ihr das dunkelblaue Kleid an, von dem eine Bewertung behauptet, es hätte einen gewagten Rückenausschnitt. Ich stelle immer wieder fest: Es steht ihr fabelhaft und korrespondiert ausgezeichnet mit der Augenfarbe. Von mir fünf Sterne dafür.
Wenn ich ihr die Zigarettenspitze in die Hand gebe, ähnelt sie ein wenig der Audrey. Zeitlose Eleganz. Mona tanzt vorzüglich − trotz der hohen schwarzen Pumps. Es heißt, Tanzen sei Träumen mit Füßen. So selbstvergessen, wie sie es tut, trifft das den Nagel auf den Kopf.
Ihr Lieblingstanz ist der Tango Nuevo. Wenn Astor Piazolla das Bandoneon spielt, gibt es kein Halten. Sie steigt auf meine Zehenspitzen und lässt sich führen. Beim Caminata bleibt sie wunderbar in der Achse. Mona ist trotz der ganzen Mechanik ein Leichtgewicht. Nur selten kommen wir aus dem Takt, sie ist ganz die Musik und hält stets die Stellung.
Wenn sich ihre Hände hinter meinem Kopf verschränken, rascheln die schwarz behandschuhten Unterarme an meinen Wangen. Ihr Körper ist schlank und bretthart. Trockene, kühle Haut, ohne Schweißgestank. So vieles schätze ich an Mona. Ich mag die hohen Apfelbrüste mit den kleinen Rosinen und den festen Po, wenn er − umhüllt durch feine Seide − an meinem Schoß vorbeistreicht.«

*​

»Zwanzig Uhr dreißig. Meine bevorzugte Uhrzeit. Dann sind die Gänge leer und ich kann ungestört die Vorräte in den Wagen stapeln. Den Einkaufszettel klebe ich wie immer mit einem Stück Tesa an den Griffholm, nachdem ich ihn desinfiziert habe. Die Excel-Tabelle ist so geschrieben, dass ich sie von oben abarbeiten kann. Das Schwere nach vorne in den Wagen, damit es in den Tüten später unten liegt. Obst und Eier zuletzt.
Die Angebotsflächen schaue ich mir erst an, wenn auch die letzte Zeile abgehakt ist. Ich weiß schon vorher, dass ich nichts von dem Tand kaufen werde, denn nichts davon steht auf der Liste und ergo brauche ich es nicht. Ich nehme auf die Art lediglich Anlauf für das, was danach kommt.
Es ist nur eine Kasse besetzt – ein Nachteil der Uhrzeit – und an der schiebt die Herausforderung mit den rosa Zöpfchen Dienst. Bei ihr komme ich nicht nach mit dem Wegräumen und mein System gerät durcheinander.
Neulich hat mich einer ihrer Wechselgeld-Finger berührt und ließ einen Schlag durch meinen Arm zucken. Als hätte ein Biss meine Finger betäubt, konnte ich Mona danach tagelang nicht berühren.
Leider ist das nicht alles, was droht. Aus ihren dunkelblauen Augen schaut sie mich an, mit diesem Blick, und das bleibt nicht ohne Folgen.
Ich kann nichts dagegen tun, sehe trockene, feste Haut vor mir und spüre, wie mein Zeiger zur Zwölf will, sich windet, durch Stoff wühlt, nach Freiheit und Licht dürstet.
Mit großer Anstrengung halte ich mich im Zaum, schaue so neutral es mir gelingt, rede weder laut noch leise, nein, keine Punktekarte, den Bon brauche ich nicht, schönen tag – dann bin ich durch die Kasse. Kurzes Luftanhalten vor dem Ausgang. Draußen empfängt mich Schwüle, drückt mir das nasse Hemd in den Rücken.
Ich laufe zum Wagen, setze mich auf das Frottee-Handtuch und schließe die Augen. Erleichterung flutet mich wie ein kleiner Schlaf. Ich starte die Zündung, verriegle die Türen, richte den kalten Luftstrahl nach unten auf die Körpermitte und warte, bis das Zittern nachlässt.«

*​

»Es klingelt an der Tür. Der Bote grinst, macht einen auf Kumpel und wünscht mir: »Schönen Abend noch und …, na du weißt schon: viel Spaß.«
Dabei kneift er ein Auge zu. − Gleich morgen melde ich mich bei der Packstation an.
Wortlos drücke ich ihm die Tür vor die Nase, lehne mich von innen dagegen und warte, bis das Paket in meinen Händen nicht mehr rappelt. Auf steifen Beinen trage ich die Neuerwerbung ins Schlafzimmer. Äußerlich deutet nichts auf den Inhalt, ergo hat der Bote einen guten Riecher, oder Erfahrung, oder beides.
Es ist unerwartet klein. Bevor das Klebeband vom Karton abziehe, ziehe ich Latex-Handschuhe an und öffne die Tür. Ich will nicht, dass Mona zuschaut.
Nicht, dass ich Eifersucht fürchte − wir pflegen eine offene Beziehung − es fühlt sich nur nicht richtig an.
Bis ich sie bekannt gemacht habe, nenne ich die Neue schlicht Bestellung. Vor der Taufe muss ich sie erst kennenlernen, sonst stört der Name später.
Große, strahlende Kinoaugen unter kräftigen Augenbrauen, goldener Kleopatra-Teint. Ich bekomme eine erste Idee.
Auf der Rechnung steht nüchtern Real Doll, den Rest überfliege ich. Fußnägel: French, Lippenstiftfarbe: Zimt, A-Cup, Schamhaare brünett, teilrasiert, Ventil rückseitig, Zubehör: Ständer zur sorgfältigen Aufbewahrung.
So viel Neues zu entdecken, mein Puls rast, ich schlucke und warte, bis der Atem sich wieder beruhigt. Zwei Austauschgesichter liegen obenauf zusammen mit dem Gleitmittel und dem Reinigungsset. Die Silikonhaut lässt sich eindrücken wie richtige Haut. Für einen Moment bleibt die Delle, bevor sie sich nach außen zurück wölbt. Makellose feste Aprikosenhaut. In ihrem Nacken fühle ich den kleinen Haken zum Aufhängen. Perfekt.
Bevor ich in den Fahrradkeller gehe, hole ich drei Sektgläser aus der Vitrine. Die Flasche wartet seit Wochen im Kühlschrank. Aus Monas Blick lese ich leise Zweifel. Möglicherweise liegt es am Sekt, den sie nicht so gerne trinkt.«

