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Schatten der Natur
Die Sonne sickerte träge durch die laubbedeckten, grünen Bäume und sprenkelte den Wald mit Tupfern aus schwachem Gelb. Das knartschende Raunen der Holzriesen durchzog das dichte Geäst. Der Wind ließ das Blätterdach des sattgrünen Waldes aufblähen und wieder abschwellen. Tiefbrauner Erdboden verschluckte die robusten Stämme und ein flauschiger Teppich aus weichem Moos überschwemmte die raue Erde.
Eine zarte Hand legte sich auf den Stamm einer massiven Eiche, verharrte kurz und zog sich flink wieder zurück. Zwei Füße huschten von einem zum nächsten Baum, hielten kurz inne und schlichen rasch weiter. Nur von einem dünnen Leder umhüllt, glitten sie über das Moos, hinterließen keine Abdrücke. Die Beine ebenfalls von Lederfetzen bedeckt, trugen sie die Elfengestalt leise durch den Wald. Die grün funkelnden Augen überblickten die braungrünen Wellen des Unterholzes und suchten aufmerksam die Umgebung ab. Ein geschmeidig geformter Langbogen aus stabilem Holz lag locker in seiner Hand, ein Pfeil bereits aufgelegt. Die Gestalt des Elfen war kaum wahrnehmbar und verschmolz mit den Sträuchern.
Ein Knacken hallte leise aber deutlich durch das Grün. Der Elf erstarrte. In der Ferne tauchte ein leise grunzendes Wildschwein auf, schnüffelte wild und schabte sich an der Rinde eines Baumes. Ohne einen Laut straffte sich die Sehne des Bogens, wurde ruckartig zurückgezogen und schnellte vor. Der Pfeil durchschnitt die Luft, ein zweiter folgte sofort und bevor der erste sein Ziel erreichte, war der dritte auf dem Weg.
Ein Schrei zerriss die Stille. Die Pfeile erzitterten, als sie das Wildschwein durchbohrten und im Baum noch leicht vibrierend steckenblieben. Der Elf verstaute den Bogen auf dem Rücken und rannte, das erlegte Tier achtlos zurückgelassen. Es war nicht der Schrei der Jagdbeute gewesen, der durch den Wald hallte.
Der junge Elf fand sich trittsicher zurecht und bahnte sich rasend schnell seinen Weg durch die Zweige. Duckend und springend näherte er sich dem Ausgangspunktes des Schreies, den seine geschulten Ohren problemlos ausmachen konnten. Mit einem gewagten Sprung stieß er sich von einem umgekippten Baumstamm ab, griff nach einem herabhängenden Ast eines dahinterstehenden Baumes und schwang sich mühelos darauf. Wie eine Katze erklomm er ein paar Äste und schmiegte sich eng an das Holz.
Lautes Geschrei mehrer Kehlen brannte sich in seine Ohren. Nicht weit entfernt hatten sie ihren Ursprung, untermalt vom Knistern und Fauchen holzfressenden Feuers.
Menschen! Mehrere Dutzend robust gebauter Gestalten stürmeten mit wildem Gebrüll durch den Wald. Dort, wo seine Sippe lebte. Die Menschen warfen Fackeln in die Baumkronen, wo von den Elfen Häuser und Hängebrücken errichtet waren. Ein Schlachtgetümmel brach aus. Der Frieden des Waldes war geschwunden. Der leise Jäger nahm seinen Bogen. Die Sehne straff, wie sein Gesicht. Mit dem Pfeil legte er eine eiserne Miene auf. Und mit dem Pfeil zischte den Menschen all sein Hass entgegen.
Der Pfeil flog vom warmen Sonnengelb und der frischen Luft getragen zwischen robusten Holzriesen hindurch, über saftige Moosflächen, vom Rauschen der Blätter bejubelt, von tiefbrauner Erde bewacht. Entgegen der Menschen Feuerbrunst. Entgegen den Ächtern des Lebens.