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Rotkäppchen 2016 - Für Kinder nicht geeignet

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01.03.2016
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Rotkäppchen 2016 - Für Kinder nicht geeignet

Du behauptest, dich mit den Märchen auszukennen?
Bedenke, dass sie über Jahrhunderte von Mund zu Mund wie ein Virus unter das Volk gestreut...
Natürlich landeten die Erzählungen nicht, wie sie sich einst zugetragen, bei uns! Ein Jeder, der sie weitertrug, nahm sich die Frechheit, die Dreistigkeit heraus, Gegebenheiten zu verharmlosen.
Kurz: Sie dem Volke mundgerecht zu servieren.
Glaubt ihr denn wirklich, Schneewittchen hätte den Zwergen nur geholfen, den Haushalt zu schmeißen, das Essen zu kochen und die Töpfe zu bürsten? Ha! Allein die Vorstellung: ein junges, zartes Pflänzchen und 7 bärtige Handwerker!!! Ja, ich bin doch nicht bescheuert!!!!!
Und die sieben Geißlein sind auch nicht alle einfach so aus dem Uhrenkasten gesprungen… der lüsterne Bock, der sie gezeugt, ließ eine allein erziehende Mutter und sieben minderjährige Kinder zurück, um sich in Bremen mit den Stadtmusikanten zu vergnügen. Wir alle wissen doch, wie es bei Musikanten zugeht... Sex, Drugs & Rock´n Roll.
Da bleibt kein Geld für Unterhaltszahlungen.
Schneeweißchen und Rosenrot haben natürlich dem Bären NUR das Fell gekrault… den ganzen, langen Winter hindurch??? Meister Petz musste mit Sicherheit hin und wieder zum Waldbächlein schleichen, um sich den Pelz zu reinigen...

Die allergrößte Lüge, die uns aufgetischt wurde… Nein, nicht, dass Rumpelstilzchen impotent war – statt zu adoptieren, wollte er der Königin ihr Kind holen. Die Wartezeit, vom Amt begünstigt zu werden, war ihm, scheint´s, zu lang...nein, nein, nein...

Die unverschämteste Lüge, die uns in Kinderjahren aufgetischt wurde, handelt vom Rotkäppchen.

Auch Rotkäppchen ist, genau wie die sieben Geißlein, ohne Vater im tiefen Wald aufgewachsen. Seine Mutter trug ein finsteres Geheimnis in ihrer Brust…
Da ihr Kerl, ein versoffener Köhler aus dem Harz, dessen Namen aus rechtlichen Gründen unerwähnt bleiben muss, sie sitzen gelassen als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, begann sie, alle männlichen Wesen zu hassen, wollte nie wieder mit einem Mannsbild unter einem Dach wohnen.
Auch ihre Mutter teilte ihre Auffassung, doch seit der Geburt ihres Enkelkindes lag diese schwer erschüttert und depressiv im Krankenbett. Im Wald wird getratscht, sie sei seit jenem Tag schwer abhängig vom Alkohol. Täglich fordert sie Rotwein an ihr Bett. Und die Schuld an alledem trägt das unerwünschte Kind.
Mit gellendem Aufschrei verkündete die Alte ihrer Tochter in der Stunde ihrer Niederkunft, dass sie nicht das gewünschte Mädchen, sondern einen blassen, blond gelockten Bastard auf das Laken geworfen hat.
Beide Frauen beschlossen: Das Kind sollte die nächste Nacht nicht überstehen.
Der Bube war noch unentdeckt von allen Waldbewohnern, so hatte auch das Jugendamt davon noch nichts ´spitzbekommen´.
Noch bestand im Wald keine Pflicht auf Frauenarzt und Ultraschall. Onkel Uhu trieb sich lieber mit leichten Turteltäubchen herum und seine Praxis blieb verwaist.

Die Dunkelheit lag über dem Wald, und die letzte Stunde des kleinen Jungen sollte durch die Kuckucksuhr angekündigt werden.
Doch diese versagte ihren Dienst in dieser Nacht, war doch Herr Kuckuck zu einer, von Onkel Uhu organisierten Swinger-Party aufgebrochen, von der er niemals zurückkehren sollte.
Sicher hatten auch hier die Stadtmusikanten ihre Finger im Spiel. Musiker! Zum Kuckuck mit euch!!!