*​

»Der Verkehr drückt sich über die Innere. An der Ampel jongliert ein Mädchen mit Keulen. Hampelt dabei wie eine räudige Hündin. Die Bewegungen erinnern mich – ich weiß nicht woran.
Kurz bevor das Grün kommt, läuft sie mit dem Hut die Autos ab, hofft auf einen Fensterspalt, aus dem Klima dringt und Münzen. Der linke Arm ist schwarz bestochen. Grässliche Schnörkel. Unsortiert. Metall blitzt an Ohr, Lippe und Augenbrauen. Ihre Kleidung verdient die Bezeichnung nicht mehr, der Ausschnitt ihres zerlumpten Oberteils zeigt den jungen Brustansatz, höchstens A-Cup. Unter ihren Armen dunkle Schweißflecken, vorne durch den Stoff zeichnen sich die Brustspitzen ab.
Sie kommt näher, drückt mich damit tiefer in den Sitz, es gibt kein Entkommen. Die beiden in Papier eingeschlagenen Rosen für Mona und Liz wische ich vom Beifahrersitz in den Fußraum.
Allein die Vorstellung animalisch weiblichen Geruchs führt bei mir zum Schweißausbruch. Ich klicke nochmals die Türen zu und flehe um Grün.
Meinen Blick lacht sie weg mit makellosen Zahnreihen. Zwischen den Schneidezähnen glitzert ein Stein. Noch bevor die Ampel umspringt, verbeugt sie sich und tänzelt auf die Insel,. Sechs Wagen vor mir, es dauert. Der rechte Fuß krampft und er ist nicht alleine.
Sie setzt die Wasserflasche an volle Lippen, lugt mit einem schwarz gemalten Auge zur Ampel, wartet auf Gelb. Ihr rostiges Einrad lehnt am Baum hinter ihr. Aus dem Rucksack sind weiße Bälle gekullert, liegen ihr zu Füßen wie fette Maden im Gras. Sie raucht, zählt das Geld aus dem Hut.
Erst durch das Hupkonzert registriere ich die große Lücke zur Ampel. Ich steige aufs Gas. Bevor ich über die Linie fahre, springt sie auf Rot. Ich schließe die Augen und drücke aufs Gas.
In der Waschstraße starte ich das Vollwäsche-Programm mit Politur und Trocknung, es hilft nicht, die Bilder bleiben.
Später, als ich aussteige und zur Aufzugtür gehe, überfällt es mich aus dem Nichts. Ihre schlaksigen Bewegungen gleichen der Schaukelei von Liz, wie sie voller Vorfreude an ihrem Haken hin- und herschwingt und darauf wartet, dass ich sie herunternehme.
Und dann ihr blitzendes Lachen. Raubtierhaft verfolgt es mich, nagt an mir und will, dass ich es mag. Mehr als alles andere brauche ich jetzt Monas Lächeln, ihre feine Zurückhaltung.
Die Rosen halte ich mit dem Kopf nach unten, das Papier ist zerknittert. Einzelne rote Blätter fallen heraus. Ich stecke den Schlüssel in den Zylinder der Aufzug-Steuerung: Vorzugsfahrt.«

*​

»Gestern habe ich Mona hinter der Tür stehenlassen, sonst wäre die Torte keine Überraschung. Ich wecke sie um sieben, helfe ihr in das Lieblingskleid und geleite sie zur Küchenbank. Sobald sie sitzt, zünde ich die Kerzen an, sehe ein kleines Flacker um ihre Mundwinkel.
Liz wartet schon geduldig. Sie hat zur Feier des Tages ihr freundlichstes Gesicht aufgesetzt, die fünf Flammen spiegeln sich in ihren Augen.
Unter Monas Händen knistert das Geschenkpapier, auf dem Aufkleber leuchtet pink: ʹfor your beautyʹ. Ich helfe, die Schleife zu öffnen. Der Moisturizing Lippenstift, die Zweithaar-Bürste und erst recht die kalbslederne Handtasche haben mich ein Vermögen gekostet. Was tut man nicht alles für seine Liebsten.
Mona ziert sich, ich blase die Kerzen aus, dafür darf sie sich etwas wünschen. Die Torte ist gelungen, sehr schmackhaft, aber zu viel Sahne für die Damen, sie achten auf die Figur.
Der Raumausstatter, mit dem Mona vorher lebte, hat sie gut behandelt. Als ich sie abholte, war sie demontiert und sorgsam verpackt. Dank meiner Pflege hat sie sich hervorragend gehalten und mehr noch, sie hat was aus sich gemacht.
Bei der Fahrt aus der Tiefgarage sitzt Mona neben mir. Sie genießt die Beschleunigung. Mit Jersey-Kopftuch, Schal und Sonnenbrille spricht nichts gegen das Öffnen des Schiebedachs. Die neue Handtasche hält sie auf dem Schoß, sie möchte sich zeigen.
Lizʹ Kopf ragt aus der Reisetasche auf dem Rücksitz. Ihre halb geöffneten Augen über den Botox-Lippen sind beinahe obszön. Ich schmunzele, spüre, wie der Frotteestoff sich angenehm an den Rücken schmiegt und vermeide weitere Blicke in den Rückspiegel. Heute ist Monas großer Tag.
Alles ist neu für die beiden: Sonne, Wolken, Autofahren, und das, was noch kommt.
Der Bootssteg ist leer, bis auf den Kahn, mit dem ich schon als Kind zum Angeln rausfuhr. Weit und breit niemand zu sehen. Vom anderen Ufer leuchtet hellgrüner Turf. Der Golfplatz wird unter der Woche wenig frequentiert.
Der Einstieg über das Dollbord ist holperig. Lizʹ Tasche steht im Bug, Mona nimmt auf der Bank im Heck Platz. Bis alle sitzen, schaukelt der Kahn bedrohlich.
In der Mitte des Gewässers ziehe ich die Ruder ein und lasse das Boot treiben. Mona schaut über das Wasser, sinniert ins Blaue. Lichtreflexe tanzen auf ihren Wangen. So glücklich wirkte sie noch nie.
Wie es ist in diesem Moment, ist nah dran an dem, wie es sein sollte. Immer.
Mit einem trockenen Knacken schießt etwas in Monas Sonnenbrille, kippt sie von der Bank ins Wasser. Der Golfball kullert über die Planken, ein Augapfel ohne ultramarine Pupille.
Mona schwimmt oben, das Lieblingskleid klebt nass an ihr. Perücke und Tuch sind abgerutscht, die Handtasche sinkt hinab in die Dunkelheit. Durch das Loch in ihrem Gesicht dringt Wasser, lässt sie langsam einsinken. Ich liege auf der Bordwand, halte ihre Hand, spüre, wie sie schwer wird.
Am Ufer hechtet jemand ins Wasser, krault auf Mona zu. Als der Golfer bei uns ist, zögert er. Das weiße Polohemd und der gerautete Pullunder sind grün von Algen. Wortlos hilft er, Mona an Bord zu bugsieren.
Bevor er zurückschwimmt, schaut er mich an. Dieser Blick, den ich kenne und fürchte. Der Blick meines Vaters, als er mich mit Polly spielen sah.«

