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Sündige Trennung

Liz

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12.07.2002
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Sündige Trennung

Gestern brachte ich einen Typen um. Es war einfach notwendig. Daran ist nichts Verwerfliches. Aus der richtigen Perspektive – meiner Perspektive – betrachtet.

Eigentlich bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich den Kerl überhaupt restlos geschafft habe, das gebe ich zu. Sollte es nicht funktioniert haben – tja, ich bin nicht gerne ein Versager. Diese Bezeichnung würde mir zu schaffen machen. Dieses Wort „Versager“, wie es schon klingt. Versagermäßig halt. Ein übles Wort, da kommt mir das kalte Grausen. Aber Scheiß drauf.

Übrigens, Sie hätten an meiner Stelle dasselbe getan. Also, ich will es kurz machen. Jedenfalls, ich stand am Schalter meiner Hausbank - Telebanking und so Zeugs ist nicht mein Ding - und bekam vor lauter Wut einen hochroten Kopf. Da war so ein Typ. Er laberte doch tatsächlich den Bankangestellten voll, ob zehn Euro Spende für Greenpeace genug wären. Als wenn das den Schalterbeamten wirklich interessieren würde! Aber mich interessierte es. Man überlege, zehn Euro! Hätte dieser Dreckskerl zwanzig Mäuse springen lassen, hätte ich es mir ja noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht.

Zu diesem Zeitpunkt wollte ich dem Geizkragen schon an den Kragen seines braunen Kaschmir-Mantels. Jedenfalls, mir fiel es leichter diesen Menschen umzubringen, als irgendeinen Penner von der Straße. Wer will sich schon diverse Krankheitserreger einfangen. Aber für Greenpeace hätte ich es getan, mich dazu überwunden. Obwohl der Gedankengang, dass ein Penner Geld für Greenpeace ausgeben könnte, schon etwas Surrealistisches an sich hat. Eher für billigen Fusel. Verstehen sich mich nicht falsch. Ich habe sämtliche Impfpakete zu halbwegs vernünftigen Preisen konsumiert, ich reise schließlich viel. Unbeschadet könnte ich mich im Blut eines Menschen suhlen, wenn es mich danach gelüsten würde.

Also – dieser gierige Dreckskerl hatte mir den Tag versaut, der für mich so gut mit einem leckeren Frühstück begonnen hatte. Und damit war für mich alles sonnenklar. Der Typ musste sterben. So bald wie möglich.

Ich folgte ihm bis zu seinem Haus. Er verschwand darin – er hatte mich nicht gesehen oder registriert. Ich bin eher ein unauffälliger Mensch. Die Leute übersehen mich gerne. Dagegen habe ich auch nichts – Hauptsache, sie spenden fleißig für Greenpeace.

Ich schnüffelte in der Mülltonne herum und fuhr entsetzt zurück. Etwas Namenloses, Grauenhaftes hatte sich zwischen den dunklen Plastikwänden verborgen. Ich spürte, wie die roten Nebel das Wahnsinns in mir aufstiegen. Verzweifelt versuchte ich mich zu fassen, um bei dem schrecklichen Anblick, der sich mir bot, nicht meine Hush Puppies voll zu kotzen.

Sogar jetzt, als ich diese Zeilen hier in meiner kleinen gemütlichen Wohnung schreibe und ich mich in Sicherheit wäge, muss ich aufpassen, um nicht in Tränen auszubrechen.

Dieser beispiellos abgrundtief böse Mensch trennte seinen Müll nicht.

Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen. Er trennte seinen Müll nicht. Glasflaschen liebäugelten mit Kartons und Biomüll – es war ein Anblick des Grauens. Mein Nervensystem kollabierte. Ich taumelte gegen die Hauswand und versuchte, meiner Schwäche Widerstand zu bieten, um nicht auf der Stelle umzukippen.

Es war vorher schon notwendig gewesen, dieses wandelnde Stück Abschaum zu killen – aber jetzt würde es mir auch noch Spaß machen, es zu tun. Nicht aus Pflichtbewusstsein heraus würde ich handeln, sondern aus reiner Lust am Töten. Jetzt hasste ich den Kerl.

Als ich mich wieder halbwegs sicher auf den Beinen fühlte, drückte ich die Klingel und wappnete mich vor dem Anblick dieses Scheusals von Mensch. Man stelle sich vor, er hatte sogar die Frechheit, mir freundlich ins Gesicht zu schauen und mich höflich nach meinem Begehren zu fragen. Dieser verdammte falsche Drecksack.