So warteten die hasserfüllten Furien Jahr für Jahr auf den Ruf des Kuckucks und der kleine Bastard erfreute sich bereits das 14. Jahr an seinem unbeschwerten Waldleben. Zu spät, ihn noch immer verschwinden zu lassen. Über die Jahre hatten die Weiber ihn in Mädchengewänder gezwungen, ihn schmückten zwei lange Zöpfe.

Da der Großmutter an den Ostertagen die ´Medizin´ ausgegangen war, besann sie sich ihrer Fertigkeiten und strickte dem bezopften Knaben eine Kappe. Die Tage im Wald waren zu dieser Jahreszeit noch immer eisig und der mädchenhafte Bube sollte sich nicht erkälten, sicherte er doch Großmutters Vorrat an Lebenssaft. Waldsteuer und Alkohol fraßen die schmale Rente auf, so musste ein altes, rotes Stuhlkissen das Material für das Strickwerk liefern.

Das Kind liebte diese Kappe und lief den ganzen Tag damit im Wald auf und ab. "Ein Männlein steht im Walde..." trällerte es tagein tagaus vor der Mutter Haus. Das verzückte alle Bewohner so dermaßen, dass sie es fortan nur noch liebevoll ´Rotkäppchen´ nannten.

Die Damen der Wald-Einwohner-Meldestelle wunderten sich über diesen doch recht seltsamen Namen, aber es galt das Gesetz des Waldes: Ein Jeder nach seiner Fasson.
´Carpe diem´ bedeutete hier: Pflücke den Tag! Was immer das in diesem Zusammenhang auch bedeuten soll…

Im Wald blieb die Zeit nicht stehen… Der Wolf – ein in die Jahre gekommener Graurücken – konnte seiner jungen Frau nicht mehr das Wasser reichen. Er wollte Golfen, sie hätte gern mehr...
Golf langweilte sie und schon seit langem vernahm sie im Wald den Geruch des Jünglings mit der roten Kappe, dem es eine Freude war, sich an Bäumen und Sträuchern zu erleichtern.
Die Wölfin liebte es, ihre feuchte Nase in die warmen Pfützen zu bohren und sie schlich ihm nach.
Ja, Rotkäppchen war es, den sie begehrte. Täglich schlich sie ihm nach, trug er wieder mehrere Flaschen Rotwein durch den Wald zur Großmutter, die gerade, mit einer ordentlichen Fahne, aus dem Mittagsschlaf erwacht war und durch den Wald kreischend Nachschub forderte.
Noch unter ihrem Geschrei streifte sich der Jäger hektisch seine Hose über, um panikartig Großmutters Hütte zu verlassen.
Seine Frau würde ihn erschießen, röche sie jemals Lunte von dieser Affäre.
Doch was sollte er machen? Er liebte die alte Dame, trug sie doch noch volles Haar unter ihren Achseln… Das machte sie besonders anziehend für ihn. Seine Gattin hingegen vertrat die Meinung, es sein ´en vogue´, sich als Dame von Welt den Körper zu rasieren. Eine ganze Woche lang stand im Forsthaus nur Suppe auf dem Tisch, da sich die Dame von Welt einen Ladyshave vom eh´ knapp bemessenen Haushaltsgeld kaufen musste. Weiber!

Entschuldigung… ich schweife ab…

Wieder einmal schlich die rollige Wölfin dem Rotkäppchen hinterher, ahnte, wohin es laufen würde. Sie fasste einen Plan… und nur wenige Minuten vor dem Knaben erreichte sie das Freudenhaus, sah den Jäger im Dickicht verschwinden.
Schon stand sie in der Tür, musste schnellstens handeln.

Vor der Hütte der Großmutter angekommen, wunderte sich der Knabe über die weit offen stehende Tür. Macht Grandma sonst nie… es sei denn, sie ist vor das Haus geeilt, um sich zu übergeben. „Na, sicher ist es so gewesen, muss ich die Bettpfanne nicht leeren…“ machte er sich Mut.
Mit der roten Kappe auf den blonden Zöpfen und den Netzstrümpfen an den frisch enthaarten Beinen, empfand er sich heute als besonders hübsch.

Irgendetwas ging in ihm vor, ihm war heiß und kalt als er über die Schwelle in Großmutters Hütte trat. Dieses Gefühl der Lust… Woher kam es? Wohin wollte es? Es schnürte ihm die Kehle und um sich zu stärken, setzte er die Flasche, die bereits geöffnet auf Großmutters Kommode stand, an den trockenen Mund...