*​

»Seit ich diese Doku gesehen habe, lässt es mich nicht mehr los: Ein Bordell voller ʹSex Robotsʹ. Andere Männer gehen in derlei Etablissements und finden nichts dabei. Mich macht schon der Gedanke daran krank. Allein die Vorstellung, dass andere vor mir … Meine Bauchdecke zieht sich zusammen, will das Frühstück zurück ans Tageslicht befördern. Und doch – so einfach ist es nicht. Weiter unten gräbt sich Sehnsucht durch den Stoff, verkürzt meine Atemzüge, drückt meinen Rücken durch, arbeitet gegen den Gürtel.
Gina heißt das Modell, Haare Kastanie, Augen Petrol, Elfenbeinhaut. Bei Berührung von Schulter, Arm oder Gesicht redet sie. Je nach Voreinstellung Small oder Dirty Talk, wobei ich befürchte, das Schmutzige könnte mir auch gefallen. Fünftausend für eine Einzelfertigung plus Versand – geschenkt für aufwändige Handarbeit. In sechs Wochen wäre sie bei mir.
Ich spüre Monas Blick im Nacken – ihre Art des stillen Protests. Und auch Liz zeigt Regung, wiegt an ihrem Ständer hin und her als wäre sie aufgebracht. Deshalb drehe ich den Bildschirm so, dass beide nichts mehr sehen und setze Kopfhörer auf.
Bei Stimulation der richtigen Stellen stöhnt Gina auf und wenn das Timing stimmt, legt sie einen zuckenden 'Robogasmus' aufs Parkett. Inständig hoffe ich, dass Mona und Liz meine Erregung nicht bemerken. Liz mit ihrem verletzlichen Blick, dahinter Monas runde Augen, ozeanblau. Das linke Auge lag mit Teilen der Sonnenbrille im Innern. Nach der Bergung habe ich es eingesetzt, Epoxidharz, alles ist gut verheilt. Mit Foundation und Make Up ist sie beinahe die Alte.
Mittlerweile sind Mona und Liz eng miteinander, beste Freundinnen nach meinem Eindruck. Ich muss doppelte Vorsicht walten lassen, um es mir mit keiner von beiden zu verscherzen.
Noch die letzten Ziffern meiner Kartennummer. Kaufen ohne Rückgabe. AGBs. Individuelle Konfiguration. Einverstanden. Klick.
Unmittelbar danach packt mich die Reue, doch zugleich weiß ich auch: Es geht nicht zurück. Dank Mona ist mir klar, es hat keinen Sinn, etwas festhalten zu wollen. Und es hängt kein zweites Leben im Schrank. Immerhin habe ich sechs Wochen Zeit, es ihnen schonend beizubringen.«

 

Hi @linktofink,

Mensch, wo sind denn die ganzen Adjektive hin? Das erscheint mir ja wie ein ganz neuer Stil. So hätte ich dich beim Maskenball aber nicht erkannt. Gefällt mir ganz gut. :D

Sie mag es, wenn ich ihr Fuß- und Fingernägel male.
Er malt doch keine Fuß- und Fingernägel, er mal sie an - oder hat sie gar keine? Lackieren fände ich schöner.

Die passende Perücke wähle ich je nach Stimmung, doch der kupferrote Pagenschnitt ist klar mein Favorit. Meistens stülpe ich ihr dazu die samtigen Handschuhe über, hoch bis zu den Ellenbogen, ziehe ihr das dunkelblaue Kleid an, von dem eine Bewertung behauptet, es hätte einen gewagten Rückenausschnitt.
Es gefällt mir total gut, wie du das Ankleiden beschreibst, wie du unterbringst, wie viel Gedanken er sich dazu macht.

Dann sind die Gänge so leer
Oh, ein Menschenhasser. Find ich direkt sympathisch. :D

aber ich brauche das als Anlauf.
Anlauf hat mich verwirrt, da dachte ich erst an Anlauf als Starthilfe, aber du meinst eher Anlaufstelle, also Zielpunkt nicht war? Da würde ich etwas anderes verwenden.

Ekelhaft.
Kann weg, finde ich zu wertend an der Stelle.

Als ich auf dem Handtuch sitze, ist es wie ein kleiner Schlaf. Ich verriegle die Türen, warte, bis die Klimaanlage wirkt und das Zittern nachlässt
Hier beschreibst du sehr gut, wie schrecklich aufreibend dieser Kontakt mit anderen Menschen ist. Der Satz danach kann auch weg.

Der Paketdienst grinst
Das gefällt mir nicht, nimm dem Mann doch nicht seine Menschlichkeit, der Job ist so schon hart genug. Der Paketbote?