Meine Antwort war ein gekonnter Schwinger mit der Rechten, der ihm ein paar seiner hübschen Zähne kostete. Spuckend und blutend wich er vor mir zurück und ich nutzte die Gunst der Stunde, um sein Haus zu betreten. „Was ... wollen ... Sie?“, blubberte der Typ wimmernd und ich sagte lässig, „Halt die Klappe, Miststück.“

Dann kümmerte ich mich ausführlich um ihn. In der Küche fand sich ein ausgezeichnetes Steakmesser, das ich dafür benutzte, dem Monster ein paar hübsche Buchstaben einzuritzen. Sie als alter Schlaufuchs wissen garantiert, was für Buchstaben das waren, welcher Satz letzt endlich hübsch ordentlich in das Fleisch des Ungeheuers eingegraben war. Es war eine ziemlich blutige Angelegenheit, wie Sie sich wahrscheinlich denken können. Sorgfältige und genaue Arbeit in allen Bereichen des Lebens ist ein ungeschriebenes Gesetz, das ich immer einhalte.

Ich fühlte mich gut wie schon lange nicht mehr, als ich ihm die Nase abschnitt und sie ihm in den Mund stopfte. Das war kein symbolischer Akt, ich weiß nicht, warum es mir ein Bedürfnis war, dies zu tun. Egal. Jedenfalls dürfte er daran erstickt sein, ich hoffe es zumindest. Man stelle sich vor, an der eigenen Nase. Ich war stolz auf meine Kreativität und klopfte mir im Geiste selber auf die Schulter. Sein Todeskampf wurde mir schließlich zu langweilig, also verließ ich das Haus im Bewusstsein, eine gute Tat vollbracht zu haben.

Betonte ich schon, dass ich etwas gegen Umweltsünder habe?

 

Jeden Tag eine gute tat, was? ;-) Jedenfalls scheint die Protagonistin nicht vollständig von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt zu sein, denn spnst würde sie sich nicht diese Mühe machen es vor dem Leser so zu verteidigen. Warscheinlich sucht die Erzählerin Zuhörer, die ihr begeistert beipflichten, um ihr Gewissen zu beruhigen?

 

@ Dronus

Der Protagonist in dieser Story ist ein völlig irres Arschloch, so eine Art selbstgerechter Weltverbesserer. Ich hab mir beim Schreiben so einen verkappten Typen vorgestellt, der komplett durchgeknallt ist und um Aufmerksamkeit und Bestätigung heischt. Und Anerkennung.

Danke für`s Lesen und deinen Kommentar! :)

 

@Liz: Zunächst muss ich sagen, dass sich die Entschlossenheit meiner Kritik nicht aus deiner Kritik an mich speist.

Also: Ich finde deine Kurzgeschichte sterbenslangweilig, denn...

es fehlen die von Zynismus durchtränkten Formulierungen, die beispielsweise den Erzähler von Trainspotting auszeichneten oder Patrick Bateman von "American Psycho". Ohnehin erinnert mich einiges in deiner Geschichte an das Kultbuch von Bret Easton Ellis.

Die möchtern-witzigen Formulierungen sitzen nicht. Beispiele:
"Glasflaschen liebäugelten mit Kartons und Biomüll – es war ein Anblick des Grauens." (Total unpassend)
"Meine Antwort war ein gekonnter Schwinger mit der Rechten, der ihm ein paar seiner hübschen Zähne kostete." (Schon tausend Mal dagewesen)

Der Versuch, durchgedrehte selbstgerechte Umweltschützer zu kritisieren, ist einfach zu offensichtlich. Satire zeichnet sich nicht durch den platten Witz, sondern durch die feine Pointe aus.

Grüße
Sebastian

 

Hallo Sebastian,

„American Psycho“ habe ich zwar gelesen, aber als ich obige Story schrieb, dachte ich keine Sekunde lang an dieses Buch. Naja, damit will ich sagen, dass Ähnlichkeiten nicht beabsichtigt waren.

Schade, dass du die Geschichte als langweilig empfindest. Na, irgendwie hast ja teilweise nicht unrecht – die anspruchsvollste Schreibe ist es ja nicht gerade. Zuviel Holzhammer-Methode und so. Hätte ich zwar beabsichtigt, aber wie du schon sagtest, eine Satire zeichnet sich durch feine Spitzen aus. Mir ist schon klar, dass solche Spitzen dieser Geschichte völlig abgehen. Posten wollte ich das Ding unbedingt, war mir aber anfangs selber nicht klar, in welcher Rubrik. Ich glaub trotzdem, dass „Satire“ noch am ehesten passt. :rolleyes:

Es freut mich jedenfalls, dass du dich durch die Story durchgequält hast und deine Meinung dazu abgegeben hast! :)

Grüße
Liz

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Liz

Vom Kern her fand ich deine Satire ganz in Ordnung. Hat etwas Wahres, zumindest in Deutschland, man kann dich nachts vergewaltigen und alle schauen weg - aber wehe, der Typ schmeißt hinterher sein Kondom in die falsche Tonne, dann hat er ratz-fatz die Bullen am Arsch.

Den Plot hättest du einfallsreicher gestalten können; z.B. musst du ja nicht gleich am Anfang erwähnen, dass der Prot den Umweltsünder umbringt.

Am Anfang dachte ich an einen sterbenslangweilige Möchtegernsatire. "Schalter - Hausbank" da war für mich klar, dass der Schalterbeamte gekillt wird, weil er dämlich ist, und das wäre wirklich nur öde und keine Satire gewesen. Aber was du geschrieben hast, ist vom Kern her eine Satire.