...Minuten zuvor wollte es der alten Dame nicht gelingen, erschrocken durch den Krach, den der Jäger verursacht hatte, die Pulle zu greifen. Als sie nach ihr ausholte, fiel sie aus dem Bett und blieb reglos davor liegen.
Ein leichtes Spiel für die Wölfin, die das Geschehen, in der geöffneten Tür lauernd, verfolgt hatte.
Leider nur blieb keine Zeit, das Menschlein in Stücke zu reißen, denn sie war in Eile und sehr erregt. Rotkäppchen war schon ganz nah bei der Hütte.
So schlang sie die alte Frau mit einem Happen hinunter, rülpste, hielt sich kurz den Bauch und flüchtete sich mit einem Satz unter die Bettdecke. Dann sah sie auch schon die rote Kappe in der Tür.

Rotkäppchen nahm einen kräftigen Hieb aus der bauchigen Flasche, kratzte sich am Hintern und zog die Netzstrumpfhose in Position. Nicht ahnend, dass Frau Wolf wünschte, er würde ihr endlich ins Netz gehen. Sie konnte ihn riechen, er musste irgendetwas an seinen Fingern haben… der Geruch machte sie rasend.

"Großmutter", rief der noch jungfräuliche Knabe.
"Großmutter ich bringe dir deine Medizin und die herzlichsten Grüße von der Mutter."
Doch Großmutter scheint nicht bei Sinnen, rührt sich nicht in ihrem Bett. Nur ein Grummeln war unter der Decke zu vernehmen.
"Großmutter, du solltest dich wieder einmal rasieren, kann deine Augen gar nicht erkennen."
Großmutter knurrte tief und lang.
"Sei mir nicht böse… aber… auch deine Nase sieht nicht aus wie sonst."
Unter der Decke rührte sich etwas…
Dem Jungen wurde bang ums Herz, wusste er doch nicht, dass die Großmutter, um bis zur nächsten Lieferung durchschlafen zu können, eine Mischung getrockneter Waldpilze in ihren Wein getan hatte.
Großmutter kannte sich mit Pilzen aus.
Obwohl dem Kind die Sinne zu schwinden drohten, erkannte er zwei riesige, mit Haaren übersähte, schwarze Greifzangen, die ihn, noch bevor er danach fragen konnte, bei den Schultern packten, um ihn ins Bett zu zerren.
Die rote Kappe fiel lautlos zu Boden, in seinen Rücken bohrten sich eintausendundein Messer.
Alles an ihm erstarrte plötzlich, wusste er doch nicht, wie ihm geschah.
Und die Wölfin, dieses haarige Biest, ließ nicht los. Endlich hatte sie, wonach es ihr gelüstete.
Unter ihr liegend, wurde Rotkäppchen ohnmächtig. Wie lange genau, kann niemand sagen... der Wald schweigt bis heute.


Durch einen lauten Knall erwacht, erahnte Rotkäppchen den Jäger, der tief gebeugt über ihm stand.

Ja.... der Jäger kam noch einmal zurück, hatte er doch seinen Ehering auf Großmutters Kommode vergessen.

Welch ein Glück für das Kind und die alte Frau!

Mit einer doppelten Salve Schrot hatte der Jäger die Wölfin zur Strecke gebracht, ihr Körper lag reglos mit weit geöffnetem Bauch im Bett der Gespielin.
Ja, Großmutter… sie konnte der Weidmann in einem Stück aus dem Wolfslaib zerren und außer dem Schrecken trug sie keine Schäden davon. "Medizin, gebt mir meine Medizin!" befahl sie ihrem Retter, dem es gefiel, wenn sie auf diese Art mit ihm umsprang…
Mit einem verschmitzten Grinsen im bärtigen Gesicht überreichte er seiner ´Herrin´ (wie er sie beim Liebesspiel nannte) den Wein und Großmutter genoss in vollen Zügen.

Jetzt auch erkannte Rotkäppchen, dass es der Großmutter an nichts fehlte und ihm wurde warm ums Herz.

Morgen, fassten die drei einen Entschluss, gleich morgen wollten sie ein Fest feiern und mit allen Bewohnern des Waldes auf das große Glück anstoßen.


Und ihr?

Wollt wissen, wie es weiterging im Wunderwald???


Dazu sei gesagt:

Rotkäppchen erleichterte sich nie wieder an Büschen und Sträuchern, achtet heute als staatlich anerkannter Ranger auf Ordnung und Sauberkeit im Wald.