Dazu kniept er mit dem Auge
Komisches Verb.

drücke das Paket an die Brust.
Auf wackeligen Beinen trage ich das Paket ins Schlafzimmer.
Zweimal Paket.

Ich will nicht, dass Mona zuschaut.
Er denkt einfach immer an sie, nicht nur wenns um Sex geht. :herz:

Ich fahre in die Waschstraße, es hilft nicht, die Bilder bleiben.
Er wäscht sogar das Auto um zu vermeiden doch Ausversehen eine Stelle zu berühren, die sie vielleicht berührt hat. Gefällt mir.

Später, als ich aussteige und zur Aufzugtür gehe, überfällt es mich aus dem Nichts: Es war heute das einzige Lachen. Raubtierhaft frisst es an mir. Aber, zu meiner Beruhigung rede ich mir ein: Es war nicht so schön wie Monas Lächeln.
Die Stelle wird mir nicht ganz klar. Natürlich kann es nicht so schön sein, wie Monas Lächeln, denn ist nicht von Dauer, unberechenbar, vielleicht ist da Mundgeruch und etwas zwischen den Zähnen ... Heute das einzige Lachen ... heißt das er sehnt sich eigentlich danach? Das passt für mich irgendwie nicht. Hat er Angst davor? Dann passt aber er Vergleich mit Mona nicht.
Also ich krieg die Stelle nicht ganz sortiert..

Mich macht schon der Gedanke daran krank. Ich weiß, vor dem Eingang würde ich vor Scham im Boden versinken.
Wäre es nicht eher der Gedanke in die gleichen Löcher zu stoßen, wie die Männer vor ihm? Wenn er schon mit Einkaufswagen Probleme hat, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass er so etwas zu könnte.

Und selbst wenn …, geht ein Partner fremd, trägt der andere eine Mitschuld. So ist es doch, oder nicht?
Wenn er eine Puppe wie Gina kaufen würde und die drei einander vorstellt, ist es kein Fremdgehen mehr oder? ;)

Jetzt ist der Text zu Ende und irgendwie fehlt da doch was. Mhh, das ist gar keine richtige Geschichte oder? Eine Momentaufnahme, ein Einblick in das Leben eines Mannes der Puppen liebt und Menschen hasst, aber mir fehlt eindeutig ein Konflikt.

Mir gefällt dieser Text sehr gut. Ich würde sagen, ich mag ihn von deinen Texten am liebsten, einfach weil er relativ nüchtern geschrieben ist. Wenn es um die Puppen geht, merkt man die Zuneigung und Fürsorge mit der er sich um sie kümmert.
Ich denke aber, dass da auf jeden Fall mehr rauszuholen wäre. Das Thema ist ja nun nicht mehr so abgedreht, dass es alleine als Aufhänger reicht und man schon damit zufrieden ist ein Blick in ein solches Leben werfen zu dürfen.
Ist ja noch recht kurz der Text, häng doch was hinten dran. ;)


Liebe Grüße,
NGK

P.S.: Du hast noch gar keine Tags gesetzt ...

 

Hey @linktofink,

na scheinbar werde ich doch noch warm mit deinen Geschichten, denn auch diese fand ich gut.
So ein bissel psycho halt und da der Mensch ein Voyeure ist, schaut er sich voll Faszination alles gern an, was irgendwie anders ist.
So habe ich deine Geschichte vom ersten bis zum letzten Wort, voll Spannung gelesen, fasziniert von dem was da geschieht.
Vorlagen dazu gibt es manche, kennst du diese Serie "Criminal Minds" da gab es sowas in einer Folge, nur noch um einiges kranker.

Schon ganz gut, dass du nicht für das miteinander zwischen Mann und Frau zuständig bist, irgendwie klappt das nämlich in deinen Geschichten nie.

So, nun der Kleinkram der mir auffiel ...

Ich kann sie sehen, sobald ich die Zimmertür schließe, wozu es meistens erst abends kommt. Tagsüber lasse ich sie offen.
Irgendwie klingt das sehr kompliziert ausgedrückt finde ich, zumindest würde ich danach einen Absatz machen.

Wenn er die Brille absetzt, schaut sie ihn an? Schielt er? Hab ich nicht so ganz verstanden.

Ekelhaft würde ich streichen, ist überflüssig, kann ich mir auch so denken.
In diesem Absatz schilderst du den Charakter sehr gut, ohne zu viel zu erklären.
Habe ihn als perfektionistisch, fanatisch im Bezug auf Hygiene und menschenscheu wahrgenommen. Vor allem, Angst vor Frauen. Kommt das hin?

Der Absatz an der Ampel ... Wahrscheinlich soll das noch mal alles deutlicher machen.
Mir war die Beschreibung hier zu viel. In dieser Geschichte kam es mir so vor, als wärst du sparsamer mit Beschreibung und Adjektiven gewesen als sonst. Kann auch sein, dass es mir auch einfach nicht aufgefallen ist, da eine genauere Beschreibung und Erklärung bei den Puppen sinnvoll ist und interessant.
Hier jedoch war es mir to much.

Ja, ich schätze schon das an einem Vertrauensbruch immer beide ihren Anteil tragen, auch wenn man die Schuld gern allein dem Ausführenden gibt.
Im Fall deiner Geschichte, zeigt es sehr schön noch einmal die Seltsamkeit deiner Hauptfigur, die glaube eine Beziehung mit diesen Puppen zu haben, die nun mal an nichts Schuld tragen können.

Wenn du die Autodingdas im Moor versenkst, werde ich noch ein echter Fan von dir. ;)

Ganz liebe Grüße
Charly

 
Zuletzt bearbeitet:

@Nichtgeburtstagskind

Hallo liebes NGK,

Mensch, wo sind denn die ganzen Adjektive hin? Das erscheint mir ja wie ein ganz neuer Stil. So hätte ich dich beim Maskenball aber nicht erkannt. Gefällt mir ganz gut. :D
Jo, ist ein Experiment :lol:.

