Was ist neu

Rosa und Carmel

Mitglied
Beitritt
08.05.2009
Beiträge
3
Zuletzt bearbeitet:

Rosa und Carmel

Rosa und Carmel

An einem regnerischen Morgen im November 2008, stürmte die Polizei ein abgelegenes, ehemaliges Gutshaus im Herzen der Lombardei, nahe der Stadt Lodi, und grub dort Dutzende kleiner, menschlicher Skelette im Keller aus. Außerdem fand man reichlich Filmmaterial, auf welchem hoch angesehene Männer der oberen Gesellschaftsschicht und des öffentlichen Lebens zu sehen waren, die sich an hilflosen Kindern vergingen.
Die weiteren Ermittlungen enthüllten schließlich das ganze fürchterliche Ausmaß. Wie sich herausstellte, hatte man die wehrlosen Opfer,- an Händen und Füßen angekettet,- im Keller gefangen gehalten, um sie an einer möglichen Flucht zu hindern. Offenbar wurden ihnen auch Drogen verabreicht, um sie gefügig zu machen. Niemand vermag bis zum heutigen Tag genaue Angaben über die Zahl der Jungen und Mädchen zu machen, die an diesem grauenvollen Ort gequält und vergewaltigt wurden.
Auf einem jener schrecklichen Filme die man bei der Erstürmung fand, fiel einem der Ermittler ein besonders übel zugerichtetes Opfer auf, das mit seinen großen, traurigen Augen erschöpft in die Kamera blickte. Es handelte sich bei dem Mädchen um Carmel Romero, damals sechs Jahre alt, aufgenommen in der Nacht ihres Todes.- wie sich später im Prozess noch herausstellen sollte.
Bereits seit 1995 war das Mädchen, aus einem Waisenhaus im benachbarten Sant`Angelo, als vermisst gemeldet. Dieses Heim, das mittlerweile jedoch geschlossen worden war, schien berüchtigt zu sein für seine strengen und teilweise sehr unorthodoxen Erziehungsmethoden. Die Kinder dort hatten, Augenzeugenberichten zufolge, einen ziemlich verstörten Eindruck gemacht. Bei einigen seien auch deutliche Spuren körperlicher Misshandlung aufgefallen. Es dauerte nicht lange, bis es der Polizei gelang Verbindungen des Waisenhauses zu jenem mysteriösen Gutshaus und den dort festgenommenen Personen nachzuweisen. Mehrere ehemalige Heimkinder berichteten zudem davon, dass dann und wann fremde und unheimlich anmutende Männer auftauchten um sie zu begutachten. Ihren Berichten zufolge waren über Jahre hinweg Kinder aus dem Heim verschwunden und nicht mehr zurückgekehrt.
Carmel Romero sollte eine von ihnen sein.
Sie war im Spätherbst 1993 gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Rosa in das Waisenhaus von Sant`Angelo gesteckt worden, da ihre Mutter an einem Hirntumor verstorben war. Ihren Vater hatten die beiden nie kennen gelernt.
Von Anfang an vermieden es die Schwestern Kontakte zu anderen Kindern zu knüpfen. Sie schienen sich bewusst absondern zu wollen, was jedoch nicht leicht war in einer Institution, in welcher versucht wurde sie in ein viel zu enges Korsett aus festen Regeln und despotischen Strafen zu pressen.
Aus den Akten des Waisenhauses ging auch hervor, dass die Schwestern Carmel und Rosa Romero nur mühsam voneinander getrennt werden konnten. Dies macht jedoch vor allem deutlich, wie eng die Bindung der beiden war und welcher Leere sie im Heim begegneten.
Es dauerte nicht lange, bis die unheimlichen Fremden auf Carmel aufmerksam geworden waren. Aussagen zufolge waren sie eines Tages an das ängstliche Mädchen heran getreten um es gründlich zu mustern. Offensichtlich misstraute Carmel Romero jedoch der Situation. Und das mit Recht. Ihre Schwester Rosa,- ebenfalls sehr verängstigt,- versuchte noch ihre Hand zu ergreifen um mit ihr wegzulaufen. Eine der Erzieherinnen jedoch stieß das Mädchen weg und verschwand dann mit der kleinen Carmel und den mysteriösen Besuchern in einem Zimmer am Ende des Korridors. Zwei weitere, eilig hinzugeeilte Erzieherinnen versuchten indessen Rosa Romero, welche sich unter Tränen dagegen wehrte und heftig um sich schlug, zu bändigen um sie anschließend ruhig zu stellen.
Rekonstruiert man nun, mit Hilfe der spärlichen Augenzeugenberichte, den weiteren Verlauf des Geschehens, erhält man folgende Schilderung:
Rosa Romero hatte sich infolge des gewaltsamen Verschwindens ihrer Zwillingsschwester geweigert zu sprechen. Zudem nahm sie kaum noch Nahrung zu sich und kapselte sich nun vollends von ihrer Außenwelt ab. Eines Morgens verließ sie,- trotz mehrerer Versuche ihrer Erzieherinnen sie mit Gewalt dazu zu zwingen,- nicht einmal mehr ihr Bett.
In manchen Nächten schrie sie dann urplötzlich dermaßen laut auf, dass die anderen Kinder sich zu fürchten begannen und teilweise sogar anfingen zu heulen. Stürmten dann die Erzieherinnen hinzu, bemerkten sie mit Entsetzen, dass das Bettlaken voller Blut war, welches offensichtlich aus Rosa`s Vagina floss. Nach einiger Zeit dann entdeckte man auf ihrem Körper dann kleine Brandwunden, deren Aussehen und Form daraus schließen ließen, dass es jemandem außerordentlich zu gefallen schien, Zigaretten auf ihrer zarten Haut auszudrücken. Glaubte man den anderen Heimkindern, so wurde sie in manchen Nächten sogar, von einer unbekannten Kraft, in ihrem Bett hin- und hergeschleudert. Da man jedoch keine logische Erklärung für all diese Phänomene finden konnte, einigte sich die Heimleitung in ihrem Bericht darauf, dass sich das kleine Mädchen wohl selbst all diese Wunden zugefügt haben musste.
Dann, eines Nachts, hatte Rosa laut der Aussagen jener Kinder, die in besagter Nacht zugegen waren, angeblich Besuch von ihrer Schwester erhalten. Diese sei plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht und hätte lächelnd vor Rosa`s Bett gestanden. Die Mädchen hätten sich dann sehr lange und innig umarmt. Sie schienen glücklich zu sein, denn sie lächelten und sangen,- ganz leise,- ein Kinderlied, welches ihnen ihre Mutter beigebracht hatte. Schließlich verschwanden sie aus dem Schlafsaal.
Tatsache ist, dass man am nächsten Morgen Rosa`s kalten und leblosen Körper in ihrem Bett vorfand. Als Todesursache wurde Herzstillstand angegeben.