Der Jäger ließ sich vom Goldschmied in der Stadt einen zweiten Ehering anfertigen, den er - für den Notfall - im Waffenschrank versteckt hielt.

Großmutter machte Nägel mit Köpfen und eröffnete ihre eigene Weinhandlung, ließ sich fortan über den Großhandel beliefern.

Und Herr Wolf…??? Ja, der spitzohrige Isegrimm…

...ist glücklich über seinen selbst angelegten Golfplatz, dem schönsten weit und breit. Er gründete die erste Golfschule des Waldes:

„Lernt Golf bei Herrn Wolf“

Seine verstorbene Gattin jedoch...

... endete als Wandschmuck im Vereinshaus.

Mehr, ihr Lieben, kann ich nicht berichten, denn der Wald hat bis heute sein Schweigen nicht gebrochen.

 
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Lieber Wortlust,

ich begrüße dich bei den Wortkriegern und muss dir gleich sagen, dass dir diese Überarbeitung und Richtigstellung allseits bekannter Märchen mehr als gelungen ist. Endlich erschließt sich mir alles in einem logischen Zusammenhang und ich erfahre, wie sich die Dinge wirklich abgespielt haben. Dafür danke ich dir.

Ich habe deinen Text mit Spaß gelesen und da er so Fahrt aufnahm und mich mitriss, gar nicht so sehr auf die Kleinigkeiten (Zeichensetzung, Logik) geachtet. Auch bei der Formatierung scheint mir nicht immer alles zu stimmen. (s.u.), was aber meinen Lesegenuss nicht geschmälert hat.

Natürlich landeten die Erzählungen nicht, wie sie sich einst zugetragen, bei uns! Ein Jeder, der sie weiter trug,nahm sich die Frechheit, die Dreistigkeit heraus, Gegebenheiten zu verharmlosen.Kurz: Sie dem Volke mundgerecht zu servieren.
weitertrug
Hinter den Satzzeichen ist gewöhnlich eine Leerstelle

Natürlich ist das keine Kurzgeschichte im herkömmlichen Sinne, aber eine wilde und wirre Mischung aus Märchen-Versatzstücken (inhaltlicher und sprachlicher Art) und verblüffenden, frischen und witzigen Geistesblitzen. So hab ich es aufgefasst und so hat es mir gefallen.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Hallo Wortlust,

einige Remiszenzen an andere Märchen Grimmscher traditio zeigen in Deiner Geschichte ja durchaus bekannte Interpretationen auf, aber dass Rotkäppchen ein männliches Kind war - das ist neu und dadurch bekommt die alte Geschichte einen ganz neuen Schwung. Sehr schön und flüssig erzählt. Gestockt habe ich immer bei dem Stereotyp

der Wald hat bis heute sein Schweigen nicht gebrochen
. Ist das wirklich so? Woher kennt man dann die dargestellte Geschichte? Wer genau bekommt denn im Wald alles mit und schweigt darüber? Die alten Eichen und Buchen? Dann braucht man nicht weiter nachzusinnen. Dass die schweigsam sind, weiß jeder, der einen alten Eichenschrank zu Hause stehen hat. Der knarrt mal, aber mehr ist ihm nicht zu entlocken.

Sehr gerne gelesen

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo Wortlust,

herzlich willkommen bei den Wortkriegern!

Erstmal ein wenig Kritik: Ein paar mal fehlt ein Wort oder ein Buchstabe, aber ich finds nicht weiter tragisch.


Jetzt zu deinem "Märchen":
Ich find die Idee, sowas für Leser Ü18 zu schreiben einfach nur geil. Für mich kannst du ruhig noch einen Tick derber schreiben. Ohne jetzt irgendeine Fäkalsprache zu benutzen, aber nehm das ruhig noch mehr auf die Schippe.
Ich habe mich sehr amüsiert und habe den Link direkt weitergeschickt an meine Schreibwerkstatt!
So etwas muss doch verbreitet werden.
Mach gerne damit weiter. Ich freue mich auf andere "Märchen", die von dir kommen. Wie wäre es mit Dornröschen oder dem Froschkönig?

LG

Betze

 
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Ach ist das schön, hier so lieb empfangen zu werden. Ich - als neuer Krieger - muss mich zunächst mit den ganzen technischen Machbarkeiten auf dieser genialen Seite befassen... So gelang es mir bereits, Deinen ersten Hinweisen nachzuschleichen und... gewisse Mängel in meinem Text zu beseitigen.
Macht ja echt Spaß hier!!!!! Freue mich auf viele neue Inputs und Begegnungen.