Anlauf hat mich verwirrt, da dachte ich erst an Anlauf als Starthilfe, aber du meinst eher Anlaufstelle, also Zielpunkt nicht war? Da würde ich etwas anderes verwenden.
Anlauf für die Kassenprozedur …

Als ich auf dem Handtuch sitze, ist es wie ein kleiner Schlaf. Ich verriegle die Türen, warte, bis die Klimaanlage wirkt und das Zittern nachlässt

Hier beschreibst du sehr gut, wie schrecklich aufreibend dieser Kontakt mit anderen Menschen ist. Der Satz danach kann auch weg.

Jo, Satz ist weg.

Ekelhaft.

Kann weg, finde ich zu wertend an der Stelle.

Erledigt.

Der Paketdienst grinst

Das gefällt mir nicht, nimm dem Mann doch nicht seine Menschlichkeit, der Job ist so schon hart genug. Der Paketbote?

Kein Mitleid, für ihn ist der Mensch nur als Funktion interessant.

Dazu kniept er mit dem Auge

Komisches Verb.

Geändert.

drücke das Paket an die Brust.
Auf wackeligen Beinen trage ich das Paket ins Schlafzimmer.

Zweimal Paket.

Done

Später, als ich aussteige und zur Aufzugtür gehe, überfällt es mich aus dem Nichts: Es war heute das einzige Lachen. Raubtierhaft frisst es an mir. Aber, zu meiner Beruhigung rede ich mir ein: Es war nicht so schön wie Monas Lächeln.

Die Stelle wird mir nicht ganz klar. Natürlich kann es nicht so schön sein, wie Monas Lächeln, denn ist nicht von Dauer, unberechenbar, vielleicht ist da Mundgeruch und etwas zwischen den Zähnen ... Heute das einzige Lachen ... heißt das er sehnt sich eigentlich danach? Das passt für mich irgendwie nicht. Hat er Angst davor? Dann passt aber er Vergleich mit Mona nicht.
Also ich krieg die Stelle nicht ganz sortiert..

Ihm graust davor, eine menschliche Regung wie Sympathie für die junge Frau zu empfinden. Habe ich auch umgeschrieben, um es zu verdeutlichen. Danke für den Hinweis.

Mich macht schon der Gedanke daran krank. Ich weiß, vor dem Eingang würde ich vor Scham im Boden versinken.

Wäre es nicht eher der Gedanke in die gleichen Löcher zu stoßen, wie die Männer vor ihm? Wenn er schon mit Einkaufswagen Probleme hat, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass er so etwas zu könnte.

Auch hierfür danke, du kennst ihn besser als ich :D. Gleich mit reingenommen.

Und selbst wenn …, geht ein Partner fremd, trägt der andere eine Mitschuld. So ist es doch, oder nicht?

Wenn er eine Puppe wie Gina kaufen würde und die drei einander vorstellt, ist es kein Fremdgehen mehr oder? ;)

Mir geht es um die Absurdität der konstruierten Beziehungen und um die Übertragung von Hörensagen. Ich lass ihn mal weiter fabulieren. Dennoch ist der Gedanke des Kaufs jetzt mit drin. Thanx.

Mir gefällt dieser Text sehr gut. Ich würde sagen, ich mag ihn von deinen Texten am liebsten, einfach weil er relativ nüchtern geschrieben ist. Wenn es um die Puppen geht, merkt man die Zuneigung und Fürsorge mit der er sich um sie kümmert.
Etwas in mir wehrt sich aus bekannten Gründen dagegen, dieses Lob anzunehmen :naughty:

Ist ja noch recht kurz der Text, häng doch was hinten dran.
Jo, der Konflikt ist jetzt nicht so riesig, darum ging es mir auch nicht, sondern um das Modellieren der Figur.

P.S.: Du hast noch gar keine Tags gesetzt …
Da schlug wieder mein Unwillen durch, zu suchen ...

Danke für deinen Leseeindruck.

Peace, linktofink


Hallo @Charly1406,

na scheinbar werde ich doch noch warm mit deinen Geschichten, denn auch diese fand ich gut.
So ein bissel psycho halt und da der Mensch ein Voyeure ist, schaut er sich voll Faszination alles gern an, was irgendwie anders ist.
So habe ich deine Geschichte vom ersten bis zum letzten Wort, voll Spannung gelesen, fasziniert von dem was da geschieht.
Vorlagen dazu gibt es manche, kennst du diese Serie "Criminal Minds" da gab es sowas in einer Folge, nur noch um einiges kranker.
na hoffentlich nicht nur scheinbar … :D

Schön, dass es dich gepackt hat.
Criminal Minds kenne ich nicht, meinen Fernsehkonsum vernachlässige ich sträflich. :dagegen:

Schon ganz gut, dass du nicht für das miteinander zwischen Mann und Frau zuständig bist, irgendwie klappt das nämlich in deinen Geschichten nie.
Ein Glück, dass der Autor und seine Fiktion nicht identisch sind.

Wenn er die Brille absetzt, schaut sie ihn an? Schielt er? Hab ich nicht so ganz verstanden.
Nee, er sieht nur schlecht und kann sich ohne Brille einbilden, sie würde ihn anschauen.

Habe ihn als perfektionistisch, fanatisch im Bezug auf Hygiene und menschenscheu wahrgenommen. Vor allem, Angst vor Frauen. Kommt das hin?
Treffer, ich würde noch (unbewusst) frauenverachtend hinzufügen.

Der Absatz an der Ampel ... Wahrscheinlich soll das noch mal alles deutlicher machen.
Mir war die Beschreibung hier zu viel. In dieser Geschichte kam es mir so vor, als wärst du sparsamer mit Beschreibung und Adjektiven gewesen als sonst. Kann auch sein, dass es mir auch einfach nicht aufgefallen ist, da eine genauere Beschreibung und Erklärung bei den Puppen sinnvoll ist und interessant.
Hier jedoch war es mir to much.
Nein, tatsächlich habe ich versucht, nur mit den nötigsten Adjektiven und Adverbien auszukommen. Bei dieser nüchternen Thematik passt das für mich, an anderer Stelle nicht. "Im Moor" hätte ich so nicht schreiben können. Da dieser Absatz der einzige ist, wo er etwas die Kontrolle verliert, habe ich mir einige wenige (für ihn alptraumartige) Bilder erlaubt.

Wenn du die Autodingdas im Moor versenkst, werde ich noch ein echter Fan von dir.
Heee, nix gegen meinen Autotomiac, werde einfach so Fan ... :lol:

Peace, linktofink

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Linktofink,

ich bin eben auf deinen Text gestoßen und muss sagen, er ist sprachlich bereits ganz gut zu lesen. Dazu haben meine Vorkommentatoren ja bereits auch einiges geschrieben.

Was mich ein bisschen stört ist eher etwas anderes. Du hast dich für die Ich-Perspektive entschieden und dafür finde ich den Text um ehrlich zu sein, etwas holzschnittartig und auch klischeebeladen. Dein Protagonist erscheint als ein ziemlich unsicherer Mensch mit einer – ich würde fast so weit gehen es eine Phobie zu nennen – vor anderen Menschen bzw. deren Schweiß, die im dem Umgang erschweren. Man sollte als Leser denken, dass dies der Anstoß ist mehr über die Hauptperson zu erfahren, vor allem über seine Hinwendung zu Puppen, die er, wie du erzählst, als Personen behandelt. Hier sind für mich erzählerisch ein paar Schwachstellen drin, die mir den Text etwas vermiesen und in meinen Augen das Potenzial des eigentlich interessanten Ansatzes nicht wirklich ausschöpfen.

Zunächst nimmt die Schilderung der Unsicherheit in der freien Wildbahn einen großen Raum ein (Die Briefträger Episode, das Einkaufen, Die Ampel, ect.). Das Thema wird finde ich zu breit getreten, es ist ein guter Einstieg, um den Charakter zu zeichnen, aber nichts was eine Geschichte trägt.

Der Protagonist erscheint in den anderen Passagen recht eindimensional auf seine Lustbefriedigung reduziert. Er behandelt seine Puppen in dieser Hinsicht wie Dinge („Auf der Rechnung steht Real Doll, ich überfliege den Rest. Fußnagelfarbe: French, Lippenstiftfarbe: Zimt, Schamhaare Kastanie, teilrasiert, Zubehör: Ständer zur sorgfältigen Aufbewahrung. So viel Neues, mein Puls rast, ich schlucke.“) Die Personalität der beiden kommt nur ins Spiel um das schlechte Gewissen des Protagonisten zu unterstreichen, der kaum ist das zweite Modell geliefert, schon nach dem dritten, noch besseren giert. Er ähnelt in seinem Verhalten jemandem der seine Frau betrügt. Ich hätte mir ein differenzierteres Charakterbild deiner Hauptfigur gewünscht. Was für ein Verhältnis hat er zu den Puppen? Wie geht er im Alltag mit ihnen um? So erschien er mir irgendwie wie ein etwas absonderlicher Perverser, aber nicht wie jemand, für den ich als Leser Empathie entwickeln könnte.

Ich bin sicher meine Kritik trifft dich nicht zu hart, es waren ja auch einige positive Rückmeldungen dabei und das hier ist lediglich mein subjektiver Eindruck.

Beste Grüße

Blumenberg

 

Hallo liebe @Ronja,

das mit den Adjektiven :zensiert: habe ich mir für diese Story selbst auferlegt. Es passt zum Thema einfach besser so und außerdem wollte ich mal `ne Pause haben von dem Anti-Adjektiv-Gegenwind. ;) Dass ich dabei bleibe, ist eher unwahrscheinlich, sorry.

Zu den Anführungszeichen. Ich stelle mir vor, dass er vor dem Spiegel steht und sich die Ereignisse selbst nochmal erzählt, oder sie auf Band spricht, als Art Tagebucheintrag. Die direkte Anrede im letzten Absatz ist auch so gedacht, als Ansprache an den Leser und an sich selbst.

Den 4-"so"-Absatz habe ich umgeschrieben, und auch ein paar "dass" sind weniger. Danke für den Hinweis.

Hab mich über alles gefreut, was dir gefallen hat.

Bis bald, Peace, linktofink

 

Hallo @Blumenberg,

Danke für deinen Leseeindruck, auch wenn für mich nicht viel dabei war, weil ich das Meiste anders sehe. Ich fang mal direkt an:

ich bin eben auf deinen Text gestoßen und muss sagen, er ist sprachlich bereits ganz gut zu lesen.
Na, da bin ich aber beruhigt … ;)

Was mich ein bisschen stört ist eher etwas anderes. Du hast dich für die Ich-Perspektive entschieden und dafür finde ich den Text um ehrlich zu sein, etwas holzschnittartig und auch klischeebeladen.
Das war ebenso wie das Präsens eine bewusste Entscheidung, die ich nicht ändern möchte. Mich würde auch sehr interessieren, welche Klischees du in der Geschichte findest und wo der Text damit überladen ist.

Zunächst nimmt die Schilderung der Unsicherheit in der freien Wildbahn einen großen Raum ein (Die Briefträger Episode, das Einkaufen, Die Ampel, ect.). Das Thema wird finde ich zu breit getreten, es ist ein guter Einstieg, um den Charakter zu zeichnen, aber nichts was eine Geschichte trägt.
Gerade durch die Interaktion in freier Wildbahn wird die Figur umrissen, genauer gesagt durch die Art, wie er auf Reize reagiert und sich dazu positioniert. Für mich gibt es dafür keinen besseren Weg, als durch "show".

Der Protagonist erscheint in den anderen Passagen recht eindimensional auf seine Lustbefriedigung reduziert.
Das sehe ich anders, er glaubt, eine Beziehung sexueller Natur zu ihnen zu haben, die er aufgrund seiner misantrophen Persönlichkeit mit richtigen Frauen nicht ausleben kann.

Er ähnelt in seinem Verhalten jemandem der seine Frau betrügt. Ich hätte mir ein differenzierteres Charakterbild deiner Hauptfigur gewünscht. Was für ein Verhältnis hat er zu den Puppen? Wie geht er im Alltag mit ihnen um? So erschien er mir irgendwie wie ein etwas absonderlicher Perverser, aber nicht wie jemand, für den ich als Leser Empathie entwickeln könnte.
Mir ging es nicht um ein differenziertes Charakterbild. Das ist in der beabsichtigten Textlänge auch schlecht möglich. Mir ging es um ein Schlaglicht auf einen gestörten Menschen, auf seine Denkweise, auf das, was unter der glatten Oberfläche brodelt und welche anderen, neuen Wege es sich sucht. Dass du ihn nur als pervers wahrnimmst und Empathie für dich nicht möglich ist, ist deine subjektive Lesart und somit okay.