Dass sie nie wirklich komisch wird, liegt - wie du selbst schon erkannt hast - an der Holzhammerschreibweise.

Im Detail

Pflichten Sie mir bei, sind wir uns einig? Schön. Es ist herrlich, dass Sie so verständnisvoll bei der Sache sind. Da bereitet einem das Erzählen gleich doppelt soviel Freude.
Dieses ständige Ansprechen des Lesers stört mich, weil es aus dem Text herausreißt, den Film im Kopf abreißen lässt.
Gestern brachte ich einen Typen um. Es war einfach notwendig, aus meiner Sicht zumindest. Daran ist nichts Verwerfliches. Aus der richtigen Perspektive – meiner Perspektive – betrachtet.
Mach doch einfach einen Punkt hinter notwendig. Der Typ müsste cooler sein. Diese Selbstzweifel und Rechtfertigungen passen nicht zu ihm - er glaubt doch im Recht zu sein.
. Man stelle sich vor, er hatte sogar die Frechheit, mir freundlich ins Gesicht zu schauen und mich höflich nach meinem Begehren zu fragen.
Zu übertrieben, unrealistisch. Warum sollte er nicht höflich guten Tag sagen. Durch diese viel zu übertrieben Empörung wird der Text unglaubwürdig.
Dieser beispiellos abgrundtief böse Mensch trennte seinen Müll nicht.
Du sagst zuviel direkt. Das alles ginge aus der Handlung und eventuell einem kurzen Dialog hervor.


Mir würde es cool, trocken, lakonisch, beiläufig erzählt besser gefallen.


mfg

Stefan

 

@ Quasi

Danke für für deinen ausführlichen Kommentar. Werde mir deine Anregungen durch den Kopf gehen lassen ... Vielleicht krieg ich es etwas „cooler“ hin, hehe. Mal schauen. :cool:

Das ständige Ansprechen des Lesers soll übrigens so sein, der Prot ist einfach eine fürchterlich lästige Wanze und heischt um Aufmerksamkeit.

Gruß
Liz

 

Hallo Liz,

man merkt schon, dass da jemand fast krampfhaft nach einer Gelegenheit sucht, Gott spielen zu können, und es mit dem Wohl für die Gesellschaft, dem „Good cause“ rechtfertigt. Insofern könnte die Geschichte auch in `Gesellschaft´ stehen, oder Stoff für ein Horrorszenario abgeben.
Der lakonische Ton der Story ist gut getroffen.

Tschüß... Woltochinon

 

Heja Woltochinon,

hab ein paar Sachen geändert - jetzt macht der Kerl zwar noch immer einen auf Gott, aber gänzlich ohne Selbstzweifel. Ein eiskalter selbstgerechter Typ ohne Gewissen, der in seiner eigenen kranken Welt lebt.

Danke für deine Kritik,
Liz

 

Hei bab´

die Frau ist ein "Chuck-Fan"
Das stimmt mich glücklich. Wegen solcher Nichtigkeiten jemand das Licht auszublasen, ja, Liz es war okay.
Die Story war auch okay. Vielleicht ist es eher noch eine Posse, als eine Satire. Aber die feinen Unterschiede, die kenne ich nicht so recht. Mir ist jedenfalls so. Ich denke der Stil ist okay und flott und natürlich und das ist das Beste, kompromisslos.

Gut gemacht

liebe Grüsse Stefan

 
Zuletzt bearbeitet:

Heja Zuckerschnecke,

meine Güte! Es war nicht Linda, die diese Story verbrochen hat, glaub mir - ich weiß es! :D

Der Mann ist kein Chuck-Fan, nein, keineswegs, er IST Chuck – so ein Gauner! Aktivitäten im Bereich des Umweltschutzes hätte ihm wohl keiner zugetraut ... so was auch – da macht der Typ doch Ausflüge in Bereiche, die überhaupt nicht zu ihm passen. Wer hätte das von Chuck gedacht?

(schau, da versuche ich eine halbwegs vernünftige Antwort abzuliefern, aber offensichtlich haut es nicht hin ... bin schon wieder völlig albern ... und fühle mich pudelwohl dabei ...)

Und jetzt ganz im Ernst:

Ich hatte beim Posten der Story Probleme mit der Rubrik. Weiß selber nicht wo sie eigentlich hingehört. Eine „richtige“ Satire ist es ja nicht.

Liebe Grüße
Liz

 

Hei Liz, du hast was ganz entscheidendes wichtiges gesagt "Ich fühle mich pudelwohl dabei" Ja. Das ist es.
Posse ist so ich weiss eher ein Lustspiel. Man ich kenne mich ja auch nicht aus. Aber GEFALLEN hat sie mir.

bis dann dizzy miss lizzy

arche

(Ich find die stelle nicht wo der Hinweis auf einen Mann kommt, bin schlurig)

 

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