Hallo Jöbar,
auch ich besitze einen alten Eichenschrank...und glaube mir...der kann Geschichten erzählen...
Wollte es immer nicht wahrhaben, doch nachdem ich die Chroniken von Narnia gelesen hatte, wusste ich mich bestätigt: Einem alten Eichenschrank können sogar ganze Geschichten entlockt werden...man muss ihm nur zuhören... ;)

Hallo Betze,
jetzt bin ich doch rot angelaufen... Hab echt nicht mit so aufmunternden Reaktionen gerechnet. Werde ab sofort häufiger in meinen Schrank hineinhorchen... (Danke Jöbar :thumbsup:)
In der Hoffnung, dass dieser mich weiterhin gut mit Ideen versorgen wird.
Zu den fehlenden Wörtern kann ich nur sagen: Sie fehlen gewollt! Wollte mich dem Schreibstil der Urheber anpassen - wenn das überhaupt gestattet ist.
Danke, dass Du das Rotkäppchen 2016 durch die Glasfaser unter die Leute bringst, könnte ja den einen oder anderen Revierförster davon abhalten, in fremden Wäldern zu jagen.
Petri Heil und...vielen, lieben Dank

 

Hallo Wortlust und herzlich Willkommen,

bei deinem Text fiel mir als erstes den inflationären Gebrauch der ... auf (die auch noch falsch gesetzt sind, da fehlt immer ein Leerzeichen zwischen Wort und erstem Punkt). Zudem verteilst du sehr großzügig Ausrufe- und Fragezeichen. Das erinnnert mich sehr stark an die Comicsprache - deine Protagonisten und Erzähler schreien ja richtig wild in der Gegend herum ;)

Die Zahlen werden normalerweise auch ausgeschrieben, solange wir nicht von dreihundertsiebenundvierzig sprechen.

Du behauptest, dich mit den Märchen auszukennen?

Nee, wieso?

Da ihr Kerl, ein versoffener Köhler aus dem Harz, dessen Namen aus rechtlichen Gründen unerwähnt bleiben muss, sie sitzen gelassen als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, begann sie, alle männlichen Wesen zu hassen, wollte nie wieder mit einem Mannsbild unter einem Dach wohnen.
Mir ist ein Satzbau wie dieser zu ungenau und da wird zuviel erzählt. Du kannst zwar argumentieren, dass das Absicht war, und andere Leser scheint es ja auch nicht zu stören, im Gegenteil, du bekommst ja viel Lob, aber mir kommt es fast vor, als würde jemand ohne Punkt und Komma vor sich hin erzählen.

Gegen Ende des Textes wird die Formatierung etwas sehr flatterig.

Ich merke jetzt nur formale Sachen an, die mir beim Durchsehen ins Auge gefallen sind. Die schnoddrige Art, wie es geschrieben ist, ist nicht so meines, aber das ist Geschmackssache.
Gut fand ich, den alten Märchen auf den Pelz zu rücken und spielerisch neue Varianten zu präsentieren. Nur ist mir diese Präsentation eben in der Ausführung (... / !/?) zu marktschreierisch.

Viele Grüße
bernadette

 

Hallo bernadette,
auch Dir sei gedankt für Deine kritische Auseinandersetzung mit meinem Rotkäppchen 2016.

<als würde jemand ohne Punkt und Komma vor sich hin erzählen< ... trifft es sehr gut.
Ich habe Geschichten in meinem Kopf, die einfach in´s Freie wollen. Ich sehe mich dabei nicht als Schriftsteller, ich schlüpfe in die Rolle des Erzählers.
Das ist, was ich mache: Geschichten erzählen. Als Vorleser bediene ich mich in meinen Aufzeichnungen der, wie Du sehr gut erkannt hast, Comicsprache. Passagen, die durch Stimme, Mimik, Gestik besonders hervorgehoben werden sollen, markiere ich mit .../!/?, um mich während des Erzählens erinnern zu können. Ich bin kein Theoretiker. Ich lebe und erzähle meine Geschichten.
Dir vielen, lieben Dank
Wortlust

 

Hallo Wortlust,

es ist gut, dass du dich als mündliche Erzählerin, bzw. Vorleserin siehst. Da gelten andere Regeln, eventuell auch Improvisation. Vor welchem Publikum trittst du denn auf;)?

Trotzdem glaube ich, ein paar Überlegungen in Richtung sprachliche Geschliffenheit könnten nicht schaden. Du musst halt dann mehr Pausen machen, damit deine Zuhörer die Pointen mitkriegen:D
Wer weiß, vielleicht wird das Ganze auch noch ein gedrucktes Märchenbuch für Erwachsene.

Und such mal auch im entlegenen Märchenschatz, da gibt es bestimmt noch mehr zu enthüllen.

Amüsiert habe ich mich jedenfalls.

Gruß wieselmaus

 

Hallo wieselmaus,
hast mich jetzt ruckzuck zu einem Mädchen gemacht... Ich bin es - der Autor... nicht das Rotkäppchen!
Danke dafür. Jetzt weiß ich endlich wie das ist...:lol:
Wüsstest Du denn einen Verleger für ein Märchenbuch der speziellen Art?
Danke, Bernd

 

Du behauptest, dich mit den Märchen auszukennen?

Behaupte ich und zwar so lange, bis das Gegenteil bewiesen ist. Aber Du gibst vor, die älteste Tradition der Erzählung zu pflegen. Aber das gesprochene Wort ist flüchtig, kaum ausgesprochen, ist es schon wieder verflogen, kaum gehört, ist es schon wieder verklungen. Da muss sich die Schriftform als Falle erweisen, indem sie das flüchtende Wort festhält und den Gesichtssinn über das Gehör triumphieren lässt, indem das Gelesene wieder und wieder gelesen werden kann bis zum Überdruss (der mich nachher übermannen wird). Da wäre dann besser, der Erzähler zeichnete tatsächlich einen Comic, einen Trickfilm, statt das System der Laute in abstraktere Zeichen, eben Buchstaben umzusetzen und in ein grammatisches Kleid zu zwängen, dass den Erzähler hier und da zu zwicken vermag bis hin, lästig zu werden.

Aber es kann gar nicht anders sein, kommt das Erzählen und vor allem die Schrift doch aus einer viel strengeren Disziplin. Der angewandten Mathematik. Erzählen kommt vom Zählen und die ersten Schriftzeichen waren Zahlen, mit denen etwa der aktuelle Stand eines Vermögens (Vieh z. B.) festgehalten werden sollte. Die ersten Schreiber waren also nix anderes als im Neodeutschen der accountant, der Buchhalter.

Und nach so viel Referat erst einmal herzlich willkommen hierorts,

liebe Wortlust,

und schon das erste Bild lässt mich schaudern

Bedenke, dass sie über Jahrhunderte von Mund zu Mund wie ein Virus unter das Volk gestreut...

Das mag für Pegida bis Hitler stimmen – aber welches Gift (Virus) sollten etwa die Grimmbrüder und ihre Vorgänger unters Volk streuen? Und mit den Auslassungspunkten, die in der so gegebenen Form behaupten, an dem vorhergehenden Wort fehlte (Konjunktiv II!) mindestens ein Buchstabe und ich Dösbacke komm halt nicht drauf, was da fehlen soll. Ich bin sicher, dass Du's mir/uns es verraten wirst.

Kurz: Sie dem Volke mundgerecht zu servieren.
Nee, jetzt wird auch noch der Geschmackssinn ausgegraben. Luther schaute dem Volk aufs, nicht ins Maul (das überließ er dem Typ Eisenbart).

Glaubt ihr denn wirklich, Schneewittchen hätte den Zwergen nur geholfen, …
Auch das ist nix Neues. In der deutschen Übersetzung des Lennon'schen In His Own Write (In seiner eigenen Schreibe) ist auch nicht von Schneewittchen, sondern eindeutig von Schneeflittchen die Rede ...

... und 7 bärtige Handwerker!!! Ja, ich bin doch nicht bescheuert!!!!!
„sieben“!, bernadette hat schon darauf hingewiesen und ich denk, ein Ausrufezeichen genügt, oder würdestu auch Kommas setzen, bis der Leser ins Koma fällt?

... eine allein erziehende Mutter und …
alleinerziehende, immer zusammen!

Nein, nicht, dass Rumpelstilzchen impotent war – statt zu adoptieren, wollte er der Königin ihr Kind holen.
„wollte es“!, das Rumpelstilzchen

Die unverschämteste Lüge, die uns in Kinderjahren aufgetischt wurde, handelt vom Rotkäppchen.
Lügenpresse, s. o.

Da ihr Kerl, ein versoffener Köhler aus dem Harz, dessen Namen aus rechtlichen Gründen unerwähnt bleiben muss, sie sitzen gelassen als er von ihrer Schwangerschaft erfuhr, …
Da fehlt nicht nur mindestens ein Buchstabe, sondern ein ganzes Wort.

Schon gefunden?

Wenn nicht:

Hinweis: Direkt nach dem Partizip! Und dann gehört zwischen dieses und dem nächsten Wort ein Komma, weil die vergleichende Konjunktion einen vollständigen Satz einleitet ...

Täglich fordert sie Rotwein an ihr Bett.
An wessen Bett sonst?

Mit gellendem Aufschrei verkündete die Alte ihrer Tochter in der Stunde ihrer Niederkunft, dass sie nicht das gewünschte Mädchen, sondern einen blassen, blond gelockten Bastard auf das Laken geworfen hat.
Besser Konjunktiv I, „geworfen habe“.

Die Dunkelheit lag über dem Wald, und die letzte Stunde des kleinen Jungen sollte durch die Kuckucksuhr angekündigt werden.
Das Komma wird ganz gut von der Konjunktion ersetzt ...

Doch diese versagte ihren Dienst in dieser Nacht, …
Muss eine DIEsige Nacht gewesen sein

Wieder die lausigen Auslassungspunkte und ein Komma in den gelungenen Versen

"Ein Männlein steht im Walde[...]..." trällerte es tagein[,] tagaus vor der Mutter Haus.

Der Wolf – ein in die Jahre gekommener Graurücken – …
Kenn ich vom Kongo. Da gilts für den Gorilla!

Ja, Rotkäppchen war es, den sie begehrte. Täglich schlich sie ihm nach, trug er wieder mehrere Flaschen Rotwein durch den Wald
Begründung: s. o.!

Seine Gattin hingegen vertrat die Meinung, es sei[...] ´en vogue´, sich ...

Kann sein, dass Du John Lennon's o. g. Nonsense Novel nicht kennst, aber Karen Duve wirstu kennen. Wolltestu vllt. auf ihre Märchensammlung Grrrimmm noch eins draufsetzen? Allerdings führt eine aufgesetzte Witzigkeit immer im Gähnen. Und im Ernst: Du wirst gar nicht um Grammatik herumkommen. Die ersten hundert Seiten des Rechtschreibdudens wären da ein guter Anfang. Ist halt noch kein Meister vom Himmel gefallen. Was hätte er denn davon, außer einem gebrochenen Genick!

Gruß

Friedel

 

Hallo Wortlust,

da ich Märchen liebe und die alte Tradition pflege, Geschichten und Märchen Mund-zu-Mund weiter geben, spricht mich deine Einleitung besonders an. Es ist verhält sich tatsächlich so, dass ein Märchen dabei ziemlich verändert. Sieh dir allein das Märchen Rotkäppchen an. In Frankreich hat sich beispielsweise das Ende etabliert, in dem das Mädchen nicht gerettet wird. In anderen Ländern kommt kein Wolf, sondern ein Tiger vor. Mündliche Überlieferung eben. Eine schöne Sache. Dein Einstieg gefällt mir aber überhaupt nicht. Warum kritisiert du das? Ich finde es nicht witzig beschrieben, sondern eher unverschämt. Es ist bekannt, dass die Farbe Rot für die Erblühung des jungen Mädchens zur Frau steht. Der Wolf könnte den Teufel symbolisieren, die Blumen die Verführung. Ist jetzt aber nur mutmaßung, so gut kenne ich mich, auch nicht aus.
Aber ich verstehe nicht, warum Märchen ein Virus darstellen sollen? Wem schaden sie? Mir fehlt da die Begründung, oder zumindest ein witziges Element.

Deine eigentliche Erklärung zu Rotkäppchen finde ich allerdings sehr interessant. Hier hätte ich die Geschichte starten lassen. Das ganze davor kann weg. Ich frage mich aber ernsthaft, ob es sich hierbei überhaupt um eine Geschichte handelt. Wäre das ganze nicht besser als Stand Up Comedy für die Bühne?

Auch würde ich die Tags "Märchen" und "Erotik" streichen. Denn die Erzählung ist weder erotisch, noch ein Märchen.

Beste Grüße,

schwarze sonne

 

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