Ich bin sicher meine Kritik trifft dich nicht zu hart, es waren ja auch einige positive Rückmeldungen dabei und das hier ist lediglich mein subjektiver Eindruck.
Keine Sorge, nach der mittlerweile zehnten eingestellten KG bin ich einiges gewöhnt.

Peace, linktofink

 

Hallo Linktofink,

auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sich das Ganze in irgendeiner Art und Weise als konstruktiv erweist, will ich meinen eher kritischen Eindruck zu deinem Text etwas ausführlicher erläutern. Was vielleicht daran liegt, dass mir die Grundidee des Textes wirklich gefällt.

Das war ebenso wie das Präsens eine bewusste Entscheidung, die ich nicht ändern möchte.

Ich will dir diese Entscheidung (Ich-Perspektive und Präsens) auch gar nicht ausreden, da ich sie grundsätzlich richtig finde. Nur muss dir klar sein, dass du dich damit – egal ob Schlaglicht oder nicht- gewissermaßen verpflichtest einen authentischen Charakter zu schaffen. Du schreibst „Mir ging es nicht um ein differenziertes Charakterbild.“ Genau das macht den Text in meinen Augen schwierig, denn Authentizität speist sich aus Facettenreichtum, auch wenn er nur angedeutet wird.

Gerade durch die Interaktion in freier Wildbahn wird die Figur umrissen, genauer gesagt durch die Art, wie er auf Reize reagiert und sich dazu positioniert. Für mich gibt es dafür keinen besseren Weg, als durch "show".
Auch dagegen den Charakter an Hand von Reizen und Reaktionen in einzelnen Episoden zu umreißen spricht überhaupt nichts. Nur – und das war mein Kritikpunkt - umreißen alle 3 Episoden (Kassiererin, Postbote, Frau an der Ampel) das gleiche Thema: Der Protagonist ein Misanthrop und mag keine anderen Menschen. Die Abschnitte wiederholen dreimal die gleiche Information ohne dem Leser mehr von der Figur zu zeigen.

Das sehe ich anders, er glaubt, eine Beziehung sexueller Natur zu ihnen zu haben, die er aufgrund seiner misantrophen Persönlichkeit mit richtigen Frauen nicht ausleben kann.

Das habe ich schon verstanden, mein Kritikpunkt ist der, dass dein Protagonist, außer auf der Ebene rein körperlicher Befriedigung, gar keine Beziehung zu den Puppen hat. Er behandelt sie einfach als Dinge und zeigt ihnen gegenüber keinerlei Empathie.

Du schreibst in deiner Antwort an mich:

Mir ging es um ein Schlaglicht auf einen gestörten Menschen, auf seine Denkweise, auf das, was unter der glatten Oberfläche brodelt und welche anderen, neuen Wege es sich sucht.

Warum ist jemand, der Puppen als Personen und Sexualpartner sieht automatisch eine gestörte Person? Du triffst eine wertende Grundsatzentscheidung über den Charakter, aus dem sich das Weitere ergibt. Als schematisches Muster ließe es sich denke ich so darstellen: Im Umgang mit Menschen eingeschränkte Person + Substituierung durch Puppen = gestörte Person = sexuell gestörte und empathielose Person. Da du diese negative Setzung vornimmst, entwickelst du den Protagonisten als einen rein negativen misanthropen Charakter und damit eindimensional. Das ist es auch, was ich mit klischeehaft meine. Er ist dadurch, dass immer die gleichen negativen Facetten aufscheinen, vorhersehbar.

Ein Beispiel aus dem Text:

Zwei Austauschgesichter liegen obenauf zusammen mit dem Gleitmittel und dem Reinigungsset. Die Silikonhaut lässt sich eindrücken wie richtige Haut. Für einen Moment bleibt die Delle, bevor sie sich nach außen zurückwölbt. Makellos. In ihrem Nacken fühle ich den kleinen Haken zum Aufhängen. Bevor ich in den Fahrradkeller gehe, hole ich drei Sektgläser aus der Vitrine. Die Flasche wartet im Kühlschrank. Ich muss es Mona schonend beibringen.

Hier erscheint dein Charakter, besonders weil er im letzten Satz des Abschnitts von schonend beibringen spricht wie eine Art Soziopath, der versucht sich selbst gegenüber eine empathische Regung vorzutäuschen. Nur weil jemand eine misanthrope Persönlichkeit bzw. bestimmte Phobien hat, ist er doch trotzdem empathiefähig. Ginge es rein um emotionslose Lustbefriedigung, gäbe es für den Protagonisten weder einen Grund seine Puppen wie Personen anzusprechen und zu behandeln, noch ihnen gegenüber irgendwelche Schuldgefühle zu haben. Dadurch, dass du diese Ebene einbaust wird aber genau dieser Aspekt gegenüber dem Leser begründungsbedürftig. Hier ist in deinem Text in meinen Augen ein Bruch, der den Charakter nicht authentisch wirken lässt.

Hier ist noch ein anderes Beispiel aus dem letzten Abschnitt:

Ich fantasiere vom Stundenhotel und fühle mich schlecht. Verstehst du das? Millionen Männer gehen in derlei Etablissements und finden nichts dabei. Mich macht schon der Gedanke daran krank. Allein die Vorstellung, dass andere vor mir … Mir wird schlecht. Und doch – so einfach ist es nicht. Tief unten spüre ich Sehnsucht.
Hier verspürt dein Protagonist im Text Sehnsucht (Emotion), aber er verspürt sie wieder bloß nach seiner sexuellen Befriedigung. Damit wiederholst du auch hier das vorige Thema noch einmal und bleibst auf der Ebene reiner Triebabfuhr ohne neue Facette. Danach wiederholt sich das Thema der Schuldgefühle, diesmal beiden gegenüber. Auch das Ende des Textes („Liz mit ihrem verletzlichen Blick. Und selbst wenn …, geht ein Partner fremd, trägt der andere eine Mitschuld. So ist es doch, oder nicht?“) ist von seinem Aussagegehalt mit dem oben schon zitierten „Die Flasche wartet im Kühlschrank. Ich muss es Mona schonend beibringen.“ mehr oder weniger identisch.

Eine wirkliche Beziehung zu den Puppen zu zeigen wäre in meinen Augen genau der Teil, der deinen Text zu einer wirklich spannenden Kurzgeschichte machen würde. Eine Beziehung zu einer richtigen Frau, auch eine rein sexuelle, lässt sich doch auch nicht auf Sexualtrieb und Schuldgefühle wegen der anderen reduzieren. Das man diese Ambivalenz, „das, was unter der glatten Oberfläche brodelt“ zeigt - das jemand, der nie körperliche Nähe erfahren kann, wahrscheinlich derjenige ist, der sich am meisten danach sehnt – ergäbe den Stoff für eine gute Geschichte.

Beste Grüße

Blumenberg

 

Hallo @Blumenberg,

Nur – und das war mein Kritikpunkt - umreißen alle 3 Episoden (Kassiererin, Postbote, Frau an der Ampel) das gleiche Thema: Der Protagonist ein Misanthrop und mag keine anderen Menschen. Die Abschnitte wiederholen dreimal die gleiche Information ohne dem Leser mehr von der Figur zu zeigen.
Da lohnt es sich genauer hinzuschauen und nicht alles zu einer Soße zu verrühren.
In der Einkaufsepisode geht es um seinen Widerwillen, sich den täglichen Herausforderungen zu stellen, die für den Prot leider unvermeidbar sind.
In der Episode, die du "Postbote" nennst, geht es gar nicht um selbigen, sondern um die Neuerwerbung, die er in sein Leben integrieren muss, und um die damit verbundenen Aufgaben, die es zu meistern gilt.
Bei "Frau an der Ampel" geht es um das unerwartete Lachen, das an seinem wohlkonstruierten Lebenskonzept nagt und von dem er ahnt, dass es ihm gefallen könnte, wenn er es nicht schafft, es schnell zu unterdrücken.

Das habe ich schon verstanden, mein Kritikpunkt ist der, dass dein Protagonist, außer auf der Ebene rein körperlicher Befriedigung, gar keine Beziehung zu den Puppen hat. Er behandelt sie einfach als Dinge und zeigt ihnen gegenüber keinerlei Empathie.
Das sehe ich anders. Er kleidet die erste Puppe an, malt ihr Nägel, wartet mit der Namensgebung, bis es passt, spendiert eine Runde Sekt, schämt sich für sein "Fremdgehen".

Warum ist jemand, der Puppen als Personen und Sexualpartner sieht automatisch eine gestörte Person? Du triffst eine wertende Grundsatzentscheidung über den Charakter, aus dem sich das Weitere ergibt. Als schematisches Muster ließe es sich denke ich so darstellen: Im Umgang mit Menschen eingeschränkte Person + Substituierung durch Puppen = gestörte Person = sexuell gestörte und empathielose Person. Da du diese negative Setzung vornimmst, entwickelst du den Protagonisten als einen rein negativen misanthropen Charakter und damit eindimensional. Das ist es auch, was ich mit klischeehaft meine. Er ist dadurch, dass immer die gleichen negativen Facetten aufscheinen, vorhersehbar.
Die negative Setzung nimmst du vor, die steht nicht im Text. Ebenso die Reduktion auf Empathielosigkeit und Eindimensionalität, das ist deine Lesart.
In der Gesamtheit seiner zwanghaften Verhaltensweisen ist der Prot eine gestörte Person und nicht nur, weil er seinen Sexualtrieb mit Puppen auslebt. Dass er den Wagen waschen muss, wo die junge Frau ihn möglicherweise berührt hat oder seine Einkäufe in einer bestimmten Reihenfolge stapeln muss, bestimmte Rituale befolgen muss, etc. hat nichts mit seiner Sexualität zu tun.

Hier erscheint dein Charakter, besonders weil er im letzten Satz des Abschnitts von schonend beibringen spricht wie eine Art Soziopath, der versucht sich selbst gegenüber eine empathische Regung vorzutäuschen. Nur weil jemand eine misanthrope Persönlichkeit bzw. bestimmte Phobien hat, ist er doch trotzdem empathiefähig. Ginge es rein um emotionslose Lustbefriedigung, gäbe es für den Protagonisten weder einen Grund seine Puppen wie Personen anzusprechen und zu behandeln, noch ihnen gegenüber irgendwelche Schuldgefühle zu haben. Dadurch, dass du diese Ebene einbaust wird aber genau dieser Aspekt gegenüber dem Leser begründungsbedürftig. Hier ist in deinem Text in meinen Augen ein Bruch, der den Charakter nicht authentisch wirken lässt.
Da lieferst du dir selbst Gegenargumente zu dem, was du zuvor behauptest. Du sagst zuerst, er sei sexuell gestört und empathielos (was er für mich nie ist) und dann, als er tatsächlich Mitgefühl zeigt, sagst du, er täuscht sich das selbst nur vor und wirkt dadurch nicht mehr authentisch? :confused: Sorry, ich kann deinen Pirouetten nicht mehr folgen.

Das man diese Ambivalenz, „das, was unter der glatten Oberfläche brodelt“ zeigt - das jemand, der nie körperliche Nähe erfahren kann, wahrscheinlich derjenige ist, der sich am meisten danach sehnt – ergäbe den Stoff für eine gute Geschichte.
Das ist tatsächlich ein guter Hinweis, für den ich mich bedanken möchte, auch weil du hier nicht deine subjektiv wertende Lesart als Stempel auf die Geschichte klopfst, sondern einen Eindruck schilderst und einen Gedanken, einen Ausblick entwickelst, mit dem ich im Gegensatz zum Rest etwas anfangen kann.

Unter dem Aspekt werde ich nochmal überarbeiten.

Peace, linktofink

 

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