Kam Carmel in jener Nacht tatsächlich um ihre Schwester "abzuholen"? Und wie ist es möglich, dass Rosa`s Körper diesselben Wunden aufwies wie,- aus den Geständnissen und Videos der Täter klar und deutlich bewiesen,- jener von Carmel?

Meistens ist das Leiden jener, die hilflos zurück bleiben in Ungewissheit darüber was wohl mit jenen geschieht die sie am meisten lieben, ein stummes Leiden. Manche hingegen vermögen es den Schmerz anderer zu ihrem eigenen zu machen.

Die Ermittlungen zu den seltsamen Vorfällen geben bis heute immer wieder neue Rätsel auf, die nur schwer,- wenn überhaupt,- zu lösen sind. Und fast scheint es so, als würde jede Antwort ihrerseits wieder neue Fragen aufwerfen.

 

Salü Pantaleimon,

so dramatisch die ganze Angelegenheit ist, so wenig kommt diese blosse Berichterstattung bei mir an. Da fehlt mir alles, was mich bei einer Geschichte mitreissen könnte: Unmittelbarkeit, die mich ins Geschehen hineinzieht. Sprache, die mich aufhorchen lässt. Gefühle, die mich mitleiden lassen. Charakterisierungen, die Urteile oder Verurteilungen zulassen. Wunder, an denen ich teilnehmen kann, oder deren Zauber mich gefangen nehmen.

Rekonstruiert man nun, mit Hilfe der spärlichen Augenzeugenberichte, den weiteren Verlauf des Geschehens, erhält man folgende Schilderung:

Eben nicht nur Schilderung, sondern alles direkt aus der Sicht einer Mitschülerin oder einer Erzieherin? Es würde sich lohnen!

Lieben Gruss,
Gisanne

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom